Rosen-Monate heiliger Frauen/Crescentia

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XXIX.
15. Juni.
Crescentia,
die Pflegerin des Kindes Vitus.


 Wer kennt nicht den Namen Vitus, und wie viele sind aber, die mehr als den Namen wißen? Bekannt in aller Welt und bei allen Kindern Gottes, sind die edlen Kämpfer der ersten Jahrhunderte dennoch sehr oft in Dunkel eingehüllt: man weiß, daß man ihrem Glauben nachfolgen soll, wie aber und worin, das ist so oft verborgen. – Vitus war ein edler Knabe von Sicilien, deßen Vater Hylas mit solchem Ingrimme bemerkte, daß der Kleine bereits eine reife Frucht des christlichen Glaubens war, daß er that, wie der HErr geweißagt hatte (Luc. 21, 16.), und ihn in eigner Person dem Statthalter Valerian zu gewaltsamer Bekehrung oder zu strenger Bestrafung nach den Gesetzen der Kaiser übergab. Einen solchen Vater hatte Vitus. Der HErr aber hatte gesorgt, daß es dem frommen| Knaben nicht an Menschen fehlte, welche ihm dieselben Dienste thaten, die einst Joseph, der fromme Nährvater, dem heiligsten Kinde gethan hat. Vitus hatte eine Amme, und das war eben Crescentia, welche ihn mit ihrem Manne Modestus von Jugend auf in Christo Jesu erzogen hatte. Die beiden hatten in Vitus den Grund des Glaubens gelegt, und sie waren es auch, welche ihn aus den Händen des Statthalters erretteten und mit ihm über das Waßer nach Italien flohen. Zu dieser Flucht hatten sie ja vollkommenes Recht, weil der HErr selbst den Seinen die Flucht gebietet von einer Stadt zur andern. Allein der Wille des HErrn war in diesem Falle, der Kirche das Beispiel einer heiligen Familie zu verleihen, welche ohne leibliche Verwandtschaft, durch reinen Zufluß des heiligen Geistes und von ihm stammender Liebe vereint, treu in Liebe gegen Ihn, geschmückt mit der Krone der Märtyrer, zu Ihm heimkommen sollte. Modestus, Crescentia und Vitus entgiengen dem Tode in Sicilien, um ihn in der Fremde, in Lucanien zu finden. Dort litten die drei mit einander und empfiengen auch mit einander die Märtyrerkrone. – Ein frommer Knabe, seine Amme und ihr Mann, diese| sind es, deren man an dem heutigen Tage gedenkt, und der Tag predigt also von der Liebe, welche zwischen Ammen und Kindern in Christo Jesu bestehen kann, und welche Gott in Christo Jesu so wohlgefällig ist. Ist irgend unter den Leserinnen eine Crescentia dem Berufe nach, so sorge sie, daß sie es auch werde im Leben und im Sterben, vor allem aber in heiliger Liebe.




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