2) Ἀμάρακος (auch ἀμάρακον, z. B. Philipp. Anth. Pal. IV 2, 9 u. ö.), amaracus, ist sicher als eine beliebte Gewürzpflanze und zwar als eine Art Majoran, wahrscheinlich geradezu als Origanum Majorana L., Majoran, Meiran, Wurstkraut, eine Unterabteilung der zur Familie der Labiaten gehörenden Gattung Dosten, zu deuten, trotz Koch, der (Bäume u. Sträucher d. a. Griechenl. 95. 96. 109) A. auf Origanum Dictamnus oder am liebsten auf Origanum Tournefortii Ait. beziehen möchte, zumal unser Majoran aus Arabien oder Ostindien stamme und erst etwa im 14. oder 15. Jhdt. n. Chr. nach Italien gekommen sei. Doch ist die Richtigkeit dieser Angaben nicht zu erweisen; vgl. Murr Die Pflanzenwelt i. d. griech. Myth. 196, 1; Die geogr. u. myth. Namen der altgr. Welt in ihrer Verwertung für antike Pflanzengeogr. II 29. Der Majoran, neugriechisch μαντζουράνα (vgl. Fraas Synops. pl. fl. cl. 182. v. Heldreich Pflanzen d. att. Ebene = Aug. [1727]
Mommsen Griech. Jahresz. Heft V 589), italienisch amaraco, maggiorana (angeblich aus marum und origanum verstümmelt; vgl. Leunis Synops. 2. Teil³ II § 650, 12), persa und samsuco – schon diese Namen (vgl. Lenz Bot. d. Gr. u. R. 518) sprechen gegen Koch – scheint in Griechenland und Italien (Galen. XIV 53) allerdings nicht häufig wild vorgekommen zu sein, ist aber sicher vielfach in Gärten gezogen worden. Man unterschied das griechische Gewächs und ein ausländisches, das eigentlich σάμψυχον, sampsuchum – wohl ein ägyptisches oder syrisches Wort – hiess; vgl. Nic. Ther. 575 und Schol. Plin. n. h. XXI 61. Billerbeck Flora class. 156. Nach Columella X 171 stammte letzteres aus Ägypten, doch soll nach Dioskorides (de m. m. III 41) der Majoran von Kyzikos (vgl. Galen. XIV 53. Diosc. I 68) und Kypros den ägyptischen an Güte noch übertroffen haben. Die begriffliche Gleichsetzung der Termini A. und σάμψυχον oder σάμψουχον wird, wenigstens für Sicilien und Kyzikos, von Dioskorides (a. O.) ausdrücklich bestätigt; vgl. Schol. Nic. Ther. 503. Diokles b. Athen. XV 681b. Doch fehlt es (kein Wunder bei der leidigen Unsicherheit der alten botanischen Terminologie) auch nicht an gewissen Anzeichen dafür, dass man mit A. und σάμψυχον zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten nicht immer die gleiche Pflanze meinte; vgl. Artemid. I 29. Meleager Anth. Pal. IV 1, 12. 41. Nic. Ther. 617. Das Nähere betreffs der Deutung von σάμψυχον muss hier Sache der Vermutung bleiben (vgl. Koch 108, 15), zumal sich bei Hesych unter σαμψοῦχος die merkwürdige Angabe findet, derselbe sei auch μάραθον (Fenchel) genannt worden. ‚Phrygischer Majoran‘ (Origanum Sipyleum L.?; vgl. Sprengel Theophrasts Naturgesch. der Gewächse II 248) wird erwähnt von Theophrast (h. pl. VI 8, 3) und Plinius (n. h. XXI 67). Der Wohlgeruch des Meiran war schon im Altertum geschätzt (Theophr. h. pl. VI 7, 4. IX 7, 3. Diosc. III 41. Catull. 61, 7. Plin. XXI 37. 59. Colum. X 296). Eine beliebte Parfümerie war die durchdringend aromatische Majoransalbe, ἀμαράκινον – mit und ohne μύρον – z. B. Hesych. Antiph. b. Athen. XII 553d (vgl. V 195d und σαμψούχινον μύρον XV 689c). Pollux VI 104. Plin. XIII 14, – besonders die von Kos bezogene (Apollon. Herophil. b. Athen. XV 688e. Plin. XIII 5), bezw. das Majoranöl, amaracinum oder sampsuchinum (z. B. Lucr. II 847. Plin. XXI 163. Polyb. XXXI 4, 2), dessen feiner köstlicher Geruch aber gerade den Schweinen verhasst war, so dass dieser Thatsache ein Sprichwort seine Entstehung verdankte, das sich auf Leute bezieht, die mit diesem oder jenem Gegenstande nichts zu thun haben wollen, weil sie sich von ihm abgestossen fühlen oder seinen Wert nicht zu würdigen wissen; vgl. Gell. praef. 19 nihil cum amaracino sui (etwa: was nützt der Kuh Muskate?). Lucr. VI 973 amaracinum fugitat sus. Otto Sprichw. der Römer nr. 1721. Die Bereitung des Öles beschreibt Dioskorides (de m. m. I 58. Lenz a. O. 204; vgl. hiemit Theophr. frg. IV de odor. 30). Bei Lucrez (IV 1179) salbt ein hinausgesperrter Liebhaber damit die Thüre seiner spröden Geliebten, um letztere zu versöhnen. Für die Partherkönige [1728] wurde eine besonders kostbare Salbe zurechtgemacht; auch zu dieser wie zu der sog. telinum-Salbe (Plin. XIII 12) gehörte A. als integrierender Bestandteil (Plin. XIII 18). Majorankränze werden nicht selten erwähnt, z. B. Theophr. h. pl. VI 1, 1; de caus. pl. VI 14, 9. Pherecr. b. Athen. XV 685a (vgl. 675e. 676d). Diosc. III 41; besonders schmückte man sich bei Hochzeiten gern damit (Catull. 61, 7). Auch als Arzneimittel war der A. geschätzt, hauptsächlich wohl wegen seiner erwärmenden und abführenden Eigenschaften; Näheres bei Diosc. I 58. III 41. Cels. de med. V 11. Galen. VI 220. XI 750. 823. XII 118. Der Majoran stand, vermutlich wegen seines Aromas, in naher Beziehung zur Aphrodite, der Liebesgöttin; deshalb spielt wohl auch die Insel Kypros als Lieblingsinsel der Göttin eine Hauptrolle im Mythos des Amarakos (Nr. 1), des Sohnes des Kinyras; vgl. Murr Die Pflanzenw. i. d. gr. Myth. 196. Bötticher Baumkultus 269. Sollte nicht die von Lucrez erwähnte Sitte des Thürsalbens seitens verliebter junger Männer gleichfalls mit der Beziehung der Pflanze zur Liebesgöttin zusammenhängen? Die Vermutung hat viel für sich. Bei Vergil (Aen. I 693) legt Venus den schlummernden Knaben Ascanius in einem Haine des Idalion auf Kypros an einer Stelle nieder wo weicher, schattenspendender Majoran ihn umduftet; vgl. Chairemon b. Athen. XIII 608c (θαλερὸς ἀ.). Dierbach Flora mythol. 166. Vom Amarakoskranze des Hymen war schon oben die Rede (Cat. a. O.). Übrigens war nach Plin. XXI 176 A. auch der Name für eine ganz andere Pflanze, die sonst auch perdicium oder herba muralis (vgl. Cels. II 33) oder παρθένιον hiess (vgl. Diosc. III 145). Gemeint ist Matricaria parthenium L., die Mutterkraut-Kamille oder Mutterkraut-Bertramwurz; vgl. Billerbeck Fl. cl. 219. Leunis Synops. 2. Teil³ II § 694, 45.