Leichtgläubigkeit, Aberglaube und Fanatismus
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Den äußersten Gegensatz zu der religiösen Kühle, welche sich aus den Verhältnissen der Hochkirche als natürlich ergibt, bildet die übertriebenste Aufregung einer Methodisten-Gemeinde, jener Secte, welche unter den niederen Volksclassen eine um so größere Verbreitung erlangt hat, je weniger Befriedigung die aristokratische Staatskirche dem religiösen Gefühle derselben bieten konnte, welches im Nationalcharakter tief gewurzelt ist. Die Wirksamkeit der durch Wesley gestifteten Secte hat sich von Anfang bis jetzt als höchst wohlthätig erwiesen; Prediger, allein von ihren Gemeinden unterhalten, haben, wie der Stifter selbst bei den Minenarbeitern in Cornwallis, durch immerwährende Berührung mit niederen Volksclassen (bei der Hochkirche unmöglich) jenen auf Sittlichkeit und Lebensverhältnisse so wohlthätigen Einfluß der Geistlichkeit ausgeübt, der in der wahren Kirche des Christenthums vorausgesetzt wird. Allein andererseits hat sich in den Methodisten der von David
[818] Hume ausgesprochene Erfahrungssatz bestätigt: sobald die Existenz des Geistlichen blos vom Volke abhänge, suche derselbe dessen Anhänglichkeit durch alle Marktschreiereien des Fanatismus zu erhöhen. Da die niederen Volksclassen der Engländer ohnedem dazu geneigt sind, den religiösen Glauben, welcher sie im Unglück tröstet, zu steigern, hat es dort niemals an Geistlichen der Methodisten gefehlt, die sich in erhitzter Extravaganz zu überbieten suchen. Der englische Pöbel überläßt sich sogar gern einer künstlich erregten religiösen Schwärmerei. Die bloßen Worte: Lord hare mercy upon us (Gott sei uns gnädig) pflegen, von Methodisten-Gemeinden in der Stufenleiter aller Töne bis zu dem Ausdruck des Weinens unzählige Male wiederholt, eine Art Verzückung hervorzurufen, welche wenigstens bei dem weiblichen Theile häufig genug Krämpfe bewirkt.
Von jener Art ist die hier dargestellte Gesellschaft, die jedoch von Hogarth nicht allein mit einer Uebertreibung der Charaktere, sondern auch in künstlerischer Hinsicht mit einer gewissen Ueberladung der einzelnen Gruppen zusammengebracht ist, so daß dies Blatt weniger Werth besitzt, als das frühere. Auch gehört es zu den letzten Werken des Künstlers, wie bereits in der Biographie erwähnt wurde. Methodisten sollen die Leute sein; dies sieht man aus den dort angebrachten Namen Wesley und Witfield. Von letzterem stammen die Kirchengesänge, die von dieser Secte gebraucht werden. – Zugleich hat Hogarth auch den Gespenster- und Geisterglauben bei dieser Gelegenheit verspottet, der wenigstens bei den niederen Volksclassen Großbritanniens ziemlich verbreitet ist.
Zuerst fällt der Prediger in die Augen, welcher die religiöse Gaukelei treibt und zugleich den Gespensterglauben seiner Zuhörer in Anspruch nimmt. Sein Mund ist durch den Donner seiner Rede wie ein weites Thor eröffnet, und beweist, daß seine Stimme bei Zuhörern die erwähnte schwärmerische Verzückung bewirken könnte, selbst wenn er nur die gleichgiltigsten Dinge spräche; der Schall seiner Beredtsamkeit hat sogar in den Resonnanzboden der Kanzel, auf der Decke, einen Riß gemacht. Er gestikulirt noch stärker, als ein schlechter Schauspieler, so daß sein ganzer Leib an Convulsionen zu leiden scheint. Durch die heftige [819] Bewegung öffnet sich sein Priesterkleid und zeigt darunter eine Harlekinsjacke; seine Perrücke fliegt ihm aus demselben Grunde vom Kopfe, der Glorie zu, die sie zu krönen scheint, und enthüllt bei dieser Gelegenheit einen durch die Tonsur geschorenen Kopf. Also ein verkappter katholischer Priester, zu jenen Zeiten noch immer ein Schreckbild, wodurch der ehrliche John Bull sich in Angst setzen ließ. Der Text, worüber er predigt, liegt vor ihm; er heißt: Ich spreche, wie ein Thor (I speak, as a fool). In der einen Hand hält er eine Hexe, die, eben so wie ihre Schwestern in Deutschland, auf einem Besenstiele reitet, und zugleich einer Katze, wahrscheinlich einem Alb, wie ihrem Kinde die Brust reicht. Die andere Hand hält, um die Gemeinde mit der Pein verdammter Seelen zu erschrecken, einen Teufel, der seinerseits den Leuten unten mit einem Roste droht, worauf er die Seelen sonder Erbarmen braten wird. Während der Prediger in seinen Verwünschungen den höchsten Grad der Extase erreicht, überbringt ihm ein in Wolken gehüllter Cherub mit Entenflügeln und mit einer Postillonskappe auf dem Kopfe einen Brief, den er im Munde hält. Dieser zeigt durch seine Adresse den Namen des Begeisterten, welcher Saint Monney trap (Heiliger Geld-Schlinge) heißt. Natürlich; die Episcopalkirche hat bereits ihren Lohn dahin; die Geistlichkeit der Methodisten will denselben erst erlangen. Hinter ihm hängt eine Art Thermometer, welcher den Beschauern des Blattes einen Begriff von der Weise methodistischer Prediger ertheilen soll; sie führt auch den Namen: Scala des Schreiens (Scale of Vociferation). Den untersten Theil der Scala bildet die natürliche Stimme; diese steigt bis zum Gebrüll eines Ochsen (Bull’s roar); dann folgt ein aufgerissenes, beinahe übermenschliches Maul, in welchem das Wort Blut (Blood) viermal zu lesen ist. Der Thermometer hängt an einem durch ein Menschenohr gezogenen Ringe. – Auch die Canzel ist auf eine Weise ausgeschmückt, welche dem Vortrag entspricht. Verschiedene Gespenster sind daran angebracht, um die fromme Versammlung in Schrecken zu setzen. Das eine Gespenst, welches ein Licht in der einen und ein aufgeschlagenes Buch mit dem Namen Sir George Villiers in der andern Hand hält, ist somit jener Geist, von welchem letzterer über die Ermordung [820] des Herzogs von Buckingham durch den religiösen und politischen Schwärmer Felton kurz vor dem Beginn der Bürgerkriege unter Carl I. gewarnt wurde, wie dies Clarendon in seiner History of the rebellion erzählt; das zweite Gespenst ist Cäsar, wie er sich mit den Dolchen in der Brust im Spiegel erblickt; das dritte, wie das aufgeschlagene Buch zeigt, der Geist einer gewissen Miß Veal, die einer Miß Bargrave erschien und derselben Nachricht von dem Leben nach dem Tode ertheilte. Diese Gespenstergeschichte ist nämlich von De Foe, dem populären Verfasser der Geschichte des Matrosen, welcher in Deutschland unter dem Namen Robinson bekannt ist, und anderer Geschichten von Abenteurern, die zu jenen Zeiten viel gelesen wurden, als Vorrede zu einem Erbauungsbuch (Drelincourt’s Tröstungen gegen die Todesfurcht – Drelincourt’s consolations against the fear of death) geschrieben.
Gespenstergeschichten müssen überhaupt einen Haupttext der Predigten des Saint Monney trap abgeben. Ein unter der Kanzel stehender Thermometer, welcher die religiöse Stimmung der Gemeinde andeutet, ist ebenfalls mit zwei Gespenstern gekrönt; das eine, welches um die Zeit der Herausgabe dieses Blattes viel Gerede in London verursachte, sollte ein Poltergeist sein, welcher in einem Hause von Cock-lane, Westsmithfield, erschien. Ein zwölfjähriges Mädchen behauptete, des Nachts durch das Kratzen und Scharren eines unsichtbaren Agenten der andern Welt fortwährend gestört zu werden. Das Geräusch sollte dem Scharren mit Fingern gleichen. Die Sache machte damals viel Aufsehen; mehrere Geistliche begaben sich an Ort und Stelle und gingen mit dem Glauben an jenen Spuk wieder fort. Der Geist sollte Fragen durch eine gewisse Anzahl jener Töne mit Ja oder Nein beantworten. Auch Dr. Johnson wollte mit ihm ein solches Gespräch geführt haben. In den Zeitschriften jener Periode wurde häufig davon gesprochen. – Das andere Gespenst war von älterem Datum, aus der Regierung Carl’s II., und machte Aufsehen im ganzen Königreiche. Zu Tedworth in Wiltshire wurde ein Trommler, welcher mit einem falschen Erlaubnißschein auf dem Lande umherzog, durch einen Friedensrichter als Vagabund bestraft und seiner Trommel beraubt. Das Haus des letzteren wurde bald darauf der Tummelplatz [821] von Gespenstern, welche durch immerwährende Trommelwirbel den Schlaf der Bewohner verhinderten. In jenen Zeiten (1661), wo nicht allein der Glaube an Zauberei ganz allgemein war, sondern wo auch die Gesetze gegen Hexen und Zauberer noch giltige Kraft besaßen, machte die Sache solches Aufsehen, daß der König selbst mehrere Personen an Ort und Stelle schickte. Der arme Trommler wurde verhaftet, als Hexenmeister von der Krone angeklagt und auf den Assisen von Salisbury wegen Zauberei zur lebenslänglichen Transportation verurtheilt. Uebrigens ist dieser Proceß über Hexerei einer der letzten, die in England vorkamen und hat sich eben deßhalb im Gedächtniß der Nation erhalten.
Der Thermometer, welcher mit diesen Gespenstergeschichten gekrönt wird, gibt die Bedeutung von der geistigen Stimmung der ganzen Gemeinde. Er ruht auf einem Exemplar der Predigten Wesley’s (Wesley’s Sermons), des Stifters der Methodistensecte und auf dem Buche Glanville’s über Hexen (Glanville on witches), welches, gegen Ende des siebenzehnten Jahrhunderts geschrieben, den Glauben des englischen Volkes an Geister in so weit bezeugt, daß es verschiedene Male wieder aufgelegt wurde. – Die Scala steigt aus einem menschlichen Gehirn empor. Die Grade sind: Selbstmord, Tollheit, Verzweiflung, bleibender Gram, Todeskampf, Traurigkeit, gedrückte Stimmung, laue Wärme, Liebesglut, Wollust (mit einer Glorie umringt), Entzücken, Anfälle von Zuckungen, Tollheit, Raserei (Suicide, Madness, Despair, Settled grief, Agony, Sorrow, Low spirits, Lukewarm, Love heat, Lust, Extacy, Convulsion fits, Madness, Raving). Der letzte Grad wird durch zwei Cherubs verherrlicht, welche in die Posaune blasen.
In der Gemeinde wird zuerst unter der Kanzel ein stehendes Paar bemerkt, welches sich den Kirchengesang Whitfield’s, der heute gerade gesungen wurde, zu Herzen genommen hat. Der Gesang lautet:
Gieb Lieb’ uns, Herr, allein,
Sie wird der einz’ge Himmel sein,
(Only love to us be giv’n,
Lord we ask no other heaven.)
Der junge Mann, welcher nach der Mode der Methodisten das Haar glatt gescheitelt trägt, wechselt mit einem jungen und frischen [822] Mädchen, welches die Hände zum Gebete fromm gefaltet hält, Blicke und Worte, die zur Genüge bezeugen, er habe zwei in der Scala bezeichnete Grade mit seiner Gesellschafterin beherzigt, welcher er ein Bild des Gespenstes von Cock-lane in den blühenden Busen steckt. In demselben Kirchenstuhl sieht man eine dritte Person, welche einen andern Grad, die Traurigkeit, an sich offenbart; sie ist zu Thränen gerührt sicherlich durch den Ton des Predigers, welcher, wie bereits angedeutet ist, so viele Kunst durch sein Schreien ausübt, daß er vielleicht sogar bei der bloßen Frage: „Wie befinden sie sich?“ eine wehmüthige Rührung seiner Methodisten bewirken könnte. Eine dritte Person ist eingeschlafen. An Verzückungen wird es jedoch auch nicht fehlen, denn hinter ihr steht ein kleiner Teufel jener Art, wie sie Callot oft genug darstellte und welche von den Landsleuten dieses Künstlers als diables de poche definirt wird, um den glücklichen Schläfer in Liebesträume einzuwiegen.
Unter der Kanzel nimmt der würdige Küster, eine Figur, welche Malern in Darstellung von Molière’s Tartuffe als Porträt dienen könnte, den gebührenden Platz ein. Er scheint ohnedem ein Trunkenbold, oder hat die religiöse Wehmuth wenigstens mit Bier und Branntwein angefrischt. Dies scheint die Inschrift an seinem Pult „stets schlaftrunken“ (Continually dozy) anzudeuten. Auf beiden Seiten ist er von zwei Cherub’s flankirt, von denen sich der eine im Heulen, der andere im frommen Gesichterschneiden übt. Ein dritter ist hinter dem Küster angebracht, allein nur an seinem Flügelpaare sichtbar, welches über den Schultern des würdigen Mannes, als wäre es sein eigenes, hervorragt. Der Küster hat übrigens noch ein Attribut, welches gewissermaßen einen extremen Gegensatz zu dem Flügelpaare bietet. Er hat sich nach Art der Chinesen die Nägel wachsen lassen, so daß dieselben seine Hände in Teufelskrallen zu verwandeln scheinen.
Unter dem Stuhle des Küsters wird Zauberei und Gespensterwesen getrieben. Eine vom Teufel besessene Schuhputzerin, durch den Donner des Pastors von der Gewalt des Bösen errettet, speit Hufnägel und eiserne Krampen. In der Hand hält sie eine Flasche, worin ein böser Geist gebannt war; auch dieser ist durch den Donner des Pastors erlöst [823] worden; er hat den Kork gesprengt und ist so eben zum Vorschein gekommen. Die Schuhputzerin muß überhaupt mit Hexerei zu thun haben. Sie hat ihren Korb mit Schuhwichse, Bürste u. s. w., der aber auch als Zuthat Whitfield’s Journal für Methodisten enthält, auf ein Exemplar von der Geisterlehre des gelehrten Narren Jacob I. gestellt (Demonology by King James I.), ein Buch von demselben hohen Werthe, wie die Schrift desselben königlichen Verfassers über die Todsünde des Tabackrauchens.
Neben dieser Schuhputzerin geschieht ein Wunder. Ein Weib gebärt Kaninchen, die gesund und munter sogleich davon laufen. Die Frau aber leidet an den heftigsten Geburtschmerzen und hat während derselben mit den Zähnen ein Branntweinglas, welches ihr von einer mitleidigen Hand gereicht wurde, zerbissen. – Diese Figur ist durch folgende Geschichte veranlaßt, welche ohnedem die Leichtgläubigkeit der englischen Volksmasse bei dergleichen Dingen charakterisiren mag. Unter der Regierung Georg’s I. machte ein Wundarzt, Namens Howard, in den Zeitungen bekannt, eine gewisse Maria Tofts aus Guilford habe Kaninchen geboren und sei auch mit anderen schwanger. Dies Gerücht verbreitete sich schnell und fand in demselben Verhältnisse Glauben. Lord Onslow ließ das Weib untersuchen, wurde getäuscht und stattete dem Arzt John Sloane einen Bericht darüber ab, welchen Neugierige noch jetzt im britischen Museum aufsuchen können. Der bekannte Geistliche William Whiston schrieb sogar bei dieser Gelegenheit ein Buch über wunderbare Empfängnisse und glaubte, durch jenes Weib gehe eine Prophezeihung des Buches Esrä in Erfüllung. Einer der damals in London berühmtesten Aerzte, St. André, ließ das Weib nach Leicesterfields bringen und untersuchte sie selbst. Auch dieser Arzt ließ sich täuschen, so daß der ehrliche John Bull die Meinung hegte, er dürfe nicht länger an der Kaninchen-Gebärerin zweifeln. Endlich untersuchte dieselbe der berühmte Arzt Chelselden und entdeckte den Betrug, welcher den Lesern Swift’s ohnedem bekannt sein wird, denn dieser witzige Irländer hat mit seinem Freunde, dem Dr. Arbuthnot, die Geschichte zu einer seiner Schnurren benutzt. – Hogarth gab einen Kupferstich der Kaninchen-Gebärerin 1726 heraus, der also zu [824] einem seiner frühesten Werke gehört; dieser bot dieselbe Figur, wie das vorliegende Blatt, die er also gegen Ende seines Lebens für werthvoll genug hielt, um sie bei passender Gelegenheit wieder anzubringen. – Wir erwähnten, jene Geschichte sei für die Leichtgläubigkeit des englischen Volkes in dergleichen Dingen charakteristisch. Sie ist freilich von älterem Datum; um also einen neueren Vorfall der Art zu erwähnen, so wird sich mancher unserer Leser noch der Johanna Southcot erinnern, wenn er auch diese Schwärmerin nur durch einige Verse Byron’s kennen sollte, die sich in Don Juan über dieselbe befinden. Johanna Southcot erregte in diesem Jahrhundert durch das Vorgeben, sie werde den Messias gebären, denselben Glauben und das damit verbundene Aufsehen, wie die Mary Tofts, nicht allein unter den niederen Volksclassen, sondern auch bei Leuten, von welchen man wegen ihrer sonstigen Bildung eine solche Thorheit nicht hätte erwarten sollen und die sich deßhalb einer gerechten Verspottung aussetzten.
Hinter der Kaninchen-Gebärerin wird unter dem mehr zusammengedrängten Publikum zuerst ein bekehrter Jude bemerkt, welcher ein Messer mit der Inschrift: blutig (bloody) vor sich liegen hat. Für’s Erste äußert er seine Blutgier nur gegen ein Insect, das ihn auf seinem Kopfe incommodirte. In der übrigen Gemeinde erblickt man verschiedene geistreiche Gesichter, die voll der tiefsten Rührung sich im Weinen oder in frommen Gesichtern üben. Einige halten denselben Geist, den der glatt gekämmte junge Mann seiner Geliebten in den Busen steckte. Einem Mitgliede der Gemeinde stehen die Haare zu Berge; ein methodistischer Priester erschreckt ihn nämlich mit der Hölle, deren Globus als Kronleuchter über der Versammlung schwebt, um ihr in dieser Stellung besser zur Beherzigung vorgehalten zu werden. Dieser neue und correcte Höllenglobus von Romaine (a new and correct Globo of Hell by Romain), also wohl von einem verkappten Katholiken verfertigt, gleicht einem furchtbaren Teufelskopfe; das eine Auge trägt die Inschrift: (geschmolzener) Bleisee (Lead lake), das andere: Bodenlose Tiefe (Bottomless pit); die Nase bildet ein Fluß von Theer und Pech (Pitch & Tar), natürlich von brennendem; das ganze Antlitz ist in der [825] Mitte von einer Linie durchzogen, der grauenhaften Zone (horrid Zone); auf der einen Wange steht: Unbekannte Theile (Parts unknown), auf der andern: Bimmstein-Ocean (Bimstone Ocean); zwei Punkte, die vielleicht Inseln bedeuten sollen, dienen zu Nasenlöchern; als Mund der Abgrund ewiger Verdammniß (Eternal damnation gulf). Unter dem Höllenglobus schwebt noch ein kleinerer[WS 1] mit der Inschrift: Wüsten des neuen Fegefeuers (Deserts of new Purgatory), also eine von den neuen Gläubigen wieder entdeckte Region, welche die protestantische Kirche aus der Charte des Glaubens gestrichen hatte. Nur Einer in der Gemeinde scheint in heiterer Laune zu sein, er betrachtet lächelnd einen Türken, der vor dem Fenster steht und die verrückte Versammlung sich besieht, indem er behaglich seine Pfeife Taback raucht. Der Türke wird Allah und seinem Propheten danken, daß er besser erleuchtet ist, wie die Giaurs von Nazarenen.
Endlich ist noch einer Zuthat in der Armenbüchse (The poor’s box) an dem Kirchstuhle zu erwähnen, worin das verliebte Paar der zwei Frommen sich befindet. Diese Armenbüchse hat die Gestalt einer Mausefalle und wird von Saint Monney trap in der Art gebraucht werden, damit ihr Inhalt zu einer bessern Bestimmung als diejenige gelangt, welche die Gemeinde mit demselben vor Augen hat.
Sonderbar lautet das Urtheil von Horace Walpole, welcher sonst eine tiefere Kunstkenntniß und einen geläuterten Geschmack besitzt, über dies Blatt von Hogarth, in welchem jeder Unbefangene eine widerliche Uebertreibung erkennen wird. Er sagt, es sei voll tiefer Satyren und das Nützlichste, welches Hogarth jemals hervorgebracht habe. Man kann sich dies Urtheil nur aus der Abneigung des aristokratischen Lords gegen die Methodistenreligion des Pöbels und sogar gegen das Christenthum im Allgemeinen erklären, die er gehegt haben soll, ob er sich gleichwohl hütete, dieselbe offen auszusprechen.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: keinerer