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Vertrag, betreffend den Beitritt Bayerns zur Verfassung des Deutschen Bundes, nebst Schlußprotokoll

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Titel: Vertrag, betreffend den Beitritt Bayerns zur Verfassung des Deutschen Bundes, nebst Schlußprotokoll
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1871, Nr. 5, S. 9–26
Fassung vom: 23. November 1870
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Bekanntmachung: 31. Januar 1871
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(Nr. 610.) Vertrag, betreffend den Beitritt Bayerns zur Verfassung des Deutschen Bundes. Vom 23. November 1870., nebst Schlußprotokoll vom demselben Tage.

Seine Majestät der König von Preußen im Namen des Norddeutschen Bundes und Seine Majestät der König von Bayern haben in der Absicht, die Sicherheit des Deutschen Gebietes zu gewährleisten, dem Deutschen Rechte eine gedeihliche Entwicklung zu sichern und die Wohlfahrt des Deutschen Volkes zu pflegen, beschlossen, über Gründung eines Deutschen Bundes Verhandlungen zu eröffnen und zu diesem Behufe zu Bevollmächtigten ernannt:

Seine Majestät der König von Preußen, im Namen des Norddeutschen Bundes:
den Kanzler des Norddeutschen Bundes, Allerhöchstihren Präsidenten des Staatsministeriums und Minister der auswärtigen Angelegenheiten Grafen Otto v. Bismarck-Schönhausen, und
Allerhöchstihren Kriegs- und Marineminister, General der Infanterie Albert v. Roon;
Seine Majestät der König von Bayern:
Allerhöchstihren Staatsminister des Königlichen Hauses und des Aeußern Grafen Otto v. Bray-Steinburg,
Allerhöchstihren Kriegsminister, Generallieutenant Sigmund Freiherrn v. Prankh und
Allerhöchstihren Staatsminister der Justiz Johann v. Lutz.

Diese Bevollmächtigten sind in Versailles zusammengetreten, haben ihre Vollmachten ausgetauscht und haben sich, nachdem diese letzteren in guter Ordnung befunden waren, über nachfolgende Vertragsbestimmungen geeinigt.[10]

I.

Die Staaten des Norddeutschen Bundes und das Königreich Bayern schließen einen ewigen Bund, welchem das Großherzogthum Baden und das Großherzogthum Hessen für dessen südlich vom Main belegenes Staatsgebiet schon beigetreten sind und zu welchem der Beitritt des Königreichs Württemberg in Aussicht steht.
Dieser Bund heißt der Deutsche Bund.

II.

Die Verfassung des Deutschen Bundes ist die des bisherigen Norddeutschen Bundes, jedoch mit folgenden Abänderungen.

§. 1.

Der Artikel 1. der Norddeutschen Bundesverfassung wird künftig lauten, wie folgt:
Das Bundesgebiet besteht aus den Staaten Preußen mit Lauenburg, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen, Mecklenburg-Schwerin, Sachsen-Weimar, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Koburg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Waldeck, Reuß älterer Linie, Reuß jüngerer Linie, Schaumburg-Lippe, Lippe, Lübeck, Bremen und Hamburg.

§. 2.

Zu Artikel 4. wird folgender Zusatz vereinbart:
Ziff. 16. Die Bestimmungen über die Presse und das Vereinswesen.

§. 3.

Das zweite Alinea des Artikels 5. lautet künftig, wie folgt:
Bei Gesetzes-Vorschlägen über das Militairwesen, die Kriegsmarine und die im Artikel 35. bezeichneten Abgaben giebt, wenn im Bundesrathe eine Meinungsverschiedenheit stattfindet, die Stimme des Präsidiums den Ausschlag, wenn sie sich für die Aufrechthaltung der bestehenden Einrichtungen ausspricht.

§. 4.

Artikel 6. erhält folgende Fassung:
Der Bundesrath besteht aus den Vertretern der Mitglieder des Bundes, unter welchen die Stimmführung sich in der Weise vertheilt, daß Preußen mit den ehemaligen Stimmen von Hannover, Kurhessen, Holstein, Nassau und Frankfurt 17 Stimmen führt, Bayern 6, Sachsen 4, Württemberg 4, Baden 3, Hessen 3, Mecklenburg-Schwerin 2, Sachsen Weimar 1, Mecklenburg-Strelitz 1, Oldenburg 1, Braunschweig 2, Sachsen-Meiningen 1, Sachsen-Altenburg 1, Sachsen-Koburg-Gotha 1, Anhalt 1, Schwarzburg-Rudolstadt 1, Schwarzburg-Sondershausen 1, Waldeck 1, Reuß älterer Linie 1, Reuß jüngerer Linie 1, Schaumburg-Lippe 1, Lippe 1, Lübeck 1, Bremen 1, Hamburg 1, in Summa 58 Stimmen.
Jedes Mitglied des Bundes kann soviel Bevollmächtigte zum Bundesrathe ernennen, wie es Stimmen hat, doch kann die Gesammtheit der zuständigen Stimmen nur einheitlich abgegeben werden.[11]

§. 5.

An die Stelle des Artikels 7. tritt folgende Bestimmung:
Der Bundesrath beschließt:
1) über die dem Reichstage zu machenden Vorlagen und die von demselben gefaßten Beschlüsse;
2) über die zur Ausführung der Bundesgesetze erforderlichen allgemeinen Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen, sofern nicht in dem Gesetze selbst etwas Anderes bestimmt ist;
3) über Mängel, welche bei der Ausführung der Bundesgesetze oder der vorstehend erwähnten Vorschriften oder Einrichtungen hervortreten.
Jedes Bundesglied ist befugt, Vorschläge zu machen und in Vortrag zu bringen, und das Präsidium ist verpflichtet, dieselben der Berathung zu übergeben.
Die Beschlußfassung erfolgt, vorbehaltlich der Bestimmungen in den Artikeln 5. 37. und 78., mit einfacher Mehrheit. Nicht vertretene oder nicht instruirte Stimmen werden nicht gezählt. Bei Stimmengleichheit giebt die Präsidialstimme den Ausschlag.
Bei der Beschlußfassung über eine Angelegenheit, welche nach den Bestimmungen dieser Verfassung nicht dem ganzen Bunde gemeinschaftlich ist, werden die Stimmen nur derjenigen Bundesstaaten gezählt, welchen die Angelegenheit gemeinschaftlich ist.

§. 6.

Artikel 8. erhält folgende Fassung:
Der Bundesrath bildet aus seiner Mitte dauernde Ausschüsse
1) für das Landheer und die Festungen,
2) für das Seewesen,
3) für Zoll- und Steuerwesen,
4) für Handel und Verkehr,
5) für Eisenbahnen, Post und Telegraphen,
6) für Justizwesen,
7) für Rechnungswesen.
In jedem dieser Ausschüsse werden außer dem Präsidium mindestens vier Bundesstaaten vertreten sein, und führt innerhalb derselben jeder Staat nur Eine Stimme.
In dem Ausschusse für das Landheer und die Festungen hat Bayern einen ständigen Sitz, die übrigen Mitglieder desselben, sowie die Mitglieder des Ausschusses für das Seewesen, werden von dem Bundesfeldherrn ernannt; die Mitglieder der anderen Ausschüsse werden vom Bundesrathe gewählt. Die Zusammensetzung dieser Ausschüsse ist für jede Session des Bundesrathes, resp. mit jedem Jahre zu erneuern, wobei die ausscheidenden Mitglieder wieder wählbar sind. [12]
Außerdem wird im Bundesrathe aus den Bevollmächtigten der Königreiche Bayern, Sachsen und Württemberg unter dem Vorsitze Bayerns ein Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten gebildet.
Den Ausschüssen werden die zu ihren Arbeiten nöthigen Beamten zur Verfügung gestellt.

§. 7.

In Artikel 11. wird nach dem ersten Absatze folgende Zusatzbestimmung eingeschaltet:
Zur Erklärung des Krieges in Namen des Bundes ist die Zustimmung des Bundesrathes erforderlich, es sei denn, daß ein Angriff auf das Bundesgebiet oder dessen Küsten erfolgt.

§. 8.

Artikel 18. erhält am Schlusse folgenden Zusatz:
Den zu einem Bundesamte berufenen Beamten eines Bundesstaates stehen, sofern nicht vor ihrem Eintritt in den Bundesdienst im Wege der Bundesgesetzgebung etwas Anderes bestimmt ist, dem Bunde gegenüber diejenigen Rechte zu, welche ihnen in ihrem Heimathlande aus ihrer dienstlichen Stellung zugestanden hatten.

§. 9.

Artikel 19. lautet fortan wie folgt:
Wenn Bundesglieder ihre verfassungsmäßigen Bundespflichten nicht erfüllen, können sie dazu im Wege der Exekution angehalten werden. Diese Exekution ist vom Bundesrathe zu beschließen und von Bundespräsidium zu vollstrecken.

§. 10.

Artikel 20. erhält folgende Fassung:
Der Reichstag geht aus allgemeinen und direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor.
Bis zu der gesetzlichen Regelung, welche im §. 5. des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869. (Artikel 79. Nr. 13.) vorbehalten ist, werden in Bayern 48, in Württemberg 17, in Baden 14, in Hessen südlich des Main 6 Abgeordnete gewählt und beträgt demnach die Gesammtzahl der Abgeordneten 382.

§. 11.

Artikel 28. erhält folgenden Zusatz:
Bei der Beschlußfassung über eine Angelegenheit, welche nach den Bestimmungen dieser Verfassung nicht dem ganzen Bunde gemeinschaftlich ist, werden die Stimmen nur derjenigen Mitglieder gezählt, die in Bundesstaaten gewählt sind, welchen die Angelegenheit gemeinschaftlich ist.

§. 12.

Aus Artikel 34. wird das Wort „Lübeck“ gestrichen. [13]

§. 13.

Artikel 35. erhält folgende Fassung:
Der Bund ausschließlich hat die Gesetzgebung über das gesammte Zollwesen, über die Besteuerung des im Bundesgebiete gewonnenen Salzes und Tabacks, bereiteten Branntweins und Biers und aus Rüben oder anderen inländischen Erzeugnissen hergestellten Zuckers und Syrups, über den gegenseitigen Schutz der in den einzelnen Bundesstaaten erhobenen Verbrauchsabgaben gegen Hinterziehungen, sowie über die Maßregeln, welche in den Zollausschlüssen zur Sicherung der gemeinsamen Zollgrenze erforderlich sind.
In Bayern, Württemberg und Baden bleibt die Besteuerung des inländischen Branntweins und Biers der Landesgesetzgebung vorbehalten. Die Bundesstaaten werden jedoch ihr Bestreben darauf richten, eine Uebereinstimmung der Gesetzgebung über die Besteuerung auch dieser Gegenstände herbeizuführen.

§. 14.

Zu Artikel 36. wird am Schlusse folgender Zusatz beigefügt:
Die von diesen Beamten über Mängel bei der Ausführung der gemeinschaftlichen Gesetzgebung gemachten Anzeigen (Art. 35.) werden dem Bundesrathe zur Beschlußnahme vorgelegt.

§. 15.

Artikel 37. wird künftig lauten, wie folgt:
Bei der Beschlußnahme über die Ausführung der gemeinschaftlichen Gesetzgebung (Art. 35.) dienenden Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen giebt die Stimme des Präsidiums alsdann den Ausschlag, wenn sie sich für Aufrechthaltung der bestehenden Vorschrift oder Einrichtung ausspricht.

§. 16.

Artikel 38. wird wie folgt gefaßt:
Der Ertrag der Zölle und der anderen in Artikel 35. bezeichneten Abgaben, letzterer soweit sie der Bundesgesetzgebung unterliegen, fließt in die Bundeskasse.
Dieser Ertrag besteht aus der gesammten von den Zöllen und den übrigen Abgaben aufgekommenen Einnahme nach Abzug
1) der auf Gesetzen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften beruhenden Steuervergütungen und Ermäßigungen,
2) der Rückerstattungen für unrichtige Erhebungen,
3) der Erhebungs- und Verwaltungskosten, und zwar:
a) bei den Zöllen der Kosten, welche an den gegen das Ausland gelegenen Grenzen und in dem Grenzbezirke für den Schutz und die Erhebung der Zölle erforderlich sind,
b) bei der Salzsteuer der Kosten, welche zur Besoldung der mit Erhebung und Kontrolirung dieser Steuer auf den Salzwerken beauftragten Beamten aufgewendet werden, [14]
c) bei der Rübenzuckersteuer und Tabacksteuer der Vergütung, welche nach den jeweiligen Beschlüssen des Bundesrathes den einzelnen Bundesregierungen für die Kosten der Verwaltung dieser Steuern zu gewähren ist,
d) bei den übrigen Steuern mit funfzehn Prozent der Gesammteinnahme.
Die außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze liegenden Gebiete tragen zu den Bundesausgaben durch Zahlung eines Aversums bei.
Bayern, Württemberg und Baden haben an dem in die Bundeskasse fließenden Ertrage der Steuern von Branntwein und Bier und an dem diesem Ertrage entsprechenden Theile des vorstehend erwähnten Aversums keinen Theil.

§. 17.

Artikel 39. erhält nachstehende Fassung:
Die von den Erhebungsbehörden der Bundesstaaten nach Ablauf eines jeden Vierteljahres aufzustellenden Quartalextrakte und die nach dem Jahres- und Bücherschlusse aufzustellenden Finalabschlüsse über die im Laufe des Vierteljahres beziehungsweise während des Rechnungsjahres fällig gewordenen Einnahmen an Zöllen und nach Artikel 38. zur Bundeskasse fließenden Verbrauchsabgaben werden von den Direktivbehörden der Bundesstaaten, nach vorausgegangener Prüfung, in Hauptübersichten zusammengestellt, in welchen jede Abgabe gesondert nachzuweisen ist, und es werden diese Uebersichten an den Ausschuß des Bundesrathes für das Rechnungswesen eingesandt.
Der Letztere stellt auf Grund dieser Uebersichten von drei zu drei Monaten den von der Kasse jedes Bundesstaates der Bundeskasse schuldigen Betrag vorläufig fest und setzt von dieser Feststellung den Bundesrath und die Bundesstaaten in Kenntniß, legt auch alljährlich die schließliche Feststellung jener Beträge mit seinen Bemerkungen dem Bundesrathe vor. Der Bundesrath beschließt über diese Feststellung.

§. 18.

Artikel 40. hat zu lauten:
Die Bestimmungen in dem Zollvereinigungs-Vertrage vom 8. Juli 1867. bleiben in Kraft, soweit sie nicht durch die Vorschriften dieser Verfassung abgeändert sind und so lange sie nicht auf dem in Artikel 7., beziehungsweise 78. bezeichneten Wege abgeändert werden.

§. 19.

Artikel 48. Absatz 2. wird wie folgt gefaßt:
Die im Artikel 4. vorgesehene Gesetzgebung des Bundes in Post- und Telegraphen-Angelegenheiten erstreckt sich nicht auf diejenigen Gegenstände, deren Regelung nach den gegenwärtig in der Norddeutschen Post- und Telegraphenverwaltung maßgebenden Grundsätzen der reglementarischen Festsetzung oder administrativen Anordnung überlassen ist. [15]

§. 20.

An die Stelle der bisherigen Artikel 50. und 51. tritt folgende Fassung:
Artikel 50. Dem Bundespräsidium gehört die obere Leitung der Post- und Telegraphenverwaltung an. Dasselbe hat die Pflicht und das Recht, dafür zu sorgen, daß Einheit in der Organisation der Verwaltung und im Betriebe des Dienstes, sowie in der Qualifikation der Beamten hergestellt und erhalten wird.
Das Präsidium hat für den Erlaß der reglementarischen Festsetzungen und allgemeinen administrativen Anordnungen, sowie für die ausschließliche Wahrnehmung der Beziehungen zu anderen Post- und Telegraphenverwaltungen Sorge zu tragen.
Sämtliche Beamte der Post- und Telegraphenverwaltung sind verpflichtet, den Anordnungen des Bundespräsidiums Folge zu leisten. Diese Verpflichtung ist in den Diensteid aufzunehmen.
Artikel 51. Die Anstellung der bei den Verwaltungsbehörden der Post und Telegraphie in den verschiedenen Bezirken erforderlichen oberen Beamten (z.B. der Direktoren, Räthe, Oberinspektoren), ferner die Anstellung der zur Wahrnehmung des Aufsichts- u. s. w. Dienstes in den einzelnen Bezirken als Organe der erwähnten Behörden fungirenden Post- und Telegraphenbeamten (z. B. Inspektoren, Kontroleure) geht für das ganze Gebiet des Deutschen Bundes von dem Präsidium aus, welchem diese Beamten den Diensteid leisten. Den einzelnen Landesregierungen wird von den in Rede stehenden Ernennungen, soweit dieselben ihre Gebiete betreffen, Behufs der landesherrlichen Bestätigung und Publikation rechtzeitig Mittheilung gemacht werden. Die anderen bei den Verwaltungsbehörden der Post und Telegraphie erforderlichen Beamten, sowie alle für den lokalen und technischen Betrieb bestimmten, mithin bei den eigentlichen Betriebsstellen fungirenden Beamten u. s. w. werden von den betreffenden Landesregierungen angestellt.
Wo eine selbstständige Landespost- resp. Telegraphenverwaltung nicht besteht, entscheiden die Bestimmungen der besonderen Verträge.

§. 21.

Artikel 52. Absatz 3. lautet für die Folge:
Nach Maßgabe des auf diese Weise festgestellten Verhältnisses werden den einzelnen Staaten während der auf ihren Eintritt in die Bundes-Postverwaltungen folgenden acht Jahre die sich für sie aus den im Bunde aufkommenden Postüberschüssen ergebenden Quoten auf ihre sonstigen Beiträge zu Bundeszwecken zu Gute gerechnet.

§. 22.

Artikel 56. lautet fortan in seinem Eingange:
Das gesammte Konsulatswesen des Deutschen Reichs steht unter der Aufsicht etc. [16]

§. 23.

In den Artikeln 57. und 59. tritt an die Stelle des Wortes „Norddeutsche“ der Ausdruck „Deutsche Bundesangehörige“.

§. 24.

Aus Artikel 62. fällt der zweite Absatz aus.

§. 25.

Artikel 78. lautet wie folgt:
Veränderungen der Verfassung erfolgen im Wege der Gesetzgebung. Sie gelten als abgelehnt, wenn sie im Bundesrathe 14 Stimmen gegen sich haben.

§. 26.

Der bisherige Artikel 79. der Bundesverfassung fällt weg.
An dessen Stelle tritt folgende
XV. Uebergangs-Bestimmung.
Artikel 79.
Die nachstehend genannten, im Norddeutschen Bunde ergangenen Gesetze werden zu Gesetzen des Deutschen Bundes erklärt und als solche von den nachstehend genannten Zeitpunkten an in das gesammte Bundesgebiet mit der Wirkung eingeführt, daß, wo in diesen Gesetzen von dem Norddeutschen Bunde, dessen Verfassung, Gebiet, Mitgliedern oder Staaten, Indigenat, verfassungsmäßigen Organen, Angehörigen, Beamten, Flagge u. s. w. die Rede ist, der Deutsche Bund und dessen entsprechende Beziehungen zu verstehen sind, nämlich:
I. vom Tage der Wirksamkeit der gegenwärtigen Verfassung an:
1) das Gesetz über Paßwesen vom 12. Oktober 1867.,
2) das Gesetz über die Nationalität der Kauffahrteischiffe vom 25. Oktober 1867.,
3) das Gesetz über die Freizügigkeit vom 1. November 1867.,
4) das Gesetz über die Bundeskonsulate vom 8. November 1867.,
5) das Wehrgesetz vom 9. November 1867.,
6) das Gesetz über die vertragsmäßigen Zinsen vom 14. November 1867.,
7) das Gesetz über die Beseitigung polizeilicher Ehebeschränkungen vom 4. Mai 1868.,
8) das Gesetz, betreffend die Aufhebung der Schuldhaft, vom 29. Mai 1868.,
9) das Gesetz über die Unterstützung Schleswig-Holsteinischer Offiziere vom 14. Mai 1868.,[17]
10) das Gesetz über die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 4. Juli 1868.,
11) das Gesetz über die Maaß- und Gewichtsordnung vom 17. August 1868.,
12) das Gesetz über die Rinderpest vom 7. April 1869.,
13) das Gesetz über die Kautionen der Bundesbeamten vom 2. Juni 1869.,
14) das Gesetz über die Einführung der Wechselordnung vom 5. Juni 1869.,
15) das Gesetz über die Wechselstempelsteuer vom 10. Juni 1869.,
16) das Gesetz über das Bundes-Oberhandelsgericht vom 12. Juni 1869.,
17) das Gesetz über die Beschlagnahme des Arbeitslohnes vom 21. Juni 1869.,
18) das Gesetz über die Gewährung der Rechtshülfe vom 21. Juni 1869.,
19) das Gesetz über die Gleichberechtigung der Konfessionen vom 3. Juli 1869.,
20) das Gesetz über die Beseitigung der Doppelbesteuerung vom 13. Mai 1870.,
21) das Gesetz über die Abgaben von der Flößerei vom 1. Juni 1870.,
22) das Gesetz über den Erwerb und Verlust der Bundesangehörigkeit vom 1. Juni 1870.,
23) das Gesetz über das Urheberrecht an Schriftwerken vom 11. Juni 1870.,
24) das Gesetz über die Kommanditgesellschaften auf Aktien und Aktiengesellschaften vom 11. Juni 1870.,
25) das Gesetz über die Ausgabe von Papiergeld vom 16. Juni 1870.,
26) das Gesetz über die Eheschließung vor Bundeskonsuln vom 16. Juni 1870.,[1]
27) das Gesetz über die Unterstützung Schleswig-Holsteinischer Soldaten vom 3. März 1870.;
II. vom 1. Januar 1872. an:
1) das Gesetz über Postwesen vom 2. November 1867.,
2) das Gesetz über Posttaxwesen vom 4. November 1867.,
3) das Gesetz über Telegraphen-Freimarken vom 16. Mai 1869.,
4) das Gesetz über Portofreiheiten vom 5. Juni 1869.,
5) das Gesetz über Banknoten vom 27. März 1870.,
6) das Einführungsgesetz zum Strafgesetz vom 31. Mai 1870.,
7) das Strafgesetzbuch. [18]
In Hessen südlich des Mains werden als Bundesgesetze eingeführt, und zwar:
I. vom Tage der Wirksamkeit der Verfassung an:
das Gesetz, betreffend die Schließung und Beschränkung der öffentlichen Spielbanken, vom 1. Juli 1868.,
das Gesetz über die Einführung der Telegraphen-Freimarken vom 16. Mai 1869.
II. vom 1. Juli 1871. an:
das Gesetz über den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870.
In den Hohenzollernschen Lande wird vom Tage der Wirksamkeit der Verfassung an eingeführt das Gesetz, betreffend die Wechselstempelsteuer, vom 10. Juni 1869.
Die Erklärung der übrigen im Norddeutschen Bunde ergangenen Gesetze zu Bundesgesetzen bleibt, soweit diese Gesetze auf Angelegenheiten sich beziehen, welche verfassungsmäßig der Gesetzgebung des Deutschen Bundes unterliegen, der Bundesgesetzgebung vorbehalten.

III.

Die vorstehend festgestellte Verfassung des Deutschen Bundes erleidet hinsichtlich ihrer Anwendung auf das Königreich Bayern nachstehende Beschränkungen:

§. 1.

Das Recht der Handhabung der Aufsicht Seitens des Bundes über die Heimaths – und Niederlassungsverhältnisse und dessen Recht der Gesetzgebung über diesen Gegenstand erstreckt sich nicht auf das Königreich Bayern.
Das Recht des Bundes auf Handhabung der Aufsicht und Gesetzgebung über das Eisenbahnwesen, dann über das Post- und Telegraphenwesen erstreckt sich auf das Königreich Bayern nur nach Maßgabe der in den §§. 3. und 4. enthaltenen Bestimmungen.

§. 2.

Für die erste Wahl zum Reichstage wird die Abgrenzung der Wahlbezirke in Bayern in Ermangelung der bundesgesetzlichen Feststellung von der Königlich Bayerischen Regierung bestimmt werden.

§. 3.

Die Artikel 42. bis einschließlich 46. der Bundesverfassung sind auf das Königreich Bayern nicht anwendbar.
Dem Bunde steht jedoch auch dem Königreiche Bayern gegenüber das Recht zu, im Wege der Gesetzgebung einheitliche Normen für die Konstruktion und Ausrüstung der für die Landesvertheidigung wichtigen Eisenbahnen aufzustellen. [19]

§. 4.

Die Artikel 48. bis einschließlich 52. der Bundesverfassung finden auf das Königreich Bayern keine Anwendung. Das Königreich Bayern behält die freie und selbstständige Verwaltung seines Post- und Telegraphenwesens.
Dem Bunde steht jedoch auch für das Königreich Bayern die Gesetzgebung über die Vorrechte der Post und Telegraphie, über die rechtlichen Verhältnisse beider Anstalten zum Publikum, über die Portofreiheiten und das Posttaxwesen, soweit beide letzteren nicht lediglich den inneren Verkehr in Bayern betreffen, sowie unter gleicher Beschränkung die Feststellung der Gebühren für die telegraphische Korrespondenz, endlich die Regelung des Post- und Telegraphenverkehrs mit dem Auslande zu.
An den zur Bundeskasse fließenden Einnahmen des Post- und Telegraphenwesens hat Bayern keinen Antheil.

§. 5.

Anlangend die Artikel 57. bis 68. von dem Bundes-Kriegswesen, so findet
Artikel 57. Anwendung auf das Königreich Bayern;
Artikel 58. ist gleichfalls für das Königreich Bayern gültig.
Dieser Artikel erhält jedoch für Bayern folgenden Zusatz:
Der in diesem Artikel bezeichneten Verpflichtung wird von Bayern in der Art entsprochen, daß es die Kosten und Lasten seines Kriegswesen, den Unterhalt der auf seinem Gebiete belegenen festen Plätze und sonstigen Fortifikationen einbegriffen, ausschließlich und allein trägt.
Artikel 59. hat gleichwie der Artikel 60. für Bayern gesetzliche Geltung.
Die Artikel 61. bis 68. finden auf Bayern keine Anwendung.
An deren Stelle treten folgende Bestimmungen:
I. Bayern behält zunächst seine Militairgesetzgebung nebst den dazu gehörigen Vollzugs-Instruktionen, Verordnungen, Erläuterungen etc. bis zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung über die der Bundesgesetzgebung anheimfallenden Materien, resp. bis zur freien Verständigung bezüglich der Einführung der bereits vor dem Eintritte Bayerns in den Bund in dieser Hinsicht erlassenen Gesetze und sonstigen Bestimmungen.
II. Bayern verpflichtet sich, für sein Kontingent und die zu demselben gehörigen Einrichtungen einen gleichen Geldbetrag zu verwenden, wie nach Verhältniß der Kopfstärke durch den Militair-Etat des Deutschen Bundes für die übrigen Theile des Bundesheeres ausgesetzt wird. [20]
Dieser Geldbetrag wird im Bundesbudget für das Königlich Bayerische Kontingent in einer Summe ausgeworfen. Seine Verausgabung wird durch Spezial-Etats geregelt, deren Aufstellung Bayern überlassen bleibt.
Hierfür werden im Allgemeinen diejenigen Etatsansätze nach Verhältniß zur Richtschnur dienen, welche für das übrige Bundesheer in den einzelnen Titeln ausgeworfen sind.
III. Das Bayerische Heer bildet einen in sich geschlossenen Bestandtheil des Deutschen Bundesheeres mit selbstständiger Verwaltung, unter der Militairhoheit Seiner Majestät des Königs von Bayern; im Kriege – und zwar mit Beginn der Mobilisierung – unter dem Befehle des Bundesfeldherrn.
In Bezug auf Organisation, Formation, Ausbildung und Gebühren, dann hinsichtlich der Mobilmachung wird Bayern volle Uebereinstimmung mit den für das Bundesheer bestehenden Normen herstellen.
Bezüglich der Bewaffnung und Ausrüstung, sowie der Gradabzeichen behält sich die Königlich Bayerische Regierung die Herstellung der vollen Uebereinstimmung mit dem Bundesheere vor.
Der Bundesfeldherr hat die Pflicht und das Recht, sich durch Inspektionen von der Uebereinstimmung in Organisation, Formation und Ausbildung, sowie von der Vollzähligkeit und Kriegstüchtigkeit des Bayerischen Kontingents Ueberzeugung zu verschaffen und wird sich über die Modalitäten der jeweiligen Vornahme und über das Ergebniß dieser Inspektionen mit Seiner Majestät dem Könige von Bayern ins Vernehmen setzen.
Die Anordnung der Kriegsbereitschaft (Mobilisirung) des Bayerischen Kontingents oder eines Theils desselben erfolgt auf Veranlassung des Bundesfeldherren durch Seine Majestät den König von Bayern.
Zur steten gegenseitigen Information in den durch diese Vereinbarung geschaffenen militairischen Beziehungen erhalten die Militair-Bevollmächtigten in Berlin und München über die einschlägigen Anordnungen entsprechende Mittheilung durch die resp. Kriegsministerien.
IV. Im Kriege sind die Bayerischen Truppen verpflichtet, den Befehlen des Bundesfeldherrn unbedingt Folge zu leisten.
Diese Verpflichtung wird in den Fahneneid aufgenommen.
V. Die Anlage von neuen Befestigungen auf Bayerischem Gebiete im Interesse der gesammtdeutschen Vertheidigung wird Bayern im Wege jeweiliger spezieller Vereinbarungen zugestehen. [21]
An den Kosten für den Bau und die Ausrüstung solcher Befestigungsanlagen auf seinem Gebiete betheiligt sich Bayern in dem seiner Bevölkerungszahl entsprechenden Verhältnisse gleichmäßig mit den anderen Staaten des Deutschen Bundes; ebenso an den für sonstige Festungsanlagen etwa Seitens des Bundes zu bewilligenden Extraordinarien.
VI. Die Voraussetzungen, unter welchen wegen Bedrohung der öffentlichen Sicherheit das Bundesgebiet oder ein Theil desselben durch den Bundesfeldherrn in Kriegszustand erklärt werden kann, die Form der Verkündung und die Wirkungen einer solchen Erklärung werden durch ein Bundesgesetz geregelt.
VII. Vorstehende Bestimmungen treten mit dem 1. Januar 1872. in Wirksamkeit.

§. 6.

Die Artikel 69. und 71. der Bundesverfassung finden auf die von Bayern für sein Heer zu machenden Ausgaben nur nach Maßgabe der Bestimmungen des vorstehenden Paragraphen Anwendung, Artikel 72. aber nur insoweit, als dem Bundesrathe und dem Reichstage lediglich die Ueberweisung der für das Bayerische Heer erforderliche Summe an Bayern nachzuweisen ist.

§. 7.

Die in den vorstehenden §§. 1. bis 6. enthaltenen Bestimmungen sind als ein integrirender Bestandtheil der Bundesverfassung zu betrachten.
In allen Fällen, in welchen zwischen diesen Bestimmungen und dem Texte der Deutschen Verfassungsurkunde eine Verschiedenheit besteht, haben für Bayern lediglich die ersteren Geltung und Verbindlichkeit.

§. 8.

Die unter Ziffer II. §. 26. dieses Vertrages aufgeführte Uebergangsbestimmung des nunmehrigen Artikels 79. der Verfassung findet auf Bayern in Anbetracht der vorgerückten Zeit und der Nothwendigkeit mannigfaltiger Umgestaltung anderer mit dem Gegenstande der Bundesgesetzgebung in Zusammenhang stehender Gesetze und Einrichtungen Anwendung nur in Betreff des Wahlgesetzes für den Reichstag des Norddeutschen Bundes vom 31. Mai 1869. (Art. 79. Nr. 13.).
Im Uebrigen bleibt die Erklärung der im Norddeutschen Bunde ergangenen Gesetze zu Bundesgesetzen für das Königreich Bayern, soweit diese Gesetze auf Angelegenheiten sich beziehen, welche verfassungsmäßig der Gesetzgebung des Deutschen Bundes unterliegen, der Bundesgesetzgebung vorbehalten. [22]

IV.

Da in Anbetracht der großen Schwierigkeiten, welche theils die vorgerückte Zeit, theils die Fortdauer des Krieges die Aufstellung eines Etats für die Militairverwaltung des Deutschen Bundes für das Jahr 1871. und beziehungsweise der Feststellung der von Bayern auf sein Heer zu verwendenden Gesammtsumme für dieses Jahr entgegenstellen, die Bestimmungen unter III. §. 5. dieses Vertrages erst mit dem 1. Januar 1872. in Wirksamkeit treten, wird der Ertrag der im Artikel 35. bezeichneten gemeinschaftlichen Abgaben für das Jahr 1871. nicht zur Bundeskasse fließen, sondern der Staatskasse Bayerns verbleiben, dagegen aber der Beitrag Bayerns zu den Bundesausgaben durch Matrikularbeiträge aufgebracht werden.

V.

Diejenigen Vorschriften der Verfassung, durch welche bestimmte Rechte einzelner Bundesstaaten in deren Verhältniß zur Gesammtheit festgestellt sind, insbesondere, soviel Bayern angeht, die unter Ziffer III. dieses Vertrages aufgeführten Bestimmungen können nur mit Zustimmung des berechtigten Bundesstaates abgeändert werden.

VI.

Gegenwärtiger Vertrag tritt mit dem 1. Januar 1871. in Wirksamkeit.
Die vertragschließenden Theile geben sich deshalb die Zusage, daß derselbe unverweilt den gesetzgebenden Faktoren des Norddeutschen Bundes und Bayerns zur verfassungsmäßigen Zustimmung vorgelegt und, nach Ertheilung dieser Zustimmung, im Laufe des Monats Dezember ratifiziert werden wird. Die Ratifikations-Erklärungen sollen in Berlin ausgetauscht werden.
Zu Urkund dessen haben die Eingangs genannten Bevollmächtigten diesen Vertrag in doppelter Ausfertigung am heutigen Tage mit ihrer Namensunterschrift und ihrem Siegel versehen.
So geschehen Versailles, den 23. November 1870.
v. Bismarck                                Bray-Steinburg
(L. S.) (L. S.)
v. Roon Frh. v. Prankh
(L. S.) (L. S.)
v. Lutz
(L. S.)

Die Auswechslung der Ratifikations-Urkunden hat zu Berlin stattgefunden.

[23]

Schlußprotokoll.

Bei der Unterzeichnung des Vertrages über den Abschluß eines Verfassungsbündnisses zwischen Seiner Majestät dem Könige von Preußen Namens des Norddeutschen Bundes und Seiner Majestät dem Könige von Bayern sind die unterzeichneten Bevollmächtigten noch über nachstehende vertragsmäßige Zusagen und Erklärungen übereingekommen:

I.

Es wurde auf Anregung der Königlich Bayerischen Bevollmächtigten von Seite des Königlich Preußischen Bevollmächtigten anerkannt, daß, nachdem sich das Gesetzgebungsrecht des Bundes bezüglich der Heimaths- und Niederlassungsverhältnisse auf das Königreich Bayern nicht erstreckt, die Bundes-Legislative auch nicht zuständig sei, das Verehelichungswesen mit verbindlicher Kraft für Bayern zu regeln, und daß also das für den Norddeutschen Bund erlassene Gesetz vom 4. Mai 1868., die Aufhebung der polizeilichen Beschränkungen der Eheschließungen betreffend, jedenfalls nicht zu denjenigen Gesetzen gehört, deren Wirksamkeit auf Bayern ausgedehnt werden könnte.

II.

Von Seite des Königlich Preußischen Bevollmächtigten wurde anerkannt, daß unter der Gesetzgebungsbefugniß des Bundes über Staatsbürgerrecht nur das Recht verstanden werden solle, die Bundes- und Staatsangehörigkeit zu regeln und den Grundsatz der politischen Gleichberechtigung aller Konfessionen durchzuführen, daß sich im Uebrigen diese Legislative nicht auf die Frage erstrecken solle, unter welchen Voraussetzungen Jemand zur Ausübung politischer Rechte in einem einzelnen Staate befugt sei.

III.

Die unterzeichneten Bevollmächtigten kamen dahin überein, daß in Anbetracht der unter Ziffer I. statuirten Ausnahme von der Bundes-Legislative der Gothaer Vertrag vom 15. Juli 1851. wegen gegenseitiger Uebernahme der Ausgewiesenen und Heimathslosen, dann die sogenannte Eisenacher Konvention vom 11. Juli 1853. wegen Verpflegung erkrankter und Beerdigung verstorbener Unterthanen für das Verhältniß Bayerns zu dem übrigen Bundesgebiete fortdauernde Geltung haben sollten. [24]

IV.

Als vertragsmäßige Bestimmung wurde in Anbetracht der in Bayern bestehenden besonderen Verhältnisse bezüglich der Immobiliar-Versicherungswesens und des engen Zusammenhanges derselben mit dem Hypothekar-Kreditwesen festgestellt, daß, wenn sich die Gesetzgebung des Bundes mit dem Immobiliar-Versicherungswesen befassen sollte, die vom Bunde zu erlassenden gesetzlichen Bestimmungen in Bayern nur mit Zustimmung der Bayerischen Regierung Geltung erlangen können.

V.

Der Königlich Preußische Bevollmächtigte gab die Zusicherung, daß Bayern bei der ferneren Ausarbeitung des Entwurfes eines Allgemeinen Deutschen Civilprozeß-Gesetzbuches entsprechend betheiligt werde.

VI.

Als unbestritten wurde von dem Königlich Preußischen Bevollmächtigten zugegeben, daß selbst bezüglich der der Bundes-Legislative zugewiesenen Gegenstände die in den einzelnen Staaten geltende Gesetze und Verordnungen in so lange in Kraft bleiben und auf dem bisherigen Wege der Einzelngesetzgebung abgeändert werden können, bis eine bindende Norm vom Bunde ausgegangen ist.

VII.

Der Königlich Preußische Bevollmächtigte gab die Erklärung ab, daß Seine Majestät der König von Preußen kraft der Allerhöchstihnen zustehenden Präsidialrechte, mit Zustimmung Seiner Majestät des Königs von Bayern, den Königlich Bayerischen Gesandten an den Höfen, an welchen solche beglaubigt sind, Vollmacht ertheilen werden, die Bundesgesandten in Verhinderungsfällen zu vertreten.
Indem diese Erklärung von den Königlich Bayerischen Bevollmächtigten acceptirt wurde, fügten diese bei, daß die Bayerischen Gesandten angewiesen sein würden, in allen Fällen, in welchen dies zur Geltendmachung allgemein Deutscher Interessen erforderlich oder von Nutzen sein wird, den Bundesgesandten ihre Beihülfe zu leisten.

VIII.

Der Bund übernimmt in Anbetracht der Leistungen der Bayerischen Regierung für den diplomatischen Dienst desselben durch die unter Ziffer VII. erwähnte Bereitstellung ihrer Gesandtschaften und in Erwägung des Umstandes, daß an denjenigen Orten, an welchen Bayern eigene Gesandtschaften unterhalten wird, die Vertretung der Bayerischen Angelegenheiten dem Bundesgesandten nicht obliegt, die Verpflichtung, bei Feststellung der Ausgaben für den diplomatischen Dienst des Bundes der Bayerischen Regierung eine angemessen Vergütung in Anrechnung zu bringen.
Ueber Festsetzung der Größe dieser Vergütung bleibt weitere Vereinbarung vorbehalten.

IX.

Der Königlich Preußische Bevollmächtigte erkannte es als ein Recht der Bayerischen Regierung an, daß ihr Vertreter im Falle der Verhinderung Preußens den Vorsitz im Bundesrathe führe. [25]

X.

Zu den Artikeln 35. und 38. der Bundesverfassung war man darüber einverstanden, daß die nach Maßgabe der Zollvereinsverträge auch ferner zu erhebenden Uebergangsabgaben von Branntwein und Bier ebenso anzusehen sind, wie die auf die Bereitung dieser Getränke gelegten Abgaben.

XI.

Es wurde allseitig anerkannt, daß bei dem Abschlusse von Post- und Telegraphen-Verträgen mit außerdeutschen Staaten zur Wahrung der besonderen Landesinteressen Vertreter der an die betreffenden außerdeutschen Staaten angrenzenden Bundesstaaten zugezogen werden sollen, und daß den einzelnen Bundesstaaten unbenommen ist, mit anderen Staaten Verträge über das Post- und Telegraphenwesen abzuschließen, sofern sie lediglich den Grenzverkehr betreffen.

XII.

Zu Artikel 56. der Bundesverfassung wurde allseitig anerkannt, daß den einzelnen Bundesstaaten das Recht zustehe, auswärtige Konsuln bei sich zu empfangen und für ihr Gebiet mit dem Exequatur zu versehen.
Ferner wurde die Zusicherung gegeben, das Bundeskonsuln an auswärtigen Orten auch dann aufgestellt werden sollen, wenn es nur das Interesse eines einzelnen Bundesstaates als wünschenswerth erscheinen läßt, daß dies geschehe.

XIII.

Es wurde ferner allseitig anerkannt, daß zu den im Norddeutschen Bunde ergangenen Gesetzen, deren Erklärung zu Gesetzen des Deutschen Bundes der Bundesgesetzgebung vorbehalten bleibt, das Gesetz vom 21. Juli d. J., betreffend den außerordentlichen Geldbedarf der Militair- und Marineverwaltung, nicht gehört, und daß das Gesetz vom 31. Mai d. J., betreffend die St. Gotthard-Eisenbahn, jedenfalls nicht ohne Veränderung seines Inhalts zum Bundesgesetze erklärt werden können.

XIV.

In Erwägung der in Ziffer III. §. 5. enthaltenen Bestimmungen über das Kriegswesen wurde – mit besonderer Beziehung auf die Festungen – noch Nachfolgendes vereinbart:

§. 1.

Bayern erhält die Festungen Ingolstadt und Germersheim, sowie die Fortifikationen von Neu-Ulm und die im Bayerischen Gebiete auf gemeinsame Kosten etwa künftig angelegt werdenden Befestigungen in vollkommen vertheidigungsfähigem Stande. [26]

§. 2.

Solche neu angelegten Befestigungen treten bezüglich ihres immobilen Materials in das ausschließliche Eigenthum Bayerns. Ihr mobiles Material hingegen wird gemeinsames Eigenthum der Staaten des Bundes. In Betreff dieses Materials gilt bis auf Weiteres die Uebereinkunft vom 6. Juli 1869., welche auch hinsichtlich des mobilen Festungsmaterials der vormaligen Deutschen Bundesfestungen Mainz, Rastatt und Ulm in Kraft bleibt.

§. 3.

Die Festung Landau wird unmittelbar nach dem gegenwärtigen Kriege als solche aufgehoben.
Die Ausrüstung dieses Platzes, soweit sie gemeinsames Eigenthum, wird nach den der Uebereinkunft vom 6. Juli 1869. zu Grunde liegenden Prinzipien behandelt.

§. 4.

Diejenigen Gegenstände des Bayerischen Kriegswesens, Betreffs welcher der Bundesvertrag vom Heutigen oder das vorliegende Protokoll nicht ausdrückliche Bestimmungen enthalten – sohin insbesondere die Bezeichnung der Regimenter etc., die Uniformirung, Garnisonirung, das Personal- und Militair-Bildungswesen u.s.w. – werden durch dieselbe nicht berührt.
Die Betheiligung Bayerischer Offiziere an den für höhere militairwissenschaftliche oder technische Ausbildung bestehenden Anstalten des Bundes wird spezieller Vereinbarung vorbehalten.

XV.

Wenn sich in Folge des mangelhaft dahier vorliegenden Materials ergeben sollte, daß bei der Aufführung des nunmehrigen Wortlautes der Bundesverfassung unter Ziffer II. §§. 1. bis 26. ein Irrthum unterlaufen ist, behalten sich die kontrahirenden Theile dessen Berichtigung vor.

XVI.

Die Bestimmungen dieses Schlußprotokolls sollen ebenso verbindlich sein, wie der Vertrag vom Heutigen über den Abschluß eines Deutschen Verfassungsbündnisses selbst, und sollen mit diesem gleichzeitig ratifiziert werden.
So geschehen Versailles, den 23. November 1870.
v. Bismarck                                Bray-Steinburg
(L. S.) (L. S.)
Frh. v. Prankh
(L. S.)
v. Lutz
(L. S.)

Anmerkung WS

  1. vom 4. Mai 1870