Die Fabrik landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe von Dr. W. Hamm in Leipzig

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Diverse
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Fabrik landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe von Dr. W. Hamm in Leipzig
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 1, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 1, Seite 95–98
Herausgeber: Louis Oeser
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Neusalza
Übersetzer: {{{ÜBERSETZER}}}
Originaltitel: {{{ORIGINALTITEL}}}
Originalsubtitel: {{{ORIGINALSUBTITEL}}}
Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Commons und SLUB Dresden
Kurzbeschreibung: siehe auch: Wilhelm von Hamm
{{{SONSTIGES}}}
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[Ξ]

Fabrik landwirthschaftlicher Maschinen u. Geräthe von Dr. W. Hamm in Eutritzsch bei Leipzig.

[95]
Die Fabrik landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe von Dr. W. Hamm in Leipzig.
(Mit Abbildung.)


Bei den vorzüglich in den letzten Jahrzehnten immer bemerkbarer werdenden rastlosen Fortschritten auf dem Gebiet der Landwirthschaft, machten sich zu deren vortheilhafterem Betrieb für den thätigen und strebsamen Oekonomen endlich auch Maschinen und verbesserte Geräthe nöthig, und dieselben wurden aus dem maschinenreichen England eingeführt, wo die landwirthschaftlichen Maschinen schon viele Jahre bekannt und angewendet waren, ehe man in Deutschland über ihr Dasein noch Etwas mehr wußte, als nur das Allgemeinste. Die aus England importirten Maschinen waren aber stets enorm theuer und dieses war ein sehr bedeutendes Hinderniß, welches sich deren allgemeineren Verbreitung in Deutschland entgegenstellte. – Endlich versuchten es einzelne deutsche Mechaniker nach englischen Modellen Maschinen für den Gebrauch zu landwirthschaftlichen Zwecken herzustellen, welche bei allen Unvollkommenheiten der ersten Versuche sich doch als gelungen und praktisch brauchbar erwiesen. Nach und nach mehrte sich die Zahl der in Deutschland gebauten Maschinen und die steigende Nachfrage machte die Errichtung neuer Werkstätten möglich, welche indessen gewöhnlich mit einer Menge Hindernissen zu kämpfen hatten, ehe es ihnen gelang, ihren Fabrikaten Anerkennung und Geltung zu verschaffen. Denn obwohl die Anwendung von Maschinen bei der Landwirthschaft Angesichts der durch dieselben erzielten Erfolge nach und nach an Ausbreitung gewann, ob auch den kleineren Wirthschaften es jetzt möglich gemacht wurde, angemessen construirte Maschinen und verbesserte Geräthe für ihren Gebrauch zu erwerben, da die deutschen Fabrikate im Preis bedeutend billiger sich zeigten, und dabei dauerhafter und solider gearbeitet waren, als die englischen, so wurden die gebotenen günstigen Gelegenheiten nicht in dem Umfange benutzt, wie es wohl zu wünschen gewesen wäre und es im Interesse der Landwirthschaft gelegen hätte.

Die Einführung von Maschinen zu landwirthschaftlichem Gebrauch hatte vorzüglich in ihren Anfängen einen harten Kampf zu bestehen mit den Vorurtheilen der Menge; zum Theil war dieselbe schon deshalb gegen alles Maschinenwesen und jede sonstige Verbesserung in dem landwirthschaftlichen Fach eingenommen, weil es Neuerungen waren, bei deren Benutzung man nicht den althergebrachten, von Großvater und Urgroßvater ererbten Methoden folgen konnte. Jedermann weiß, daß in solchen Sachen namentlich der deutsche Landwirth zu seinem eignen Nachtheil oft übertrieben zäh ist. – Man hielt die Maschinenarbeit für untauglich und die Maschine selbst nur für mehr Kosten verursachend, als Gewinn bringend. Daß dieses Vorurtheil sich schwerer besiegen ließ, als es wohl sonst geschehen sein würde, lag zum Theil in Englands Verschulden, indem von dort aus eine Menge Maschinen und Geräthe nach dem Continent geschickt wurden, so daß dieses davon gleichsam überschwemmt war (– und zum Theil wohl heute noch ist –), welche in ihrer Mehrzahl auf bloße Spekulation mit Nachlässigkeit gearbeitet und construirt, ihrem Zweck nur höchst mangelhaft entsprachen und oft sogar sich als gänzlich unbrauchbar erwiesen, daß die auf Anschaffung dieser Gegenstände verwendeten, nicht selten bedeutend hohen Summen so gut wie verloren waren. Ein zweites wesentliches Hinderniß im Aufschwung des deutschen Maschinenbaues für landwirthschaftlichen Gebrauch war das bei den Deutschen von Alters hergebrachte und oft zur wahren Manie gewordene Vorurtheil, daß nur [96] Ausländisches gut, brauchbar und praktisch und dieses den inländischen Erzeugnissen weit vorzuziehen sei. – Diese Auslandssucht der Deutschen hat übrigens stets und früher mehr als jetzt, gleich einem Hemmschuh, lähmend auf den Aufschwung der deutschen Industrie gewirkt und gehört mit zu den Leiden des Gewerbstandes. Vorzüglich im Fach des Maschinenbau’s war dieses häufig, denn lange Zeit traute der Deutsche dem Deutschen nicht zu, daß dieser in solcher Branche etwas Entsprechendes herstellen könne; selbst die augenscheinlichsten Beweise von der Tüchtigkeit und Vorzüglichkeit der deutschen Arbeit konnten dieses Vorurtheil nur schwer besiegen. Diesem Vorurtheil zu Liebe schickte man lieber schweres Geld in das Ausland, um von dort vielleicht unbrauchbare Maschinen zu erhalten, als dieselben im Inlande für weit billigeren Preis und weit sorgfältiger construirt zu beziehen. Solchen Thatsachen gegenüber wurde so mancher deutsche Fabrikant bewogen, um seine Produktionen schneller abzusetzen, sich für dieselben ausländischer Firmen und ausländischer Stempel zu bedienen.

Es galt nun hauptsächlich die eingerosteten Vorurtheile so vieler deutscher Landwirthe gegen Maschinen im Allgemeinen und die deutschen im Besondern in ihrer Unhaltbarkeit und Grundlosigkeit darzustellen und ihnen den Beweiß von der Vorzüglichkeit in Deutschland gebauter Maschinen zu liefern, dadurch aber zugleich den Sieg über Englands Concurrenz zu erringen und so alle sonst in das Ausland gehenden großen Summen dem Vaterland zu erhalten.

Mancher versuchte dieses mit mehr oder weniger Erfolg, Keinem aber gelang dieses Unternehmen glänzender als dem Herrn Dr. Wilhelm Hamm in Leipzig, einem durch wissenschaftliche Bildung und rastlose Strebsamkeit ausgezeichneten Mann, wohlbekannt durch seine Schriften und die von ihm redigirte agronomische Zeitung. Von seinen Schriften ist das jetzt in zweiter Auflage bei Vieweg in Braunschweig erschienene Werk: „Die landwirthschaftlichen Maschinen und Geräthe Englands, mit 700 Abbildungen,“ als Vorläufer der jetzigen praktischen Wirksamkeit des Herrn Verfassers zu betrachten.

Herr Dr. Hamm begann das Geschäft im Jahr 1850 als landwirthschaftliches Comptoir mit einer einzigen amerikanischen Häckselmaschine als Lagerbestand. Bei dem Besuch der Ausstellung in London 1851 aquirirte Herr Hamm einen großen Transport der vorzüglichsten englischen landwirthschaftlichen Maschinen, welche er anfangs von einzelnen Arbeitern nachbauen ließ. Die überaus steigenden Nachfragen aber nöthigten ihn 1853 zur Gründung eigener Werkstätten und 1854 zur Erbauung der Fabrik in Eutritzsch, welche sich seitdem jährlich vergrößerte; gegenwärtig steht namentlich der Aufbau einer größeren Gießerei in Aussicht.

Wenden wir uns nun zur näheren Betrachtung dieses Etablissements.

Dasselbe befindet sich in dem eine halbe Stunde von Leipzig entfernten, freundlichen und noch durch andere industrielle Anlagen sich bemerklich machenden Dorfe Eutritzsch und besteht aus

einem zwei Stock hohen Hauptgebäude, welches an der Außenseite neunzehn Fenster Fronte hat. Im Parterre dieses Gebäudes befinden sich a) die Wohnung des Besitzers; b) die Schmiede, wo sich acht Doppelfeuer mit Ventilator befinden und auch transportable Schmiedeherde im Gebrauch sind; c) der Schlossersaal; d) die Dampfmaschine und e) das Kesselhaus. Die erste Etage enthält: f) die Werkstätten für die Holzarbeiter; g) den Montagesaal für kleinere Maschinen. Unter dem Dach befinden sich die Modellspeicher;
einem Nebengebäude, enthaltend im Parterre a) das Comptoir; b) die Stallung; c) die Remise und Stellmacherwerkstätte, d) den Putzraum für Eisenguß; in der ersten Etage: e) die Wohnungen für Werkführer, Ingenieur und Zeichner und f) Werkstätten für Holzarbeiter;
einem Eisengießereigebäude.

Hierzu gehört noch ein Garten und eine Baustelle.

[97] Die ganze Fabrik ist mit Gas erleuchtet, welches aus Abfällen der benachbarten Kammgarnspinnerei von Trinius bereitet wird. Für die oberen Räume des Hauptgebäudes ist Dampfheizung eingerichtet.

In der Fabrik werden vorzugsweise landwirthschaftliche Maschinen gebaut, aber auch Aufträge auf andere Maschinen, sowie auf Eisengußwaaren ausgeführt.

Die Haupterzeugnisse sind: Dreschmaschinen, Mähemaschinen, Säemaschinen, Düngerstreumaschinen, Getreidereinigungsmaschinen, Heuwendemaschinen, Pferderechen, Drainröhrenpressen, Ziegelmaschinen, Häckselmaschinen, Wurzelschneidemaschinen, Kartoffelmühlen, Schrotmühlen, Futterquetschmaschinen, Mehlmühlen, Buttermaschinen, Göpel- und Transmissionswerke, Pflüge, Untergrundwühler, Grubber, Cultivatoren, Pferdehacken, Furcheneggen, Walzen, Eggen, Pumpen, Spritzen, Torfstechmaschinen, Eierbrütmaschinen u.s.w., sowie landwirthschaftliche Werkzeuge aller Art, z. B. amerikanische Aexte, englische Sensen u.s.w.

Unter den anderen Maschinen werden auch Nähmaschinen von vorzüglicher Güte hergestellt.

Die Eisengießerei liefert Maschinen jeder Gattung, Dampfmaschinencylinder, Turbinen, amerikanische Mühlwerke; ferner: Architekturobjekte, Grabkreuze mit Schrift, Denkmale, Formkasten, Roste, namentlich Treppenroste, Platten, Krahntheile, Ofentheile, Pumpenrohre, Ventilatoren, Gitter, Säulen, Gartenmöbel und überhaupt alle in dieses Fach einschlagende Artikel.

Die Fabrik fertigt auch Möbeln von Schmiedeeisen, z. B. Bettstellen, Gartenstühle etc., wie dieselben in Frankreich und England bereits überall eingebürgert sind, da dieselben wesentliche Vorzüge haben, denn sie sind nicht nur dauerhafter, sondern nehmen auch weniger Raum ein, als hölzerne Möbeln und das Material behält seinen Werth. Deshalb ist das Etablissement eingerichtet worden, dergleichen Möbel nach allen Mustern und im Großen zu fabriciren.

Von der durch Dr. Hamm in Deutschland zuerst eingeführten und vielfach verbesserten Handdreschmaschine nach Hensman hat die Fabrik binnen fünf Jahren über 1100 Stück geliefert; von verbesserten englischen Dreschmaschinen mit offenem schottischen Göpel für zwei Pferde über 230 Stück; von Drainröhrenpressen nach Williams circa 200 und von Getreidereinigungsmaschinen 440 u.s.w. Neuerdings hat sich insbesondere die von ihr gebaute Mähemaschine mit selbstthätiger Ablegevorrichtung, welche bei dem Mähemaschinen-Concurs zu Köln den Sieg errang, Geltung verschafft. Auch von dem berühmten Grignon-Pflug, dem besten unter den vielen Hunderten der pariser Ausstellungen 1855 und 1856, den in Deutschland die Fabrik zuerst gebaut hat, werden große Mengen verlangt. Gleicherweise sind als die berühmtesten und gangbarsten Erzeugnisse noch zu nennen: die große rheinische Schrotmühle für Brauereien und Brennereien, die Albansche-Säemaschine, die Haferschrotmühle, die Kleesäemaschine, die Richmond’sche Häckselmaschine, die schlesische Waschmaschine, die Lavoisy’sche Buttermaschine u.s.w.

Unter den vorzüglichsten und verbreitetsten Maschinen, welche durch Hrn. Dr. Hamm zuerst auf dem Continent eingeführt, nachgebaut und zum Theil verbessert wurden, nennen wir noch: Garrett’s Drillmaschine und Pferdehacke, Smith’s Heuwendemaschine, Howard’s Pferderechen, Corne’s Häckselmaschine, Moody’s Wurzelschneider, Garrett’s Oelkuchenbrecher, Howard’s Pflüge und Eggen, Exstirpatoren von Tennant und Scoular u.s.w.

Die Erzeugnisse der Fabrik befanden sich auf den Industrieausstellungen zu Leipzig, München und Paris, außerdem noch auf vielen landwirtschaftlichen Ausstellungen. Sie erhielten seit 1852 folgende Auszeichnungen

eine goldene Medaille,

[98]

drei silberne Pokale,
vierzehn silberne Medaillen,
neun bronzene Medaillen und
verschiedene ehrenvolle Erwähnungen und Geldprämien und

zwar bei den Ausstellungen zu Dresden, Güstrow, Hannover, Borna, München, Brünn, Eilenburg, Weimar, Paris, Wismar, Halberstadt, Braunschweig, Wurzen, Wien, Köln, Koburg, Karlsruhe u.s.w.

Die Fabrikate finden ihren Absatz nach allen Weltgegenden. Deutschland ist zwar der Hauptmarkt, doch wurden schon sehr viele Aufträge ausgeführt nach Ungarn, den Donaufürstenthümern, Rußland und Polen, Schweden, Dänemark, Holland, Portugal, Italien, ferner vorzugsweise nach Griechenland, Brasilien und Java.

Das Etablissement besitzt eine Dampfmaschine von 8 Pferdekraft, welche aber bei dem stets wachsenden Bedürfniß gegen eine neue zwanzig pferdekräftige vertauscht werden muß. An Arbeitsmaschinen sind vorhanden: acht Drehbänke, darunter eine große Plan- und Spitzendrehbank, gegen dreihundert Centner schwer, von Zimmermann, zwei Hobelmaschinen, vier Bohrmaschinen, eine Reifelmaschine, Nuthenstoßmaschinen, Räderschneidemaschmen u.s.w.

Die Fabrik beschäftigt 1 Buchhalter, 2 Comptoirdiener, 1 Maschinisten, 1 Zeichner, 2 Werkführer, 4 Monteure, 1 Gießermeister, und je nach der Zeit und der Nachfrage 60 bis 150 Fabrikarbeiter.

Werkführer, Zeichner, Monteure und Gießermeister sind durchaus bewährte und vorzügliche Fachmänner und die Mehrzahl der Arbeiter ist seit Beginn des Geschäfts darin thätig, also in ihrer Aufgabe völlig erfahren und geschickt.

Die permanente Ausstellung, die Niederlagen und das Hauptcomtoir der Fabrik befinden sich in Leipzig in dem Hause zum Kurprinzen, Roßplatz Nr. 8; außerdem hat die Fabrik noch folgende Commissionaire mit Lager:

Papst und Kraus in Wieselburg (in Ungarn);
J. Fichtner und Söhne in Wien;
C. Speiser in Czernewitz (in der Bukowina);
P. Müller in Braunschweig und
C. F. Schwarz in Echzell (Großherzogthum Hessen).

Der große Ruf, dessen sich das Etablissement in ganz Deutschland und weit über dessen Grenzen hinaus erfreut, gründet sich auf ganz vorzüglich construirte und solid gebaute Maschinen, von denen keine ungeprüft die Fabrik verläßt; für größere Gegenstände gewährt sie gern ein bis fünf Jahre Garantie und nimmt jede Maschine zurück, welche den Angaben nicht entspricht.

Für die Vorzüglichkeit der Leistungen des Etablissements spricht ferner die Thatsache, daß eine große Anzahl der später aufgetauchten Concurrenzanstalten ihre Modelle nicht wie bisher aus England, sondern von hier beziehen und nach denselben arbeiten.

Die Fabrik ist also vollkommen in Stand gesetzt, nicht nur mit allen deutschen, sondern auch ausländischen Anstalten ihrer Branche erfolgreich concurriren zu können und bei dem rastlosen Eifer, mit welchem Herr Dr. Hamm an der Vervollkommnung der landwirthschaftlichen Mechanik in Deutschland und deren Sieg über Englands Concurrenz arbeitet, läßt sich mit Gewißheit erwarten, daß sich das Etablissement nicht nur auf seiner jetzigen Höhe erhalten, sondern auch einen noch schönern Aufschwung nehmen wird.

Die reichhaltigen illustrirten Preiscourante der Fabrik sind im Buchhandel erschienen, außerdem von denselben auch gratis zu beziehen.