Topographia Palatinatus Rheni: Chambery
Diese Hauptstadt / im Hertzogthumb Savoia / allda gleichwol der Hertzog nicht / sondern zu Turin im Piedmont, Hof hält. Es ist diese Stadt Chambery nicht groß / aber ziemlich / und fast auff Genffische Manier / gebauet. Der von Villamont schreibet in seinen Reysen / daß es allhie / wegen deß grossen Schnee / und der Regen / so da stäts fallen / nicht lustig zu wohnen seye; wie dann auch sonsten in Savoia es / wegen der höchsten Berge / viel Schnee gibt / daher / wann solcher abgehet / allda mit höchster Gefahr zu reysen / sonderlich wann die Isara, oder l’Isere, davon schnell und gewaltig anlauffen thut / welcher Fluß von den Alpibus Grajis kommt / ferners nach Grenoble laufft / und mit dem Rhodano, oder Rhosne, gleichsamb ein schöne / lustige / und fruchtbare Insul machet / die einen grossen Begriff in sich hat / und deren Ostseiten mit sehr hohen und rauhen Bergen umbgeben ist / und von Grenoble in der Länge auff vierzig tausend Schritt sich erstrecket. Sonsten aber ist die gantze Länge dieser der Allobrogum Insul / (von welcher Philippus Cluverius lib. 1. antiq. Ital. cap. 33. fol. 367. weitläufftiger zu lesen) von 70. Meylen / die Breite aber zwischen besagten Flüssen vierzig und fünff. Da herumb
[T56][11] sehr vornehme Städte / als am Rhodano Lyon / Wien / (so die Hauptstadt vor Zeiten der Allobrogen gewesen /) und Valentz; an der Isar aber Roman / und Grenoble / und beym Gebürg unser vorhabende Stadt Chambery, gelegn seyn; in welcher bey den Franciscanern / oder Cordeliers, der berühmte Jurist Antonius Faber, ruhet / der allhie zu Chambery, im Parlament / oder Cammergericht deß gantzen Landes / Präsident gewest ist / welchem der Herr von Montoux succedirt, den Hertzog von Savoia vor diesem zu den Unirten Fürsten in Teutschland geschickt hat. Das Schloß allhie hat von aussen ein feines Ansehen / und einen schönen Garten; aber sonsten soll es innwendig schlecht seyn. Was darinn zu lesen / das hat Abraham Gölnizius in Ulysse Belgico-Gallico, pag. 404. seq. Es ist nahend Chambery ein Brunnen / welches Wasser / wie der Oceanus 6. Stunden laufft / und 6. Stunden aussen bleibt / und gantz trucken wird / sonsten aber 3. oder 4. Mühlen / so herumb stehen / treibet; wie Pedro Cornejo en Compendio de la Liga Francesa, am 20. Blat berichtet. Der Autor deß Buchs / le voyage de France beschreibet diese Stadt / am 219. Blat / also; daß Sie habe 3. grosse wolgebaute Vorstädte / und viel Brunnen von lebendigem Wasser / die durch Teucheln an unterschiedliche Theil der Stadt außgetheilet werden. Man sehe allda viel schöne Kirchen / und Clöster / auch ein Jesuiter Collegium, sampt einem prächtigen Tempel / so der Hertzog Carolus Emanuel von Savoia habe erbauen lassen. Im Schloß seye die heilige Capell zu sehen / deren Gebäu aber noch nicht gar vollendet. Der Dechant deß Capitels allhie / zu Chambery / seye das Haupt der Geistlichen von Saux, unter dem Bischoff von Grenoble im Delphinat / dessen Bischoflicher Bezirck auff 4. Dechaneyen bestehe / darunter die Savoyische eine seye. Sihe ein mehrers von dieser Stadt (die Anno ein tausend sechs hundert und dreyssig / den 14. May / die Frantzosen eingenommen haben) in meinem Itinerario Germaniae, part. 1. cap. 11. und in dem Itinerario Galliae cap. 5.
Es gräntzet besagtes Hertzogthumb Savoye / von Mitternacht / mit den Landschafften von Vaux, und Gez / (so vorhin auch Savoyisch gewesen / jtzt aber Franckreichisch seyn /) und dem Genffer See; vom Morgen / mit Piedmont; vom Abend / und Mittag / mit der Rosne, oder Rhodano; und dem Delphinat. Hat in der Länge 60. und in der Breite 45. Frantzösische Meylen; wie ein Frantzösischer Autor berichtet. Ist ein bergicht Land / das aber auch seine Geträid; und guten Wein tragende Hügel / und Thäler / hat; Aber das hohe Gebürg ist unfruchtbar / und mit Schnee bedeckt; und verursachet die grosse Kälte der darvon herkommenden Wasser die Kröpffe an den Leuthen. Der besagte Genffer See reichet gar gute Fisch / in grosser Menge dar. In dem Mittägigen Theil / auff den Seiten von Maurienne, val d’Este, und Canaues, wächset Saffran. In den Wäldern / und auff dem Gebürg / gibt es herrliches Wildprät. Man sihet da weisse Haasen / und Rebhüner. Von schönen Schiffer- und Marmorsteinen / hat es die Menge. Es hat einer den Savoyischen Fürstl. Stammen kurtz verfast / und dem Herrn Bernardino Parpalea; Bastiae Comiti, Status Consiliario, und deß Hertzogen von Savoia / bey den Venedigern Oratori, dedicirt, welcher durch 30. gradus biß auff den Anno 1630. verstorbenen Hertzog Carl Emanueln / gehet; nemlich also: 1. Sigueardus, Hertzog in Sachsen / im Jahr Christi 636. 2. Theodoricus, der ander König in Sachsen / An. 690. 3. Vernechinus, Dux Angariae Sburgi, An. 734. 4. Vitichindus M. der letzte König in Sachsen / An. 758. 5. Vigebertus, Hertzog in Sachsen / Anno 820. von dessen Brüdern / Vitichindo, dem Jüngern / die Grafen von Wettin / und die Marggrafen zu Meissen / herkommen. 6. Lutolfus, Hertzog in Sachsen / A. 840. von dessen Brudern Valberto, Hertzogen zu Engeren / die Marggrafen zu Montferrat entsprossen seyn. 7. Otto / Hertzog zu Sachsen Anno 880. 8. Käyser Henricus Auceps, A. 918. 9. Käyser Otto der Erste / Anno 937. 10. Käyser Otto der Erste / Anno 937. 10. Käyser Otto II. Anno 973. 11. Hugo, Hertzog zu Sachsen / Anno. 978. 12. Beroldus Legatus Imperij, Prorex Arelat. Allobrogum, Sabaudiae Princeps, oder deß Reichs Gesandter / Stadthalter im Königreich Arelat / der Allobrogen / und Savoyer Fürst / Anno 991. 13. Umbertus, Graf von Savoye; und Maurienne, Marggraf von Segusien, [12] oder Secusiae, Anno 1024. 14. Amedeus Comes Sabaudiae, et Maurianae, Marchio Secusiae. 1048. 15. Umbertus, oder Humbertus II. mit gleichem Titul / Anno 1078. 16. Amedeus II. auch / Anno 1103. 17. Humbertus III. Graf von Savoye, Anno 1149. 18. Thomas, Graf von Savoye, Anno 1188. 19. Thomas II., Graf in Maurienne, und Flandern / Marggraf von Secusien, Fürst in Piedmont; dessen Bruder Amedeus III. Graf von Savoye, und Hertzog zu Chablais, oder Chablasio, gewesen / Anno 1233. dessen Lini aber mit Graf Bonifacio von Savoye, abgangen ist. 20. Thomas III. deß gedachten Thomae II. Sohn / Fürst in Piedmont; Anno. 1259. von welchem die Fürsten in Achaia, Morea, und Piedmont, herkommen seyn. Sein Bruder war Amedeus IV. Graf von Savoye, Hertzog zu Chablais, und Augst / Anno 1284. von dem entsprossen. 21. Aymo, Comes Sabaudiae, Dux Chablasij, und Augustae, Anno. 1329. 22. Amedeus V. mit gleichem Titul / wie sein Vatter Aymo, Anno 1343. 23. Amedeus VI. Graf von Savoye, Hertzog zu Chablais, und Augst / Fürst zu Nizza, Anno 1383. 24. Amedeus VII. der erste Hertzog in Savoia / Chablais, und Augst; so hernach Pabst / und Felix der Fünffte genant worden / Anno 1393. 25. dieses Sohn Ludovicus, der ander Hertzog von Savoia / Chablais, und Augst / Anno 1431. 26. Amedeus VIII. der dritte Hertzog / Anno 1465. Sein Bruder ist gewesen Philippus, Comes Baugiaci, et Brixiae, der endlich der siebende Hertzog von Savoia worden / Anno 1496. 27. Philibertus, der vierdte Hertzog / Hertzogs Amedei VIII. Sohn / Anno 1472. dessen Bruder Carolus, der fünffte Hertzog worden / Anno 1482. und verlassen Carolum Joan. Amedeum, den sechsten Hertzogen / Anno 1490. mit deme diese Lini abgangen; und obgedachter Philippus Ihme / als der siebende Hertzog / wie gemelt / succedirt hat / dessen Söhn gewesen 1. Philibertus II. der achte Hertzog von Savoia / Anno 1497. 2. Carolus III. der 9. Hertzog / Anno 1504. 3. Philippus Hertzog von Nemours, und Graf zu Gebbennes, so verlassen Jacobum, Ducem Gebennensium, et Nemorosij; und dieser wiederumb zween Söhne / Carolum, Fürst zu Gebennes, und Henricum, Hertzogen zu Gebennes, und Nemours; welche Hertzogen noch in Franckreich verhanden seyn werden. Von dem obgedachten neunten Hertzogen / Carolo III. ist herkommen / 28. Emanuel Philibertus, der zehende Hertzog von Savoia / Chablais, und Augst / An. 1553. 29. Und von diesem Carolus Emanuel obgedacht / der 11. Hertzog / Anno 1580. 30. Victor Amedeus, der 12. Hertzog / Anno 1630. und biß hieher gehet dieser Autor. Darzu zu thun / daß hochernanter Hertzog Carl Emanuel / der / wie gemelt / Anno 1630. gestorben / neben anderen Kindern / gehabt / 1. jetzt obenerwehnten Victorem Amedeum, 2. Mauritium Emanuelem, und 3. Franciscum Thomam: Auß denen der erste / und Regirender Hertzog / Anno 1637. den 7. Octobris / von seiner Gemahlin / Frauen Christina / König Heinrichs deß Vierdten in Franckreich Tochter / 2. Herren / und 2. Fräulein verlassen; davon der ältere Sohn / Hertzog Franciscus Hyacinthus, Anno 38. im achten Jahr seines Alters / gestorben ist / und Ihme sein Bruder / Carolus Emanuel, der jetzige regierende Hertzog in Savoia / und Piedmont / succedirt hat. Weil er aber noch so jung / so hat hochermelte seine Frau Mutter / unterdessen / biß er der Hertzog / A. 1645. den 8. April / seinen Einzug zu Turin / in Piedmont / gehalten / und die Regierung angetretten / die Verwaltung gehabt; wiewol sie / mit gedachten ihren beyden Herren Schwägern / deßwegen zu kriegen hatte; biß die Sach verglichen worden / und sie dem Aeltern / nemblich Printz Moritz Emanueln / vorhin Cardinaln / ihre ältere Tochter / Fr. Ludovicam Mariam; so erst 15. Jahr alt gewest seyn solle / Anno 42. zu einer Ehegemahlin geben; und / mit der Zeit / auch die jüngere Tochter / Fr. Adelheit / dem jetzigen Herrn Churfürsten in Bäyern / ehelichen versprochen hat; deren Heimführung auch / und der Einzug / zu Mönchen / Anno 52. geschehen ist. Was den jüngsten Sohn / Hertzog Caroli Emanuelis, anbelangt / so wird er von den Welschen nur mit einem Namen / und Principe Thomaso, genant; der sich allbereit Anno 1625. an deß Grafens von Soissons, auß dem Königlichen Frantzösischen Geschlecht von Bourbon / Tochter / verheuratet / und / mit derselben / etliche Kinder erzeuget / und anfangs zu Chambery / hernach / wie [13] man berichtet / mehrentheils zu Eporedia, (so sonsten Lamporeggio, Inurea, und Iurea, im Ländlein Canauese, bey dem Eingang deß Thals d’Aosta, gegen dem Wallisser Land zu / gelegen / genant wird) sein Hofflager gehabt hat: Wie hergegen sein Herr Bruder / Printz Moritz Emanuel / zu Nizza, wohnen solle. Anno 1521. ist der Hertzog von Savoia / als ein Stand deß Reichs / monatlich einfach / zum Römerzug / auff 60. zu Roß / und 277. zu Fuß / angelegt worden. Sein jährliche Gebühr / zu Unterhaltung deß Cammergerichts / ist / wie ich gefunden / nach dem erhöchten Anschlag / 500. Gulden. Wer ein mehrers von den Hertzogen von Savoia / diesem Lande / und den alten Inwohnern / nemlich den Allobrogibus, zu wissen begehrt / der lese deß Philiberti Pingonii Inclytorum Saxoniae, Sabaudiaeque Principum, arborem Gentilitiam; deß Lamberti Vanderburchij Sabaudorum Ducum, Principumque, historiam Gentilitiam: P. Boyssat. de la prouesse, et reputation des anciens Allobroges: Les grands Chroniques de gestes, et vertueux faicts de Ducs, et Princes des pays de Savoye, et Piedmont, etc. ensemble la genealogie, et origine des dicts Ducs, per Symphorian Champier: Chronique de Savoye par M. Guillaume Paradin, continuée jusques à l’an. 1601. und la Savoye de Jacques Peletier. Sihe auch unten / Turin.