295) Ap. Claudius Pulcher war Sohn eines Gaius (vgl. die Grenzsteine), wahrscheinlich des Consuls von 577 = 177 (Nr. 300). Als Consul im J. 611 = 143 (Fasti Cap. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod. Cic. Cael. 33. Frontin. aqu. I 7) suchte er eifrig die Gelegenheit, sich einen Triumph zu verschaffen, und griff, da sich keine andere bot, das Alpenvolk der Salasser an (Liv. ep. LIII. Oros. V 4, 7. Dio frg. 74; 1). Er wurde zuerst mit bedeutenden Verlusten zurückgeschlagen (Oros. a. a. O. Obsequ. 21); nachdem die Decemvirn auf Geheiss der sibyllinischen Bücher ein Opfer in Feindesland dargebracht hatten, errang er einen Sieg (Obsequ. a. a. O., vgl. Dio a. a. O). Der Senat verweigerte ihm den Triumph; er feierte ihn trotzdem aus eigener Machtvollkommenheit und aus eigenen Mitteln (Oros. Dio frg. 74, 2. Macrob. III 14, 14; vgl. Mommsen Röm. Forsch. I 214f.; St.-R. I 134f.), und als ihn einer der Tribunen mit Gewalt hindern und vom Wagen reissen wollte, stieg seine Tochter, eine Vestalin, zu ihm, um ihn durch ihre Unverletzlichkeit zu schützen (Cic. Cael. 34. Val. Max. V 4, 6. Suet. Tib. 2; vgl. Nr. 384). Er war ein heftiger Gegner des jüngeren Africanus, dem er bei der Bewerbung um die Censur 612 = 142 nachgesetzt wurde (Plut. Aem. Paull. 28, 3f.; praec. reip. ger. 14, 10. Cic. rep. I 31; Scaur. 32). Dafür erhielt er dieses Amt das nächste mal, 617 = 137, zusammen mit Q. Fulvius Nobilior, und verwaltete es mit grosser Strenge (Dio frg. 80. Plut. Ti. Gracch. 4, 1. Fest. p. 286). Ferner war er Princeps senatus (Plut. a. O.) und Salier (Macrob. III 14, 14). Er erwählte sich selbst den Ti. Gracchus zum Schwiegersohn (Plut. 4, 1; vgl. Liv. Vell. App.; zur Kritik der Erzählung Plutarchs Lübbert De gentis Claudiae comment. domest. 24), stand ihm bei der Aufstellung seiner Gesetzentwürfe zur Seite (Plut. 9, 1) und wurde von ihm 621 = 133 zum Triumvir agris dividendis colonisque deducendis ernannt (Grenzsteine CIL I 552 = X 3861. I 553 = X 289. I 1504 = X 3760. Not. degli scavi 1897, 119 [vgl. Neue Jahrb. f. Phil. 1898, 331f.]. Plut. 13, 1. Vell. II 2, 3. Liv. ep. LVIII. Appian. bell. civ. I 13). Er starb einige Zeit nach Ti. Gracchus (App. I 18). Seine Beredsamkeit nennt Cicero (Brut. 108) volubilis sed paullo fervidior. Es ist zu bedauern, dass die Quellen für die politische Stellung dieses Mannes nicht reichlicher fliessen, denn ohne Zweifel war er eine bedeutende und zielbewusste Persönlichkeit; es ist wohl möglich, dass seinem Bilde mancher Zug entlehnt ist, mit dem die römische Annalistik ältere Mitglieder seines Hauses gezeichnet hat. Verheiratet war C. mit einer Antistia (Plut. 4, 1; vgl. Bd. I S. 2560 Nr. 59); von seinen Kindern sind zwei Söhne (Nr. 302 und 296) und drei Töchter (Nr. 384–386) bekannt.