RE:Alisdaka

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Stadt in Westmedien, jetzt von Kurden bewohnte persischen Provinz Gärrûs
Band I,2 (1894) S. 1495 (IA)–1496 (IA)
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Alisdaka (Ἀλισδάκα, Ἀλίσδακα), Stadt im westlichen Medien, nordwestlich von Ekbatana (Hämädân), unter 86° 40′ Länge und 38° 45′ Breite (Ptol. VI 2, 12). Der Längenabstand von Ekbatana beträgt 1° 20′, die Breitendifferenz 1°; dies ergiebt eine directe Entfernung von 724 Stadien oder 134 Km. Von Hämädân in nordwestlicher Richtung gelangt man damit bis auf wenige Kilometer von Bîǧâr, der Hauptstadt der jetzigen, hauptsächlich von Kurden bewohnten persischen Provinz Gärrûs. Vgl. N. v. Khanikoffs sorgfältige, hierfür allein in Betracht kommende Aufnahme der Route Hämädân-Bîǧâr in Zeitschr. d. Gesellsch. f. Erdkunde zu Berlin VII Taf. I, wonach die directe Entfernung dieser beiden Orte 87 englische Meilen, gleich 140 Km., beträgt; damit stimmt überein H. Kieperts Nouv. Carte génér. des Provinces Asiat. d. l’Empire Ottoman 1884, während auf der in demselben Masstabe wie die Khanikoffschen Routen entworfenen Karte III der von H. Kiepert redigierten Routen im Orient C. Haussknechts die Nachmessung für jene Distanz auffallender Weise ein abweichendes Resultat, nur 103 Km. oder 64 englische Meilen, ergiebt. Man wird daher in Bîǧâr oder seiner nächsten Umgebung die Stelle von A. suchen dürfen. Dieses lag dann aber an der Strasse, die Ekbatana (Hämädân), die Hauptstadt von Gross-Medien, mit Ganzaka oder Gazaka (s. d.), jetzt Takht i Suleimân, der Hauptstadt von Media Atropatene, verband, und muss eine Hauptstation derselben gewesen sein. Gegen diese Identificierung könnte der Einwand erhoben werden, dass die Entfernung zwischen A. und Alinza (s. d. Nr. 1), die sich auf Grund der von Ptolemaios für diese beiden Orte angegebenen Positionen herausstellt, viel zu gering (nur 99 Km.) ist, falls ersteres bei Bîǧâr und letzteres an der grossen Heerstrasse von Westen nach Osten, bei Kirmânšâh, gesucht wird. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass unter der angegebenen Voraussetzung Alinza von Ptolemaios oder seinem Vorgänger Marinos von Tyros zu weit nach Norden gelegt worden ist, nämlich unter denselben Breitengrad wie Ekbatana, also direct westlich, anstatt südwestlich davon. Infolge dessen musste aber die Entfernung zwischen Alinza und A. wenigstens um den Breitenunterschied von Hämädân (Ekbatana) und Kirmânšâh (Alinza), etwa ½°, zu klein werden, ein Fehler, den Ptolemaios bei der Construction seiner Karte von Medien nicht bemerkt hat, offenbar weil er nicht über das Correctiv einer Querroute von Alinza nach A. verfügte. Wirkliche, nicht wegzuräumende Bedenken stehen der Verlegung A.s nach Bîǧâr oder in dessen Nähe nicht im Wege, [1496] und man wird damit als mit einer höchst wahrscheinlichen Annahme rechnen dürfen. Ein grösseres Mass von Sicherheit kann erst durch die Wiederherstellung der von Ptolemaios benutzten Itinerare aus den von ihm verzeichneten Positionen erreicht werden. Hinsichtlich des Namens A. ist zu bemerken, dass er denselben ersten Bestandteil enthält wie der Name der ebenfalls in Medien gelegenen Stadt Alikadra (s. d.). In dem gegenwärtigen Falle ist Ali- am besten auf ahr oder ahl (ahlê) zurückzuführen, die mittelîranische Form sowohl von älterem arta ‚wahr, gerecht,‘ auch ‚das Recht, die personificierte Gerechtigkeit und Frömmigkeit‘, wie von arti ‚Segen, der Genius des Segens, die Glücksgöttin‘. Für den zweiten Bestandteil bieten sich zwei Möglichkeiten: entweder ist er gleich jazdaka, d. i. jazd, altîrânisch jazata, ‚guter Genius, Gott‘, mit angehängtem, Suffix ka, und Ali- ist dann als die Bezeichnung des Genius des Rechts oder als die der Glücksgöttin zu fassen, so dass der ganze Name im Altîrânischen *Artajazataka, ‚der dem Genius des Rechts zugehörige (Ort)‘, oder *Artijazataka ‚der in Beziehung zur Glücksgöttin stehende (Ort)‘, gelautet haben würde. Oder aber, was vielleicht noch wahrscheinlicher, gleich altîrânischem stâ ‚Ort‘ (st durch σδ wiedergegeben, wie Ptol. VI 2, 18 Ἀργα-ραύσδακα (s. d.) = rôstâk ‚Distrikt‘), dessen auslautendes â durch Antritt des Suffixes ka vor Abfall geschützt worden ist, während die Form, in der es in das Armenische eingedrungen ist, st, das â durch regelrechten Abfall eingebüsst hatte (vgl. armen. arkʿunu-st, τὸ βασιλικόν ‚Königshaus‘ u. a.); auch in diesem Falle kann Ali- sowohl altîrânisches arta wie arti gewesen sein, der ganze Name also altîrânisch *Artastâka ‚Ort der Frommen, Ort der Gerechtigkeit‘, oder *Artistâka ‚Glücksort, Segensort‘.