RE:Cornelius 172ff.

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Cornelii Lentuli, Zweig der patricischen Gens Cornelia, Stammtafel
Band IV,1 (1900) S. 13551357
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172ff.) Cornelii Lentuli. Dieser wichtige Zweig der patricischen Gens Cornelia empfing seinen Beinamen von den lentes, den Linsen, die seine Mitglieder in ältester Zeit viel gebaut haben sollen (Plin. n. h. XVIII 10, vgl. den Witz Ciceros ad Att. I 19, 2 über Nr. 217). In den letzten Zeiten der Republik zeichneten sich verschiedene Lentuli als Redner aus (Tac. dial. 37), dagegen nicht [1356] eben durch ihre äussere Erscheinung, denn P. Oppius dixit de genere Lentulorum, cum assidue minores parentibus liberi essent, nascendo interiturum (Quintil. inst. or. VI 3, 67). Lentulitas setzt in dieser Periode Cicero (ad fam. III 7, 5) wie später Iuvenal (s. Nr. 173) als einen der ,Superlative der römischen Nobilität‘ (Mommsen Röm. Forsch. I 287). Nach einer Grabschrift aus guter Zeit (CIL VI 16 251: L. Cornelius P. f. Pol. Lentulus) scheinen sie zur Tribus Pollia gehört zu haben. Die ausserordentliche Verzweigung der Familie erschwert die Feststellung der genealogischen Beziehungen zwischen ihren Angehörigen ungemein. Schon der Zusammenhang mit den älteren Corneliern ist kaum zu ermitteln. Der erste, der das Cognomen Lentulus führt, ist L. Cornelius Lentulus, Consul 427 = 327 (Nr. 186). Diesem legt Liv. IX 4, 8 die Worte in den Mund: Patrem meum ... saepe audivi memorantem se in Capitolio unum non fuisse auctorem senatui redimendae auro a Gallis civitatis. Aber in seiner eigenen Darstellung hat Livius V 48, 8 die Senatssitzung, worin 364 = 390 der Loskauf beraten wurde, nur flüchtig erwähnt und keine einzelnen Redner dabei angeführt. Es stand also nur bei einem bestimmten Annalisten, dem er selbst für jene Periode kein Vertrauen geschenkt hatte, ein ausführlicher Bericht darüber, gegen dessen Glaubwürdigkeit eben diese Ausführlichkeit bedenklich macht. Ausserdem spricht dagegen der zeitliche Abstand des L. Lentulus von der gallischen Katastrophe. Diesen Anstoss hat Mommsen (CIL I p. 15) allerdings zu beseitigen gesucht; er hält für den Vater des Lentulus den Ser. Cornelius Maluginensis, der zwischen 368 = 386 und 393 = 361 die höchsten Ämter bekleidete und zur Zeit des gallischen Brandes ein jüngerer Mann gewesen sein muss (Nr. 254), und stellt auf diese Weise den Zusammenhang der verschiedenen Cornelier her. Aber auch dagegen erheben sich Bedenken: nur eine Generation jünger als L. Lentulus, Consul 427 = 327, ist Ser. Cornelius Lentulus, Consul 451 = 303. Dieser war nach den Fasti Cap. Cn. f. Cn. n.; das Verwandtschaftsverhältnis zwischen ihm und L. Lentulus kann also, wenn es nicht noch entfernter war, nur das zwischen Neffen und Oheim gewesen sein; wenn aber das richtig ist, so ergiebt sich nicht nur, dass der Vater des L. Lentulus den Vornamen Cn. geführt hat, sondern auch, dass bereits dieser Vater oder ein noch älterer Vorfahr den Beinamen Lentulus angenommen und seinen verschiedenen Söhnen vererbt haben muss. Die Verknüpfung dieser beiden ältesten Lentuli mit den übrigen patricischen Corneliern ist also unmöglich, und mindestens ganz unsicher ist auch die Verknüpfung des dritten in den Fasten vorkommenden mit ihnen. Es ist L. Lentulus Caudinus Consul 479 = 275, nach den Acta triumph. Ti. f. Ser. n.; man könnte ihn mit L. Lentulus, Consul 427 = 327, nur, wie auch Mommsen gethan hat, als Urenkel und mit Ser. Lentulus, Consul 451 = 303, nur als Enkel in Beziehung setzen, aber beide Möglichkeiten, die sich gegenseitig ausschliessen, werden wieder in Frage gestellt durch den geringen Zeitabstand, der uns beim Fehlen der Filiation höchstens in Lentulus Caudinus einen Enkel des ersten oder einen Sohn des zweiten Lentulus erblicken liesse. [1357] Die Voraussetzung aller Combinationen ist die Zuverlässigkeit der capitolinischen Fasten und Triumphalacten; aber auch sie ist nicht einmal einwandfrei, weil der hier dem Vater des Caudinus beigelegte Vorname Ti. den patricischen Corneliern sonst völlig fremd ist. Von jenem Lentulus Caudinus an lässt sich der Stammbaum der Familie im Zeitalter der punischen Kriege ziemlich sicher feststellen, obwohl noch immer einige Lentuli sich nicht in die genealogische Folge einreihen lassen. Aber in der gracchischen Zeit verlieren wir diese Fäden völlig, und es ist kaum möglich, die zahlreichen Lentuli der ciceronischen mit den älteren zu verknüpfen. Neue Inschriftenfunde haben in manchen Fällen zwar Aufklärung gebracht, aber in anderen das Dunkel noch vermehrt; vielleicht wird auf diese Weise unsere Kenntnis mit der Zeit noch besser werden. Um den Überblick zu erleichtern, enthält die auf S. 1359f. beigegebene Stammtafel neben den Lentuli, deren verwandtschaftliche Beziehungen zu einander gesichert oder wahrscheinlich sind, auch noch die übrigen, der Zeit nach geordnet; sie enthält manches Unsichere, und deshalb sind stets die betreffenden Artikel zu vergleichen.

Zu Anfang der Kaiserzeit existierten die Lentuli noch in mehreren Linien, von denen eine den Namen der Scipionen, die damals ausstarben, annahm (auch die Begräbnisstätte der Scipionen ging in den Besitz der Lentuler über, vgl. Mommsen CIL I p. 14). Die ältesten Beinamen der Cornelier, Maluginensis und Cossus, wurden von den Lentulern gleichfalls wieder verwendet, ersterer als Cognomen, letzterer als Vorname; vielleicht nahmen die Lentuli auch den Namen der Cethegi an (vgl. Lentulus Cethegus Nr. 215). Sie haben das 1. Jhdt. n. Chr. nicht überdauert. Zur Erläuterung der nicht mit völliger Sicherheit aufgeklärten Verwandtschaftsverhältnisse diene die Stammtafel. Vgl. über die Lentuli der Kaiserzeit: Borghesi Oeuvr. V 215. 300. Mommsen CIL I p. 14f. de Vit Onomast. II 433ff. Klebs Prosop. I 450ff.

[Groag. ]

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