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Beschreibung der Gewohnheiten bey den im Eichstättischen üblichen Heyrathspacten

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Autor: Anonym
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Titel: Beschreibung der Gewohnheiten bey den im Eichstättischen üblichen Heyrathspacten
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 3, S. 473–481
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1791
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
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V.
Beschreibung der Gewohnheiten bey den im Eichstättischen üblichen Heyrathspacten.


§. 1.

Die in dem Hochstifte Eichstätt gewöhnlichen Heyrathspacten lassen sich auf diese drey Fälle zurückführen, daß sie alle entweder auf die Gemeinschaft der Güter, oder auf einen Kindestheil, oder auf die Widerlage, eingerichtet werden,


§. 2.

Zwey ledige Personen, wenn sie einmahl ihr eigenes Vermögen haben, desselben mächtig sind, und nicht mehr unter der väterlichen Gewalt stehen, können so, wie die Wittwer und Wittwen ohne Kinder, eine von diesen drey Arten nach Belieben wählen, nur daß


§. 3.
die Ehe nicht in Winkeln, im Trunke oder unbedachtsam geschlossen werde, und| junge Leute ihre nächsten Freunde, auch die Vormünder darüber zu Rathe ziehen.[1]


§. 4.

Hat aber ein Wittwer oder eine Wittwe Kinder aus der vorigen Ehe, so wird denselben vor allem ihr väterliches oder mütterliches Gut, je nachdem ihr Vater oder ihre Mutter gestorben ist, von der ordentlichen Obrigkeit mit Einwilligung der nächsten Freunde des verstorbenen Gatten ausgezeichnet, und zugleich erwogen, welche Art von Ehepacten für die Kinder die zuträglichste oder unschädlichste sey, und wie man sich darüber vereinigen könne.


§. 5.
Die erste Gattung derselben, nämlich die Gütergemeinschaft, welche auch hier zu Lande von dem zusammengeronnenen Vermögen ein gerönnter oder noch häufiger, weil dieses doch kein Teutsches Wort ist, ein gekrönnter Heyrath genennet wird, ist so gewöhnlich, daß sie bey Bürgers- und Bauersleuten in dem Falle, wenn keine besondere| Ehepacten vorhanden sind, schon präsumiret wird.


§. 6.

Der gute Zweck dieser Art von Heyrathen ist, durch das ungetheilte Interesse die Herzen des Ehepaars näher zusammen zu rücken, und enger zu verbinden. Sehen aber die Eltern dieser Eheleute, daß entweder Unglücksfälle, oder Verschwendung und schlechte Wirthschaft, für ihre Kinder traurige Aussichten öffnen, so ist es eine löbliche Sorgfalt, wenn sie in ihrem letzten Willen ihren Kindern nur den Pflichttheil, ihren Enkeln aber das übrige Vermögen vermachen, und deren Eltern nur die Nutznießung von demselben lassen.


§. 7.
Wenn hingegen das junge Ehepaar glücklich und wirthschaftlich forthauset, und ihre mißtrauischen Eltern sich doch des nämlichen Kunstgriffes bedienen, welchen doch nur Verschwendung und üble Wirthschaft rechtfertigen können: so wird die schöne Absicht gerönnter Heyrathen schändlich vereitelt, und rechtschaffene Gatten durch einen solchen Betrug wahrhaft beleidiget. Denn ein Mißtrauen dieser Art ist dem Charakter dieser| Eheleute nachtheilig, das getheilte Interesse theilet die Herzen, die Tauschung einer gerechten Erwartung störet den ehelichen Frieden, und der arme Vater reicher Kinder spielet eine traurige Rolle, besonders, wenn er seinen schmalen Pflichttheil selbst noch aufopfern muß, um mit seinen eigenen Kindern Processe zu führen, oder ihnen das zu ersetzen, was ohne seine Schuld verloren ging.


§. 8.

Um die Natur dieser Ehepacten näher zu entwickeln, müssen die Fälle, ob Kinder voriger Ehe da sind, oder nicht, und ob ein Gatte nach seinem Tod Kinder oder andere Erben in absteigender Linie zurücklasse oder nicht, unterschieden werden.


§. 9.

Schließen zwey Personen ohne Kinder eine gekrönnte Heyrath, so werfen sie ihr ganzes gegenwärtiges und künftiges Vermögen zusammen. Sind aber Kinder einer vorigen Ehe da, so kommt das denselben ausgemachte väterliche oder mütterliche Gut, weil sie auf solches schon ein wirkliches Recht haben, nicht mehr zu der gemeinschaftlichen Masse, und doch muß die Person, welche hinein heyrathet, ihr Heyrathgut einwerfen.


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§. 10.

Stirbt nun ein Gatte mit Zurücklassung eines oder mehrerer Kinder, so theilet mit denselben der andere Gatte, wenn er sich wieder verehlichen will, das ganze Vermögen in zwey gleiche Theile. Einen Theil behält der überlebende Ehegatte, den andern alle Kinder miteinander, welche denselben wieder unter sich in gleiche Theile vertheilen. Sind aber keine Kinder da, so schließt der überlebende Ehegatte, als alleiniger Erbe des ganzen Vermögens, alle Verwandten sowohl in der aufsteigenden, als Seitenlinie aus, es müßte denn ein Rückfall ausbedungen oder sich etwas zur freyen Disposition vorbehalten worden seyn, über welches auch testiret werden kann.


§. 11.

Eine Person, welche auf einen Kindestheil heyrathet, bekommt, wenn der andere Gatte stirbt, und ein Kind oder mehrere Kinder zurückläßt, von dem Vermögen so viel als ein jedes Kind; doch so, daß sie ihr eingebrachtes Gut nicht einwirft, sondern solches allezeit, auch ohne daß es bedungen ist, wieder zuvor bekommt, als wäre der Kindestheil nur in partem adquaestus angewiesen.


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§. 12.

So gewöhnlich die Gemeinschaft der Güter unter Leuten ohne Kinder ist, so häufig ist die Einheyrathung auf einen Kindestheil in jenen Fällen, wo Kinder, und besonders, wo noch kleine unerzogene Kinder sind, deren Erziehung und Erhaltung mehrere Mühe fordert, weil die Vermuthung ganz natürlich ist, daß, wenn statt einer Widerlage ein gleicher Kindstheil stipuliret wird, dadurch mehr Lust und Aufmunterung zur Arbeit und Führung einer guten Haushaltung erzielet werde.


§. 13.

Wird endlich ein Ehevertrag auf die Widerlage gemacht, so kann zwar dieselbe an und für sich größer oder kleiner, als das Heyrathgut seyn, meist aber kommt doch die Widerlage demselben gleich, und das eingebrachte Gut, welches bey gemeinen Leuten selten 4-500 fl. übersteiget, wird mit eben so viel widerlegt.


§. 14.
Gleichwie die Morgengabe, welche zwar bey einem jeden Heyrathscontracte bestehen kann, aber doch den dritten Theil des Heyrathguts nicht übertreffen darf, eben so| muß auch das eingebrachte Gut eines Gatten von dem andern um so mehr gerichtlich quittiret werden, als sonst nicht nur die Widerlage und die Morgengabe, sondern sogar auch das eingebrachte Heyrathgut, wenn es anders nicht gesetzmäßig bewiesen werden kann, verloren ist.


§. 15.

Wenn nun Titius der Caja 100 fl. Heyrathgut zubringet, sie ihm dasselbe mit 100 fl. widerlegt, die Morgengabe auf 30 fl. bestimmt, und dieses alles vor dem Gericht quittiret oder sonst rechtlich bewiesen worden: so darf Titius nach dem Tode der Caja diese Forderungen mit 230 fl. von dem Vermögen, doch erst nach Wegbezahlung des den Kindern erster Ehe vorausgemachten väterlichen oder mütterlichen Erbes abziehen, bekommt aber von dem ganzen übrigen Vermögen nichts mehr.


§. 16.
Trüge sich aber das Widerspiel zu, und stürbe Titius vor der Caja, so müßte sie, als abermahlige Wittwe, sich mit den Kindern der letztern Ehe, des väterlichen Hineingebrachten sowohl, als des in dieser Ehe erworbenen Vermögens halber, nach| Erkenntniß wackerer Leute und nach richterlichem Ausspruch vergleichen.


§. 17.

Ergäbe sich aber der Fall, daß Titius keine Kinder zurückließe, so bliebe der Caja das eingebrachte Vermögen des Titius ganz in Händen.


§. 18.

Zu Zeiten geschieht es auch, daß einem Gatten weder das Heyrathgut widerleget, noch die schuldige Morgengabe ausgemachet, sondern statt alles dessen der Wittwe jetziges und künftiges Vermögen mit der Verbindlichkeit angeheyrathet wird, daß ihm dasselbe durch den Tod der Wittwe, nach Wegbezahlung der Kinder voriger Ehe und aller übrigen Gläubiger, zwar völlig zufallen, er aber dagegen schuldig seyn soll, des mütterlichen Erbes halber sich mit den Kindern auf ein neues zu vergleichen.


§. 19.
Diese Gattung der Ehepacten entspringt aus dem irrigen Wahne, als könnte derjenige, welchem das Gut angeheyrathet worden, aus desselben Besitz nicht mehr vertrieben werden; es füget sich aber nur gar zu| oft, daß ein solcher das Gut nicht behaupten kann, sondern doch in fremde Hände lassen, und sich also des Privilegiums seiner heyrathlichen Sprüche begeben muß.


§. 20.

Gleichwie in dieser Rubrik die Erbfolge der Eheleute mit den Heyrathscontracten unzertrennlich verbunden ist, eben so enge hängen mit den Ehepacten der Wittwer und Wittwen, wenn ihre Kinder voriger Ehe noch im Leben sind, die Kindesverträge und Vormundschaften zusammen.



  1. Wie die Eichstättische Polizeyordnung, welche den 6ten April 1614 publiciret wurde, und in Betreff dieser Rubrik von Heyraths-Bedingung dem 13ten Artikel der Anspachischen Amtsordnung von Wort zu Wort gleichlautend ist, es vorschreibet.