RE:Iulius 189

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Classicus Ein Treverer, schloß sich dem Aufstand des Civilis 69-70 v. Chr. an
Band X,1 (1918) S. 567569
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189) Iulius Classicus (so Tac. hist. II 14, sonst bloß Classicus), ein Treverer (Tac. hist. IV 72), der sich mit anderen seines Stammes dem Aufstand des Civilis anschloß. Er gehörte zu den vornehmsten und reichsten Männern seines Volkes, ja, er durfte sich königlicher Abkunft rühmen, Tac. hist IV 55. Im römischen Heere diente er als praefectus alae Treverorum (Tac. hist. II 14. IV 55) und wird als solcher zuerst im Bürgerkrieg zwischen Otho und Vitellius im J. 69 n. Chr. erwähnt. Die Ala gehörte zu dem Heer des Vitellius und wurde nebst andern Truppenteilen von Fabius Valens, dem treuesten Parteigänger des Vitellius, in die narbonensische Provinz geschickt, um sie vor Angriffen der Othonianer zu schützen. Doch erlitten diese Truppen eine Niederlage, Tac. hist. II 14. 15. 28. Wenig rühmlich war auch das Verhalten der Treverer im Kampf des Munius Lupercus gegen Civilis, wobei sie die Flucht ergriffen, Tac. hist. IV 18. 4 Immerhin blieb das Volk noch lange den Römern treu und wurde deshalb von Civilis arg heimgesucht, setzte daher auch das Land in Verteidigungszustand und hatte mehrere Kämpfe gegen die aufständischen Germanen zu bestehen, Tac. hist. IV 28. 37. Als es aber dann, zu Beginn des J. 70, dem Civilis gelang, auch die gallischen Völkerschaften für den Anschluß an die Erhebung zu gewinnen, fiel I. als einer der ersten von Rom ab, Joseph. bell. Iud. VII 80. 81. Es entspann sich ein Meinungsaustausch zwischen ihm und Civilis, auch sein Landsmann Iulius Tutor wurde für die Sache gewonnen, desgleichen der Lingone Iulius Sabinus. Bald wurden immer mehr ins Vertrauen gezogen, und endlich fand eine Zusammenkunft in Köln statt, wo über die Schaffung eines freien Gallien beraten wurde, Tac. IV 55. Als der römische Legat C. Dillius Vocula zum Entsatz von Vetera heranrückte, das von Civilis zum zweitenmal belagert wurde, kam der Verrat der gallischen Truppenführer zur Ausführung. Classicus und Tutor gingen, angeblich zur Aufklärung des Vorgeländes, voraus, schlugen aber dann ihr Lager gesondert von dem der Legionen auf und traten in offene Verbindung mit den gallischen Empörern. Voculas hingebende Bemühungen, sie zum Gehorsam zu bringen, scheiterten. Im Gegenteil, auch aus den Reihen der [568] Legionen fanden sich Soldaten und Offiziere, die zu den Galliern überliefen und den Eid auf das neue Reich leisteten; ja, Vocula fiel durch die Hand eines von I. entsendeten Mörders. Dann begab sich I., angetan mit den Abzeichen eines römischen Imperators, in das Legionslager zu Novaesium und nahm allen dort befindlichen Truppen den Eid auf das gallische Reich ab, Tac. IV 57–59; vgl. 77 (Gallici foederis). Einen neuen Erfolg erzielte I., indem er die in Vetera eingeschlossenen Legionsteile, deren Not aufs höchste gestiegen war, bewog, sich dem Civilis zu ergeben und gleichfalls den Schwur auf das gallische Reich abzulegen; freilich wurden sie bald nach ihrem Abzug von der belagerten Festung durch die Germanen, angeblich gegen den Willen des Civilis, niedergemetzelt, Tac. IV 59. 60.

Als die römische Herrschaft in ganz Gallien niedergerungen schien, waren I. und Civilis noch im Zweifel, ob das sonst den Römern so ergebene Köln, dessen reiche Beute lockte, geplündert und zerstört werden oder erhalten bleiben sollte. Doch siegte die Stimme der Vernunft, da man die Stadt für die gemeinsame Sache gewinnen wollte. Als Bürgschaft für das geschlossene Abkommen mit der Stadt ließ I. hier seine Tochter zurück, Tac. IV 63–65. 79.

Mittlerweile hatte C. Licinius Mucianus von Rom aus zu einem entscheidenden Schlag gegen den gefährlichen Aufstand ausgeholt und (Q. Petillius Cerialis (Caesius Rufus) war mit starker Truppenmacht im Anmarsch. Ein Teil der Gallier, wie die Sequaner und die Remer, zogen es angesichts dieser Gefahr vor, wieder ihren Frieden mit dem römischen Reich zu suchen, andere, wie vor allem die Treverer und die Lingonen, verharrten aber im Kriegszustande. Doch ließen es die Führer an der nötigen Einigkeit und Tatkraft fehlen. Auch Classicus verhielt sich untätig und begnügte sich mit den bisher errungenen Erfolgen, Tac. IV 70. Als aber die Treverer unter Tutors Führung bei Bingen eine schwere Niederlage erlitten, war der ganze Stamm bestürzt und entmutigt, und erst Tutor und ein anderer ihrer Führer, Iulius Valentinus, stellten ihren Kampfesmut und Trotz wieder her. Nicht so leicht freilich nahmen Classicus und Civilis diese Niederlage, sondern warnten den Heißsporn Valentinus vor allzu kühnem Vorgehen, mit Recht, wie sich gleich darauf zeigte, da Valentinus dann bei Rigodulum geschlagen und gefangen wurde, Tac. IV 70. 71. Cerialis war nach diesem Sieg in die Stadt der Treverer eingezogen und erhielt hier die Aufforderung von Civilis und I., die Herrschaft über Gallien zu übernehmen und ihnen die über ihr Volk zu lassen. Da Cerialis darauf nicht einging, begann der Kampf von neuem. I. entschied gegen Civilis für die Meinung Tutors, daß nicht erst die Verstärkung der überrheinischen Germanen abzuwarten sei, sondern der Angriff sogleich beginnen müsse. Dieser Angriff auf Trier kam einem Überfall gleich, durch den Cerialis zuerst überrumpelt wurde. Doch gelang es ihm bald wieder, Oberhand zu gewinnen und einen vollständigen Sieg davonzutragen, Tac. IV 70–78. Im weiteren Verlaufe der Kämpfe zeichnete sich I. dadurch aus, daß er die von Cerialis [569] nach Novaesium vorausgeschickte Reiterei schlug, Tac. IV 79.

Unentwegt harrten die Treverer unter I. und Tutor an der Seite der Bataver aus, auch als das Kriegsglück ihnen untreu zu werden begann. Sie überschritten mit einer großen Anzahl vornehmer Treverer den Rhein, als die Bataver sich auf ihre Rheininsel zurückzogen. Aber noch einmal wagte Civilis Angriffe auf die römischen Befestigungen, wobei die Auxilien in dem Kastell Grinnes von I. belagert wurden. Als Cerialis Entsatz brachte, mußten I. und die anderen fluchtartig abziehen, Tac. V 19–21. Welches das spätere Schicksal des I. war, wissen wir nicht.

Über einen Denar ohne Kaisernamen mit der Legende Gallia, ℞ Fides (Cohen I² 343, 361), der auf das von I. mitbegründete gallische Reich bezogen wird, vgl. Mommsen Gesch. d. röm. Münzwesens 745, 17; R. G. V 126. Borghesi Oeuvres VIII 423–425. Mattingly Numism. Chronicle 1914, 133f. (der auch noch andere ,autonome‘ Prägungen hieher bezieht). Bedenken dagegen äußert Jullian Hist. de la Gaule IV (1914), 181, 4, und neuerdings hat Mary B. Harris Ztschr. f. Numism XXXII (1915) 72–78 die Münze ganz anders gedeutet.

[Stein. ]