22) Herodes, Sohn des Aumos, wird in einer Inschrift aus der Landschaft Trachonitis vom J. 75 oder 80 n. Chr. (Dittenberger Syll. [or.] I 425), die ihm sein Sohn Agrippa wohl nach seinen Tode errichtet hat, als ,στρατοπεδαρχήσας ἱππέων κολωνειτῶν καὶ στρατιωτῶν καὶ στρατηγήσας βασιλεῖ μεγάλῳ Ἀγρίππᾳ κυρίῳ‘ bezeichnet. Die Erklärung, die Cagnat Inscr. graec. ad res rom. pert. III zu nr. 1144 dem ersten der von H. geführten Titel gegeben hat: gewesener praefectus castrorum der ala I Augusti gemina colonorum erscheint mir einmal schon deswegen ausgeschlossen, weil bei ihr καὶ στρατιωτῶν nicht berücksichtigt ist und dieser Zusatz dann vollständig in der Luft schweben würde. Man muß sie aber auch deswegen ablehnen, weil ein praefectus castrorum
[167] meines Wissens für das Lager einer einzelnen ala bisher nicht bezeugt ist (s. z. B. v. Domaszewski Die Rangordnung d. röm. Heeres, Bonn. Jahrb. CXVII 119ff.), und weil das Fehlen der römischen Civität bei der Person des Geehrten uns überhaupt von einem gewesenen römischen Offizier abführt. Der Name weist uns vielmehr auf eine aus der Trachonitis stammende Persönlichkeit hin, da hier der sonst unbekannte Sonnengott Αὖμος zu Hause ist (Le Bas III 2392ff. 2441. 2455ff.), nach dem der Vater des H. benannt worden ist. Aber auch das Vorhandensein von ἱππεῖς κολωνῖται findet gerade aus den Verhältnissen der Trachonitis heraus eine völlig befriedigende Erklärung, worauf schon Schürer Gesch. d. jüd. Volk. I³ 595, 37 hingewiesen hat. Denn hier hatte seinerzeit der König Herodes I. 3000 Idumäer als Militärkolonisten angesiedelt; s. Joseph. ant. Iud. XVI 285 und vgl. die in ant. Iud. XV 294 genannte, gerade aus ἱππεῖς gebildete Militärkolonie Gaba in Galiläa, sowie die Reiter, die von den in der Batanaia durch Herodes I. angesiedelten jüdisch-babylonischen Kolonisten den späteren jüdischen Herrschern gestellt werden, ant. Iud. XVII 29. Man wird also H. als Offizier Agrippas II. fassen dürfen, der in der Trachonitis zuerst der στρατοπεδάρχης einer aus Fußvolk und Reiterei bestehenden Truppe, die sich aus den Kolonisten rekrutierte, gewesen ist (den Titel στρατοπεδάρχης hat es auch im Heere des Königs Herodes I. gegeben, s. Joseph. bell. Iud. I 535) und der dann στρατηγός des Königs, vielleicht wieder in der Trachonitis, geworden ist. Daß hierunter eine rein militärische Stellung zu verstehen sei, ist nicht gesagt, man wird wohl vielmehr in ihm einen Verwaltungsbeamten, einen Provinzialstatthalter, zu sehen haben (s. z. B. Joseph. bell. Iud. I 203 und ant. Iud. XIV 158 [Herodes I.: στρατηγός von Galiläa]; ant. Iud. XVI 130. 274 [s. o. S. 59]; Dittenberger Syll. [or.] I 421 und Le Bas III 2196 [στρατηγὸς Νομάδων]; auch die bei den Nabatäern für diese Zeit bekannt gewordenen στρατηγοί dürften Verwaltungskompetenzen besessen haben, s. z. B. die nabatäische Inschrift bei Clermont-Ganneau Rec. d’arch. orient. VII 241ff., auch Joseph. ant. Iud. XVIII 112. Vgl. auch den στρατηγὸς τῆς πόλεως, den Agrippa I. für Kaisareia bestellt hat, Joseph. ant. Iud. XIX 333, oder gar den sowohl von Josephus als im Neuen Testament genannten στρατηγὸς τοῦ ἱεροῦ in Jerusalem [zu diesem Tempelamt s. neuerdings E. Brieß Wien. Stud. XXXIV 350f.]).