22) A. von Sidon, Verfasser zahlreicher Epigramme des Meleagerkranzes. Der Beiname Sidonius, welcher ihm in den Lemmata der Anthologie, von Cicero, Valerius Maximus (I 8 ext. 16, benutzt von Plin. n. h. VII 172) u. a. gegeben wird, mag den Ort, an welchem er hauptsächlich wirkte, bezeichnen; geboren war A. nach Meleager Anth. Pal. VII 428 in Tyros; er stammte aus einem edlen aber verarmten Geschlecht. Ein Nachkomme ist nach Büchelers Vermutung (Rh. Mus. XXXVI 338, von Susemihl-Knaack missverstanden) vielleicht der Stoiker A. von Tyros (Nr. 27). Die Lebenszeit des Dichters ist mit Sicherheit nicht zu bestimmen. Daraus, dass Cicero (de or. III 194), welcher an ihm wie an Archias die Kunst in den verschiedensten Versmassen zu improvisieren rühmt, ihn als dem Q. Lutatius Catulus wohl bekannt von Crassus erwähnen lässt, ist ein persönliches Verhältnis zu Crassus gar nicht, ein solches zu Catulus (der selbst Epigrammdichter ist) nicht mit Sicherheit zu erschliessen; Bekanntschaft des Dichters mit Meleager ist durch Anth. Pal. VII 428 nicht angedeutet, sondern ausgeschlossen. Zeitanspielungen enthalten nur VII 241 auf den Tod eines ägyptischen Prinzen, nach Reiskes wahrscheinlicher Vermutung des Sohnes des Ptolemaios Philometor, IX 151 und VII 493 auf die Zerstörung Korinths (von Weisshäupl und Stadtmüller dem Sidonier abgesprochen), endlich IX 567, Sorge vor der Kriegslust der Römer verratend. A. mag danach etwa seit der Mitte des 2. Jhdts. v. Chr. dichterisch thätig gewesen sein; dass er ein sehr hohes Alter erreichte, bezeugt Valerius Maximus a. a. O. (nach Varro?). Die Epigramme geben sich in der Regel als Aufschriften oder der Aufschrift nahe stehende Gedichte von Grabmälern und Weihgeschenken und zeigen nur geringe Berührungen mit dem sympotischen und erotischen Epigramm der Alexandriner (XII 97 ist trotz der Stellung aus stilistischen Gründen ihm abzusprechen); sie sind oft Paraphrasen oder freiere Nachahmungen von Gedichten des Leonidas von Tarent und erweisen sich durch die mehrmalige Behandlung desselben Stoffs und das Hereinziehen des γρῖφος in das Grabepigramm im wesentlichen als epideiktisch. In der Metrik sorgfältig, in der Sprache kühn und prunkvoll, öfters an die ältere Lyrik [2514] erinnernd, vor allem stets rhetorisch (Vorliebe für lange, kunstvoll gegliederte Sätze), steht A. hoch über den späteren Nachahmern des Leonidas und der asianischen Rhetorik; seinen grossen Einfluss beweisen die zahlreichen Nachahmungen seit Meleager (vgl. auch die Inschriften bei (Kaibel Epigr. gr.). Für die Scheidung seiner Gedichte von denen des A. von Thessalonike geben Kriterien Weigand de Antipatris Sidonio et Thessalonicensi, Breslau 1840. Setti Studi sulla Antologia Greca, Turin 1890; besonders Kaibel Comment. Momms. 333ff.; Hermes XVII 421ff.; Ind. Lection. Gryphisw. 1885 VI.