Die Chronik des Thietmar von Merseburg/Viertes Buch

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Viertes Buch.




984.1. Im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 984 begab sich die Kaiserin Theuphano, die Mutter des dritten und leider letzten der Ottonen, mit einem vom Schmerze der frischen, schrecklichen Wunde erfüllten und über die Abwesenheit des einzigen Sohnes blutenden Herzen zur Kaiserin-Wittwe Ethelheid nach Pavia, und ward von derselben tiefbewegt empfangen und liebevoll getröstet.

Herzog Heinrich [von Baiern] kam mit dem ehrwürdigen Bischofe Poppo[1], dessen Aufsicht er lange Zeit untergeben gewesen war, und dem einäugigen Grafen Ekbert nach Köln, und empfing, wie gesagt, den König als dessen gesetzlicher Vormund aus den Händen des oben genannten Erzbischofs Warin, der ihm, so wie alle anderen, deren Gunst der Herzog zu gewinnen wußte, seinen Beistand fest zusicherte. Als er darauf alles nach seinem Gefallen geordnet hatte, begab er sich mit jenen nach Corvei. Hier kamen ihm die beiden Brüder, Grafen Thiedrich [in der Altmark] und Sicco [zu Merseburg], barfuß entgegen und flehten um Begnadigung, die er ihnen verweigerte. So verließen sie ihn mit grimmerfülltem Herzen und suchten nun mit allen Kräften [85] ihres Geistes ihre Verwandten und Freunde vom Herzoge abwendig 984. zu machen. Dieser sandte, als er zu Magadaburg den Palmsonntag feiern wollte, an alle Große der Umgegend das Gesuch und Gebot, daselbst zusammenzukommen, und unterhandelte mit ihnen, daß sie sich ihm unterwerfen und ihn zum Herrscher erheben möchten. Auf diesen Plan gingen die meisten Fürsten mit dem Vorbehalte ein, daß sie von ihrem Herrn und Könige, dem sie ja früher gehuldigt hätten, die Erlaubniß einholen müßten; dann könnten sie ruhig dem neuen Könige dienen. Einige aber gingen wegen seines Unwillens fort und sannen im Verborgenen darauf, das Beabsichtigte auf gewandte Weise ganz zu vereiteln.


2. Von Magadaburg begab sich Heinrich nach Quidilingeburg, wo er die demnächst eintretende Osterfeier beging. Dort versammelten sich in großer Anzahl die Fürsten des Reiches; einige aber, die daselbst nicht erscheinen wollten, schickten Abgeordnete, um auf alles sorgfältig Acht geben zu lassen. Während dieses Festes ward Heinrich von den Seinen als König begrüßt und mit kirchlichen Lobgesängen geehrt. Dorthin kamen die Herzoge Miseco [von Polen], Mistui [der Obotriten] und Bolizlav [von Böhmen] mit unzähligen anderen, und sicherten ihm, indem sie ihm als ihrem Könige und Herrn huldigten, jeglichen Beistand zu. Viele der anwesenden Fürsten jedoch, die aus Furcht vor Gottes Zorn nicht wagten, ihre Treue zu brechen, entfernten sich allmählich und eilten nach Hesleburg[2], wo ihre Genossen zusammenkamen, die nun schon eine offene Verbindung gegen den Herzog eingingen. Die Namen der Verbündeten waren folgende. Aus dem östlichen Theile des Landes traten mit Herzog Bernhard [von Sachsen] und Markgraf Thiedrich [zu Thüringen] zusammen die Grafen Ekkihard [von Thüringen], Bijo [von Merseburg], Esich [von Merseburg], Graf Bernward, ein Geistlicher, ferner Sigfrith und dessen Sohn [Grafen von Northeim], nebst den Gebrüdern Fritherich [Graf von Eilenburg] und Ciazo. Von den dortigen Stammgenossen [86] 984.[den Sachsen] aber erhoben sich mit gegen Herzog Heinrich die Gebrüder Thiedrich und Sibert, nebst den Brüdern Hoico, Ekkihard und Bezeco, und Brunig und die Seinen, und auf Antrieb des Erzbischofs Willigis [von Mainz] die Ritter des heiligen Martin, denen die im Westen des Landes zum größten Theile anhingen. Als das der Herzog erfuhr, entließ er seine Anhänger reich beschenkt in Gnaden; er selbst aber eilte mit einer starken Schaar nach Werlu [bei Goslar], um jene Verbindung mit Gewalt zu sprengen, oder sie auf friedlichem Wege zu beseitigen, und schickte den Bischof Poppo hin, welcher versuchen sollte, diese seine Gegner zu trennen oder zu versöhnen. Dieser erlangte, indem er von dem einmal betretenen Wege nicht abließ, mit Mühe von den verbündeten Gegnern, welche schon bereit waren, gegen den Herzog vorzurücken, das Versprechen, an einem nach Uebereinkunft bestimmten Tage an einem Orte, Namens Seusun [Seesen][3], wegen des Friedens unterhandeln zu wollen. Während aber der Herzog zu dieser Uebereinkunft, da er sofort nach Baiern aufbrach, nicht kommen wollte, oder wegen Herzog Heinrichs, der vom verstorbenen Kaiser mit Baiern und Kärnthen belehnt war, nicht konnte, so belagerte ein sehr großer feindlicher Heerhaufe eine Burg des Grafen Ekbert, Namens Ala[4], und indem sie nach Zerstörung der Ringmauer in dieselbe einzogen, führten sie die Tochter Otto’s II., Ethelheid, welche daselbst erzogen ward, nebst vielem dort aufbewahrten Gelde hinweg, und kehrten erfreut heim.


3. Der Herzog aber begab sich, nachdem alle Bischöfe und einige Grafen in Baiern sich ihm zugewandt hatten, auf diese seine Bundesgenossen vertrauend, ins fränkische Gebiet und lagerte auf der zu Bisinstidi [Bisenstädt] gehörigen Ebene, um sich mit den Fürsten jener Gegend zu besprechen. Dorthin kam Erzbischof Willigis von Mainz, nebst dem Herzoge Konrad und den übrigen Großen. Als aber Herzog Heinrich, der diese auf alle ihm nur [87] irgend mögliche Weise zu gewinnen suchte, von ihnen einstimmig 984. zur Antwort erhielt, sie würden von der ihrem Könige geschworenen Treue zeitlebens nicht weichen, so sah er sich aus Besorgniß vor dem drohenden Kampfe gezwungen, eidlich zu versichern, daß er am 29. Juni nach Rara[5] kommen und das königliche Kind ihnen und der Mutter überliefern wolle. Darauf begaben sich alle wieder heim, in verschiedener Stimmung, die einen erfreut, die andern niedergeschlagen.


4. Darauf besuchte Heinrich mit seinem Anhange Bolizlav, den Herzog der Böhmen, der ihm in jeder Noth stets zu helfen bereit war, und ihn auch nun ehrenvoll aufnahm, und ihn von seinem Heere durch die Gauen Niseni und Deleminci bis nach Mogelini[6] geleiten ließ. Dann zog Heinrich mit den Unseren, die ihm entgegen kamen, nach Medeburun [Magdeborn]. Wagio aber, einer von den Rittern des Böhmenherzogs Bolizlav, welcher Heinrich mit dem Heere begleitet hatte, besprach sich, als er heimkehrend nach Misni [Meißen] kam, ein wenig mit den Einwohnern der Stadt und ließ darauf Fritherich, des damals in Merseburg sich aufhaltenden Markgrafen Rigdag Freund und Vasallen, durch einen Mittelsmann auffordern, zu ihm nach der außerhalb der Stadt gelegenen [St. Nicolai] Kirche hinzukommen, um sich mit ihm zu unterreden. So wie dieser die Stadt verließ, wurde das Thor hinter ihm geschlossen, und Ricdag, der Burggraf[7] von Meißen, ein trefflicher Ritter, von jenen an dem Flusse Tribisa [Trübische] hinterlistig erschlagen. Die Stadt Misni [Weißen] aber, bald nachher von Bolizlav mit einer Besatzung versehen, nahm denselben bald darauf als ihren Herrn in ihren Mauern auf.


5. Er vertrieb auch auf Anhalten der wankelmüthigen Menge den Bischof Wolcold [von Meißen], der sich zum Erzbischof Willigis [88] 984. begab, von dem er gütig aufgenommen wurde. Denn er hatte denselben wie einen Sohn erzogen, und ihn, als er für die östlichen Lande zum Bischof geweiht ward, dem zweiten Otto, dessen Unterricht er leitete, eifrig als seinen Nachfolger empfohlen. Dies behielt Willigis stets im Gedächtniß, und erkannte es immer mit der größten Dankbarkeit an, und das vor allem nun, wo dem Bischofe darum zu thun war. Er ließ ihn seinem Wunsche gemäß zu Erpesfordi [Erfurt] auf’s beste verpflegen. Nachdem Wolcold sich dort lange aufgehalten hatte, kam er, als nach dem 985. Tode des Markgrafen Ricdag Ekkihard demselben gefolgt und Bolizlav nach Böhmen zurückgekehrt war, wieder zu seinem Bischofsitze. Späterhin ward auch Bolizlav sein treuer Freund, und so feierte auch Wolcold zu Prag die Einsetzung des heiligen Abendmahls. Wie er aber den Tag darauf, am Charfreitage, das Gedächtniß des Leidens Christi, wie sich’s gehörte, beging, wurde er vom Schlage getroffen hinweg getragen; und ward auch Zeit seines Lebens nicht wieder gesund, obwohl er sich mitunter wieder etwas erholte. Er war 23 Jahre lang Bischof gewesen, als er am 23. August aus diesem Leben schied. Ihm folgte, von Erzbischof Gisiler befördert, Eid, ein Mitglied unserer geistlichen Brüderschaft [zu Magdeburg], ein Mann voll Gerechtigkeit und Einfalt des Herzens, von dessen rühmlichem Wandel ich, wenn’s Zeit ist, vieles zu unserer Erbauung berichten werde; jetzt fahre ich fort, wo ich angefangen habe.


984. 6. Unterdeß belagerten diejenigen, die dem Könige zugethan waren, den Grafen Wilhelm [von Thüringen], der zu den vertrautesten Freunden Herzog Heinrichs gehörte, in Wimeri [Weimar]. Als sie aber erfuhren, Heinrich komme heran, eilten sie ihm sogleich entgegen, und sammelten sich bei einem Dorfe, Namens Iteri[8], wo sie sich lagerten, um ihm am nächsten Tage eine Schlacht zu liefern. Da dies der Herzog sofort erfuhr, so schickte [89] er den Erzbischof Gisiler an sie ab, der ihre Gesinnung erforschen 984. und, wenn es irgend möglich wäre, den Frieden bewirken sollte. Als dieser nun den versammelten Herren seine Sendung eröffnete, erklärten sie: Wenn Herzog Heinrich ihnen seinen Herrn und König ausliefern, und von seinen Besitzungen nichts als Merseburg, Walbizi[9] und Frasu[10], bis zu einem bestimmten Tage für sich behalten, und dies alles auf eine zuverlässige Weise eidlich erhärten wollte: dann solle es ihm frei stehen, mit sicherem Geleite von ihrer Seite das dichtbesetzte Land zu verlassen; wo nicht, so stehe ihm kein Ort offen, durch den er lebendig rück- oder vorwärts kommen könnte. Und nun, wozu soll ich darüber noch mehr Worte machen? Sie bekamen am andern Tage alles was sie wollten, und gestatteten ihm, indem sie selbst abzogen, sich nach Merseberg zu begeben, wo die Herzogin Gisla seit langer Zeit in trauriger Einsamkeit verweilte. Er aber erwog mit seinen Getreuen alles im Einzelnen, und indem er darauf erklärte, er wolle aus Furcht vor Gottes Zorn und zum Heile des Vaterlandes in Wahrheit seine Pläne aufgeben, dankte und lohnte er ihnen auf eine würdige Weise für ihre Hülfe und ihren guten Willen, und bat alle, sie möchten aus Liebe zu ihm an dem bestimmten Tage sich mit ihm zusammen einfinden. Die beiden Kaiserinnen, welche bis dahin zu Pavia in Demuth auf göttlichen Trost geharrt hatten, und sämmtliche Fürsten des Kaiser- und Königreichs kamen nach Rara, und der Herzog erfüllte treu sein Versprechen, indem er alle zum Reiche gehörigen gern von sich entließ; da erkannte Gott durch einen hellen am Tage vor aller Augen leuchtenden Stern Otto III. als den von ihm bestimmten Herrn und König an[11]. Alsbald stimmten alle, Weltliche wie Geistliche, wie aus einem Munde einen Gesang an zum Lobe Christi, und nun beugte sich der Sinn der bisher widerspenstigen, und die vordem in Zwietracht getheilten Schaaren vereinigten sich unter einem Herrn und Gebieter. Der König ward von seiner Mutter und Großmutter voll [90] 984. zärtlicher Liebe empfangen und dem Grafen Hoico zur Erziehung übergeben. Zwischen dem Könige und dem Herzoge ward ein vorläufiger Friede geschlossen, bis zu einer Zusammenkunft auf dem obenerwähnten Felde von Bisinstidi, indem jeder von beiden nach Hause zog. Als sie aber dort zusammenkamen, gingen sie, von bösen Menschen angereizt, im Bösen wieder aus einander, und so fand wieder eine langwierige Unterbrechung dieser Angelegenheit Statt. Denn nun entstand zwischen Otto III. und dem vielerwähnten Heinrich, welcher der jüngere Heinrich genannt zu werden pflegte, eine große Fehde, welche erst späterhin durch Rath und Beihülfe des Grafen Herimann beigelegt ward, als Heinrich 985. sich dem Könige zu Francanafordi [Frankfurt] unterwarf, und nun mit dem Herzogthume [Baiern] belehnt ward.


7. Das nächste Osterfest feierte der König zu Quidelingeburg, bei welcher Gelegenheit vier Herzoge den Dienst versahen, nämlich Heinrich [von Baiern und Kärnthen] bei der Tafel, Konrad [von Franken] in der Kammer, Hecil [Pfalzgraf] im Keller [Mundschenk] und Bernhard [von Sachsen] stand dem Marstalle vor. Dorthin kamen auch Bolizlav und Miseco mit den Ihrigen, und zogen, nachdem die ganze Feier der Ordnung gemäß begangen war, reich beschenkt heim. In jenen Tagen erklärte Herzog Miseco von Polen sich für einen Lehnsmann des Königs, und schenkte ihm unter anderen Ehrengaben ein Kameel, und machte zwei Feldzüge mit ihm.

Im ersten Regierungsjahre Otto’s III. starb Bischof Adwin von Hillinesheim [Hildesheim], am 1. Dec. und ihm folgte Osdag, der Probst des dortigen Kapitels. Als dieser nach fünfjähriger Amtsführung starb, ward der dortige Kellermeister Gerdag zum Bischofe geweiht, und als dieser im dritten Jahre seines Antritts auf der Heimkehr von Rom, wohin er zum Gebete gereist war, sich befand, verschied er am 7. Dec. [992] und sein Körper ward, nachdem die Glieder einzeln von einander getrennt waren, in zwei Schreinen von seinen trauernden Gefährten in sein Kloster [91] heimgebracht. Diese beiden Bischöfe übergab der Erzbischof Gisiler, der zufällig nach Hildesheim kam, der Erde. Darauf wurde Bernward, des Königs Lehrer, gewählt und geweiht.


8. Otto III. suchte die Slaven mit wiederholten Angriffen unaufhörlich heim. Auch die im Ostlande[12] besiegte er, als sie einen Aufstand versuchten. Die im Westlande, die auch wiederholt die Waffen ergriffen und plünderten und raubten, war er gleichfalls mit List und Gewalt zu überwinden bemüht.

Otto’s Knabenjahre zu schildern, ist hier nicht der Ort, und zu weit würde es führen, wollte ich ausführlich darstellen, was er alles, von verständigen Rathgebern geleitet, in seiner Jugend gethan hat.

Im Jahre 989 erschien ein Komet, welcher Seuchen und 989. schwere Verluste vorher verkündigte[13].

Der Kaiser, da ein Mann ward, „that er, wie der Apostel (1. Kor. 13, 11) sagt, ab, was kindisch war,“ und da er beständig die Zerstörung der Kirche Merseburgs beweinte, so sann er in sorglicher Ueberlegung darauf, wie dieselbe wieder herzustellen sein möchte, und dieses Ziel war er auch auf Antrieb seiner frommen Mutter sein Lebelang zu erreichen bedacht. Diese hatte nämlich folgendes Traumgesicht, wie mir Meinsvith nachher erzählte, die es von ihr selbst gehört hatte. Ihr erschien in der Stille der Mitternacht der heilige Streiter Christi, St. Laurentius, am rechten Arme verstümmelt, und sprach: „Warum fragst du nicht, wer ich bin ?“ worauf sie antwortete: „Ich wage es nicht, o Herr!“ Er aber fuhr fort und sagte: „Ich bin“ – und nun nannte er ihr seinen Namen. „Was du jetzt an mir siehst, das hat dein Eheherr [Otto II.] mir angethan, indem er dazu verführt war von dem, durch dessen [des Bischofs Gisiler] Schuld eine große Menge von Christi Auserwählten in Zwietracht sind.“ Darnach überließ sie es der Gewissenhaftigkeit ihres Sohns, wann er (ob noch zu Gisilers Lebzeiten, oder nach dessen Tode) das [92] Bisthum zu Merseburg wieder herstellen und so seines Vaters Seele am jüngsten Tage zur ewigen Ruhe verklären wollte. Theophano war, obgleich nicht frei von der Schwäche ihres Geschlechts, doch voll bescheidener Festigkeit, und führte, was in Griechenland selten ist, einen vortrefflichen Lebenswandel. Sie wahrte, indem sie mit wahrhaft männlicher Kraft über ihren Sohn wachte, das Reich, die Frommen in jeder Weise begünstigend, die Hoffärtigen aber schreckend und demüthigend. Von ihres Leibes Frucht aber brachte sie als Zehnten ihre Töchter Gott dar, die erste, Aethelheid, zu Quidilingaburg, die zweite, Sophia, zu Gonnesheim[14].


990. 9. Damals geriethen die Herzoge Miseco und Bolizlav mit einander in Fehde, und fügten sich vielen Schaden zu. Bolizlav rief die Liuticier, die seinen Eltern und ihm immer treu gewesen waren, zu Hülfe, Wiseco aber bat die Kaiserin Theophano um Unterstützung. Diese, die sich damals in Magadaburg aufhielt, sandte den dortigen Erzbischof Gisiler sammt den Grafen Ekkihard, Esico [von Merseburg], Binizo, so wie meinen Vater und seinen Namensvetter Sigifrid [Graf von Stade], Bruno und Udo und viele andre Ritter dorthin. Diese brachen mit beinah vier Fähnlein auf, und kamen in einen Gau, Selpuli[15] genannt, und lagerten an einem Wasser, über welches eine lange Brücke führte. Und siehe! da kam in der Stille der Nacht einer von den Gefährten des Willo, der den Tag vorher, um sein Landgut zu besichtigen, vor dem Heere vorauf gereist und von den Böhmen gefangen genommen war, zu den Unsrigen, nachdem er der Haft entronnen war, und zeigte zuerst dem Grafen Binizo die drohende Gefahr an. Auf seine Aufforderung standen dann die Unseren schnell auf, kleideten sich an, und hörten mit Anbruch der Morgenröthe die heilige Messe, einige stehend, andere zu Pferde; beim Aufgang der Sonne aber verließen sie in Spannung über den Ausgang des bevorstehenden Kampfes das Lager. Da rückte Bolizlavs [93] Heer am 13. Juli abtheilungsweise heran, und von beiden 990. Seiten wurden Boten ausgeschickt. Von Seiten des Bolizlav kam ein Ritter, Namens Slopan, um unser Heer auszukundschaften, an uns heran, und als er nun zu seinem Fürsten zurückkam, fragte ihn derselbe, wie unsre Streitmacht beschaffen wäre, ob man mit derselben sich messen könne, oder nicht. Denn Bolizlav war von seinen Getreuen aufgefordert, er möchte doch keinen von den Unsern lebendig entkommen lassen. Slopan aber meldete ihm: „Das Heer der Feinde ist an Zahl klein, aber der Beschaffenheit nach vortrefflich, und steckt von Kopf bis zu Fuß in Eisen. Kämpfen kannst du mit ihnen, aber selbst wenn dir heute der Sieg zu Theil wird, so wirst du so geschwächt werden, daß du deinem dich fortwährend verfolgenden Feinde Miseco nur mit Mühe, oder gar nicht entrinnen wirst; und zudem wirst du dir die Sachsen für immer zu Feinden machen. Wirst du aber besiegt, so ist es mit dir selbst und deinem ganzen Reiche aus; denn du hast keine Hoffnung dem dich von allen Seiten einschließenden Feinde zu widerstehen.“ Durch solches Zureden ward Bolizlav’s Ungestüm gedämpft, und indem er Frieden schloß, bat er unsere Führer, die gegen ihn herangezogen waren, mit ihm zu Miseco sich zu begeben, und sich bei demselben für die Herausgabe seiner Besitzungen zu verwenden. Dies gelobten die Unseren, und Erzbischof Gisiler reiste nebst den Grafen Ekkihard, Esico und Binizo mit ihm, indem die Uebrigen alle in Frieden heimkehrten. Aber gegen Abend wurden ihnen allen die Waffen fortgenommen und erst wiedergegeben, als sie durch einen Eid Freundschaft zu halten versprochen hatten. Bolizlav kam mit den Unseren an die Oder. Da schickte er an den Miseco die Anzeige, er habe jetzt dessen Helfer in seiner Gewalt. Wenn nun Miseco ihm sein Reich, das er ihm geraubt habe, wieder herausgäbe, so wolle er jene unangetastet fortlassen; wo nicht, sie alle ums Leben bringen. Miseco aber antwortete: Wenn König Otto die Seinen retten oder die Gemordeten rächen wolle, so möge er das thun; aber auch wenn das nicht geschehe, so werde er, Miseco, doch um jener willen durchaus keinen Verlust [94] 990. leiden. Als Bolizlav dies vernahm, plünderte und verbrannte er, indem er die Unseren ungefährdet ließ, die umliegenden Oerter. Von da zurückkehrend, belagerte er eine Stadt, Namens Nimci[16] und bekam dieselbe, ohne daß die Einwohner irgend Widerstand leisteten, sammt dem Herrn derselben in seine Gewalt. Den letzteren aber übergab er den Liuticiern zur Enthauptung. Nachdem diese ohne Verzug den gnädigen Göttern dies Opfer dargebracht hatten, entschieden sich alle für die Rückkehr. Darauf entließ Bolizlav, der wohl wußte, daß ohne seine Hülfe die Unseren vor den Liuticiern nicht sicher heim kommen könnten, dieselben den nächsten Tag in der Morgendämmerung, indem sie, wie man sie ermahnt hatte, sich sehr beeilten. Als das die erwähnten Feinde erfuhren, waren sie bemüht, den Unseren mit einer sehr großen Menge auserlesener Leute nachzusetzen. Bolizlav aber beschwichtigte sie durch folgende Anrede: „Ihr seid gekommen, mir zu helfen: so vollendet denn auch eure Güte gegen mich, wie ihr sie zu erweisen begonnen habt; denn seid gewiß, daß ich mein Leben daran setzen werde, daß jenen, die ich in meinen Schutz genommen und in Frieden entlassen habe, am heutigen Tage kein Leides geschehe. Ehre und Klugheit mahnen uns ab, uns die, welche bisher unsere guten Freunde waren, nun zu offenbaren Feinden zu machen. Wohl weiß ich, daß zwischen euch und ihnen große Feindschaft herrscht, aber es kommt eine weit passendere Zeit, als jetzt, eure Rache zu befriedigen.“ Durch diese Vorstellungen gezügelt, zogen die Liuticier, nachdem er sie noch zwei Tage lang bei sich festgehalten hatte, heim, indem von beiden Seiten bei ihrem Abzuge Freundschaftsbezeigungen und Erneuerung des alten Bündnisses Statt fanden. Und darauf wählten jene Ungläubigen, indem sie doch den Unseren nachsetzten, nur 200 Krieger aus, weil der Unseren ja nicht viele waren. Dieses wurde den Unseren aber bald von einem Lehnsmanne des Grafen Udo hinterbracht. [95] Deshalb eilten sie auf der Stelle weiter und erreichten 990. (Gott sei Dank!) wohlbehalten Magadaburg, während sich die Feinde vergeblich so abgemüht hatten.


10. Als dies die Kaiserin erfuhr, freute sie sich ihres Glückes. Weil mir aber von den Begebenheiten des Lebens derselben zu wenig bekannt geworden ist, so habe ich oben nur ganz kurz den ausgezeichneten Adel ihres Charakters geschildert. Sie wohnte damals in den Abendlanden, die mit Recht so genannt werden, weil dort mit der Sonne sich alles Recht, aller Gehorsam und alle Liebe des Menschen zum Menschen zum Untergange wendet. Die Nacht ist nichts anders als der Schatten der Erde, und alles, was die Eingebornen jener Gegenden thun, ist nichts als Sünde. Dort mühen sich fromme Prediger des göttlichen Wortes vergebens ab; dort vermögen die Könige und andere Fürsten wenig; Räuber und Verfolger der Gerechten herrschen. In jenen Reichen ruhen vieler Heiligen Körper, allein die Einwohner verschmähen dieselben, wie ich höre, verstockten Herzens. Doch damit mich nicht jemand für einen Schüler des triefäugigen Crispinus[17] halten möge, so schweige ich von diesen Unchristen, indem ich nicht zweifele, daß sie wegen unerlaubter fleischlicher Verbindungen und wegen unsäglicher anderer Ränke ihrem Untergange nahe sind. Sie haben unzählige Bannsprüche ihrer Bischöfe gering geachtet, und darum werden sie keinen Beistand haben. Darum nur betet, ihr Gläubigen Christi, mit mir zum Herrn, daß sie sich bessern mögen und daß solche Lebensart nie auch bei uns aufkomme.

Jetzt aber will ich das Ende der Kaiserin Theophano schildern, vorher jedoch die Wunderzeichen beschreiben, die demselben vorhergingen. Im Jahre des Herrn 989, am 21. October, in der fünften Stunde des Tags, war eine Sonnenfinsterniß. Indeß ermahne ich alle Christen, daß sie doch ja nicht glauben mögen, so etwas werde durch die Zaubersprüche böser Weiber, oder dadurch [96] 990. bewirkt, daß die Sonne verschlungen werde[18], oder demselben könne durch irgend ein weltliches Mittel abgeholfen werden, sondern daß es so ist, wie Macrobius[19] lehrt und andere Weise versichern: es rührt nämlich vom Monde her. Im nächsten Jahre nach dieser Sonnenfinsterniß aber erkrankte die Kaiserin und schied nach glücklich vollbrachtem Lebenslauf zu Niumagun [Nimwegen] am 15. Juni aus diesem Leben. Sie ward von Ewerger, damaligem Erzbischofe von Köln, in der St. Pantaleonskirche, welche Erzbischof Brun, der daselbst begraben liegt, auf seine Kosten hat erbauen lassen, in Gegenwart ihres Sohnes, der die dortigen geistlichen Brüder zum Heil der Seele seiner Mutter reich beschenkte, zur Gruft gebracht. Als das die erhabene Kaiserin Ethelheid erfuhr, suchte sie trauernden Herzens den Kaiser, der damals sieben Jahre regiert hatte, auf, um ihn zu trösten, und blieb so lange mütterlich für ihn sorgend, bei ihm, bis er selbst, verleitet durch die Eingebungen zügelloser Jünglinge, sie zu ihrer großen Betrübniß von sich wies.


11. Dieser erlauchten Frau, welche ihre hohe Geburt[20] [97] durch herrliche Tugenden schmückte, diente mein Vater, 990 Graf Sigifrid, treu im Kriege und im Frieden. Er fiel in dem Kampfe bei Brandenburg, wo er zum letzten Male kämpfte, vom Roß, und fing seit der Zeit an, von heftigen Körperschmerzen heimgesucht zu werden. Außerdem merkte er, daß nun das achte Jahr da war, welches ihm als sein Todesjahr auf folgende Weise im Traume vorher bezeichnet war. In Köln ward er aus dem Schlafe geweckt durch eine Stimme, welche rief: „Sigifrid, sei wach, wisse bestimmt, daß du acht Jahre nach diesem Tage deine Erdenlaufbahn beschließen wirst.“ Diesem vorausbestimmten Tage hatte er nun stets mit wachsamem Auge entgegen gesehen und nicht aufgehört, sich in Hinsicht auf demselben durch die Früchte tugendhafter Thaten im voraus nach Kräften sicher zu stellen. Mich aber nahm er von seiner Mutterschwester Emnilde, welche lange Zeit am Schlagflusse litt, nachdem ich bei ihr in den Anfangsgründen wohl unterrichtet war, weg, und übergab mich dem Abte Ricdag dem zweiten von St. Johannes zu Magadaburg zur weiteren Ausbildung. Nachdem ich daselbst drei Jahre verweilt hatte, ward ich am Feste aller Heiligen [Nov. 1] von meinem Vater, weil er mich an jener Kirche [zu St. Johannes] nicht anbringen konnte, der geistlichen Brüderschaft von St. Mauritius einverleibt. Bei dieser Gelegenheit wurde an dem nächstfolgenden Namenstage des heiligen Andreas [am 30. Nov.] ein großes, allen sehr wohl gefallendes Gastmahl gehalten, welches den nächsten Tag noch fortgesetzt wurde.

Nachdem mein Vater von da weggereist war, erkrankte er gegen Fastnacht in der Burg Willibizi [Walbeck], und bezahlte am 15. März die Schuld der Natur. Er war ein Vertheidiger des Vaterlandes und ein wahrhafter Mann. Ihn beweinte sammt seiner Gemahlin Cunigunde seine durch musterhafte Frömmigkeit ehrwürdige Mutter Mathilde, die ihm schnell folgen sollte. Denn einer solchen Stütze beraubt, erwartete sie mit ausnehmender Trauer ihren Tod und starb noch in demselben Jahre, am 3. December im treuen Glauben an den Erlöser. Mein Oheim aber, [98] der mit uns zu gleichen Theilen erbte, fügte meiner Mutter im Jahre 996 996, indem er ihr den alten Schmerz erneuerte, viel böses zu, und ging, obwohl sie von ihrer Mutter ihm zu treuem Schutze anvertraut war, nichts desto weniger darauf aus, sie aller Güter ihres Gemahls zu berauben. Doch was verliere ich darüber noch viel Worte? Mit Hülfe des Kaisers bekam sie alles wieder.


988 12. Indeß starb Atheldag, Erzbischof von Bremen, und ihm folgte Liävizo. Dieser war dem verbannten Papste Benedict von seinem Vaterlande, welches an der Grenze der Alpen und des Schwabenlandes liegt, hieher gefolgt, und hatte im Dienste Gottes und des Königs diese Würde gebührender Weise erworben.

987 Wiederum wurden die Slaven angegriffen und dem Könige unterworfen, und die Burgen an der Elbe wieder hergestellt[21].

Im Winter desselbigen Jahres richteten eine Ueberschwemmung und ein gewaltiger Sturmwind großen Schaden an. Danach brachte eine allzugroße Hitze den Früchten großen Nachtheil, und eine wüthende Sterblichkeit raffte sehr viele Menschen hinweg[22].

992 Im Jahre 991[23] weihte der ehrwürdige Bischof Hilliward von Halberstadt, der mich getauft und confirmirt hat, den Tempel des Herrn, den er selbst von Grund aus bis zur letzten Vollendung erbaut hatte, am 21. October ein. Dabei waren zugegen der König nebst der Kaiserin Ethelgide und seiner Großmutter Mathilde, und die Erzbischöfe Willigis, Gisiler und Liewizo mit sechszehn ihrer bischöflichen Amtsbrüder[24]. Es war aber zugleich das Fest des heiligen Gallus, in dessen Kloster der Bischof erzogen war, und darum hatte er immer darnach getrachtet, die Feier dann zu begehen. Er stand damals in seinem vier und zwanzigsten Amtsjahre. Ihm war zu der Zeit in allem zur Hand sein treuer Capellan Hildo, ein Mann, der alles auf das [99] Klügste einzurichten wußte. Damals erschienen dort alle Großen des Sachsenlandes und wurden gastlich bewirthet. Nie aber ward, wie wahrhafte Männer bezeugen, weder vor noch nachher eine solche Feierlichkeit in kirchlicher wie in weltlicher Beziehung besser und zu größerer Zufriedenheit Aller begangen.

Im folgenden Jahre strahlte mit dem ersten Hahnenschrei im 993 Norden ein Licht, so hell wie der volle Tag; dies währte, indem sich unterdeß der ganze Himmel röthete, eine volle Stunde, und verschwand dann.

Manche Leute behaupteten, in jenem Jahre am Himmel drei Sonnen und drei Monde und die Sterne mit einander im Kampfe gesehen zu haben.

Darnach starben in demselben Jahr Erzbischof Ekbert von Trier, dessen Nachfolger Liudolf war, Dodo, Bischof von Münster[25], dem Suitger folgte, und Bischof Erp von Verden, an dessen Stelle der dortige Propst Bernharius trat.

Auch bedrängte eine große Hungersnoth unsere Lande.

Zwei Jahre nach dem oben erwähnten Weihefest wurden 994 meine Oheime von Seeräubern gefangen genommen, wie ich unten weiter vermelden werde.

Drei Jahre nachher wurden die Ostlande von Pest, Hunger 995 und Krieg heimgesucht. Der König bekriegte die Apodriten und verheerte das Land der Wiltier[26].


13. Darnach hatte der König in Magadaburg mit seinen Fürsten eine Unterredung, zu der auch Heinrich, der Baiern erlauchter Herzog, sich einfand. So ward denn hier die lange Fehde, welche zwischen diesem und Gebehard von Regensburg bestand, in verständiger Ueberlegung beendet. Und jener fromme Herzog, der alle seine früheren Vergehen durch unausgesetzte Werke der Barmherzigkeit sühnte, ward darauf zu Gondesem [Gandersheim], wohin er sich zu seiner Schwester Gerberg, die dort Aebtissin war, begeben hatte, plöglich krank. Er rief deshalb seinen Sohn zu sich, [100] 995 der auch Heinrich hieß, und wies ihn folgendermaßen an: „Geh schnell heim und ordne die Landesregierung, und widersetze dich nie deinem Herrn und König. Denn ich fühle tiefe Reue, dies jemals gethan zu haben. Vergiß nicht deines Vaters, den du in diesem Leben nicht mehr wiedersehen wirst.“ Als der Sohn darauf abgereist war, ging der ruhmgekrönte Herzog, der während seiner Krankheit fortwährend aus der Tiefe seines Herzens Kyrie eleison [Herr, erbarme dich mein!] rief, am 28. August zum ewigen Leben ein. Seine Leiche aber ward daselbst mitten in der Kirche vor dem Altare des heiligen Kreuzes bestattet. Als dies der Sohn erfuhr, erlangte er nach der Wahl und mit Hülfe der Baiern des Vaters Lehen vom Könige. In demselben Jahre starben Pfalzgraf Thiedrich und dessen Bruder Sibert.


14. Zur selben Zeit[27] nahm mein Vetter, Markgraf Heinrich [von Schweinfurt], den Ewerker, einen trefflichen, aber gar übermüthigen Ritter des Bischofs Bernward von Würzburg gefangen, und ließ ihn wegen gewisser Beleidigungen, die derselbe ihm zugefügt hatte, blenden, an einem Orte Namens Lindinlog. Als der König von dem Bischofe, der sich bitter darüber bei ihm beschwerte, diese Kunde erhielt, bestrafte er voll Unwillens den Markgrafen mit Verbannung; nachher aber begnadigte er ihn wieder und versöhnte ihn, indem er ihn zu einer angemessenen Genugthuung veranlaßte, wieder mit dem Bischofe. Der Bischof lud darauf Liupold, den Markgrafen der Ostlande, und dessen Neffen Heinrich auf die St. Kilians-Messe, welche am 8. Juli Statt findet, zu sich ein, und bewirthete beide sehr gastlich. Als nun Markgraf Liupold in der heiligen Nacht nach der Frühmesse mit seinen Rittern sich mit Kampfspielen erlustigte, traf ihn aus einem Loche hervor ein Freund des Geblendeten mit einem Pfeile, so daß er am 10. Juli, nachdem er gebeichtet, verschied, obwohl er an der erwähnten That, sowohl was die Ausführung, als was [101] den Rath dazu anlangte, unschuldig war. Den Tag darauf ward er dort bestattet. Man beweinte ihn mit Recht, denn es gab keinen verständigeren und in jeder Beziehung sich besser benehmenden Mann.

Der vorhergehende Winter war voll rauher Witterung und Pestilenz und strenger Kälte und Orkane und ungewöhnlicher Trockenheit. – In demselben wurden die Slaven überwunden.


15. Nachdem ich weiter oben die Zerstörung der Kirche von Brandenburg besprochen habe, will ich jetzt in kurzem berichten, wie sie dem Könige auf eine Zeitlang wieder unterthan wurde. In unserer Nachbarschaft lebte ein angesehener Ritter, Namens Kiza, der vom Markgrafen Thiedrich nicht zu seiner Zufriedenheit behandelt war. Deshalb ging er, da er zur Ausübung seiner Bosheit sonst keine Macht hatte, zu den Feinden über, die ihm, weil sie erkannten, daß er ihnen völlig treu wäre, die Stadt Brandenburg 991 übergaben, um uns von da aus desto wirksamer zu schaden. Späterhin aber ließ sich derselbe wieder durch unser Zureden 993 bewegen, die Stadt sammt seiner Person in die Gewalt König Otto’s zu liefern. Die Liutizen nun, von gewaltiger Wuth entbrannt, griffen ihn sofort mit aller Mannschaft an, die sie hatten. Zu der Zeit war der König zu Magathaburg, und als er von diesen Ereignissen Kunde bekam, sandte er dahin schnell Alle, die er gerade bei sich hatte, nämlich den Markgrafen Ekkihard [von Meißen] und meine drei Oheime [Grafen von Stade], sowie den Pfalzgrafen Fritherich und meinen Vetter. Als diese mit ihren Mannen daselbst anlangten, wurden sie durch die Feinde, die hitzig in sie hinein drangen, von einander getrennt, so daß ein Theil von ihnen in die Stadt kam, ein anderer aber zurückblieb; dieser letztere kehrte nach Verlust einiger Leute heim. Darauf zog der König von allen Seiten seine Kriegsleute zusammen und eilte dahin. Die Feinde aber, welche die Vertheidiger der Stadt hart bedrängten, brachen, so wie sie dieses Heer in äußerster Ferne erblickten, ihr Lager ab und entflohen. Die Unseren aber, die aus der Stadt hervorstürzten, [102] sangen in der Freude über ihre Errettung „Kyrie eleison“ und die Andern, die herankamen antworteten ihnen einstimmig mit demselben Liede. Der König versah die Stadt mit einer Besatzung und behielt sie lange in seinem Besitze. Als späterhin Kizo nach Quidilingaburg sich begab, verlor er seine Stadt sammt seiner Gemahlin und seinen Dienstleuten. Alle diese erlangte er, mit Ausnahme der Stadt, nachher wieder. Es hatte sich nämlich daselbst einer seiner Ritter, Namens Bolibut, auf dessen Betrieb, obwohl er damals fern war, das Ganze so bewirkt war, zum Herrn aufgeworfen; Kizo aber, ward in der Folgezeit bei dem Versuche, in jener Gegend heimlich etwas zu unternehmen, tapfer kämpfend mit den Seinen erschlagen.


994. 16. Am 23. Juni 994 eilten, wie gesagt, meine drei Oheime, Heinrich, Udo und Sigifrid mit Ethelger und mehreren Anderen den Seeräubern, welche ihre Lande plünderten, zu Schiffe entgegen, und in dem darauf erfolgenden Kampfe ward dem Grafen Udo das Haupt vom Rumpfe gehauen, Heinrich aber und sein Bruder Sigifrid und Graf Ethelger mußten sich ergeben und wurden – es ist traurig zu erzählen! – von den schändlichen Menschen gefangen hinweggeführt. Dieser Unglücksfall ward durch das sich verbreitende Gerücht bald unter den Gläubigen Christi bekannt. Herzog Bernhard [von Sachsen], der ihnen zunächst wohnte, schickte sofort Abgeordnete an die Seeräuber, indem er ihnen Lösegeld anbot und um eine Unterredung zu friedlicher Uebereinkunft anhielt. Sie waren dazu bereit und verstanden sich zu einem festen Sühnvertrag, doch nur unter der Bedingung eines großen Lösegeldes. Wieviel aber zu demselben zuerst der König und dann in unserem Lande alle Christen mit freigebiger Güte, erfüllt von der Pflicht der Menschlichkeit, beigesteuert haben, vermag ich gar nicht aufzuzählen. Meine Mutter gab, von dem gewaltigen Schmerze im Innersten erschüttert, zur Befreiung ihrer Brüder alles her, was sie hatte oder irgendwie aufbringen konnte. Als aber die verruchte Piratenhorde den größten Theil des gesammelten Geldes, – ein [103] ungeheueres Gewicht! – bekommen hatte, entließen sie, damit um 994 so schneller zusammenkäme, was ihnen an dem versprochenen Schatze noch fehlte, alle ihre Gefangenen, mit alleiniger Ausnahme Sigifrids, indem sie nämlich für Heinrich seinen einzigen Sohn Sigifrid nebst dem Gareward und Wulferem, für den Ethelger aber dessen Oheim Thiedrich und den Sohn seiner Muhme, Olef, als Geiseln annahmen. Weil nun Sigifrid keinen Sohn hatte, so bat er meine Mutter, daß sie ihm mit einem ihrer Söhne aushelfen möchte. Diese, welche einer so dringenden Bitte zu genügen wünschte, schickte schnell an den Abt Ricdag [im Kloster St. Johannes bei Magadaburg] einen Boten, der meinen Bruder Sigifrid, der damals unter dessen Obhut als Mönch lebte, mit Genehmigung desselben abholen sollte. Ricdag aber, klug und vorsichtig, wie er war, widersetzte sich, nachdem er alles reiflich überlegt hatte, dem unbilligen Verlangen, und antwortete, er getraue sich ob des ihm von Gott anvertrauten Amtes nicht, das zu thun. Der Bote eilte nun, wie ihm befohlen war, zu Ekkihard, der damals Custos an der Kirche und Lehrer an der Schule des heiligen Mauritius war, und bat dringend, er möge mich wegen der Noth der Umstände meiner Mutter zurückschicken. So ging ich denn, und reiste in weltlicher Kleidung, in der ich bei den Seeräubern verweilen sollte, indem ich jedoch mein geistliches Gewand auch noch darunter anbehielt, an einem Freitage ab. Sigifrid, der viele Wunden hatte, entrann dennoch an demselben Tage mit Gottes Hülfe auf folgende Weise der Haft. Er überlegte in seiner großen Angst und Noth mit dem Nodbald und Edico viel hin und her, wie er entrinnen möchte, und trug diesen beiden endlich auf, ihm in einem schnellen Schiffe so viel Wein und was dazu gehöre, zu bringen, wie er seinen Wächtern werde einnöthigen können. Da seine Befehle nun ohne Verzug erfüllt wurden, so fraßen und soffen sich die gierigen Hunde voll. Als es darauf Morgen ward, und der Priester sich zur Messe anschickte, ging der Graf, frei von allen Wächtern, die noch, vom gestrigen Rausche überwältigt, da lagen, an das Vordertheil des Schiffes, wie um sich zu baden, und sprang in das bereit [104] 994 gehaltene Fahrzeug. Da ward Lärm gemacht; den Priester schlug man als den vermeintlichen Anstifter der That in Fesseln, die Anker wurden gelichtet, schnell ruderte man den Fliehenden nach. Nur mit Mühe entrann ihnen der Graf. Als er das Ufer erreicht hatte, fand er dort, wie er vorher angeordnet hatte, Pferde bereit, und jagte fort, um nach seiner Burg Hersevel[28] zu kommen, wo sein Bruder Heinrich und dessen Gemahlin Ethela sich befanden, ohne einer so großen Freude gewärtig zu sein. Die Feinde aber, die ihm nachsetzten, drangen in eine Burg in der Nähe des Ufers, Namens Stethu [Stade], ein, und suchten ihn eifrig an den verborgensten Orten, und als sie ihn nicht fanden, raubten sie den Weibern die Ohrringe und kehrten ergrimmt zurück. Derselbe Grimm entflammte dann alle übrigen, und so schnitten sie am nächsten Morgen dem Geistlichen und meinem Neffen[29], so wie allen übrigen Geiseln Nasen, Ohren und Hände ab, und warfen sie über Bord in den Hafen. Dann entflohen sie. Jeder der Verstümmelten aber ward von den Seinen aus dem Wasser empor gezogen, und unendliche Trauer erhob sich. Ich indeß kehrte, nachdem ich meine Oheime besucht hatte und von meiner Familie liebreich aufgenommen war, durch Christi Gnade wohlbehalten in mein Kloster zurück.


996 17. Um diese Zeit starb der hochwürdige Bischof Liudulf von Augsburg, am 25. Juli, und an seiner Statt ward der Abt Gevehard von Elewangen[30] geweiht.

995 Indeß ward in einem Dorfe, Namens Horthorp[31], ein Kind geboren, welches halb wie ein Mensch, halb – nämlich hinten – wie eine Gans aussah; außerdem war sein rechtes Ohr und sein rechtes Auge kleiner als die an der linken Seite; die Zähne waren saffrangelb: an der linken Hand hatte es nur den Daumen, die vier anderen Finger fehlten ihm; vor der Taufe sah es stier aus, [105] nachher nicht mehr, und nach drei Tagen starb es. Diese Mißgeburt brachte um unserer Frevelthaten willen eine große Pestilenz.

Der oben erwähnte Bischof Hilliward[32] starb am 25. Nov.996, nachdem er 29 Jahre lang für die ihm anvertraute Kirche und Gemeinde auf die glorreichste Weise wie ein wahrer Hüter in Israel gesorgt hatte. Er ward außerhalb der Kirche neben dem Kloster, wo er sich selbst eine Ruhestätte bereitet hatte, begraben. Und weil seine geistlichen Brüder über die Wahl sich nicht vereinigen konnten, so ward aus der königlichen Capelle[33] Arnulf ihnen vorgesetzt und am 13. December eingeführt; wie das sein frommer Vorgänger, als er noch bei voller Gesundheit war, vorher verkündet hatte, indem er in Gegenwart aller sagte: „Ehret mir diesen Gast, und dienet ihm, so viel ihr könnt, denn er soll nach mir für euch sorgen.“ Als derselbe im letzten Todeskampfe lag, sah er die Herrlichkeit des Herrn, und rief seinen Caplan Wulfhari heran und fragte ihn: „Siehst du etwas, mein Bruder?“ Jener antwortete, er sähe nichts; da beschrieb ihm der Bischof, wie das Zimmer, in dem er lag, und in dem auch seine beiden Vorgänger gestorben waren, voll himmlischen Glanzes sei. Und also sprechend, ging er aus dem Dunkel dieses Kerkers ein zum ewigen Lichte.


18. Der König aber war um Weihnachten[34]995 des Jahres 996 in Köln, und nachdem er in diesen Gegenden alles zu Ruhe und Frieden gebracht hatte, reiste er nach Italien,996 wo er lange ersehnt wurde und feierte das Osterfest zu Pavia. Von da zog er in allem Glanze gen Rom, und setzte an die Stelle des kurz vorher verstorbenen Papstes Johann mit Uebereinstimmung aller Anwesenden seinen Neffen Bruno, den Sohn Herzog Otto’s [von Kärnthen]. Von diesem ward er darauf am Tage der Himmelfahrt Christi, welche damals auf den 21. Mai fiel, im fünfzehnten[WS 1] Jahre seines [106] 996 Lebens, im 13ten seiner Regierung, um die achte Römerzinszahl, zum römischen Kaiser gesalbt, und als Schirmvogt der Kirche St. Petri anerkannt. Darnach regierte er jenes Reich wie seine Vorfahren, indem er durch seinen Charakter und seine Strebsamkeit die Nachtheile überwand, welche seine große Jugend hätte mit sich führen können.


19. Adalbert, der Bischof der Böhmen, welcher in der Taufe den Namen Woytech, bei der Firmung aber von dem Erzbischofe von Magdaburg diesen zweiten Namen erhalten hatte, und ebenfalls zu Magdeburg von dem obenerwähnten Ohtrich[35] in den Wissenschaften unterrichtet war, hatte seine ganze Gemeinde, weil er sie durch Vermahnungen des göttlichen Wortes nicht vom alten Irrwege des Aberglaubens abzubringen vermochte, mit dem Banne belegt und war im Anfange des Sommers (996) nach Rom gekommen, um sich beim Papste zu rechtfertigen. Mit dessen Erlaubniß lebte er lange Zeit nach der strengen Zucht des Abtes Bonifacius[36] voll Demuth und auf eine musterhafte Weise. Als er 997 darnach mit des Papstes Genehmigung die Herzen der heidnischen Preußen mit dem Zügel frommer Predigt zu lenken bemüht war, ward er am 23. April von einem Spieße durchbohrt und ihm das Haupt abgeschnitten. So erlitt er allein unter allen seinen Gefährten den ersehnten Märtyrertod, ohne alle Klage, wie er das auch noch in der Nacht vorher selbst im Traume vorausgesehen und allen seinen Brüdern vorherverkündet hatte, indem er sagte: „Es war mir, als hielt ich Messe und communicirte allein.“ Die verruchten Urheber der Missethat aber trennten, wie gesagt, als sie ihn todt sahen, sein Haupt vom Rumpfe; den heiligen Leib aber versenkten sie zur Vergrößerung ihrer Missethat und der göttlichen Strafe ins Meer, und zogen, indem sie das Haupt höhnend auf einen Pfahl steckten, frohlockend heim. Als das Herzog Bolizlav [107] [von Polen], Miseco’s Sohn, erfuhr, erlangte er für Geld des glorreichen Märtyrers Haupt und Glieder. Der Kaiser aber sang, als er zu Rom das Vorgefallene erfuhr, dem Herrn auf seinen Knieen würdige Loblieder darum, daß er zu seiner Zeit einen solchen Mann zu seinem Streiter ersehen und ihm die Palme des Märtyrerthums gereicht hatte.

996Zur selbigen Zeit starb Bischof Bernward von Würzburg, der auf Befehl des Kaisers nach Griechenland gesandt war, in Achaja mit einer sehr großen Anzahl von Gefährten. Durch ihn, versichern Viele, thue Gott sehr viele Wunder.


99720. Nachdem der Kaiser Rom verlassen hatte, besuchte er unsere Gegenden. Als er nun von einer Empörung der Slaven hörte, zog er mit Heeresmacht nach Stoderanien, welches gewöhnlich Hevellun [Havelland] heißt, und verheerte diesen Gau mit Feuer und Schwert, worauf er als Sieger nach Magadaburg zurückkehrte. Darum griffen unsere Feinde den Bardengau[37] mit ganzer Heeresmacht an, wurden aber von den Unseren völlig besiegt. Dieser Schlacht wohnte der Bischof Ramward von Minden bei, der den Kämpfern mit dem Kreuze in der Hand voranschritt, so daß selbst die Träger der Feldzeichen erst nach ihm kamen, und die Schaaren kräftig zum Kampfe ermuthigte. An jenem Tage[38] fiel Graf Gardulf mit wenigen anderen; von den Feinden aber eine sehr große Menge, die übrigen flohen mit Zurücklassung ihrer Beute.


21. Zu Rom aber setzte Crescentius in Abwesenheit des kurz vorher ernannten Papstes der nach seiner Erhebung Gregor V. hieß, an die Stelle desselben den Johann von Calabrien, den hochgehaltenen Begleiter der Kaiserin Theophanu, damals Bischof von Placentia [Piacenza] und maßte sich so die Herrschaft an, uneingedenk seines Eides und der großen Güte, die ihm Otto erwiesen hatte. Zudem wurden von dem Thronräuber noch die Abgeordneten [108] 998 des Kaisers verhaftet und sorgfältig bewacht. Sobald Otto das erfuhr, eilte er gen Rom, und ließ den Papst auffordern, ihm entgegen zu kommen. Der Eindringling Johann aber entfloh, als jene herannahten; allein nachher ward er von denen, die Gott und dem Kaiser getreu waren, gefangen, und verlor Zunge, Augen und Nase. Crescentius indeß warf sich in das Leonianische Kloster und versuchte dem Kaiser zu widerstehen, aber ohne Erfolg. Denn dieser, der das Osterfest zu Rom beging, ließ nach den Feiertagen Kriegsmaschinen bauen, und als die weißen Tage[39] vorüber waren, befahl er dem Markgrafen Ekkihard den Thurm des Thiederich [die Engelsburg] zu stürmen. Dieser ließ weder Tag noch Nacht ab, denselben anzugreifen, und erstieg ihn endlich vermittelst hochaufgeführter Werke. Den Crescentius ließ er darauf auf des Kaisers Geheiß erst enthaupten und dann bei den Beinen aufhängen, was allen Anwesenden unsäglichen Schrecken einflößte. Papst Gregorius aber ward mit großen Ehren inthronisirt, und der Kaiser herrschte fortan ohne alle Anfechtung.


22. Es scheint das Beste, hier einiger Vorfälle jener Zeit zu gedenken, welche Manchen als unbedeutend oder nur als sehr verwunderlich erschienen, die aber als Vorherbestimmungen Gottes in ihrem Werthe anerkannt werden müssen.

Es war da ein Mann wahrhaft glückseligen Angedenkens, Graf Ansfrid [von Löwen], ausgezeichnet durch jeglichen Vorzug des Charakters, von hohen Ahnen stammend. Dieser ward als Kind von seinem Oheim, dem Bischof Rodbert von Trier, in weltlichen wie in geistlichen Wissenschaften vortrefflich unterrichtet, und darauf von seinem Vaterbruder Ansfrid, der über fünfzehn Grafschaften gebot, dem rüstigen Bruno, Erzbischofe von Köln, zu ritterlicher Erziehung übergeben. Unter seiner Leitung machte nun der gutgeartete Jüngling tagtäglich Fortschritte, bis ihn der große Kaiser Otto I., als er hinzog, um Rom mit Heeresmacht zu nehmen, in seine Dienste nahm. Dieser befahl ihm beim Antritt seiner ritterlichen [109] Laufbahn, sein Zelt, welches gar fein aussah, täglich dem kaiserlichen gegenüber aufzuschlagen und sein Schwert zu tragen, um daran zu prüfen, ob er sich mit Gewandtheit in den Hofdienst hineinfinden werde. Dies Geschäft übernahm er deshalb mit um so größerer Dankbarkeit, weil er so, indem er dem Kaiser auf einsamen Pfaden, wenn derselbe sich mit der Vogeljagd erlustigte, nachfolgte, ihn die lieblichsten Lieder um so leichter unbemerkt singen hören konnte.

Als nun der Kaiser zu Rom einzog, machte er den Jüngling, in den er nun schon nicht geringes Vertrauen setzte, zu seinem ordentlichen Schwertträger, indem er zu ihm sagte: „Während ich heute an der heiligen Schwelle der Apostel mein Gebet verrichten werde, halte du beständig das Schwert über meinem Haupte. Denn es ist mir wohlbekannt, daß meinen Vorfahren die Treue der Römer sich oft als verdächtig erwiesen hat, und ein verständiger Mann sieht Widerwärtiges, auch wenn es noch fern ist, im Geiste voraus, auf daß es ihn nicht unvorbereitet überrasche. Wenn wir dann zurückkommen, so bete so lange du willst am Freudenberge[40].“ Als Ansfrid aus Italien heimgekehrt war, erbaute er von seinem Erbgute die Abtei Torna[41], in der er mit Genehmigung des Papstes seine Tochter als Aebtissin und Mutter sehr vieler gottseligen Jungfrauen einsetzte, und die er zum Heile seiner Seele völlig dem heiligen Lambert überwies.

23. Weil ich nun dieser Dienerin des Allmächtigen erwähnt habe, so will ich nicht mit Stillschweigen übergehen, was der Herr zu meiner Zeit alles durch dieselbe gewirkt hat. Stets der Gastfreundschaft eingedenk, bewirthete sie Dürftige und Pilger so reichlich, daß sie eines Tages gar keinen Wein für sich und ihre Schwestern zur Pflege und zum Abendmahl übrig hatte. Als ihr das die Kellermeisterin meldete, sagte sie: „Sei nur ruhig und getrost, meine Liebe; Gottes Gnade wird uns genug verleihen [110] können.“ Und alsbald warf sie sich in gewohnter Weise in der St. Marienkapelle vor dem Kreuze Christi nieder, und siehe da! das am Tage vorher bis auf den Grund ausgeleerte Weingefäß begann sich wieder zu füllen, daß es überfloß. Davon tranken dann nicht nur die Nonnen, sondern auch sehr viele andere Umwohnende und Hinkommende zum Preise Gottes noch lange Zeit.

Indeß ereignete es sich, daß Frau Hereswit, Ansfrids ehrwürdige Gemahlin, auf ihrem Gute Gilisa erkrankte. Sie begab sich darauf ihren Tod ahnend sofort auf den Weg nach Torna. Als sie dorthin vor großen Schmerzen nicht mehr gelangen konnte, blieb sie unterwegs im Hause eines Maiers. Dieser hatte, wie er uns selbst erzählte, sehr böse Hunde, deren Gebell der Kranken außerordentlich beschwerlich fiel. Als nun er, der Herr vom Hause, dies hörte, wollte er auf ihre dringende Bitte die Thiere sehr gern einsperren, oder im Nothfalle sie auch tödten, wofern er’s vermöchte. Da er es aber nicht vermochte, so geschah es, daß wunderbarer Weise keiner derselben mehr bellen konnte, bis die fromme Magd des Herrn in Frieden entschlafen war. Sie wurde von ihrem Lebens- und Leidensgefährten außerhalb des Münsters in der Nebencapelle begraben. Der Kammerfrau der Gräfin, welche seit vielen Jahren an der Wassersucht litt, kam es am Weihnachtsabend vor, als müsse sie Kerzen nach dem Grabe ihrer Herrin hintragen, was sie denn auch that. Nachher, als der Frühgottesdienst begann, ging sie aus, beichtete und ging vor Aller Augen gesund wieder heim.


24. Nach dem Hinscheiden der Gräfin aber beschloß ihr frommbeglückter Lebensgefährte, indem er nicht etwa ob der Vergänglichkeit irdischen Wesens in Verzweiflung gerieth, sondern sich dadurch vielmehr zu höherem Tugendschwunge beflügeln ließ, in seinem Sinne, sich dem Mönchsleben zu weihen, wo er eine recht strenge Ordensregel fände. Während er dies beabsichtigte, wurde 995 er von Kaiser Otto III. durch den Bischof Notger von Lüttich auf das dringendste aufgefordert, das Bisthum Utrecht zu übernehmen. [111] Als er das hörte, ging er in die Capelle zu Aachen, und flehte 995 die Mutter Gottes an, es möchte diese Angelegenheit, wenn sie vom Herrn käme, der heiligen Ordnung gemäß ausgeführt werden; wo nicht, so möchte Gott in seiner Barmherzigkeit sie ganz vereiteln. Als aber auch Erzbischof Everger von Köln unter Beipflichtung seiner Suffragane dem Kaiser und ihm dazu rieth, ward er, er mochte wollen oder nicht, zum Bischof erwählt. Nicht lange nachher überwies er dem heiligen Martin fünf seiner Güter, und gewiß war derselbe ein zuverlässiger Bürge für die Wiedervergeltung dieses guten Werks. In seinem hohen Alter also, als seine Augen bereits dunkel wurden, ward er Mönch; 72 Arme speiste er täglich mit eigener Hand. Für die Schwachen unter denselben trug er, der blinde Mann, von einem Diener geleitet, unten aus dem Thale auf die Höhe des Berges eine Badewanne, und bereitete ihnen ein Bad, und reichte ihnen selbst die Kleider zum Wechseln und was sonst zur Pflege des Körpers gehörte, und entließ sie dann im Frieden; dies alles that er in der Nacht, um so seine guten Werke geheim zu halten. Auf demselben Berge gründete er ein Mönchskloster[42], von dessen Vorgesetzten er oft mit Ruthen gezüchtigt ward, wenn er es wagte, ihren Befehlen ungehorsam zu sein. Was er nur aufbringen konnte, gab er bis zum letzten Heller den Armen. Auch für die Vögel sorgte er in frommer Liebe; er ließ ihnen auf seinem Berge im Winter Gefäße mit Futter in die Bäume setzen. Unter seinem Oberkleide trug er beständig eine härene Kutte. Von Weihnachten bis zur Kreuzerfindung lag er krank, und in dieser ganzen Zeit verzehrte er nicht mehr als drei Brote. Als er sich seiner Auflösung näherte, erblickte er im Fenster ein Kreuz, welches an dasselbe erst nach Verdunkelung seiner Augen gemalt war; indem er nun dies gegen die Umstehenden bemerkte, lobte er Gott und sprach: „In deiner Umgebung, o Herr, ist ein Licht, das nie erlöschen wird.“ Zuletzt empfing er noch die Sterbesacramente. Er hatte in beständiger Erwartung seinen künftigen Richter lieben gelernt, und hatte, [112] 1010 weil er hienieden Furcht gehegt, die Furcht in der Ewigkeit verloren. In festem Vertrauen auf die Fürbitte der heiligen Mutter Gottes, der er sich und das Seine geweiht hatte, bezeichnete er sich so lange mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes, bis dem in Frieden entschlafenden die Hand sammt dem Geiste zur Ruhe kam.

Als er verschieden war, kamen die Utrechter barfüßig und mit Waffen in den Händen, und weinten und flehten und sprachen zu den Hausgenossen: „Gebet uns um Gotteswillen unseren Seelenhirten, damit wir ihn in seinem Bischofsitze bestatten.“ Darauf antwortete die ehrwürdige Aebtissin, seine fromme Tochter, sammt den Caplänen und Rittern: „Er muß an demselben Orte begraben werden, wo Gott ihm zu sterben vergönnt hat.“ Es kam zuletzt so weit, daß von beiden Seiten die Bewaffneten zu ernstem Kampfe auf einander beinahe losgegangen wären und mehrere das Leben verloren hätten, wenn nicht die Aebtissin sich vor ihnen nieder geworfen und sie um Ruhe gebeten hätte, wenn auch nur auf einen Augenblick. Während deß wollten die Ritter den Sarg von der Gegend, wo die Arbeitshäuser der Mönche standen, von dem Bache, der Ema heißt, auf den Gipfel des Berges bringen. Während sie das auszuführen bemüht waren, nahmen die Utrechter den Leichnam und trugen ihn, wie sie noch heutigen Tages schwören, außerordentlich leicht über den Bach. So wurde nach Gottes Fügung der stärkere Theil, die Ritter, überlistet. Nach Fortschaffung des heiligen Körpers ward ein wunderlieblicher Duft auf dem Wege verspürt, und erfüllte über drei Meilen weit, wie völlig glaubwürdige Leute versichern, den ganzen Luftkreis.

25. Berichten wir jetzt, wie Erzbischof Gisiler von Magadaburg aus Unvorsichtigkeit einen beklagenswerthen Verlust erlitt. Der Kaiser versah zum Schutze des Landes die Stadt Harnaburg [Arneburg] mit den nöthigen Befestigungen und übertrug dem Erzbischofe auf 4 Wochen den Befehl über dieselbe. Ihn nun forderten die Slaven, deren Hinterlist er nicht kannte, auf, mit ihnen zu unterhandeln, und er verließ, von einer kleinen Schaar [113] begleitet, die Stadt. Andere waren nämlich voraufgezogen und 997. eine Abtheilung ließ er in der Stadt zurück. Als er nun daherzog, meldete ihm plötzlich einer aus seinem Gefolge, die Feinde brächen aus dem Walde hervor. Sofort entstand unter den beiderseitigen Kriegsleuten ein Kampf, dem der Erzbischof, der zu Wagen gekommen war, nur mit Mühe mit verhängtem Zügel zu Roß entrann, während von den Seinen nur wenige dem Tode entgingen. Die siegreichen Slaven plünderten unangefochten die Erschlagenen am 2. Juli und bedauerten nur, daß ihnen der Erzbischof entgangen war. Dieser bewahrte indeß, obwohl seine Streitkräfte so traurig gelähmt waren, die Stadt getreulich bis zum festgesetzten Tage, und kehrte dann tiefbetrübt heim. Unterwegs kam mein Oheim, der Markgraf Liuthar, dem die Sorge für die Stadt anvertraut war, ihm entgegen, und Gisiler zog, nachdem er ihm dieselbe bestens anempfohlen hatte, weiter. Als aber der Markgraf sich der Stadt näherte, sah er sie brennen. Er ließ sogleich den Erzbischof bitten umzukehren, aber umsonst. Er selbst versuchte darauf, das Feuer, welches bereits an zwei Stellen weit um sich gegriffen hatte, zu löschen. Da er aber durchaus nichts ausrichten konnte, so verließ er den nunmehr ganz offenen und dem Feinde völlig preisgegebenen Platz lieber ganz, und kehrte schweren Herzens heim. Er ward darüber nachher beim Kaiser verklagt, allein er reinigte sich durch einen Eidschwur von der Schuld.

Neun Tage nach dem erwähnten Blutbade, am 13. Juli, starb meine Mutter Cunigunde in Germeresleva[43].

26. Von einem der edelsten Geschlechter des östlichen Thüringens leitete Markgraf Ekkihard [von Meißen] seine Abkunft her. Wie er allmählich sich dem Mannesalter näherte, machte er seiner ganzen Verwandtschaft durch die Reinheit seiner Sitten und durch bedeutende, rühmliche Thaten Ehre; denn, wie wir lesen:

„Unsitte schändet die edle Abkunft.“[44]

[114] Nach vielen Kriegsmühen, die er mit seinem Vater Günther erduldete, welcher lange seiner Würden beraubt war, kehrte er endlich, indem er Kaiser Otto’s II. Huld wieder erlangte, mit Ehren wieder heim, und heirathete darauf Suonehilde, die Wittwe des Grafen Thietmar und Schwester Herzog Bernhards, welche ihm als erstes Kind eine Tochter, Namens Liutgerd, gebar.

Liuthar aber, einem berühmten Geschlechte Nordthüringens entsprossen, ein ausgezeichnet verständiger Mann, sehr beliebt bei Kaiser Otto II, ehelichte auf dessen Rath eine Edle aus dem Westen des Landes, Namens Godila, mit Einwilligung ihres Vetters, des Bischofs Wigfried von Verdun. Diese gebar ihm in ihrem dreizehnten Lebensjahre als Erstgeburt einen Sohn, den sie nach ihrem Vater Wirinhar nannte.

Da nun jene beiden Sprößlinge, ich meine den Knaben und das Mädchen, einem Stamme so edler Art entsprungen waren, so begannen auch in stufenweisem Fortschreiten auf der Bahn der Tugend die Früchte bereits sich der Reife zu nähern. Graf Liuthar aber dachte, sobald er die Schönheit und das sittige Wesen des Mädchens bemerkte, beständig in seinem Sinne darauf, wie er sie für seinen Sohn gewinnen möchte. Endlich konnte er nicht länger an sich halten und eröffnete durch treuer Freunde Vermittelung dem Markgrafen Ekkihard seine lange verborgen gehaltenen Wünsche, deren Erfüllung auch schnell erfolgte. Indem darauf die beiderseitigen Familienmitglieder zusammenkamen, gelobte Ekkihard dem Liuthar, seine Tochter dem Sohne Liuthars zur Gemahlin geben zu wollen, indem er dasselbe in Gegenwart aller als Zeugen anwesenden Großen, wie es Recht und Sitte war, bekräftigte. Und dennoch versuchte er hinterher, als er bei Otto III. sehr in Gunst war, und bei ihm unter allen Großen am meisten vermochte, ich weiß nicht durch welche Beweggründe verleitet, diesen auf das Bündigste geschlossenen Vertrag auf alle Weise wieder rückgängig zu machen. Davon bekam Liuthar sofort Kunde und war ängstlich bedacht, dies zu hintertreiben. Da der Kaiser sich damals mit Ekkihard in Italien aufhielt, so war die Sorge für das Reich [115] der hochwürdigen Aebtissin Mathilde anvertraut, deren ich schon 998. oben gedachte und in deren Stadt Quidilingaburg das Mädchen erzogen ward. Die Aebtissin nun hielt einen Fürstentag zu Darniburg [45]. Währenddeß erstieg Wirinhari, nicht, wie ich glaube, auf Anrathen seines Vaters, sondern aus Liebe zu der Jungfrau und aus Furcht vor der ihm bevorstehenden öffentlichen Beschimpfung, mit meinen Brüdern Heinrich und Fritherich und andern trefflichen Rittern Quidilingaburg, und entführte seine widerstrebende und wehklagende Braut mit Gewalt, und kam vergnügt und wohlbehalten mit seinen Gefährten nach Wallibiki [Walbeck]. Als die Aebtissin dieses von einem zuverlässigen Manne erfuhr, klagte sie es erzürnt mit weinenden Augen allen Fürsten, und bat und befahl, sie möchten allesammt mit den Waffen in der Hand diese Landfriedensbrecher verfolgen und fangen oder tödten und die Jungfrau wieder zu ihr zurückbringen. Und ohne Verzug waren die Ritter gerüstet und eilten, diesen Befehl zu erfüllen, indem sie darnach lechzten, jenen, bevor sie die feste Stadt besetzt hätten, auf kürzeren Wegen zuvor zu kommen, und sie dann entweder gefangen zu nehmen oder zu erschlagen, oder mindestens in die Flucht zu treiben. Da aber erfuhren sie von Wanderern, daß die, denen sie nachsetzten, bereits in Besitz der bekannten Festung seien; die Thore seien geschlossen und die Besatzung zahlreich; niemand könne hinein; sie seien entschlossen sich zu wehren oder zu sterben und die Braut nicht herauszugeben. Nachdem die Ritter dies gehört hatten, kehrten sie traurig zurück. Liuthar aber begab sich nebst Alfrich dem Aelteren und Thietmar, dem Ritter des Grafen Ekkihard, zu der Braut hin, um ihre Gesinnung zu erforschen, und als sie sich hinlänglich überzeugt hatten, daß sie lieber da bleiben, als fort wolle, machten sie der Aebtissin und den Uebrigen davon Anzeige. Als die Aebtissin nun die Reichsfürsten über diese Angelegenheit zu Rathe zog, antworteten ihr diese, es scheine ihnen am besten, zu Magadaburg eine Versammlung anzustellen, zu der sich der Bräutigam mit seiner Verlobten begeben, und vor der alle seine [116] Helfershelfer sich selbst als Schuldige einstellen, oder im Falle des Nichterscheinens verurtheilt und des Reichs verwiesen werden sollten. Und so geschah es. Vor einer sehr zahlreich zusammenströmenden Menge erschien Wirinhar dort sammt seinen Mitschuldigen mit nackenden Füßen, warf sich auf die Kniee nieder und gab die Geliebte heraus. Nachdem er dann Besserung gelobt hatte, erlangte er für sich und die Seinen Verzeihung für seine Vergehungen. Die in jeder Beziehung ehrwürdige Mathilde aber nahm nach Beendigung dieser Unterredung Liuderde mit sich, nicht um sie auf immer zu behalten, sondern nur, um sie in ihrer großen Gottesfurcht zu befestigen.

27. Diese ihre gute Absicht konnte sie indeß nicht ausführen: ihr plötzlicher Tod hinderte sie daran. Denn wenige Tage nach ihrer Ankunft an dem ihr von Gott beschiedenen Wohnsitze erkrankte sie plötzlich, ließ den Bischof Bernward von Hildesheim rufen, und nachdem sie von demselben die verlangte Vergebung ihrer Sünden erlangt hatte, verließ ihr Geist am 6. Februar 999 die irdische Hülle, welche in der Kirche zu Häupten ihres Großvaters, König Heinrichs I. bestattet ward. – Ueber diesen Trauerfall war die Kaiserin Aethelheid, Mathildens Mutter, auf das schmerzlichste erschüttert, und sandte an den Kaiser einen Boten, der mit der Traueranzeige zugleich die Bitte Aethelheids überbrachte, der Kaiser möge doch seine gleichnamige Schwester zur Nachfolgerin Mathildens bestellen. Otto willfahrte diesem Liebeswunsche, betrauerte den Tod seiner Muhme, und ließ seiner geliebten Schwester durch seinen Kämmerer, den Grafen Becelin, vermittelst des goldenen Stabes die Abtei überweisen, mit dem Befehle, daß Bischof Arnulf [von Halberstadt] sie weihen solle.

Die Kaiserin Aethelheid aber erbaute um diese Zeit die Stadt Celsa[46], und nachdem sie daselbst ein Möchskloster gestiftet und alles vollendet hatte, ging sie am 17. December in freudigem Glauben ein zu ihren Vätern. Gott aber gab ihr für ihre treuen [117] Dienste den verdienten Lohn, indem er an ihrem Grabe noch bis 999 auf den heutigen Tag zahlreiche Wunder wirkt.

Auch Papst Gregor starb, nachdem er zu Rom alles wohl geordnet, am 4. Februar. Ihm folgte bald Gerbert.


28. Darnach belangte der Kaiser den Erzbischof Gisiler vor einer Synode zu Rom deshalb, weil er zwei Sprengel habe, und trug darauf an, daß er durch Richterspruch vom Amte suspendirt und vom Papste nach Rom citirt würde. Da aber Gisiler damals, vom Schlage getroffen, dort nicht erscheinen konnte, so schickte er den Geistlichen Rotmann, der ihn, wenn man ihm anders nicht glauben wollte, durch einen in seinem Namen geleisteten Eidschwur rechtfertigen sollte. Darauf wurde ein Aufschub gewährt, und die Sache ausgesetzt, bis der Kaiser sie mit den einheimischen Bischöfen verhandeln könnte.

Darnach beeilte sich im Jahre 1000 1000 der Kaiser, als er von den Wundern vernahm, welche Gott durch den heiligen Blutzeugen Aethelbert [Adalbert zu Gnesen] verrichtete, dorthin zu reisen. Als er nun nach Regensburg kam, ward er von Gebehard, dem Bischofe daselbst, mit großer Pracht feierlich empfangen. Ihn begleiteten damals Ziazo, Patricius von Rom[47], und der päpstliche Oblationarius Robbert sammt den Cardinälen. Nie hat ein Kaiser weder beim Einzuge noch beim Auszuge aus Rom größeren Glanz gezeigt, als damals Otto III. Gisiler, der ihm entgegen reiste, erlangte wenigstens vorläufig seine Gunst wieder und schloß sich seinem Geleite an. Als der Kaiser dann nach Zeiz[48] kam, ward er von Hugo II., dem dritten in der Reihenfolge der dortigen Bischöfe, mit gebührender Ehre empfangen. Von da reiste er dann gerades Weges nach Meißen, wo er von dem hochwürdigen Bischof Eged und dem Markgrafen Ekkihard, auf den er besonders viel hielt, [118] 1000 mit allen Ehren eingeholt wurde. Als er darauf das Gebiet der Milcini[49] durchzogen hatte, eilte ihm, sobald er an den Grenzen des Gaues Diedesisi[50] erschien, Bolizlav (er hieß nicht nach Verdienst, sondern nur der alten Wortbedeutung nach „mehr Ruhm“) mit vielen Freudensbezeugungen entgegen, indem er an einem Orte, Namens Ilua[51] seine Bewirthung angeordnet hatte. Wie herrlich nun Bolizlav den Kaiser aufnahm, und wie er ihn durch sein Land nach Gnesen hinführte, ist ganz unglaublich und unbeschreiblich. Als Otto die ersehnte Stadt von weitem erblickte, nahte er derselben als barfüßiger Pilger betend. Darauf empfing ihn voll Würde der dortige Bischof Unger, und führte ihn in die Kirche, wo er mit einem Strome von Thränen den heiligen Märtyrer anflehte, ihm durch seine Fürbitte bei Christo Gnade zu erwirken. Dann stiftete er daselbst unverzüglich ein Erzbisthum, und zwar, wie ich hoffe, auf gesetzliche Weise, wenngleich ohne Einwilligung des genannten Bischofs, dem jenes ganze Land untergeben ist, indem er dasselbe einem Bruder des Märtyrers, dem Radim, übertrug, dem er demnächst die Bischöfe Reinbern von Colberg, Poppo von Cracau, Johannes von Breslau, nicht aber den Bischof Unger von Posen unterordnete. Auch stiftete er dort einen Altar, in den er auf feierliche Weise heilige Reliquien hineinlegte. Als er dann alles vollendet hatte, wurden ihm vom Herzoge reiche Geschenke dargebracht; darunter befanden sich – was ihm am meisten gefiel – 300 geharnischte Krieger. Bei der Abreise gab ihm Bolizlav mit großer Pracht das Geleit bis Mrz. 24. Magadaburg, wo unter großem Zulauf des Volks Palmsonntag gefeiert wurde. Am Montage darauf aber ward der Erzbischof durch einen kaiserlichen Befehl angewiesen, sein früheres Bisthum wieder zu beziehen, worauf Gisiler es nur mit Mühe durch große Summen, die er an Vermittler spendete, bewirkte, daß ihm bis zu einer Versammlung in Quidilingaburg Aufschub gewährt wurde. [119] Dort kam nun eine große Menge Räthe zusammen. Man feierte 1000
Mrz. 31.
dort Ostern, und am Montage nach dem Feste ward eine Synode angestellt, vor welche Gisiler nun also zum zweiten Male geladen wurde. Dieser, schwerkrank, ward wiederum von dem obengenannten Rotmann vertreten und in vielen Punkten von dem damaligen Propst Waltherd vertheidigt. Darauf ward ihm eine Kirchenversammlung zu Aachen angesetzt. Auf dieselbe begab er sich auch mit den Seinen hin und ward nun aufs neue von dem Vertreter des römischen Stuhles als seinem Richter im Namen des Papstes aufgefordert, sich zu vertheidigen. Er aber, klugem Rathe folgend, verlangte, daß ihm eine allgemeine Kirchenversammlung verwilligt werde, und so blieb die ganze Sache unentschieden, bis Gott in seiner Güte sie in unseren Tagen zu einem günstigen Ende führte.


29. Der Kaiser machte, indem er den altrömischen Brauch, der zum großen Theil abgekommen war, zu seiner Zeit wieder erneuern wollte, manche Einrichtungen, welche verschieden beurtheilt wurden. Er saß z. B. allein an einer halbkreisförmigen Mittagstafel und höher, als die Uebrigen.

Da er darüber in Zweifel war, wo die Gebeine Kaiser Karls sich wirklich befänden, so ließ er da, wo er sie vermuthete, das Pflaster aufbrechen und graben, bis man sie im königlichen Sarge fand. Darauf nahm er das goldene Kreuz, welches dem Leichnam am Halse hing, nebst einem Theile der Kleider, die noch unverwest waren, heraus, und legte das übrige mit großer Ehrfurcht wieder hinein. Wie aber vermag ich alle einzelnen Hin- und Herreisen aufzuzählen, die er in die verschiedenen Bisthümer und Grafschaften unternahm? Nachdem er jenseits der Alpen alles wohlgeordnet hatte, besuchte er sein römisches Reich und sah die „romulischen Festen“[52], wo er vom Papste und dessen Mitbischöfen mit großem Preise empfangen wurde.


30. Darnach legte Gregorius, von dem der Kaiser sehr 1001 [120] 1001 viel hielt, demselben einen heimlichen Hinterhalt, indem er ihn gefangen zu nehmen trachtete[53]. Und schon hatte jener seine Leute versammelt, schon brachen diese plötzlich hervor, da entrann der Kaiser mit wenigen seiner Begleiter, indem der größte Theil der Seinen in der Stadt eingeschlossen blieb. So vergalt die nie mit ihren Herrschern zufriedene Menge demselben alle seine unsägliche Liebe mit Bösem. Darauf bat und beschwor der Kaiser alle seine Freunde zu ihm zu kommen, und legte einem jeden an’s Herz, wenn er irgend etwas auf seine, des Kaisers, Ehre und Leben gäbe, so möchte er mit bewaffneter Macht herbeieilen, ihn zu schützen oder zu rächen. Da aber schämten sich die Römer im Gefühle der Schuld ihres nun offenbar gewordenen verbrecherischen Sinnes, und indem sie sich selbst unter einander über die Maßen anklagten, entließen sie alle Eingeschlossenen unangetastet, und flehten demüthigst um des Kaisers Huld und Gnade. Otto aber, der ihren lügnerischen Worten mißtraute, säumte nicht ihnen, wo er ihnen nur in ihren Personen oder Gütern beikommen konnte, Schaden zu thun. Alles Land, welches zum römischen und langobardischen Reiche gehörte, war ihm treu und unterthan, nur das von ihm vor allem geliebte und bevorzugte Rom nicht. Hocherfreut ward der Kaiser, als ihm eine sehr zahlreiche Schaar von Getreuen mit dem Erzbischof Heribert von Köln zueilte. Obwohl er indeß äußerlich immer heiter erschien, so ließ er doch, indem er in seinem Gewissen über gar manche Missethat erzitterte, nicht ab, in der Stille der Nacht durch eifriges Wachen und Beten und durch Ströme von Thränen Sühnung seiner Schuld zu suchen. Oft fastete er die ganze Woche, den Donnerstag ausgenommen. Almosen gab er sehr reichlich.

Seinem herannahenden Tode gingen manche Widerwärtigkeiten vorher. Denn unsre Herzoge und Grafen machten nicht ohne Mitwissen der Bischöfe viele Pläne gegen ihn, wozu sie bei Herzog [121] Heinrich [von Baiern], seinem nachmaligen Nachfolger, um Hülfe 1002 anhielten. Dieser aber, der letzten Mahnungen seines Vaters, der, wie er, Heinrich hieß und in Gandersheim starb und begraben liegt, eingedenk und stets dem Kaiser in jeder Beziehung treu, gab ihnen durchaus kein Gehör. Der Kaiser, der dies sofort erfuhr und mit geduldigem Sinne ertrug, erkrankte in Paterno[54], indem Pusteln die inneren Theile seines Körpers besetzten und hin und wieder hervorbrachen. Heiteren Aussehens schied er, ausgezeichnet treu im Glauben am 24. Januar aus dieser Welt; er, die Zierde des römischen Reiches, die Seinen in unverwindlicher Trauer hinterlassend, denn niemand war zu seiner Zeit freigebiger und milder, als er. Der da ist das A und das O (Offenb. 1, 8) erbarme sich seiner; er verleihe ihm für das Kleine das Große, für das Zeitliche das Ewige.


31. Die aber bei seinem Tode anwesend waren, hielten denselben so lange geheim, bis das überall zerstreute Heer durch Boten zusammengerufen war. Darauf geleiteten die trauernden Schaaren des geliebten Herrschers Leiche, hatten aber sieben Tage nach einander unaufhörliche Angriffe zu bestehe, und die Feinde ließen ihnen durchaus keine Ruhe, bis sie nach Bern[55] kamen. Als sie, von da weiterziehend, Pollingun[56], eine Besitzung des Bischofs Sigifrid von Augsburg, erreichten, wurden sie vom Herzoge Heinrich empfangen, und ihr Gemüth durch dessen Thränen wiederum auf’s schmerzlichste bewegt. Heinrich aber ersuchte sie Mann für Mann unter vielen Versprechungen, daß sie ihn doch zu ihrem Herrn und König erwählen möchten. Auch nahm er den kaiserlichen Leichnam sammt dem ganzen Herrscherschmucke zu sich, nur die Lanze ausgenommen, welche Erzbischof Heribert heimlich voraufgeschickt und für sich behalten hatte. Nachdem der Erzbischof jedoch eine Zeitlang in Haft gewesen war, ward ihm verstattet, mit Hinterlassung seines Bruders als Geisel abzureisen, [122] 1002 worauf er denn die Lanze bald zurückschickte. Er aber war sammt allen denen, welche der Leiche des Kaisers folgten, mit Ausnahme des Bischofs Sigifrid, nicht für den Herzog gestimmt, und verhehlte das auch gar nicht, sondern erklärte, er werde mit Freuden für den stimmen, dem sich der bessere und größere Theil des Volks zuneigen werde. Der Herzog indeß ließ, als er mit ihnen Augsburg erreichte, die Eingeweide des geliebten Herrschers, welche vorher sehr sorgfältig in zwei Gefäße hineingethan waren, in der Kapelle des heiligen Bischofs Othelrich, welche demselben zu Ehren von seinem Nachfolger Liudulf an der Südseite des Klosters der heiligen Märtyrin Afra erbaut war, mit allen Ehren beisetzen, und schenkte zum Heile der Seele des Verstorbenen hundert Hufen aus seinem eigenen Vermögen. Darauf brachte er, nachdem er eine große Menge der Mitziehenden in Frieden entlassen hatte, die kaiserliche Leiche nach seiner Stadt Neuburg[57]. Späterhin aber entließ er auf inständiges Bitten des Pfalzgrafen Heinrich, dessen Schwester er noch bei des Kaisers Lebzeiten geheirathet hatte, zuletzt die Leiche, indem er jedem Einzelnen Lebewohl sagte, an den Ort ihrer Bestimmung[58].


32. Indeß kamen die Großen Sachsens auf die Kunde vom frühzeitigen Tode ihres geliebten Herrn trauererfüllt zu Frasa [Frosa], einem königlichen Hofe, zusammen, welchen damals Graf Guncelin vom Kaiser zu Lehn hatte. Dort verhandelten nämlich Erzbischof Gisiler von Magadaburg nebst seinen Mitbischöfen und Herzog Bernhard [von Sachsen], die Markgrafen Liuthar, Ekkihard [von Meißen] und Gero sammt den Ersten des Reichs über Zustand des Staates. Sowie aber Markgraf Liuthar merkte, daß Ekkihard sich über ihn erheben wollte, rief er den Erzbischof und den angesehensten Theil der Vornehmen zu einer geheimen Unterredung hinaus, indem er allen den Rath gab, sie sollten schwören, weder gemeinschaftlich, noch jeder für sich einen Herrn [123] und König wählen zu wollen, bevor sie nicht zu 1002 Werlo[59] zusammengekommen wären. Dies bewilligten und gelobten alle, nur Ekkihard nicht. Dieser, voll Unwillens darüber, daß er in seiner Erhebung zum Throne eine, wenn auch nur geringe Verzögerung erleiden sollte, brach mit den Worten hervor: „Markgraf Liuthar, warum wirkst du mir entgegen?“ Jener aber erwiederte: „Merkst du nicht, daß dir das vierte Rad am Wagen fehlt?“[60] Darum ward die Wahl unterbrochen, und so ward die Lehre der Alten bewährt, daß das Dazwischentreten einer Nacht einem Unterschied von einem ganzen Jahre machen, und dieses wieder bis zum Ende eines ganzen Menschenlebens sich hinausziehen könne.

Zu Zeiten Kaiser Otto’s III. zündeten die Slaven das Kloster Hilleslevo[61] an und führten die Nonnen hinweg. An diesem Tage wurden viele der Unseren erschlagen.


33. Obwohl ich nun von meinem eigentlichen Ziele mich häufig entferne, so kehre ich doch jetzt zu demselben zurück; ich will nämlich das kaiserliche Leichenbegängniß mit kurzen Worten schildern. Als Otto’s III. Leiche nach Köln kam, ward sie vom Erzbischofe Heribert in Empfang genommen. Am Montage nach Palmsonntag Mrz. 30. ward sie ins St. Severinskloster, am Dienstag darauf in das des Mrz. 31. h. Pantaleon und am Mittwoch in das des h. Gereon gebracht. Apr. 1. Am Gedächtnißtage des heiligen Nachtmahls trug man sie in die Apr. 2. St. Petrikirche, wo, nachdem dem Kirchenbrauche gemäß die Bußfertigen eingeführt und mit Vergebung der Sünden begnadigt waren, der Seele des daliegenden Leichnams vom Erzbischof der Ablaß ertheilt ward, worauf dann die übrigen Priester die Gemeinde aufforderten, des Verstorbenen Gebächtniß zu begehen, was dieselbe knieend mit vielen Thränen that. Am Freitage Apr. 3. frühmorgens ward dann die Leiche wieder aufgenommen, und kam am heiligen Samstag Apr. 4.
Apr. 5.
nach Aachen; am Sonntage aber ward sie mitten im Chor in der Kirche Unserer Lieben Frauen zur Gruft gebracht. [124] 1002 Die Liebe, welche alle dem Verstorbenen geschenkt hatten, äußerte sich jetzt in den eifrigsten Gebeten und einstimmigen lauten Trauerbezeugungen. So konnte denn das Fest der Auferstehung des Herrn, das doch der Engel und der Menschen gemeinsame Freude ist, wegen der menschlichen Schwäche der Zusammenkommenden nicht mit würdiger Jubelfeier begangen werden, weil sie in diesem schweren Verluste zugleich eine verdiente Strafe Gottes um ihrer Sünden willen erkannten. Möge aber jeder, der seinem Gotte treu ist, weinend für Otto’s III. Seele beten; denn derselbe war mit der höchsten Anstrengung seines Geistes darauf bedacht, unsere Kirche zu erneuern. Möge er, der stets der Elenden sich erbarmte, im Lande der Lebendigen in Ewigkeit der Gemeinschaft der Gläubigen und der unvergänglichen Güter des Herrn genießen!


34. Der größte Theil. der Großen, welche jenem Leichenbegängnisse beiwohnten, versprachen dem Herzoge Herimann [von Schwaben] ihren Beistand zur Erwerbung und Behauptung des Reichs, indem sie fälschlich vorgaben, daß Heinrich aus vielen Gründen dazu nicht geeignet sei.

Die Langobarden aber erwählten, so wie sie den Tod des Kaisers vernahmen, indem sie sich um die Zukunft durchaus nicht kümmerten, und nicht begierig waren nach wohlverdienten Früchten der Bußfertigkeit, den Hardwig[62] sich zum Könige, ihn, der besser zu zerstören, als zu regieren verstand, wie nachher durch Gottes Gericht den Anstiftern dieser ganzen Sache selbst klar ward. Indeß will ich von dieser Angelegenheit zu reden bis späterhin verschieben, und jetzt von dem zu schreiben beginnen, der durch seinen frommen Sinn, durch seine großen Tugenden alle, die sich je gegen ihn erhoben, gedemüthigt und bewogen hat, ihm mit gebogenem Nacken zu huldigen. Er, der fünfte in der Reihe der sächsischen Kaiser, der zweite seines Namens, gebe einem neuen Buche die Bezeichnung.


[125] 35. Weil ich aber alles, was die Gesammtheit dieses Werkes mit umfassen muß, doch nicht der Reihe nach aufführen kann, so schäme ich mich nicht, im nachfolgenden manches allmählich nachzuholen. Ich bediene mich, wie ein Wanderer, der die gerade Straße bald wegen zu großer Mühseligkeit, bald aus Unkunde des Wegs mit den sich windenden Krümmungen der Beiwege vertauscht, mannigfacher Abwechselung. So will ich denn jetzt den Rest der Thaten des ruhmgekrönten Polenherzogs Miseco erzählen, dessen Leben ich in den vorigen Büchern bereits zum großen Theile geschildert habe. Er hatte eine edle Böhmin, eine Schwester Herzog Bolizlavs, heimgeführt, welche ihren Namen durch die That 965 bewährte. Denn sie hieß auf slavisch Dobrawa, d. h. auf deutsch die Gute. Denn sie, eine Christin, sann, da sie sah, daß ihr Gemahl noch im vielgestaltigen Irrwahne des Heidenthums befangen war, darauf, wie sie ihn zu ihrem Genossen im Glauben machen könnte, und suchte unablässig auf alle Weise seinen wilden Sinn zu zähmen, nicht wegen des dreiartigen[63] Trachtens dieser bösen Welt, sondern vielmehr wegen des herrlichen und von allen Gläubigen sehr ersehnten Lohnes im Jenseits. Diese that zeitweilig Uebles, um nachher lange Gutes wirken zu können. Denn in den Fasten, welche unmittelbar auf ihre Vermählung folgten, ward sie, da sie bemüht war, durch Enthaltsamkeit des Fleisches und durch Kasteiung ihres Körpers Gott einen wohlgefälligen Zehnten darzubringen, mit süßen Versprechungen von ihrem Gemahl angegangen, ihren Vorsatz aufzugeben. Sie nun willigte deshalb ein, um ein ander Mal von ihm um so leichter erhört zu werden. Nach Einigen nun aß sie nur an einem, nach Anderen aber an dreien Tagen in den Fasten Fleisch. Jetzt hast du also, mein Leser, ihre Vergehen gehört; nun vernimm, welche schöne Frucht ihre Frömmigkeit trug. Sie arbeitete an der Bekehrung ihres Gemahls, und ward darin erhört von der Allgüte ihres Schöpfers, [126] durch dessen unbegrenzte Gnade er, der vordem den Herrn eifrig verfolgt hatte, in sich ging, indem er auf wiederholtes Vermahnen 966 der geliebten Gattin das Gift des angebornen Unglaubens von sich gab, und in der heiligen Taufe den ererbten Sündenmakel abwusch. Und alsbald folgten die bis dahin schwachen Glieder des Volks ihrem geliebten Herrn und Haupte, und alle legten das hochzeitliche Kleid an, und wurden unter Christi Jünger gezählt. Jordan, ihr erster Bischof, hatte mit ihnen viele schwere Mühe, indem er sie durch Wort und That unermüdlich einlud, den Weinberg des Herrn zu bebauen. Da also wünschten sich einerseits Dobrawa und ihr Gemahl Glück, nunmehr in Wahrheit mit einander verbunden zu sein, andererseits aber freuten sich auch alle ihre Unterthanen, auch selbst in Christo einen geistigen Hochzeitsbund 967 geschlossen zu haben. Darnach gebar die tugendhafte Mutter einen Sohn, den sie nach ihrem Bruder Bolizlav nannte. Er war ihr sehr unähnlich und brachte vielen Müttern Verderben; er that gegen seine eigene Mutter zuerst die vorher verborgene Bosheit kund, und wüthete dann gegen das Reich, wie ich im Folgenden schildern werde.


977 36. Als Bolizlavs Mutter, die erwähnte Dobrawa, starb, 979 führte sein Vater eine Nonne aus dem Kloster Calva [Kalbe] heim, und zwar ohne päpstliche Erlaubniß. Sie hieß Oda und war eine Tochter des Markgrafen Thiedrich. Ihr Frevel war groß, denn sie hatte den himmlischen Bräutigam verschmäht, und ihm einen Kriegsmann vorgezogen; das mißfiel allen Kirchenhäuptern und am meisten ihrem Bischofe, dem hochwürdigen Hilliward. Allein zum Heile des Vaterlandes und zur Befestigung des nöthigen Friedens kam es darüber nicht zum Bruche zwischen uns und den Polen, sondern vielmehr zu einer fördersamen friedlichen Ausgleichung. Denn durch Oda ward die Schaar der Jünger Christi vergrößert, die Menge der Gefangenen dem Vaterlande wiedergegeben, den Gefangenen wurden die Fesseln gelöst und den Schuldigen die Kerker geöffnet. So ward ihr dann, hoffe ich, die [127] große Sünde, die sie begangen hatte, von Gott vergeben, weil in ihr eine solche Größe christlicher Frömmigkeit offenbar ward. Wir lesen aber, daß, wer gar nicht abläßt von seinem bösen Beginnen, vergebens Gottes Zorn zu besänftigen strebe. Die Herzogin Oda gebar ihrem Gemahl drei Söhne, den Miseco, Sventepulk und den ……[64], indem sie dort in hohen Ehren bis zum Tode ihres Gemahls lebte bei allen beliebt, bei denen sie sich aufhielt, und Segen spendend allen, die sie verließ.


37. Im Jahre des Herrn 992, 992 im zehnten Regierungsjahre Otto’s III, am 25. Mai, ging der schon bejahrte Miseco von einem Fieber ergriffen aus diesem Pilgerleben in seine wahre Heimath hinüber, indem er sein Reich sehr Vielen zur Theilung hinterließ. Indeß zog sein Sohn Bolizlav, indem er seine Stiefmutter und seine Brüder vertrieb, und seine Verwandten Odilienus und Pribuwoi blendete, wie ein listiger Fuchs dasselbe nachher wieder in eins zusammen. Er setzte, um nur allein zu herrschen, alles Recht und Gesetz aus den Augen. Er heirathete eine Tochter des Markgrafen Rigdag, entließ sie jedoch nachher wieder; darauf nahm er eine Ungarin zur Frau, von der er einen Sohn, Namens Besprim erhielt, die er aber auch wieder fortwies. Die dritte hieß Emnildis; sie war eine Tochter des ehrwürdigen Herrn Dobremir. Diese, eine gläubige Christin, lenkte den unbeständigen Geist ihres Gemahls zu allem Guten und ließ nicht ab, durch reiche Almosen und Enthaltsamkeit ihre und ihres Gemahls Sündenmakel zu sühnen. Sie gebar zwei Söhne, den Miseco und einen andern, dem der Vater den Namen seines geliebten Lehnsherrn gab; außerdem drei Töchter, von denen die eine Aebtissin ist; die zweite heirathete den Grafen Herimann [von Meißen], und die dritte einen Sohn des Königs Wlodemir [von Rußland], wie ich weiter unten erzählen werde.


[128] 38. Auf Antrieb und durch die Gnade Kaiser Otto’s III. errichtete Waic[65], der Eidam des Herzogs Heinrich von Baiern, in seinem Reiche Ungarn bischöfliche Sitze, und erhielt dafür 1000 Krönung und Salbung. Auch verschweige ich nicht ein Wunder, welches zu Zeiten desselben Kaisers zu Rom vom Himmel heruntergesandt wurde. Als nämlich die Krieger Herzog Herimanns die Felder der Mönche von St. Paulus mit Gewalt besetzten, und von denselben wiederholt fußfällig gebeten, nicht abziehen wollten, da stiegen plötzlich vielgestaltige Wolken auf, Blitze leuchteten, zeigend die Schrecken des Herrn; furchtbare Donnerschläge folgten unmittelbar darauf, und vier der besten Kriegsleute wurden erschlagen, die übrigen entflohen; so ward es kund, daß die Armen Christi auch in dieser Welt nicht zu verachten sind. Denn ihr Beschützer ist der barmherzige Gott. Er erhebt die, welche jene ehren und sie in ihrer Noth erhören, und vergilt ihnen nach Verdienst; ihre Verfolger aber straft er hienieden, was noch die leichteste Buße ist, oder dort, und das ist viel schlimmer.

Des Kaisers Schwester Mathilde heirathete Ezo, den Sohn des Pfalzgrafen Herimann. Dies mißfiel manchen; Otto aber, als einziger Bruder Mathildens, ertrug dies geduldig, weil er es gesetzlich nicht rückgängig machen konnte; er schenkte ihr sehr viele Güter, damit die ihr von ihren erhabenen Aeltern erblich überkommene Hoheit des Standes nicht erniedrigt werden möchte.

Unter Otto’s III. Regierung starben Conrad, der treffliche Herzog der Schwaben und dessen Bruder, Graf Heribert, so wie 993 Markgraf Hodo leider eines plötzlichen Todes. Sigifrid aber, des eben genannten Markgrafen Sohn, der sich in Nienburg[66], wo sein Vater begraben liegt, aufhielt, indem er dort unter den Mönchen als Mönch lebte, warf plötzlich die Kutte weg und legte weltliche Kleider an. Darauf erschien er, von seinem Abte Ekkihard und dem Erzbischofe Gisiler vorgeladen, vor einer Synode zu Magadaburg, [129] und nachdem er in Folge richterlichen Spruchs wider seinen Willen wieder die frühere Kleidung hatte anlegen müssen, er selbst nebst elf Anderen, so machte er sich nach dem Vorgange eines Anderen, der sich zu Rom in Gegenwart des Kaisers von einem ähnlichen Spruche losgemacht hatte, durch Eidschwüre frei. Wider diese entronnenen Klosterbrüder hatten nun ihre geistlichen Väter volle Zeugnisse in Händen; da aber, wie ich befürchte, die Richter bestochen waren, so verloren sie diese ganz ohne ihre Schuld.


39. Auch möchte ich noch in kurzem das Leben des Bischofs Franco von Worms erwähnen. Dieser erregte als Jüngling, in allen Tugenden glänzend, des Kaisers Wohlgefallen, und als dieser, nachdem er ihn seines nähern Umganges gewürdigt hatte, sah, daß er in geistlichen Dingen sich durch großen Eifer hervorthat, machte er ihn, als Bischof Hillibald starb, zu dessen Nachfolger. Als er 998 jedoch kaum ein Jahr Bischof gewesen war, starb er in Italien, 999 wo er auch begraben ward.

Ich möchte von Herzen gern, daß, wenn’s irgend möglich wäre, eines jeden Tugendhaften Gedächtniß durch meiner schwachen Hände Werk neubelebt in der Gegenwart und in der Zukunft blühen möchte, auf daß diese alle, obwohl ihnen daraus selbst weiter keine Freude erwachsen kann, doch vermöge ihrer christlichen Liebe meiner vor Gott dem Allmächtigen gedenken. Denn ich bekenne meine Schuld und thue daran noch weniger, als ich sollte, und durchaus nicht vertrauend dem gebrechlichen Rohrstab meines eigenen Verdienstes, empfehle ich mich Sünder mit dringendem Flehen der Fürbitte der Gerechten.

Der Kaiser wollte auch seine beiden Capellane, Herpo und Raco, den einen zum Bischof von Halberstadt, den andern zum Bischof von Bremen erheben, und verlieh beiden, während sie schwer krank das Lager hüteten, den Hirtenstab; jedoch starben beide, ohne die bischöfliche Weihe empfangen zu haben. Was ich nun darüber sagen soll, weiß ich nicht, ich habe niemals von so [130] etwas weder gehört noch gelesen. Das hat allein der Herr in seiner Allwissenheit also gefügt, und er allein weiß darum.


40. Diese beiden können übrigens, obwohl sie fromme Männer waren, doch nicht den Bischöfen beigezählt werden, weil sie ihnen durch die Einsegnung nicht mehr gleichgestellt werden konnten.

Razo aber hatte auf Befehl seines Herrn, des Kaisers, die Gebeine des oben erwähnten Papstes Benedict, wie er selbst vorher verordnet hatte, von Hammaburg [Hamburg] nach Rom zurückgebracht. Denn der heilige Vater, ich meine den apostolischen Herrn, hatte, als er noch in der Verbannung lebte, eifrig im Dienste Christi, während damals noch jene nördlichen Lande des erwünschten Friedens sich erfreuten, geäußert: „Hier wird mein gebrechlicher Leib seine Auflösung finden; darnach aber wird diese ganze Gegend vom Schwerte der Feinde verheert und den wilden Thieren zur Wohnung überlassen werden, und bevor ich nicht fortgebracht bin, werden die Eingebornen dort nicht Ruh noch Frieden haben. Sobald ich aber wieder daheim bin, hoffe ich durch apostolische Fürbitte die Heiden zur Ruhe zu bringen.“


41. Zu Zeiten Kaiser Otto’s III. starben viele Fromme, deren Lebensumstände ich aber nicht kenne, weshalb ich davon schweigen muß. Darunter war eine Gräfin Christiana, die einen großen Theil ihres erblichen Besitzthums, welches sie in der Burg Stuwi[67] hatte, dem heiligen Mauritius zu Magadaburg überwies. Da diese die Bahn dieses flüchtigen Lebens in Christo wandelnd zurückgelegt hatte, beschritt sie am achten März freudigen Herzens das Lager ihres langersehnten himmlischen Bräutigams. Dies Ereigniß wurde dem Erzbischof Gisiler von Magadaburg, der damals in Quidilingaburg sich aufhielt, folgendermaßen offenbart. Es erschien ihm ein Mann, welcher sprach: „Weißt du nicht, daß alle himmlischen Heerschaaren sich rüsten zum Empfange einer Christo getreuen Seele und zur würdigen Einholung einer solchen [131] Himmelsbraut? Denn schon kommt sie, ihren Lohn zu empfangen und in seliger Erwartung der ewigen Friedenswohnung.“ Sobald er erwachte, erzählte er es zuerst dem Waltherd, der damals noch Propst war, und da dieser bald nachher hörte, daß die ehrwürdige Matrone in derselben Nacht, worin dies Gesicht Statt fand, gestorben sei, so meldete er das seinem Vorgesetzten und sagte ihm, sein Gesicht sei in Erfüllung gegangen. Die Verstorbene, welche ihre guten Werke und Vorzüge verborgen hielt, indem nur ihr Gewissen darum wußte, war den andern Frauen heutiger Zeit sehr unähnlich; denn diese zeigen größtentheils, indem sie einzelne Theile ihres Körpers auf eine unanständige Weise entblößen, allen Liebhabern ganz offen, was an ihnen feil ist, und wandeln, obwohl das ein Gräuel vor Gott und eine Schande vor der Welt ist, ohne alle Scham allem Volke zur Schau einher. Es ist schlimm und höchst beklagenswerth, daß kein Sünder im Verborgenen bleiben will, sondern daß alle, den Guten zum Aergerniß, den Bösen zum Beispiel, stets öffentlich hervor zu treten trachten.


42. In jenen Tagen heirathete eine Nonne, Mathilde, eine Tochter des Markgrafen Thiederich, einen Slaven, Namens Prebizlav. Ihrer bemächtigte sich nachher der unrechtmäßige Befehlshaber von Brandenburg, Bolibut, und hielt sie so eingeschränkt, daß sie sich weder auf die Geburt des Herrn, noch auf irgend ein anderes Fest durch entsprechendes Fasten vorbereiten, auch diese Feste selbst nicht feiern konnte. Dort gebar sie einen Sohn, den sie mit Thränen erzog. Späterhin aber ward sie aus so großem Elende erlöst und obwohl dessen nicht recht würdig, Aebtissin in Magadaburg. Ihr Ehemann war vorher von zwei Zwillingsbrüdern, Ugio und Uffico, am 28. Dec. erschlagen. Dessen Bruder Liudulf trat aus dem geistlichen Stande und that, die Waffen zur Rache ergreifend, den Unseren großen Schaden, ward aber vom Kaiser gefangen genommen und seinem früheren Stande wieder übergeben.


[132] 43. Zu Zeiten Kaiser Otto’s III. lebte in Magadaburg ein Dekan, Namens Hepo, ein munterer Mann, der dem Münster sehr nützlich war, besonders auf dem Chor. Da dieser schon hochbetagt war und in allem, was er vornahm große Ueberlegung zeigte, verlor er plötzlich durch einen Schlagfluß die Sprache. Doch aber konnte er durch die Hülfe des erhabenen Arztes aller Aerzte mit seinen Amtsbrüdern nach wie vor ganz vortrefflich Psalmen singen; obwohl er sonst zu anderer Thätigkeit der Stimmwerkzeuge nicht fähig war. So erkennt, wer diesen wunderbaren Vorfall preist, das Verdienst Christi, der dem, der ihm treu dient, in manchen Stücken Kräfte verleiht. Nachdem aber dieser ehrwürdige Vater in der Beichte besonders darüber sich beklagt hatte, daß er sein Mönchsgewand unerlaubter Weise mit weltlicher Kleidung vertauscht habe, und nachdem er auf Ermahnung seiner Brüder diese Sünde dadurch wieder gut zu machen bemüht gewesen war, daß er das Mönchsgewand wieder anlegte, verschied er bald nachher am 5. Januar, und ward auf dem Kirchhofe von St. Johannes bei seinen Amtsbrüdern begraben, mit denen er, hätte die menschliche Hinfälligkeit es also verstattet, gemeinsam hätte leben sollen.

Der Hüter [Custos] der erwähnten Kirche aber, Namens Ekkihard, beigenannt der Rothe, ein gelehrter Grammatiker und Vorsteher der Schule, wollte eines Tages den hohen Altar, welcher mit Gold, Edelsteinen und dem besten Bernstein verziert war, besichtigen, ob auch etwas daran fehle; plötzlich fiel der Altar um, so daß Ekkihard unter demselben zu liegen kam. Durch die so erhaltene Quetschung ward er bettlägerig und übergab sein seit langer Zeit angehäuftes Geld dem Propste Waltherd, um es mit freigebiger Hand zu vertheilen, und wenige Tage nachher, am 4. Sept., gab er seinen Geist auf. Nun will ich diesen Mann durchaus nicht beschuldigen; das aber weiß ich gewiß, daß wer den heiligen Mauritius beleidigt, sich auf daraus erwachsenden Schaden gefaßt machen muß. Ein Jüngling nämlich wollte, vom Teufel getrieben, in einer finsteren Nacht den Schatz dieses Heiligen [133] bestehlen. Beim ersten Eintreten nun begann er zu zittern und wollte von seinem Vorhaben abstehen; da hörte er, wie er selbst nachher erzählte, eine Stimme, die ihn ermunterte, seinen Vorsatz nur kühnlich auszuführen. Sobald er nun aber eine Krone daselbst ergriffen hatte, ward er sofort mit derselben ertappt und darauf zur Strafe seiner Missethat mit gebrochenen Gliedern auf’s Rad geflochten.


44. Auch bleibe dir, mein Leser, die Festigkeit eines meiner geistlichen Brüder, des Husward, nicht unbekannt. Zu diesem, der damals neben mir schlief, kam der Teufel, der uns ja mit so großer List Fallstricke zu legen weiß, wiederholt in der Nacht und bat vergeblich, bei ihm liegen zu dürfen; zuletzt flehte er ihn fußfällig an, er möge ihm doch um einen Lohn, den er ihm versprach, zu Willen sein. Jener aber, der ein frommer Mensch war und eingedenk blieb des Gelübdes gegen Gott, das er gethan hatte, verlangte, erst solle er ihm den verheißenen Preis zeigen, und dann seine Antwort hören. „Ich will,“ sprach der Teufel darauf, „dir, wenn du in mein Begehren willigst, mit einem ähnlichen Geschenke lohnen, wie ich meinem Diener im Westlande gewährt habe.“ Als er aber diesen Antrag gemacht hatte, trieb ihn der würdige Priester, wie er oft vorher gethan, durch das Zeichen des heiligen Kreuzes mit zornigem Schelten von hinnen, und als er hinterher erfuhr, daß ein Geistlicher im Westlande wegen großer Schandthat am Galgen gestorben sei, erzählte er uns allen die ganze Geschichte von Anfang bis zu Ende. Und wunderbar ist, daß der Böse so etwas zu versuchen gewagt hat, da doch alle Sonntage das wahre Kreuz Christi in jenes Schlafhaus getragen wurde. In jenem Jahre nun entrann Husward, ich hoffe als Sieger und voll Reue ob seiner Sünden, am 23. Febr. den Gefahren dieser Welt. Wie er im Todeskampfe lag, so tröstete ihn seine hochbetagte Mutter – sie hieß Bertha – sie trug mit Geduld den doppelten Schmerz, denn der Sterbetag Husward’s war zugleich der Jahrestag des Todes ihres Sohnes Bevo, eines [134] trefflichen Kriegsmannes, den früherhin Markgraf Ekkihard hatte blenden lassen.


45. Auch folgendes Gesicht meines geistlichen Mitbruders Merquard kann ich nicht unerwähnt lassen. Dieser ward, wie er mir selbst zitternd erzählte, auf den allgemeinen Kirchhof geführt, wo er ein ganz mit Flammen angefülltes Grab sah und von seinem Führer so angeredet wurde: „In diesen brennenden Pfuhl sollst du bald geworfen werden, und Rodulf würde dir folgen, wenn er nicht als ein Bekehrter an St. Ludgers Schwelle stände[68]. Denn diese waren beide Mönche im Kloster dieses Bekenners gewesen, der diesen Ort, genannt Helmanstidi [Helmstedt], aus seinen Mitteln zu Zeiten Kaiser Karls des Großen erbaut hatte. Ludger aber war ein Bruder Hildigrims, Bischofs von Chalons, und ersten Lenkers der Kirche von Halberstadt, der er 47 Jahre vorstand, denn er starb unter der Regierung Ludwigs des Frommen 827 im Jahre 827. Ludger aber ward von Kaiser Karl zum ersten Bischofe von Mirmingerdevord [Münster] eingesetzt, und nachdem er seinen Sprengel auf das beste in Ordnung gebracht und einen 808 Ort, Wirdunun [Werden], auf eigene Kosten erbaut hatte, empfing er im Jahre 808 den himmlischen Lohn. Ihn überlebte der eben genannte Kaiser nur um fünf Jahre, indem er am 28. Januar, 814 71 Jahr alt, im sieben und vierzigsten Jahre seiner Regierung, im vierzehnten seines Kaiserthums, seinen Geist aushauchte. Der oben erwähnte Priester nun gelobte in dem Jahre, in welchem er dies Gesicht hatte, sein früheres Leben im Kloster wieder zu beginnen, und dem Gehorsam gegen die Ordensregel sich aufs neue zu unterziehen, und starb bald nachher, am 14. April. – Was ich hier nun von meinen geistlichen Mitbrüdern gesagt habe, das habe ich nicht gesagt, um sie anzuklagen, sondern vielmehr, um uns alle zu beschwören, daß wir vorsichtig sein und den Tugendhaften nachahmen mögen.


[135] 46. Unter der Regierung Otto’s III. ward Graf Albi, ein Sohn Markgraf Guncelins, von seinem Vasallen im Walde aus einem nichtigen Grunde ermordet. Seine Grafschaft empfing sammt dem an der Mulde liegenden Lehen der Erzbischof Gisiler von Magadaburg. Dessen Kämmerer, mein geistlicher Mitbruder Gunteri, der beim Kaiser viel galt und demselben häufig treue Dienste leistete, kam nach dem Tode des Bischofs Dodo von Asanbrun [Osnabrück] nach Italien. Als er nun dort, vom Kaiser 996 sehr gnädig empfangen, in allen Punkten, die er ihm vorzutragen hatte, Gehör fand, erschienen ihm in der folgenden Nacht nach seiner Unterredung mit dem Kaiser die heiligen Märtyrer Crispin und Crispinian, und fragten, ob er ihr Bisthum annehmen wolle? Er antwortete ihnen: „So Gott will und es euch gefällt!“ Sofort bekam er von jedem von ihnen einen Speerstich, und als er darauf erwachte, konnte er ohne fremde Hülfe nicht von seinem Lager aufstehen. Am anderen Tage erfüllte der Kaiser, als er von seiner Krankheit hörte, sein Versprechen treu. Darauf kehrte Gunteri, nachdem er wieder Kräfte gewonnen, nach Hause zurück, und lebte noch unter großen Schmerzen beinahe vier Jahre nach seiner Bischofsweihe, indem er am 25. Nov. das Zeitliche 1000 mit dem Ewigen vertauschte. Ich weiß nicht, ob Gott und den heiligen Märtyrern etwas an ihm mißfiel; das aber habe ich gesehen und von Anderen gehört, daß er ein gerechter, gottesfürchtiger Mann war, von mildem Sinne und keuschem Wandel, und die Bewohner der Gegend, wo er jetzt ruht, versichern, daß er bei Gott sehr viel gelte, wie das viele Wunderzeichen beweisen. Ich aber weiß das in Wahrheit, daß Gott einen Schuldigen um desselben Fehles willen nicht zweimal straft.


47. Damit du, mein Leser, die Verehrungswürdigkeit der eben genannten Märtyrer, welche aus älteren Büchern schon genugsam erhellt, auch durch mich erkennest, so will ich hier einen Vorfall berichten, den mir mein Bruder Brun [69], der, in Neu-Corvei [136] erzogen und jenes Altars Diener war, nach dem, was seine Vorgesetzten ihm erzählt hatten, mitgetheilt hat. Zu Zeiten des obenerwähnten Abts Liudulf[70], dessen Name in allem Guten vorzugsweise zu nennen ist, war ein junger Mann dessen geistlicher Mitbruder und regulirter Mönch. Da dieser in der gewöhnlichen Weise, wie es sein Dienst erforderte, die Reliquien des heiligen Crispinus und Crispinianus irgend wohin führte und nicht sorgfältig damit umging, so gewahrte er an der unmittelbar darauf folgenden Strafe[71], daß er sich an den heiligen Märtyrern versündigt habe. Denn den Tod im Fleische erleidet wer im Geiste den Heiligen Gottes zu dienen versäumt. Und um das dem Abte anzuzeigen, traten sie ihm in der Nacht, als er aus der Kirche kam, an der Thüre entgegen. Als Liudulf sie erblickte, blieb er von großem Schrecken ergriffen stehen und sagte kein Wort. Alsbald fragten sie ihn: „Warum, ehrwürdiger Vater, fragst du nicht, wer wir sind und weshalb wir gekommen sind?“ Als er nun antwortete, er wage es nicht, so vernahm er sofort von ihnen ihre Namen und den Grund, warum sie da seien, und daß jenes Vergehen nicht unbestraft bleiben werde. Als sie dann wieder fort waren, erzählte der Abt das Vorgefallene seinen Mitbrüdern, indem er sagte: „Jener Jüngling, der unserm Orden angehörte, ist gestorben, weil er die Verehrung der Heiligen, deren Gebeine er zu bewahren hatte, vernachlässigt hat. Weh mir, daß ich ihm je dergleichen anvertraut habe!“ Und bald nachher kam ein Bote, welcher die Bestätigung dessen brachte, was der Abt gesagt hatte, und die Anzeige hinzufügte, der Leichnam des Jünglings käme heran. Der hochwürdige Vater aber wollte demselben weder selbst entgegen gehen, noch gestatten, daß die Brüder ihn in gewohnter Weise empfangen sollten, sondern redete zornerfüllt den Todten also an: „Warum hast du Frecher es gewagt, diejenigen, die mit dem eingeborenen Sohne Gottes in hoher Ehre gehalten werden, nachlässig einher zu führen, und wie erkühnst du dich, nach einer [137] solchen Missethat noch hieher zu kommen ohne flehentliche Fürbitte Anderer? Als darauf der Dekan den verstorbenen Bruder nach Kräften zu entschuldigen versuchte, empfing er von seinem geistlichen Vater folgende Antwort: „Mein geliebter Bruder, du weißt zwar, was der da als ein Augendiener vor deinen Augen gethan hat; was er aber fern von dir getrieben hat, das weißt du nicht; ich aber erwäge es sehr wohl, denn ich sehe klar, daß er jetzt in bitterer Qual ist, und ich flehe nur auf meinen Knieen um die Fürbitte unserer Schutzheiligen, daß durch dieselben die göttliche Liebe mir kund geben möge, ob ich jenem Sünder, wenn sie ihn gelöst hat, auch die Absolution ertheilen und die Kirchengemeinschaft gewähren darf. Gar schwer ist es, wider den Stachel zu löcken [Apostelgesch. 26, 14] und nicht geziemt es den Menschen, wenn Gott zürnt, zu vergeben.“ Nach diesen Worten begab sich der fromme Abt barfußig in die Betkapelle, seine besondere Zuflucht in Zeiten der Noth, und nachdem er in gewohnter Weise seine und seiner Mitmenschen Schwachheit beweint hatte, versöhnte er Gott, und machte den Schuldigen frei, und indem er dann sogleich mit vielen Danksagungen sich erhob, vergab er dem Verstorbenen vor allen Brüdern aus göttlicher Vollmacht sein Verbrechen, und gewährte dem Körper die Wohlthaten der Kirche und das Begräbniß in geweihter Erde.


48. So eben, mein Leser, hast du von der schweren Strafe gehört, welche auf die Nichtachtung der Heiligen folgt; jetzt vernimm, welch ein fördersames Heilmittel aus der beständigen Liebe zu denselben erwächst. Es lebte zur Zeit des Abtes Godescalk [von Corvei] ein Mönch, Namens Alvrich, dem die Migräne, welche eine zwiefache sein kann, entweder von der Gicht oder von den Würmern herrührend, heftigen Kopfschmerz verursachte. Als nun, wie er beinahe schon dem Tode nahe war, seine geistlichen Brüder bei ihm wachten, so traf es sich zufällig, daß einer nach dem anderen hinausging, und sie ihn so allein ließen. Da stiegen aus dem Abtritte Dämonen empor, von denen jeder ein besonderes [138] Buch in den Händen hatte; und alle suchten, indem sie dem Kranken aus diesen Büchern eine Schilderung seiner in dieselben eingezeichneten Handlungen mit großem Nachdruck vorlasen, ihn mit nichtigem Schrecken zu erfüllen. Da aber erschien der glorreiche Märtyrer Chrisi, St. Veit, wies sie fort mit einem Winke und trat zu ihm und tröstete ihn, und sagte ihm sogleich, wer er sei; dann segnete er ihn, und hieß ihn aufstehen und seinem Abte eiligst folgende Meldung machen: „Hüte dich, daß du so viele Ermahnungen von mir nicht mehr so leichtsinnig unbeachtet lässest, auf daß du nicht dereinst vergeblich klagen und zittern mögest. Denn wahrlich, ich sage dir, wenn du mir länger ungehorsam bist, so wirst du von Gott verworfen werden und noch bei deinen Lebzeiten einen anderen auf deinem Stuhle sitzen sehen.“ Dies alles, welches ein frommer Knabe von dem kranken Mönche vernommen und sich gemerkt hatte, fand der Abt, der es nicht achtete, nachher bestätigt. Darum ist es ein sehr heilsamer Rath, daß man die häufigen Ermahnungen guter Menschen beachten müsse; um wie viel mehr aber den Rath derer, die, ob ihres Verdienstes unter Gottes Kinder in der Seligkeit aufgenommen, in Bezug auf den Ausgang künftiger Dinge Gottes Willen kennen? Wer aber leichtsinnig weisem Rathe nicht vertraut, der wird sehen, was er allein vermag. Solcherlei Fälle kenne ich viele; solche Lehren bringen denen, die ihnen folgen, einen feinen Lohn, wenn es zum Ende kommt.


49. Kaiser Otto III. war dem Erzbischofe Gisiler von Magadaburg besonders wohl gewogen. Dies quälte den Markgrafen Ekkihard zuerst heimlich, dann aber brach sein Aerger allmählich hervor, als er mit bitterem Schmerze gewahr ward, daß jener ihm in allem vorgezogen wurde. Während deß begingen Ekkihards Unterthanen einen Diebstahl in dem Dorfe Goresin[72], den die Unseren sofort rächten. Denn sie verklagten sie vor ihren Gaugenossen und knüpften sie auf, obwohl sie dies, wie es recht [139] gewesen wäre, dem Markgrafen anzuzeigen unterlassen hatten. Darum entbrannte nun der kaum erloschene Grimm Ekkihards auf das Stärkste und seine Krieger bekamen Befehl, sich zum Rachezuge zu rüsten. Rambald, von dem er vor allen viel hielt, sammelte eine große Schaar und umzingelte Goresin, und indem er aller Männer sammt ihrer Habe sich bemächtigte, führte er dieselben mit sich heim, und entließ nachher keinen ohne schweres Lösegeld. Als ich nun die Unseren, die mir das Vorgefallene klagten, fragte, wie eine solche That gesühnt sei, so vernahm ich von ihnen zu meinem großen Schrecken, daß gar keine Entschädigung erfolge. Wenn aber in dieser Landschaft das göttliche Gesetz etwas Geltung hätte, so würde die weltliche Macht nicht so unsinnig verfahren. Denn ich sage es allen Gegenwärtigen wie Zukünftigen, daß diese Sache nicht einschlafen darf und daß sie nicht anders als durch bischöfliche Entscheidung geschlichtet werden kann. Ein Jeder kann schweigen, so lange er will, aber hat er einmal eine Sache anhängig gemacht, so darf er sie nicht unentschieden lassen und so seinen Nachfolger beeinträchtigen. Da, wo dergleichen Händel entstehen, müssen sie auch nach kanonischem Rechte beendet werden. Wenn meine bischöflichen Amtsbrüder mit einander übereinstimmten, wie wir das in der Apostelgeschichte [1, 14; 15, 25; 4, 32] lesen, so würden die Ungerechten in ihrer hartnäckigen Anmaßung nicht also bestärkt werden. Wenn einer von jenen in gehöriger Weise angelklagt wird, so wird er auf alle mögliche Weise vertheidigt; das ist aber keine Rechtfertigung, sondern nichts als eine unerlaubte Bestärkung im Unrecht, die nur zu noch viel schlimmeren Dingen führt und ihnen in Zukunft schweren Schaden bringt. Darum so mögen doch wiederum Eines Sinnes werden, die Eines Glaubens sind, auf daß sie die giftige Rotte der mit einander verschworenen Verkehrten um so kräftiger vernichten können. Das hier Gesagte mag genügen.


50. Jetzt aber will ich von einem meiner geistlichen Mitbrüder, Namens Conrad, ein weniges sagen, damit er, der nach [140] Gottes Gebot seinen Nächsten so treu liebte, von mir nicht vergessen werde. Er war der Oheim des Erzbischofs Gero von Magadaburg, und Wille und rüstige Geschicklichkeit vereinigten sich in ihm, Christi Joch, soweit es ein Mensch vermag, zu tragen. Denn oft habe ich von ihm, wenn er eben öffentlich gesungen oder geredet hatte, gehört, wie er eifrigst wünschte, dies gleich noch einmal thun zu dürfen. Nie war er seinen Vorgesetzten ungehorsam, sondern er hatte sie wie seine übrigen Mitbrüder zu steter Zuneigung an sich gefesselt. Als aber ein so achtenswerther Charakter dem Kaiser bekannt wurde, gewann er sogleich dessen Liebe, und ward von ihm in seine Nähe gezogen. Jedoch hinderte ihn ein frühzeitiger Tod daran, die gewünschte und vom Kaiser ihm angebotene Würde zu erlangen; er starb am 28. August. In Sachsen geboren, ruht er in Italien. Das erhabene Magadaburg beweint in ihm einen geistlichen Sohn.


51. Was für treffliche Männer habe ich doch unter den Vornehmen jener Stadt kennen gelernt, deren preiswürdigem Leben ich nicht meiner Pflicht gemäß nachgeahmt und deren Gedächtniß ich auch nach ihrer fleischlichen Auflösung nicht begangen habe. Ach ich Elender, der ich mit so vielen und so großen Männern in brüderlicher Vereinigung stehe, denen ich doch hinsichtlich eines würdigen Lebens sehr unähnlich bin! – Ich, der ich in meinem Sünden bereits beinahe schon des Todes bin, werde, so hoffe ich, vor Gottes leuchtendem Antlitze das Leben haben, weil ich durch das Verdienst meiner Brüder dem Tode entrissen werde; denn wenn ich auch hienieden wenig Gutes gethan habe, so gedenke ich doch beständig der Verstorbenen. Mein Wille ist bisweilen gut, aber weil ich mich nicht beeifere, ihn mit der nöthigen Kraft zu versehen, so nützt er allzu wenig. Ich klage mich zwar selbst an, aber ich zahle meine Buße nicht nach Gebühr, und darum bedarf ich in jeder Hinsicht der Besserung, weil ich mich nicht zu dem bekehre, der der vollkommenste Gegenstand alles Lobes ist. Jetzt erkenne in mir, o Leser, den vornehmen Herrn, und betrachte mich [141] wohl! Da wirst du ein kleines Männchen sehen, ungestaltet an der linken Kinnlade und Seite, weil mir daselbst einmal eine noch stets wieder anschwellende Fistel ausgebrochen ist. Ein Bruch des Nasenknorpels, den ich in meiner Kindheit erlitten habe, gibt mir ein lächerliches Ansehn. Ueber das alles aber würde ich gar nicht klagen, wenn ich im Innern nur einige Vorzüge besäße. Aber ich bin ein Elender, sehr jähzornig und unlenksam zum Guten, von neidischem Charakter; ich verhöhne Andere, und verdiene doch selbst Spott; ich schone niemandes, wie es meine Pflicht wäre; ich bin ein Schlemmer und Heuchler, ein Geizhals und ein Verläumder, und (um diese schmachvollen Bezeichnungen, die ich mir aber mit Recht beilege, zu schließen) ich bin schlechter, als sich sagen oder irgendwie beurtheilen läßt. Ein Jeder ist befugt, nicht etwa leise davon zu murmeln, sondern es laut heraus zu sagen, daß ich ein Sünder bin, und es gebührt sich, daß ich auf meinen Knieen meine Brüder bitte, mich zu strafen und zu schelten. Gar manche würden von den Leuten gelobt, wenn nicht ein geringer Umstand ihnen im Wege stände, daß sie nicht unter die besten Menschen gerechnet würden, und weil es ein wahrer Satz ist, daß den Menschen überhaupt nur allzuviel fehlt an der rechten Vollkommenheit. Wozu nützt es denn, dergleichen von denen zu verbreiten, die noch schlechter sind, als diese? Jegliches Lob wird am Ende verkündet, und menschlicher Wandel im Feuer geprüft.



  1. Von Utrecht, 977 bis 990. Er heißt sonst Folkmar, wovon Poppo die Koseform ist.
  2. Asselburg, bei dem braunschweigischen Orte Burgdorf.
  3. Lag am Harz zwischen Goslar und Gaudersheim.
  4. Alsburg, im Braunschweigischen, im jetzigen Kreise Wolfenbüttel; nach Anderen Alach bei Erfurt.
  5. Groß-Rohrheim, im jetzigen hessischen Kreise Zwingenberg.
  6. Mügeln, in der jetzigen Landamtshauptmannschaft Grimma.
  7. Burggraf, also nicht der ebengenannte Markgraf desselben Namens.
  8. Die kleine Festung Ittern lag auf der Grenze zwischen Sachsen und Franken; nach Giesebrecht jedoch ist es Eytra an der Elster.
  9. Walbeck, im jetzigen Kreise Gardelegen, Rgbz. Magdeburg.
  10. Frosa, im jetzigen Kreise Kalbe, Rgbz. Magdeburg.
  11. Vgl. Quedlinburger Annalen 984.
  12. Die in Ostsachsen wohnenden Slaven.
  13. Vgl. Quedlinburger Annalen 989.
  14. Gandersheim im Braunschweigischen.
  15. S. B. II. K. 9.
  16. Nimptsch. Der Name der Stadt fehlt im lateinischen Text und ist hier ergänzt, weil nach unserer Kenntniß nur diese eine an der Grenze von Polen in jener Gegend liegende Stadt gemeint sein kann.
  17. d. h. für einen Schwätzer. S. Horaz Sat. I, 1. B. 120.
  18. Sonne und Mond in ihrem unablässigen, unaufhaltsamen Lauf durch den Raum des Himmels, schienen den Heiden zu fliehen und einem Verfolger zu weichen. Zwei Wölfe sind es, die ihnen nachstellen; der eine fährt hinter der Sonne, der andere hinter dem Monde her. Nichts war den Heiden fürchterlicher, als die nahende Verfinsterung der Sonne oder des Mondes, womit sie die Zerstörung aller Dinge und der Welt Untergang in Verbindung brachten. Sie wähnten, das Ungeheuer habe schon einen Theil des leuchtenden Gestirns in seinen Rachen gefaßt, und suchten es durch lauten Zuruf wegzuschrecken. S. J. Grimm, deutsche Mythologie, S. 401.
  19. Macrobius lehrt nämlich in seinem Commentar zu Cicero’s Traume I, 15 Folgendes: Wenn Sonne und Mond ihren Lauf zugleich auf derselben Linie zurücklegen, so ist nothwendig, daß eines von beiden zeitweilig Verfinsterung erleide: die Sonne, sobald ihr der Mond folgt, der Mond, wenn er Sonne gegenüber steht. Daher wird weder je die Sonne verfinstert anders als nur wenn der dreißigste Tag des Mondes da ist, noch kennt der Mond anders eine Verfinsterung, als nur am fünfzehnten Tage seines Laufes. Denn so geschieht es, daß entweder dem Monde, wenn derselbe der Sonne gegenüber steht, um von ihr sein gewöhnliches Licht zu empfangen, der auf derselben Linie befindliche Kegel der Erde entgegenliegt, oder daß der Mond, selbst der Sonne folgend, durch sein Entgegenliegen vor dem menschlichen Auge das Licht derselben fern hält. Bei der Verfinsterung also erleidet die Sonne selbst nichts, sondern nur unser Blick wird getäuscht. Der Mond aber erleidet an sich selbst eine wirkliche Verfinsterung, weil er von der Sonne das Licht nicht empfängt, vermittelst dessen er die Nacht erleuchtet.
  20. bene nata, nach Horaz. Oden IV, 4, 36.
  21. Vgl. Quedlinburger Annalen 987.
  22. Vgl. Quedlinburger Annalen 988.
  23. Dies ist ein Irrthum Thietmars; die Einweihung fand am 16. October 992 Statt.
  24. S. Queblinburger Annalen 992.
  25. Mirmigendenzig im lateinischen Text.
  26. Vgl. Quedlinburger Annalen 995.
  27. Vielmehr schon früher, denn der im Anschluß hieran berichtete Tod des Markgrafen Liupold fällt ins Jahr 994.
  28. Harsefeld, in der Nähe von Stade.
  29. Sigfried, der ein Sohn des Grafen Heinrich v. Stade war.
  30. Die jetzige Stadt Ellwangen im Würtembergischen Jagstkreise.
  31. Wahrscheinlich im Kreise Halberstadt, an der Bode gelegen. Die Quedl. Annalen berichten es 995.
  32. von Halberstadt vgl. die Quedlinburger Annalen, welche richtig das Jahr 996 angeben.
  33. Unter königlicher Capelle verstand man damals diejenigen Geistlichen, welche in der Nähe des Königs die Reichsverwaltung in Händen hatten. Ihr Vorsteher ist der Archicapellarius, der in dieser Zeit zugleich der Archicancellarius ist.
  34. Mit Weihnachten begann damals das Jahr, und wurde die Zahl geändert.
  35. S. Buch III, Cap. 8.
  36. nämlich im Kloster der Heiligen Bonifacius und Alexius auf dem Aventin. Thietmar aber hat den Namen des Schutzheiligen für den Namen des Abtes gehalten.
  37. Der Bardengau liegt auf der linken Seite der Elbe, in der Gegend des heutigen Lüneburg und Bardewied.
  38. Es war nach dem Merseburger Nekrologium der 6. November
  39. So nannte man die 7 Tage nach Ostern.
  40. Mons gaudii, jetzt Monte Mario, wo Otto I. 962 lagerte.
  41. Thorn, franz. Turne, unweit des linken Ufers der Maas, unterhalb Mastricht.
  42. In Hohorst, bei Amersfoort, in der Nähe von Utrecht.
  43. Germeresleva oder Grimerslevo an der Saale, etwas oberhalb Calbe.
  44. Horaz Od. IV. 4, 36.
  45. Jetzt Derenburg, in der Nähe von Halberstadt, an der Holzemme gelegen.
  46. Selz im Elsaß.
  47. So nannte man damals den zur Wahrung der kaiserlichen Rechte eingesetzten höchsten weltlichen Beamten in Rom.
  48. Ziza, das heutige Zeiz, im Rgbz. Merseburg, an der Elster gelegen. Der Sitz des Bisthums wurde von da später nach Naumburg verlegt.
  49. Milcini oder Milcieni saßen zwischen der Elbe und den Sudeten.
  50. Diefer Gau liegt zwischen Oder, Bober und Katzbach.
  51. Eilau, Ort am Bober, wo die Grenze war.
  52. S. Prudentius in Symmachum II, 766.
  53. Vgl. über den Aufstand W. Giesebrecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit, Abschnitt 18, und die Lebensbeschreibung des heiligen Bernward, Kap. 23 – 27. Gregor war ein edler Römer.
  54. Burg am Berge Soracte, 4 Meilen vom Rom entfernt.
  55. Bern, auch Wälsch-Bern, der deutsche Name für Verona.
  56. Polling an der Ammer in Baiern.
  57. Liegt an der Donau, westlich von Ingolstadt.
  58. Nach Aachen.
  59. Lag wahrscheinlich in der Nähe des heutigen Burgdorf, bei Goslar.
  60. Liuthar scheint unter dem vierten Rade die nahe Verwandtschaft mit der kaiserlichen Familie andeuten zu wollen.
  61. Hilleslevo (Hillersleben) lag westlich von der Elbe in der Nähe von Wolmirstedt.
  62. Deutsche Umformung des Namens Arbuin; er war Markgraf von Ivrea, Pfalzgraf der Lombardei.
  63. Eine Anspielung auf St. Johannis, Epist. I. 2, 16: „Denn alles was in der Welt ist (nämlich des Fleisches Lust und der Augen Lust und hoffärtiges Leben) ist nicht vom Vater, sondern von der Welt.“
  64. Statt dieses Namens ist eine Lücke in der Handschrift, eine spätere Hand aus dem 17. Jahrhundert ergänzt Bolizlav. Der richtige Name ist nicht bekannt.
  65. Bekannter unter seinem christlichen Namen als Stephan I.
  66. Nienburg ober München-Nienburg auf einer Anhöhe über der Saale, an der Mündung der Bode im Anhaltischen.
  67. Jetzt Stöben, nicht weit von Kamburg in Thüringen.
  68. d. h. wenn er sich nicht voll Reue aus dem sündigen Leben wieder als Klosterbruder in St. Ludger’s Stift zurückbegeben hätte.
  69. Der vierte Sohn des Grafen Sigfried von Walbeck, später Bischof von Verden.
  70. Vgl. II, 12.
  71. Er starb nämlich.
  72. Groß-Görschen, im Kreise Merseburg.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: „funfzehnten“.