Miscellaneen (Journal von und für Franken, Band 1, 6)
Vermuthlich haben Sie schon etwas von der Beschimpfung gehört, welche vor einigen Wochen unserm Eichstätt widerfahren ist. Bekanntlich ist unser Ort in der Litteratur noch sehr weit zurück, da ausser dem Graf Cobenzl und dem geheimen Rath Boller, sonst niemand eine Bibliothek hat. Nur selten wird hier ein gutes Buch gekauft; und eben daher kann hier kein Buchhändler aufkommen. In der Nürnbergischen gelehrten Zeitung von diesem Jahre, Nro 63. Seite 498 lasen wir mit wahrem Erstaunen folgende Nachricht:
„Das Eichstättische Domcapitel, das Sede vacante die Regierung führt, hat im J. 1790 beschlossen, die Hofbibliothek zu jedermanns Gebrauch zu öffnen. Vor- und Nachmittags findet man ein geräumiges und geheiztes Zimmer. Diese Bibliothek hat| zwar einen großen Vorrath an ältern, dagegen aber einen Mangel an neuern Schriften. Allein diesem Mangel hat der aufgeklärte Hr. Graf Schenk von Castell durch eine großmüthige Aufopferung seiner ganzen, aus mehr als 2000 Stücken der neuesten und besten Bücher bestehenden Bibliothek größtentheils abgeholfen.“Wir alle erstaunten, als wir diese Satyre in der Nürnberger gelehrten Zeitung lasen, und besonders das auffallende und sich widersprechende, daß gerade Graf Schenk von Castell seine Bibliothek soll hergegeben haben, der doch keine hat, und gar kein Liebhaber von Büchern ist. Aus der Nürnberger Zeitung wurde nun diese Nachricht buchstäblich in dem Intelligenzblatt der Jenaischen Litteraturzeitung No. 111. S. 914 und in mehrern Zeitungen abgedruckt. Diese ungegründete, und in vielerley Rücksicht auffallende und lächerliche Begebenheit hat folgenden Ursprung:
Graf Schenk ist bey diesem Interregnum Castellan. Der bekannte Buchhändler Jacobi aus Weissenburg am Nordgau legte am Willibalds-Markte seine Schriften in Eichstätt zum Verkauf aus. Professor Fieger, ein untadelhafter und geschickter| Mann, kam zu seiner Boutique, fand Schriften, die kein ehrliches Auge ansehen sollte, besonders Romane, und die also auch nicht unter die Hände der Eichstätter Schüler und Gymnasiasten kommen sollten. Fieger ging deswegen an die Censurcommission, und zeigte solches an; von dieser wurde die Sache dem Castellan, dem Graf Schenk, gebracht, und dieser gab sogleich Befehl, daß Jacobi alsobald seine Bücher zusammenpacken und die Stadt räumen solle. – Hinc illae lacrymae! Jacobi wollte sich rächen, wie man glaubt, und ließ in der Augsburger Zeitung den Graf Schenk, Prof. Fieger und den Canzellisten Stadlmayer, der den Befehl überbracht hatte, durchhecheln, und unterschrieb des letztern Namen. Als nun dieser auf der Regierung verhört wurde, so weinte er bittere Thränen, versicherte, daß er kein Wort nach Augsburg an Moy, den Herausgeber der Zeitung, geschrieben habe, daß dieß seine Handschrift nicht sey: denn Moy schickte den Brief ein, u. s. w. Kurz – man sah aus allem, daß es eine feine Rache gegen Eichstätt, und besonders gegen den Grafen Schenk seyn sollte. –
Der geheime Finanzrath von Bärensprung, den sich der regierende Hr. Marggraf zu Anspach-Bayreut vom Könige in Preußen erbat, um Revision in den Landescassen umher halten zu lassen, ist nach einen dreywöchentlichen Aufenthalt mit dem Anfang des Octobers wieder von hier nach Anspach abgereiset, und hat den Ruhm eines geraden, talentvollen Mannes, der seinen Aufträgen gewachsen ist, mit sich genommen. Er fand in diesem Lande viel Ordnung und Leute, die ihn immer mit ihrer Geschäfftskenntniß bey seinen Untersuchungen zu fördern wußten. Niemand wurde durch diesen uneigennützigen und patriotischen Brandenburger unglücklich; nie trug er die Ehre Schau, der ihn der Fürst bey seinen Aufträgen gewürdigt hatte.
Nur einige Läßige sollen gezittert haben vor Furcht und Warten der Dinge, die da kommen sollten. Da sie aber Mittel machten und ihr luxuriöses Leben zu bessern versprachen, so sollen sie noch mit einem blauen Auge davon| gekommen seyn. Cassen dürfen aber nun nicht mehr den Scribenten anvertrauet, sondern müssen von den Beamten selbst in beständiger Verwahrung gehalten werden. Bärensprung ist ein starker ansehnlicher Mann, dessen hoher Stirne man es ansieht, daß eine ziemliche Menge Zahlen darin herbergen können. Er macht durchaus kein Geräusch, spricht wenig, aber nachdrücklich, trägt ein prunkloses grünes Kleid, und ist ganz Finanzier.Von dem verdienstvollen Minister von der Kettenburg, der schon lange mit dem Beyfall seines Fürsten seinen erhabenen Posten bekleidete, brauche ich Ihnen weiter nichts zu sagen, als daß ihm nunmehr auch die Curatel über die Universität zu Erlangen anvertrauet ist. Da sich die drey ihm zugeordneten Assistenzräthe, Wagner, Kölle und Kapp, nunmehr insgesammt zu Bayreut befinden, so kann sich ausser andern Vortheilen die Universität bey ihren Angelegenheiten die schnelleste Expedition versprechen, da vorher die Sachen zweymahl nach Anspach laufen mußten. Noch immer ist der Marggraf für diese Akademie ausserordentlich eingenommen, und in kurzem bin ich im Stande Ihnen die wohlthätigsten Wirkungen seines Wohlwollens gegen dieselbe ausführlich zu berichten.