Seine Hauptstadt hat H. durch gewaltige Festungsanlagen weiter zu sichern versucht (bell. Iud. I 401. 418. II 46. 439. V 161–175. V 238–245. VII 1; ant. Iud. XV 409. XVI 144. XVII 257) und auch das wichtige Jericho durch eine neue Burg, nach seiner Mutter Kypros genannt, gedeckt (bell. Iud. I 407. 417; ant. Iud. XVI 143); die Anlage der Festungswerke in Jerusalem ist allerdings mindestens zum großen Teil schon vor dieser Periode erfolgt (s. S. 44f.). Die weiteren Bauten in der Hauptstadt, die zum Teil reine Luxusbauten sind, wird man dagegen alle später ansetzen dürfen (für die Bauten des Königs in Jerusalem s. C Mommert Topograph. d. alt. Jerusal. Vgl. auch Schürer I³ 388, 58 u. 59, sowie 392, 73 über die heute noch vorhandenen Reste). So dürfte wohl die Errichtung des Theaters und eines Amphitheaters in der Ebene bei Jerusalem etwa um 28 v. Chr. erfolgt sein (ant. Iud. XV 268. 272ff.; für die Chronologie s. S. 67 *) und vielleicht zu derselben Zeit auch die Erbauung des in der Nähe des königlichen Palastes gelegenen Hippodroms (erwähnt – wenn auch nicht seine Errichtung durch H. – bell. Iud. II 44; ant. Iud. XVII 255. Die Zweifel von Fr. Marx Arch. Jahrb. X 141, 16, ob es sich hier um einen richtigen Hippodromos und ob es sich nicht um eine gestatio in modum circi oder um eine Gartenanlage handelt, werden widerlegt durch ant. Iud. XV 271, wo Wagenrennen in Jerusalem erwähnt werden). Etwa um 23 v. Chr. hat H. in der Oberstadt mit dem Bau seines riesigen Königspalastes begonnen, der als prächtigster von all seinen Bauten ganz besonders glänzend mit Gold, Marmor und seltenen Steinen ausgestattet war; er war auch, wie dies bei den Königsschlössern der hellenistischen Zeit üblich war (s. Gothein Athen. Mitt. XXXIV 134. 138f.), von einem großen Parke umgeben. Die beiden schönsten Gemächerreihen in ihm waren ebenso wie in dem Schlosse von Jericho, das eine nach Augustus, das andere nach Agrippa benannt. Der Palast ist auch zugleich als starkes Kastell ausgebaut worden (bell. Iud. I 402. V 176–182. V 245; ant. Iud. XV 318); er hat auch wie seinerzeit der Palast Salomos mit dem Tempel in direkter Verbindung gestanden (ant. Iud. XV 410; vgl. auch 424).
Das J. 20/19 v. Chr. hat dann wohl den Baubeginn des bemerkenswertesten unter allen Bauwerken des Königs gebracht, den Neubau des Tempels in Jerusalem an Stelle des alten, von Serubabel errichteten. Da das neue Heiligtum eine größere Ausdehnung als das bisherige erhalten sollte, mußte das alte Tempelareal auf dem Tempelhügel erst durch die Anlage künstlicher Terrassen erweitert werden, und auch sonst ist von H. alles aufgeboten worden, um nicht nur das eigentliche Tempelhaus, sondern auch die dieses umgebenden Hallen und Vorhöfe besonders glänzend herzustellen, so daß die Pracht des herodianischen Tempels sprichwörtlich geworden ist. Trotz eines kolossalen Aufgebots von Bauleuten – man spricht von 10 000 Laien und 1000 priesterlichen Arbeitern – ist der Neubau [RE:81] erst nach einer Bauzeit von fast 9½ Jahren, und auch da nur in den Hauptzügen, so weit fertig gewesen, daß man an seine Einweihung denken [84] konnte; es ist jedoch an dem Tempel in der Folgezeit noch Jahrzehnte lang weitergearbeitet worden [1].
- ↑ S. Joseph. bell. Iud. I 401. V 184–227; ant. Iud. XV 380–425; Philon de monarch. II 2; Matth. XXIV 1; Marc. XIII 1; Luk. XXI 5; Mischnatraktat Middoth; Sukka 51 b; Bababathra 4a (Derenbourg 154). Für den Tempel bietet eine gute Literaturzusammenstellung Kittel in Herzogs Realencykl. f. prot. Theol. u. Kirche XIX 488ff.; zu ihr sind jetzt etwa noch hinzuzufügen Dalman Palästina-Jahrb. V 29ff. und Kennedy Expository Times XX 24ff. 66ff. 191ff. 270ff. Die Angaben über das Baubeginnjahr im bell. Iud. I 401 – 15. Regierungsjahr – und ant. Iud. XV 380 – 18. Regierungsjahr – widersprechen sich und dürfen auch nicht, wie es versucht wird, durch die Annahme, daß das frühere Jahr sich auf die ersten Bauvorbereitungen bezöge, miteinander ausgeglichen werden. Denn gerade in den antiquitates werden in das 18. Jahr die allerersten Vorbereitungen zum Bau angesetzt; man müßte also dies, will man die Angaben miteinander vereinen, als ungenau streichen. Auch die an sich naheliegende Ausgleichung, daß die verschiedenen Zahlen der Regierungsjahre durch einen verschiedenen Anfangstermin der Zählung – das J. 40 oder das J. 37 v. Chr. – bedingt seien (Josephus zieht in bell. Iud. I 665; ant. Iud. XVII 191 beide Anfangstermine in Betracht; die christlichen Chronographen rechnen die Regierungsjahre sogar nur von dem früheren an. Man erinnere sich auch der doppelten Zählung der Regierungsjahre Agrippas II.), ist bedenklich (Hitzig 547f. macht sich die Sache zu einfach); denn bei allen anderen in den antiquitates genannten Regierungsjahren des Königs kommt nur das J. 37 v. Chr. als Anfangstermin in Betracht, und unser Datum dürfte doch aus derselben Quelle wie die anderen Daten stammen. Die Einordnung des Tempelbauberichtes bei Josephus (sowohl im bellum als in den antiquitates), auf die Schürer I 369, 12 als für das J. 20/19 v. Chr. sprechend besonderes Gewicht legt, erscheint mir allerdings in Anbetracht meiner Bemerkungen über die chronologisch oft recht ungenügende Anknüpfung bei Josephus nicht als zwingendes Indicium, zumal Josephus im bellum das 15. Jahr, in den antiquitates das 18. Jahr an den syrischen Besuch des Augustus im J. 20 v. Chr. anschließt und da die Einordnung in den antiquitates mit einer falschen chronologischen Auffassung des hier genannten 18. Jahres durch Josephus zusammenhängen konnte. Ferner erscheint mir Ev. Ioh. II 20 zu irgend einer sicheren Entscheidung über die Beginnzeit des Tempelbaus erst recht nicht geeignet und ebensowenig für die Zeit der Beendigung die Stelle ant. Iud. XVI 115, wo Alexandros im J. 12 v. Chr. in seiner Rede vor Augustus von dem Besuch des herodianischen Tempels spricht. Man wird also doch wohl mit einer fehlerhaften Angabe im bellum rechnen müssen und nicht mit der Möglichkeit einer hier zugrunde liegenden verschiedenen Zählung; ganz ausgeschlossen braucht freilich das letztere nicht zu sein. Die Bauzeit ergibt sich aus einer Zusammenrechnung der in § 420 und 421 genannten WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt Jahre, die nach dem Wortlaut und auch nach den Angaben in § 425 nicht gegen einander aufgerechnet werden dürfen.
Walter Otto: Herodes. Beiträge zur Geschichte des letzten jüdischen Königshauses. Metzler, Stuttgart 1913, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otto_Herodes.djvu/062&oldid=- (Version vom 1.8.2018)