Beschreibung der Gewohnheiten bey den im Eichstättischen üblichen Heyrathspacten
Die in dem Hochstifte Eichstätt gewöhnlichen Heyrathspacten lassen sich auf diese drey Fälle zurückführen, daß sie alle entweder auf die Gemeinschaft der Güter, oder auf einen Kindestheil, oder auf die Widerlage, eingerichtet werden,
Zwey ledige Personen, wenn sie einmahl ihr eigenes Vermögen haben, desselben mächtig sind, und nicht mehr unter der väterlichen Gewalt stehen, können so, wie die Wittwer und Wittwen ohne Kinder, eine von diesen drey Arten nach Belieben wählen, nur daß
Hat aber ein Wittwer oder eine Wittwe Kinder aus der vorigen Ehe, so wird denselben vor allem ihr väterliches oder mütterliches Gut, je nachdem ihr Vater oder ihre Mutter gestorben ist, von der ordentlichen Obrigkeit mit Einwilligung der nächsten Freunde des verstorbenen Gatten ausgezeichnet, und zugleich erwogen, welche Art von Ehepacten für die Kinder die zuträglichste oder unschädlichste sey, und wie man sich darüber vereinigen könne.
Der gute Zweck dieser Art von Heyrathen ist, durch das ungetheilte Interesse die Herzen des Ehepaars näher zusammen zu rücken, und enger zu verbinden. Sehen aber die Eltern dieser Eheleute, daß entweder Unglücksfälle, oder Verschwendung und schlechte Wirthschaft, für ihre Kinder traurige Aussichten öffnen, so ist es eine löbliche Sorgfalt, wenn sie in ihrem letzten Willen ihren Kindern nur den Pflichttheil, ihren Enkeln aber das übrige Vermögen vermachen, und deren Eltern nur die Nutznießung von demselben lassen.
Um die Natur dieser Ehepacten näher zu entwickeln, müssen die Fälle, ob Kinder voriger Ehe da sind, oder nicht, und ob ein Gatte nach seinem Tod Kinder oder andere Erben in absteigender Linie zurücklasse oder nicht, unterschieden werden.
Schließen zwey Personen ohne Kinder eine gekrönnte Heyrath, so werfen sie ihr ganzes gegenwärtiges und künftiges Vermögen zusammen. Sind aber Kinder einer vorigen Ehe da, so kommt das denselben ausgemachte väterliche oder mütterliche Gut, weil sie auf solches schon ein wirkliches Recht haben, nicht mehr zu der gemeinschaftlichen Masse, und doch muß die Person, welche hinein heyrathet, ihr Heyrathgut einwerfen.
Stirbt nun ein Gatte mit Zurücklassung eines oder mehrerer Kinder, so theilet mit denselben der andere Gatte, wenn er sich wieder verehlichen will, das ganze Vermögen in zwey gleiche Theile. Einen Theil behält der überlebende Ehegatte, den andern alle Kinder miteinander, welche denselben wieder unter sich in gleiche Theile vertheilen. Sind aber keine Kinder da, so schließt der überlebende Ehegatte, als alleiniger Erbe des ganzen Vermögens, alle Verwandten sowohl in der aufsteigenden, als Seitenlinie aus, es müßte denn ein Rückfall ausbedungen oder sich etwas zur freyen Disposition vorbehalten worden seyn, über welches auch testiret werden kann.
Eine Person, welche auf einen Kindestheil heyrathet, bekommt, wenn der andere Gatte stirbt, und ein Kind oder mehrere Kinder zurückläßt, von dem Vermögen so viel als ein jedes Kind; doch so, daß sie ihr eingebrachtes Gut nicht einwirft, sondern solches allezeit, auch ohne daß es bedungen ist, wieder zuvor bekommt, als wäre der Kindestheil nur in partem adquaestus angewiesen.
So gewöhnlich die Gemeinschaft der Güter unter Leuten ohne Kinder ist, so häufig ist die Einheyrathung auf einen Kindestheil in jenen Fällen, wo Kinder, und besonders, wo noch kleine unerzogene Kinder sind, deren Erziehung und Erhaltung mehrere Mühe fordert, weil die Vermuthung ganz natürlich ist, daß, wenn statt einer Widerlage ein gleicher Kindstheil stipuliret wird, dadurch mehr Lust und Aufmunterung zur Arbeit und Führung einer guten Haushaltung erzielet werde.
Wird endlich ein Ehevertrag auf die Widerlage gemacht, so kann zwar dieselbe an und für sich größer oder kleiner, als das Heyrathgut seyn, meist aber kommt doch die Widerlage demselben gleich, und das eingebrachte Gut, welches bey gemeinen Leuten selten 4-500 fl. übersteiget, wird mit eben so viel widerlegt.
Wenn nun Titius der Caja 100 fl. Heyrathgut zubringet, sie ihm dasselbe mit 100 fl. widerlegt, die Morgengabe auf 30 fl. bestimmt, und dieses alles vor dem Gericht quittiret oder sonst rechtlich bewiesen worden: so darf Titius nach dem Tode der Caja diese Forderungen mit 230 fl. von dem Vermögen, doch erst nach Wegbezahlung des den Kindern erster Ehe vorausgemachten väterlichen oder mütterlichen Erbes abziehen, bekommt aber von dem ganzen übrigen Vermögen nichts mehr.
Ergäbe sich aber der Fall, daß Titius keine Kinder zurückließe, so bliebe der Caja das eingebrachte Vermögen des Titius ganz in Händen.
Zu Zeiten geschieht es auch, daß einem Gatten weder das Heyrathgut widerleget, noch die schuldige Morgengabe ausgemachet, sondern statt alles dessen der Wittwe jetziges und künftiges Vermögen mit der Verbindlichkeit angeheyrathet wird, daß ihm dasselbe durch den Tod der Wittwe, nach Wegbezahlung der Kinder voriger Ehe und aller übrigen Gläubiger, zwar völlig zufallen, er aber dagegen schuldig seyn soll, des mütterlichen Erbes halber sich mit den Kindern auf ein neues zu vergleichen.
Gleichwie in dieser Rubrik die Erbfolge der Eheleute mit den Heyrathscontracten unzertrennlich verbunden ist, eben so enge hängen mit den Ehepacten der Wittwer und Wittwen, wenn ihre Kinder voriger Ehe noch im Leben sind, die Kindesverträge und Vormundschaften zusammen.
- ↑ Wie die Eichstättische Polizeyordnung, welche den 6ten April 1614 publiciret wurde, und in Betreff dieser Rubrik von Heyraths-Bedingung dem 13ten Artikel der Anspachischen Amtsordnung von Wort zu Wort gleichlautend ist, es vorschreibet.