Die Briefe
Die Briefe.
Still auf dem Thurm die Fahne stund,
Die Luft war finster, dumpf und schwer;
Ich schaute durch das Gitterrund,
Und sah den Altar kalt und leer.
In meinem Haupt ein brennend Weh: –
„Altar, mein Jawort hörst du nicht,
Eh’ sich begegnen Stern und See!“
Ich summt’ ein bittres Lied, das schlimm
Dann sahn wir uns in Zorn und Grimm,
Sahn uns, doch schien’s ein Abschied bloß.
Kalt war mein Gruss und schnöde gar,
Und sie, matt lächelnd, reglos blieb;
Sie trug die Farben, die mir lieb.
Halb seufzend langte sie herab
Den Schrein mit schmucker Silberzier,
Und mit gepresster Lippe gab
Die Perlen auch, den Ring der Braut,
Den ich als Liebespfand verlieh –
Auf todten Kindes Sächlein schaut
Ein Vater wohl, wie ich auf die!
Vernahm ich von ihr zürnend dort;
Sie sprach, als sei ihr Lieben todt,
Doch Feuer glüht’ in meinem Wort.
„Nichts mehr von Lieb’! Ihr führt uns an –
Ich traue künftig nur dem Mann,
Dem Weibe darf man nicht vertraun!
Verleumdung, Trug, der schnell zerstiebt,
(Der schlimmste noch ist Weibertrug!)
Sind schuld an meines Lebens Fluch!“
Ich sprach mit Seele, Kraft und Gluth,
Das Herz mit Angst erfüllt’ ich ihr – –
Wie von dem Berg des Gießbachs Fluth,
Dann schied ich. Blinkend lugten vor
Die Stern’ aus duftdurchwebtem Blau.
Leis rauschte um den Belfriedchor
Der Wind am alten Kirchenbau.
So frisch drauf blühten Gras und Mohn;
„Da kommt,“ so sprach ich, „tief und klar
Ein Klang von Hochzeitsglocken schon.“