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Zur Geschichte des Kurländischen Palais

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Zur Geschichte des Jakobshospitals Zur Geschichte des Kurländischen Palais (1903) von Geh. Rath Prof. Dr. A. Fiedler.
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904)
Eine Dresdner Kunstsammlung vor 300 Jahren
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Zur Geschichte des Kurländischen Palais.
Vortrag von Geh. Rath Prof. Dr. A. Fiedler.

Der Grund und Boden, auf welchem das Kurländische Palais am Zeughausplatze steht, lag bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts vor der Stadtmauer. Der Wallgraben verlief bekanntlich zu jener Zeit von der Elbe durch die Augustusstraße über den Neumarkt, Moritz-, Gewandhausstraße, die Promenaden entlang, durch die Marienstraße, am Zwinger vorbei, wieder zur Elbe. Erst Kurfürst Moritz und sein Bruder August erweiterten die Festungsanlagen, und nunmehr verlief die Festungsmauer längs der Terrasse nach dem früheren Standorte des Moritzmonuments. Von jetzt an lag somit der Zeughausplatz innerhalb der Stadtmauer. Der Theil des Walles und Glacis, der hinter dem jetzigen Kurländischen Palais gelegen war, bis zum Moritzmonument hieß seit 1552 der Hasenberg, erst August der Starke verlieh ihm den Namen Bastion Mars.

In der Zeit von 1570 bis 1580 wurde an der Stelle, wo jetzt das genannte Palais steht, ein stattliches Gebäude errichtet, das alte Gouvernementshaus: ein Regierungsgebäude, welches verschiedenen militärischen Zwecken diente. Nach dem von Andreas Vogel im Jahre 1623 gemalten Bilde[1], welches Dresden aus der Vogelperspektive darstellt, bestand das Gouvernementshaus aus einem einstöckigen Gebäude mit zwei Giebeln und einem Treppenthurm. 1705 wurde ein Lustgarten dazu angelegt, wozu man zwei Bürgerhäuser ankaufte, und 1722 das Gebäude nach dem Walle zu erweitert, nachdem am 25. September 1718 die Stadtkommandantur dahin verlegt worden war, die sich bisher am Neumarkt in dem jetzt Elimeyerschen Hause befunden hatte.

Der erste Stadtkommandant und Bewohner des Hauses am Zeughausplatze war der Graf August Christoph von Wackerbarth, königl. poln. und kurfürstl. sächs. Generalfeldmarschall, Geh. Kabinets- und Staatsminister, Wirkl. Geh. Rath, Gouverneur der Residenzstadt Dresden, Oberkommandant der Festungen Königstein, Sonnenstein und Stolpen, Chef der Artillerie, Generalkommandant der Ritterakademie etc.[2].

Im Jahre 1707 vermählte sich Wackerbarth mit der Marquise Catharina von Salmour geborenen Balbianie[3]. Er war ein unternehmender Mann, führte [150] große Bauten in Dresden auf und besaß ausgedehnte Ländereien[4].

Im Palais am Zeughause gab Wackerbarth oftmals große Feste; besonders erwähnt wird von den Chronisten dasjenige, welches am 2. September 1719 beim Einzuge der Erzherzogin Marie Josepha, der künftigen Gemahlin Augusts III, daselbst mit größtem Pomp gefeiert wurde. Am 14. Januar 1728 bezog der König Friedrich Wilhelm I. von Preußen das Palais mit seinem Sohn, der am 16.Januar in Dresden eintraf, um Festlichkeiten, welche am sächsischen Hofe stattfinden sollten, beizuwohnen. Den 17.Januar war der König zu einer Festlichkeit beim Feldmarschall Jacob Heinrich Grafen von Flemming eingeladen und kehrte um Mitternacht in das Palais am Zeughaus zurück. Kaum hatte er sich zur Ruhe begeben, so brach in demselben Feuer aus und griff mit solcher Schnelligkeit um sich, daß der König nur mit knapper Noth sein Leben retten konnte. Er begab sich wieder in das auf der Pirnaischen Straße gelegene Flemmingsche Palais zurück.[5]. Der Schaden, den das Feuer angerichtet hatte, war ganz enorm. Die gesammte Equipage des Königs von Preußen war ein Raub der Flammen geworden, ebenso die schöne Bibliothek Wackersbarths, die unschätzbare Sammlung von Zeichnungen, Modellen, Reiseberichten etc. Auch acht Menschenleben gingen dabei verloren[6].

Christoph August Graf von Wackerbarth.

Sofort nach dem Brande ließ Wackerbarth den Neubau in Angriff nehmen und bereits Ende des Jahres 1729 war das Palais durch den Oberlandbaumeister Joh. Christian Knöffel (geb. 1686 zu Dresden, gest. 6. März 1752) vollendet. Die Einweihung erfolgte am 30. November 1729 in Gegenwart vieler Würdenträger und hoher Gäste. Von diesem Tage beginnt also die eigentliche Geschichte des Palaise am Zeughause, wie wir es noch heute an diesem Platze uns sehen. Graf Wackerbarth bewohnte es bis zum Jahre 1734. Am 20. März dieses Jahres kam er (in einer von Maulthieren gezogenen Sänfte) krank aus Krakau in Dresden an und starb in seinem Palais am 14. August 1734. Daselbst wurde seine Leiche drei Tage lang ausgestellt, dann nach Zabeltitz übergeführt und dort in der protestantischen Kirche beigesetzt[7].

Das Palais erbte nun der Adoptivsohn Wackerbarths, Gabaleon Graf Wackerbarth-Salmour. Derselbe war in der Schlacht bei Malplaquet am Fuße verwundet worden und hinkte seitdem. Als Diplomat war er in München, Rom und Wien thätig. Harthausen schildert ihn als feingebildeten Mann mit scharfem Urtheil und als „sehr schlauen Diplomaten“. Im Jahre 1757 schickte ihn Friedrich der Große, welcher ihm nicht traute, ein Jahr lang auf die Festung Küstrin.

[151] Daß Graf Wackerbarth-Salmour viel und lange in seinem Palais am Zeughause gewohnt habe, ist nicht wahrscheinlich, da er sehr oft auswärts und auf Reisen war und als Oberhofmeister des Kronprinzen Friedrich Christian größtentheils im Schlosse wohnte. So viel geht aber aus den Hofjournalen hervor, daß die königlichen und kurprinzlichen Herrschaften oftmals bei ihm im Palais sowohl als auf seinem Weinbergsgrundstück verkehrten. Wackerbarth-Salmour starb am 2. Juni 1761 unvermählt in Nymphenburg bei München als Kabinetsminister. Mit ihm starb die Linie in Sachsen aus.

Nach des alten Grafen Waderbarths Tode hatte das Palais am Zeughause aufgehört, dem Gouverneur als Wohnung zu dienen. Sein Nachfolger als Stadtkommandant war Heinrich Friedrich von Friesen und dieser wohnte wie die früheren Gouverneure im sogenannten Regimentshause am Jüdenhofe. Einige Jahre lang, wahrscheinlich von 1738 an, bewohnte der Stadt-Gouverneur, Graf Friedrich August Rutowsky (geb. 1702 zu Warschau) das Wackerbarthsche Palais, aber wohl nicht als Besitzer, sondern nur als Miether. Er war verheirathet seit dem 8. September 1738 mit der Fürstin Amalie Louise Lubomirska. Sein einziger Sohn starb 15 Jahre alt im Palais an den Blatterns[8]. Im Jahre 1738 stiftete Rutowsky die erste Freimaurerloge in Dresden „zu den 3 Adlern“, und diese hatte eine Zeit lang ihre Zusammenkünfte im Palais am Zeughause. Am 30. März 1763 legte Rutowsky sein Amt als Stadtkommandant, welches er vermuthlich seit dem Tode des Generals v. Friesen verwaltet hatte, nieder und zog nun in das ihm gehörige Palais an der Ecke der Weißen Gasse und Kreuzgasse. (Dasselbe brannte am 26. Februar 1786 ab.) Er starb am 16. März 1764 in Pillnitz und seine Leiche wurde im Kloster Marienstern beigesetzt.

Nachfolger Rutowskys als Stadtkommandant war der Generalfeldmarschall und Landzeugmeister Johann George Chevalier de Saxe[9] (geb. 21. August 1704). Derselbe hatte im Jahre 1740 das Palais am Zeughause dem Grafen Wackerbarth-Salmour abgekauft und bewohnte es lange Zeit. Er erweiterte es durch Anbau von Wirthschaftsräumen nach dem Walle zu bedeutend, nachdem ihm dort das ganze Areal vom Brühlschen Garten bis zum Pirnaischen Thore geschenkt worden war, legte schöne Lindenalleen an und einen reich mit Statuen, größtentheils aus der Meisterhand Lorenzo Matiellis, geschmückten Garten. Die Wirthschaftsgebäude wurden beim Bombardement 1760 fast vollständig zerstört[10].

Johann Georg Chevalier de Saxe.

[152] Nach dem Siebenjährigen Kriege gerieth der Chevalier in den Verdacht, daß er an der Spitze einer polnisch-sächsischen Partei stände und nach der verlorengegangenen Krone Polens strebe. Dadurch kam er in eine unangenehme Stellung zu dem damaligen russischen Gesandten Grafen von Sacken, und das bestimmte ihn wohl, am 30. Januar 1770 die Kommandantenstelle niederzulegen. Er blieb aber Landzeugmeister und Präsident des geheimen Kriegsrathes und bezog das vom Oberlandbaumeister Friedrich August Krubsacius gebaute Palais auf der Zinzendorfstraße, welches ihm eigenthümlich gehörte. Außerdem besaß er noch zwei Häuser auf der jetzigen Landhausstraße[11]. Der Chevalier lebte nach seiner Abdankung in seinem Palais ganz zurückgezogen, verkehrte nur mit seinen Generaladjutanten von Sydow und von Dürrfeld, mit dem französischen Gesandten Graf de Buat und mit seiner Halbschwester, der Gräfin Moszinska geborenen Cosel. Am 25. Februar 1774, früh 1/2 6 Uhr, starb er, 69 Jahre alt, und wurde auf dem katholischen Kirchhofe zu Friedrichstadt bestattet. Sein Grabmal ließ im Jahre 1872 König Johann restauriren. Ein sehr gutes Bild des Chevalier de Saxe, gemalt von Louis de Sylvestre, befindet sich im königlichen Schlosse zu Dresden. Den größten Theil seines Vermögens erhielt der Malteserorden. Das Palais am Zeughause aber erbte der dritte Sohn des Königs August III., der Prinz Carl Christian Joseph, nachmals Herzog von Kurland, geboren am 13. Juli 1733.

Beim Ausbruch des Siebenjährigen Krieges ging Prinz Carl mit seinem Vater und dem Prinzen Xaver nach Warschau und später nach St. Petersburg. Hier gelangte er in die Gunst der Kaiserin Elisabeth und wurde auf deren Betrieb von den kurischen Ständen zu Mitau im Jahre 1750 an Stelle des vertriebenen Herzogs Biron zum Herzog von Kurland gewählt und hielt noch im selben Jahre seinen feierlichen Einzug in Mitau. Die Kaiserin Elisabeth starb aber bald; ihr Nachfolger, Peter III., setzte bereits im Jahre 1763 den Herzog Biron wieder ein und damit ging der kurische Thron für den Herzog Carl verloren. Er behielt aber den Titel Herzog von Kurland, residirte in seinem Palais am Zeughause zu Dresden und seitdem heißt dieses das Kurländische Palais. Herzog Carl stattete dasselbe mit großer Pracht aus und es galt damals für das schönste und elegantest eingerichtete Palais Dresdens. Seit jener Zeit hat es fast alles von seiner Pracht und Schönheit verloren und nur äußerlich seine ursprüngliche Gestalt behalten.

Der Herzog Carl war, wie Vehse sagt, ein gutmüthiger, aber sehr heftiger und derber Herr, ein ausgesprochener Freund des Neuen und Geheimen, der Wundermänner und Mystiker, sehr musikverständig und ein eifriger Pferde- und Hundeliebhaber. Seine Apanage von 48 000 Thalern und die große Erbschaft vom Chevalier de Saxe gestatteten ihm, einen sehr luxuriösen Haushalt zu führen. Wie bekannt, stand in der damaligen Zeit die Alchemie, Goldmacherei und Geisterbeschwörerei in hoher Blüthe. Die Alchemisten, Rosenkreuzer, Illuminaten etc. trieben ihr Wesen und verbreiteten überall Aberglauben und Verwirrung, meist in selbstsüchtiger Absicht. Man suchte nach dem Arkanum, Gold zu machen, oder ein Lebenselixir, welches Schönheit und Jugend verleihen konnte. Und wer angab, ein solches Mittel zu besitzen, der hatte Zulauf aus allen Schichten der Gesellschaft[12]. Oefters verkehrte Cagliostro im Palais des Herzogs; dessen besonderes Vertrauen genoß aber der ums Jahr 1730 in Nürnberg geborene Johann Georg Schröpfer.

Die Geschichte des Palais am Zeughause verlangt es, daß ich mich mit diesem Schwindler etwas ausführlicher beschäftige. Längere Zeit war Schröpfer Kellner in einem Leipziger Gasthause, in welchem eine Freimaurerloge ihre Zusammenkünfte hielt, dann diente er als preußischer Husar, kaufte sich später selbst eine Kaffeewirthschaft in Leipzig und trieb schwunghaften Handel mit einem Lebenselixir. Auch mit Schatzgräberei gab er sich viel ab, ebenso mit Geisterbeschwörung und citirte eines Tages der erstaunten Menge die Geister der Grafen Struensee und Brand. Besonders machte er aber von sich reden durch eine Geistercitirung, welche im großen Saale des Kurländischen Palais in einer Sommernacht stattfand. Der Herzog glaubte, und ganz allgemein wurde das damals in Dresden angenommen, daß im Kurländischen Palais oder dem dazu gehörigen Garten große Schätze aus der Zeit des Chevalier de Saxe verborgen seien, und um diese zu heben, sollte Schröpfer den Geist des Chevalier citiren. Dieser versprach es und soll ihm die Citation, wie erzählt wird, auch wirklich gelungen [153] sein, ohne daß man aber irgend welche Auskunft über die verborgenen Schätze erhielt. Die Begebenheit erregte in Dresden das größte Aufsehen und wird von den Chronisten der damaligen Zeit sehr ausführlich mitgetheilt[13].

Karl Herzog von Kurland.

Ob der Herzog Carl nach diesem Vorgange noch weiter mit Schröpfer verkehrte, ist unbekannt. Durch seine Schwindeleien kompromittirte sich aber letzterer immer mehr und nahm ein klägliches Ende[14] – Der Herzog Carl war heimlich vermählt mit der Gräfin Franziska Kraszinska. Dieselbe wurde zwar 1775 in den Reichsgrafenstand erhoben, vom sächsischen Hofe aber nicht anerkannt. Sie wohnte öfters mit ihrem Gemahl im Palais am Zeughause, größtentheils aber in Elsterwerda. Am 6. Dezember 1779 entsproß dieser Ehe eine Tochter und erhielt den Namen Christine Albertine Caroline. Sie wurde in Kurländischen Palais geboren und getauft. 1797 vermählte sie sich mit dem Prinzen Carl Emanuel von Savoyen-Carignan. Derselbe starb bereits im Jahre 1800 und der aus dieser Ehe entsproßne Sohn Carl Albert succedirte als König von Sardinien, ist also der Vater des Königs Victor Emanuel und der Großvater des Königs Humbert [15]. Die Gemahlin des Herzogs Carl starb am 30. April 1796. Der Herzog selbst, welcher sich in den letzten Jahren viel mit Musik beschäftigte und häufig Konzerte in seinem Palais gab, starb in diesem am 16. Juni 1796. Seine Leiche wurde daselbst drei Tage ausgestellt und dann nach Kloster Marienstern übergeführt und dort beigesetzt.

Das Kurländische Palais erbte seine Tochter, die Herzogin von Savoyen-Carignan. Aber bereits im Jahre 1797 verkaufte sie es für 40 000 Thaler an den Staat und von 1798 an wurde es nun wieder Wohnung des Stadtkommandanten, und zwar im Jahre 1798 und 1799 des Generals von Pfeilitzer; derselbe starb dort, 86 Jahre alt. Nach ihm bewohnte das Palais der General von Reitzenstein, allerdings während der Kriegszeit mit großen Unterbrechungen. Im Jahre 1813 und 1814 diente es als Lazareth für erkrankte und verwundete Soldaten, besonders für französische Offiziere.

Während dieser Kriegszeit geschah gar nichts für Erhaltung des Palais. Es verfiel und von seiner Ausschmückung und prächtigen inneren Einrichtung ging viel [154] verloren und verschwand, so z. B. die schönen Schlachtengemälde von Louis de Silvestre, die im Vorzimmer des ersten Stockes hingen, sowie ein schönes Oelgemälde vom Herzog Carl. Erst vor wenigen Jahren wurde dasselbe zufällig auf dem Boden eines Hauses auf der Kreuzstraße wiedergefunden und hat jetzt Aufstellung erhalten im Kasino des Großenhainer Husaren-Regiments, welches vor Kurzem sein 150 jähriges Jubiläum feierte.

Von nun an diente das Palais ganz anderen Zwecken als seither. Im Jahre 1815 wurde es zu einer Chirurgisch-medizinischen Akademie, zu einer Lehranstalt zunächst für Militärärzte, eingerichtet, und zwar ging diese hervor aus dem Collegium medico-chirurgicum[WS 2], welches im Jahre 1747 von August III. gestiftet wurde und sich im Flügel D der Neustädter Infanterie-Kaserne befand[16]. Bereits am 27. November 1815 übernahm Professor Dr. Seiler als Direktor der Akademie das durch Oberlandbaumeister Christian Friedrich Schuricht dem Zwecke entsprechend eingerichtete Palais. Vorlesungen hielten außer Seiler die Professoren D Dr. Raschig, Ohle, Carus, Franke, Weinhold, Ficinus und Haan, und bereits Ende des Jahres 1815 war die Lehranstalt von 188 Studirenden besucht.

Die neben dem Palais, nach dem Brühlschen Garten hin, liegende Oberzeugmeisterwohnung wurde später zum Entbindungsinstitut eingerichtet. Direktoren desselben waren Professor Dr. Hase 1827 bis 1845 und lange Jahre Professor Dr. Woldemar Grenser, geb. am 2. Januar 1812, gest. am 2. Juni 1872. Er wohnte in jenem Gebäude bis zum Jahre 1857. Am 3. August 1816, dem Namenstage des Königs, wurde das Fest der Stiftung der Akademie im Gobelinsaale des Palais mit einem Aktus gefeiert, bei dem Professor Dr. Kreyßig und Professor Seiler die Festreden hielten und die Prinzen Friedrich August, Clemens und Johann, sowie sämmtliche Minister und Spitzen der Behörden zugegen waren. Am 19. September 1818 beging der König sein 50 jähriges Regierungsjubiläum, und an diesem Tage wurde im Gobelinsaale die „Gesellschaft für Natur- und Heilkunde“ gestiftet[17], die noch heute im Kurländischen Palais ihre Sitzungen abhält[18]. Am folgenden Tage wurde dasselbe festlich erleuchtet.

Weiter ist zu erwähnen, daß im Jahre 1819 die Demolirungsarbeiten der Festungswerke begannen, daß die Bastion Mars und der hinter dem Palais gelegene Theil des Walles, der frühere Hasenberg, geebnet und 1820 zu einem Botanischen Garten eingerichtet wurde. Erst im Jahre 1892 wurde derselbe nach der Stübel-Allee verlegt. Der erste Direktor des Gartens war der am 8.Januar 1793 zu Leipzig geborene, 1820 nach Dresden berufene Professor Dr. Ludwig Reichenbach. Und dieser Mann mit dem umfassenden Wissen auf allen Gebieten der Naturwissenschaften wirkte bis zur Auflösung der Chirurgisch-medizinischen Akademie im Jahre 1863 als Mitglied des Professoren-Kollegiums. Er wohnte bis zu seinem im März 1879 erfolgten Tode neben dem Botanischen Garten in den ehemaligen Wirthschafts- und Stallgebäuden des Herzogs von Kurland an der Kleinen Schießgasse[19]. Reichenbachs Nachfolger ist Professor Drude.

Die Akademie, welche bis zu ihrer Auflösung ihren Sitz im Kurländischen Palais hatte, entwickelte während ihres 47 jährigen Bestehens eine sehr rege und segensreiche Thätigkeit. Durch das Verlangen, den Aerzten eine einheitliche Bildung zu geben und nicht mehr Aerzte erster und zweiter Klasse auszubilden, wurde ihre Auflösung im Jahre 1863 herbeigeführt. Viele tüchtige Aerzte, Militär-Aerzte und die sogenannten Medicinae practici, die sich größtentheils auf dem platten Lande niederließen, gingen aus der Chirurgisch-medizinischen Akademie hervor, und die Namen ihrer Lehrer – ich nenne nur Seiler, Kreyßig, Reichenbach, Carus, Choulant, H. E. Richter, von Ammon, Günther, Grenser, Merbach, Zenker u. s. w. – werden noch jetzt mit Achtung und Anerkennung oft genannt. Prosektoren an der Chirurgisch-medizinischen Akademie waren Pech, Meding, Günther, Herberg, Putzer, Degner und Lehmann. In den Parterreräumen befand sich die Bibliothek der Chirurgisch-medizinischen Akademie sowie der „Gesellschaft für Natur- und Heilkunde“ und der Präparirsaal. Im ersten Stock war, im jetzigen Entreesaale, das Anatomische Theater und der Gobelinsaal wurde als Konferenzsaal benutzt. In dem nach der Schießgasse zu gelegenen Nebenhause waren die chirurgischen und inneren Kranken untergebracht. Berühmt war die Sammlung pathologisch-anatomischer Präparate und Rasseschädel, die im großen Saale des Palais und seinen Nebenräumen aufgestellt war. Erstere wurde im Jahre 1863 an die Universität [155] Leipzig abgegeben, die Rasse- und Verbrecherschädel befinden sich im hiesigen Zoologischen Museum. Im Jahre 1870 wurde in den früheren Räumen des Präparirsaales eine chemische Centralstelle eingerichtet und am 18. September 1870 eröffnet. Vorstand derselben war Hofrath Fleck und nach dessen Tode im Jahre 1896 Professor Dr. Renk, bis die Centralstelle am 15. November 1897 in die Technische Hochschule am Bismarckplatze verlegt wurde. Gegenwärtig befinden sich in den Parterreräumen die Bibliothek und die Polikliniken.

Die „Gesellschaft für Natur- und Heilkunde“, welche, wie bereits erwähnt, am 19. September 1818 gestiftet wurde, hält seit jener Zeit ununterbrochen ihre Sitzungen im Kurländischen Palais ab, und zwar bis zum September 1896 im Gobelinsaale, und als die Zahl der Mitglieder beträchtlich zugenommen hatte, im großen sogenannten Ballsaale.

Das Kurländische Palais.

Die Geschichte der „Gesellschaft für Natur- und Heilkunde“ ist ausführlich mitgetheilt von Geh. Med.-Rath Dr. B. U. Erdmann in der Festschrift, welche bei Gelegenheit des 50 jährigen Bestehens der Gesellschaft im Jahre 1868 herausgegeben wurde: „Die Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in den ersten 50 Jahren ihres Bestehens“ und von Dr. P. Grenser: „Beiträge zur wissenschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde“ (Jahresbericht derselben – Sitzungsperiode 1896 bis 1897[20]). Auf diese beiden Schriften verweise ich jeden, der sich für die genannte Gesellschaft interessirt, und theile hier nur mit, daß in den nunmehr seit Gründung der Gesellschaft verflossenen 84 Jahren folgende Herren den Vorsitz geführt haben[21]: 1818 bis 1832 Dr. med. Burkhard Wilhelm Seiler, geb. zu Erlangen am 11. April 1779, gest. zu Freiberg i. S. am 27. September 1843; 1833 bis 1834 Dr. phil. et med. Carl Gustav Carus, geb. zu Leipzig am 3. Januar 1789, gest. zu Dresden am 28. Juli 1869; 1835 bis 1843 Dr. med. Ludwig Choulant, geb. zu Dresden am 12. November 1791, gest. ebendaselbst am 18. Juli 1861; 1844 bis 1846 Dr. med. et phil. Gottlieb Ludwig Reichenbach, geb. zu Leipzig am 8. Januar 1793, gest. zu Dresden am 17. März 1879; 1847 bis 1849 Dr. med. Herrmann Eberhard Richter, geb. zu Leipzig am 14. Mai 1808, gest. zu Dresden am 24. Mai 1876; 1850 bis 1851 Dr. med. Woldemar Ludwig Grenser, geb. am 2. Januar 1812, gest. am 2. Juni 1872 auf dem Weißen Hirsch bei Dresden; 1852 bis 1859 Dr. med. Friedrich August von Ammon, geb. zu Göttingen am 10. September 1799, gest. zu Dresden am 18. Mai 1861; 1860 bis 1863 Dr. med. Paul Moritz Merbach, geb. zu Dresden am 25. Dezember 1819, gest. zu Dresden am 4. Dezember 1899; 1864 bis 1865 Dr. med. Friedrich Moritz Heymann, geb. am 24. Mai 1828 zu Schneeberg i. S., gest. am 21. Oktober 1870 zu Dresden; 1866 bis 1867 Dr. med. et phil. h. c. Herrmann Reinhard, geb. zu Dresden am [156] 15. November 1816, gest. zu Dresden am 10. Januar 1892; 1868 bis 1873 Dr. med. Bernhard Erdmann, geb. zu Leipzig am 2. Oktober 1830; 1874 bis 1875 Dr. med. Rudolf Biedermann Günther, geb. zu Dresden am 19. April 1828; 1876 bis 1877 Dr. med. Franz Winckel, geb. zu Berleburg am 5. Juni 1837; 1878 bis 1881 Dr. med. Oscar Stelzner, geb. am 13. Februar 1839 zu Dresden, gest. am 15. Oktober 1901 in Langebrück; 1882 bis 1885 Dr. med. Victor Birch-Hirschfeld, geb. am 2. Mai 1842 zu Cluvensieck in Holstein, gest. am 25. November 1899 zu Leipzig; vom April bis Dezember 1885 wurde der Vorsitz von dem stellvertretenden Vorsitzenden Dr. phil. et med. h. c. H. Albert Johne, geb. zu Dresden am 10. Dezember 1839, übernommen; 1886 bis 1889 Dr. med. C. L. Alfred Fiedler, geb. zu Moritzburg am 5. August 1835; 1890 bis 1893 Dr. med. Heinrich Hübler, geb. zu Dresden am 26. März 1839; 1894 bis 1897 Dr. med. Paul W. Th. Grenser, geb. zu Leipzig am 12. September 1843; 1898 bis 1901 Dr. Oscar Unruh, geb. am 23. Dezember 1847 zu Dresden. Gegenwärtig führt Dr. Richard Schmaltz, geb. 1856 zu Dresden, den Vorsitz. Die Arbeiten und Vorträge der Mitglieder der „Gesellschaft für Natur- und Heilkunde“ sind veröffentlicht in der ersten Zeit (1820 bis 1828) in der „Zeitschrift für Natur- und Heilkunde“, herausgegeben von den Professoren der Chirurgisch-medizinischen Akademie, später in den „Verhandlungen der Leopoldino-Carolinischen Akademie“ und seit dem Jahre 1832 veröffentlicht die Gesellschaft regelmäßig Jahresberichte, in denen über den Mitgliederbestand, über die im Laufe des Jahres gehaltenen Vorträge und über die sich an diese knüpfenden Diskussionen berichtet wird, sowie einzelne Originalvorträge enthalten sind.

Ebenso wie die „Gesellschaft für Natur- und Heilkunde“ hält der „Königl. Sächsische Altertumsverein“ seine Sitzungen schon seit einer Reihe von Jahren im Gobelinsaale ab. Protektor des Vereins war früher S. K. H. Prinz Georg, unser jetziger König. Gegenwärtig ist es S. K. H. Prinz Johann Georg. – Erster Vorsitzender ist zur Zeit General der Infanterie z. D. Excellenz von Raab, zweiter Vorsitzender Geh. Hofrath Dr. Erbstein und Schriftführer Oberregierungsrath Dr. Ermisch. Die Vorträge und Arbeiten der Vereinsmitglieder finden sich in den „Jahresberichten des Königl. Sächsischen Altertumsvereins“ verzeichnet.

Nach Auflösung der Akademie wurde das Palais Sitz des Königl. Landes-Medizinal-Kollegiums und ist es bis heute geblieben. Die Konstituirung des Kollegiums und die Einweisung der Mitglieder fand am 5. März 1865 durch den Minister von Beust statt. Ehrenpräsident des Kollegiums war Professor Dr. Gustav Carus, Präsident mein unvergeßlicher Lehrer Geh. Medizinalrath Dr. H. Walther (geb. am 15. Mai 1818 zu Olbernhau, gest. am 16. April 1871 zu Dresden). Ihm folgte Geh. Medizinalrath Dr. Reinhard. Dessen Nachfolger war Geh. Medizinalrath Dr. R. B. Günther bis 1. Juli 1902 und gegenwärtig ist Präsident des Kollegiums Geh. Medizinalrath Dr. Buschbeck, geb. 2. November 1840.

Nachträglich sei noch erwähnt, daß im Jahre 1875 in den beiden großen Sälen des Palais eine interessante Ausstellung von kunsthistorischen und kunstgewerblichen Gegenständen stattfand, welche drei Monate lang großen Zuspruch erfuhr.

Die Baubeschreibung des Palais mit zahlreichen Abbildungen findet sich in dem Werke von C. Gurlitt: „Die Kunstdenkmäler Dresdens“. Noch heute zeigt es, wenigstens äußerlich, seine ursprüngliche Gestalt. Interessant ist die Frontalansicht des Gebäudes mit der von Waffen umgebenen Palme am Giebel, eine Allegorie des Friedens, der nur durch Waffen erhalten oder errungen werden kann. Die Köpfe der Balkonträger sind Helme. Eine schöne doppelflügelige Treppe führt in das erste Stockwerk. Rechts von der geräumigen Hausflur befand sich und befindet sich zum Theil noch ein großer Hof mit einer Kolonnade und doppelter Säulenreihe[22]. Die Seitenwände waren früher mit Fresken bemalt und mit Orangerie besetzt.

In den Parterreräumen des Palais befindet sich die reichhaltige Bibliothek des Landes-Medizinal-Kollegiums und der „Gesellschaft für Natur- und Heilkunde“[23], ferner die poliklinischen Anstalten und bis zum Jahre 1894 die Chemische Centralstelle.

Im Keller finden sich noch Dekorationsreste, und zwar in einem unterirdischen Saale, von dem die Chronisten berichten, daß auch dort große Feste gefeiert wurden. In der Hausflur stehen in Nischen zwei Kandelaber von Kinderengeln getragen, wahrscheinlich Arbeiten von Gottfried Knöffler (geb. 1686).

Im ersten Stock gelangt man zunächst in einen großen parquettirten Vorsaal, aus diesem in den noch jetzt im schönsten Rokokostil wohlerhaltenen, prächtigen Ballsaal. Auf weißem Grund sieht man reich vergoldete und geschnitzte Trophäen. Zwischen den Fenstern finden sich vier Spiegel mit prachtvoll geschnitzten und vergoldeten Rahmen, Meisterwerke des Hofbildhauers Joseph Deibel. Flügelthüren führen auf einen nach dem Zeughausplatze zu gelegenen Balkon. An der nach Norden zu gelegenen Wand sieht man vier Oelgemälde in Ueberlebensgröße: 1. Christiane Eberhardine, Gemahlin Augusts des Starken, nach dem Originale von Heinrich Christian Fehling, welches sich im Dresdner Schlosse befindet; 2. August der Starke, nach dem Originale von Louis de Silvestre ebenda; 3. August III., nach dem [157] Originale von Rigaud, der Kopf nach Mengs, wie er sich in der Gemäldegalerie befindet; 4. Maria Josepha, Gemahlin Augusts III., nach dem Originale von Graf Rotari im Josephinenstifte. Neben diesem Ballsaale liegen zwei Zimmer, von denen das hinterste von den früheren Besitzern als Kapelle benutzt wurde. Der zweite große Saal ist mit kostbaren Gobelins, welche allerdings im Laufe der Jahre sehr gelitten haben, ausgestattet. Die Fenster schauen nach dem früheren Botanischen Garten. In dem Saale finden sich Spiegel mit reich geschnitzten und vergoldeten Rahmen und Pfeilertischchen von Marmor. An der Westseite stehen noch jetzt große Buffettafeln mit Marmorplatten. Die Wände sind mit den sechs großen flandrischen Gobelins geschmückt, welche mit reichgeschnitzten vergoldeten Holzbordüren umgeben sind und bäuerliche Szenen darstellen: ein Kirchweihfest; einen Bauerntanz; Rückkehr von der Kirmeß; Leben am Strande; Hirten und Vieh auf der Weide; Schlittschuhläufer, Schweinschlachten, Winterlandschaft u. s. w.[24]. Die Gobelins sind, wie eine Inschrift sagt, nach Zeichnungen des berühmten Malers David Teniers d. J. (1610 bis 1690) ausgeführt und aus der Gobelinweberei der Familie van dem Borcht in Brüssel hervorgegangen; sie wurden, wie Gurlitt annimmt, wahrscheinlich Ende des 17. oder Anfang des 18. Jahrhunderts von Gaspard und Jacques van dem Borcht gefertigt. Es ist anzunehmen, daß sie ein Geschenk der Fürstin von Teschen an ihren Sohn, den Chevalier de Saxe, sind.

Ueber den Thüren dieses Saales befinden sich Oelgemälde, gemalt von Louis de Silvestre (geb. zu Paris 1675, gest. daselbst 1760 – war von 1715 bis 1748 am sächsischen Hofe thätig) oder, wie Gurlitt vermuthet, Kopien nach Silvestre von Giovanni Battista Casanova. Die Gemälde stellen Szenen aus der Mythologie dar, so Venus und Vulkan, Ariadne und Bachus, Venus und Adonis, der Raub der Proserpina durch Pluto und der Dejanira durch Nessus.

Der venetianische Glaskronleuchter, der Marmorkamin, zwölf Rokokostühle, die sich noch heute in diesem Gobelinsaale befinden, stammen ebenfalls aus jener Zeit. Die Marmorbüste des Professors Kreyßig ist aus der Meisterhand des englischen Bildhauers Westmakot hervorgegangen, die zweite, den König August den Gerechten darstellend, wurde im Jahre 1818 vom Oberhofmeister von Gablenz der Akademie geschenkt. Noch andere Büsten, die Geh. Medizinalräthe Carus und Seiler darstellend, befinden sich ebenfalls im Gobelinsaale.

Es wird wenig Gebäude in unserer Stadt geben, in denen sich der ewige Wechsel der Zeiten und Verhältnisse in so drastischer Weise abgespielt hat, wie in dem Kurländischen Palais. Im höchsten Glanz erstrahlte es, als in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die prachtliebenden Könige von Polen mit ihren Damen, Günstlingen und Würdenträgern daselbst verkehrten, um Theil zu nehmen an den üppigen Festen und Belustigungen aller Art, welche von den Bewohnern und Besitzern des Palais veranstaltet wurden. Dort war es, wo die Feldmarschälle und Generale sich versammelten, um die Pläne zu berathen zu den verhängnißvollen Kriegen, die so namenloses Unglück über unser engeres Vaterland gebracht haben. Oftmals strahlte es im hellen Glanze der Illuminationslämpchen bei Festlichkeiten und Jubiläen, aber in schauerlicher Weise wurde es im Jahre 1760 von der Brandfackel des Siebenjährigen Krieges erleuchtet, durch welche vom 19. bis 21. Juli die Pirnaische Vorstadt in Flammen aufging. Zu anderen Zeiten hielten Humbug und Charlatanerie ihren Einzug im Palais und Mystiker und Geisterbeschwörer feierten daselbst, von fürstlichen Herren protegirt, scheinbare Triumphe. Und im schroffen Gegensatz dazu öffnete im Jahre 1818 das Palais seine Pforten der Chirurgisch-medizinischen Akademie, und von dieser Zeit an bis auf den heutigen Tag ist es eine Pflanzstätte exakter medizinischer Wissenschaft und Forschung geblieben. Noch heute vereinigen sich daselbst Aerzte, Naturforscher, und Medizinalbeamte zu ernster Arbeit; noch heute suchen daselbst alltäglich zahlreiche Kranke Heilung und Linderung ihrer Leiden in den Polikliniken, die ihnen in uneigennützigster Weise von verschiedenen Aerzten unserer Stadt gewährt wird. Möge das altehrwürdige Kurländische Palais noch lange Zeit dieser seiner jetzigen Bestimmung und friedlichen Arbeit dienen, möge es erhalten bleiben als eine Zierde unserer Stadt Dresden.


  1. Gegenwärtig im Historischen Museum zu Dresden.
  2. Wackerbarth war geboren am 12 März 1662 zu Kogel bei Ratzeburg und starb am 14. August 1737 in Dresden.[WS 1] Er trat zuerst als Page in die Dienste der Kurfürstin von der Pfalz-Simmern, am Heidelberger Hofe, der Tochter des Königs Friedrich III. von Dänemark. Nach dem Tode ihres Gemahls (1685) ging die Kurfürstin zu ihrer Schwester, der Gemahlin des Kurfürsten Johann Georg III., und so kam Wackerbarth an den sächsischen Hof. Kurfürst Johann Georg IV. schickte ihn auf Reisen nach Ungarn und Italien. Unter August II. kämpfte er gegen die Türken (1695); 1697 und 1710 war er Gesandter in Wien; 1715 nahm er Stralsund u. s. w.
  3. Wackerbarths Gattin war zuerst vermählt mit dem Dragoneroffizier Marquis von Salmour. Dieser starb zu Linz und nun vermählte sich die Wittwe mit dem Markgrafen Carl von Brandenburg, dem Sohne des Großen Kurfürsten. Der preußische Hof trennte aber diese Ehe und „Madame de Brandenbourg“, wie man die Gemahlin des Markgrafen Carl nannte, wurde in einem Kloster untergebracht. Aus diesem entfloh sie aber, kam nach Wien, lernte hier den Grafen Wackerbarth kennen und dieser heirathete sie, da inzwischen der Markgraf von Brandenburg gestorben war. In Dresden fand aber die Gräfin keine rechte Anerkennung und starb bereits im Jahre 1719. Ihren Sohn aus erster Ehe, Joseph Anton Gabaleon von Salmour, geb. 1685, adoptirte Wackerbarth und dieser nannte sich Graf von Wackerbarth-Salmour.
  4. Er erbaute die Ritterakademie (später Kadettenhaus) in der Neustadt, die den 18. Februar 1726 mit großem Pomp eingeweiht wurde. Ferner 1726 das Pyramidenhaus, jetzt Blockhaus an der Augustusbrücke und die Infanteriekaserne zu Neustadt. Auch kaufte er Landbesitz bei Pirna, erbaute dort das Schloß Groß-Sedlitz, legte daselbst große Gärten mit Trüffel- und Spargelkulturen an und gab große Feste in dem neuerbauten Schlosse. Auf die Herstellung der ganzen Anlage, die im Siebenjährigen Kriege fast vollkommen verwüstet wurde, soll Wackerbarth 120& 000 Thaler verwendet haben. Bei Kötzschenbroda besaß er ein Weinbergsgrundstück mit Kapelle, welche um das Jahr 1715 erbaut wurde. Unter dem Namen Wackerbarths Ruhe ist diese Besitzung noch jetzt bekannt.
  5. Dieses Palais stand da, wo sich jetzt das Landhaus befindet. Es hat seinen Besitzer oft gewechselt: 1728 kaufte es der König August II. dem Grafen von Flemming für 150 000 Thaler ab und schenkte es dem Grafen Wackerbarth. Wenige Wochen darauf erhielt es die Gräfin Anna Orselska vom König und Wackerbarth wurde mit dem Rittergut Zabeltitz entschädigt, welches 1768 in den Besitz des Prinzen Xaver, der 1806 daselbst starb, überging.
  6. Der Artillerieleutnant Eschbach nebst Frau, Tochterkind und Magd, sowie zwei Soldaten und zwei Feuerwehrleute kamen in den Flammen um.
  7. Wackerbarths Vertraute waren die Fürstin von Teschen, bis sie den Herzog von Würtemberg heirathete, und Graf Flemming, seine Gegner Graf Brühl und Graf Rutowsky. Vehse fällt ein sehr absprechendes Urtheil über Wackerbarth, indem er sagt „es ist unbegreiflich, wie ein übrigens so kleiner und phlegmatischer Mann mit so geringen Geistesgaben eine so große Rolle spielen konnte“.
  8. Rutowsky war der Sohn Augusts des Starken und der Türkin Fatime, welche dem General von Schöning bei der Erstürmung von Ofen als Beute zugefallen war. Mit diesem kam sie nach Berlin, später nach Warschau. Sie heirathete dort den Kammerdiener und späteren Domänenintendant Spiegel und in dessen Hause wurde Rutowsky und seine Schwester Marie Aurora erzogen. Rutowsky, der übrigens ganz das Ebenbild seines Vaters gewesen sein soll, führte ein sehr bewegtes Leben. 1724 trat er unter Victor Amadeus in sardinische Dienste, 1727 in sächsische, focht 1737 bis 1739 unter Prinz Eugen, kommandirte 1745 in der für Sachsen so verhängnißvollen Schlacht bei Kesselsdorf. Am 15. Oktober 1756 mußte Feldmarschall Rutowsky auf der Höhe von Ebenheit unter dem Lilienstein die ganze, 14 000 Mann starke sächsische Armee mit 180 Kanonen übergeben und versprechen, nicht mehr gegen Preußen zu kämpfen.
  9. Der Chevalier war der Sohn Augusts des Starken und der Gräfin Ursula Catharina Lubomirska geborenen von Bockum (geb. 25. November 1680, gest. im Mai 1743). Er focht unter Prinz Eugen im polnischen und österreichischen Erbfolgekriege, in den beiden schlesischen Kriegen, im Siebenjährigen Kriege etc. und war Kommandeur der Garde du corps. Bei allen Festlichkeiten spielte der Chevalier eine große Rolle, so namentlich bei Gelegenheit des Lustlagers zu Zeithain im Juni 1730. Er war Malteser-Ritter und blieb als solcher unvermählt. Im Palais verkehrte er viel mit seiner Mutter; dieselbe wurde am 26. August 1704 vom König zur Fürstin von Teschen erhoben, heirathete dann den Herzog von Würtemberg, welcher am 19. September 1734 in einem Treffen bei Guastalla fiel. Die Fürstin liegt in Leitmeritz begraben.
  10. Hinter und neben dem Palais nach dem Pirnaischen Thore zu befand sich der Bürgerschießgraben; auch diese Anlage wurde beim Bombardement zerstört (dabei kam der Zieler Dierschling, seine Frau und zwei Dienstleute ums Leben). Der Graben wurde 1761 ausgefüllt und das Terrain geebnet; die Stadt schenkte es dem Chevalier, welcher nun die neuen Stall- und Wirthschaftsgebäude aufführen ließ, wie wir sie noch heute dem Polizeigebäude gegenüber längs der kleinen Schießgasse sehen.
  11. Das eine stand da, wo später das alte Amthaus stand; das zweite war das sogenannte Beichlingsche Haus, welches früher die Gräfin Cosel besessen hatte, später der Oberpostmeister Kees und von 1716 an Behrend-Lehmann, deshalb hieß es lange Zeit das Judenhaus.
  12. Bekannte Glücksritter der damaligen Zeit waren der Oberst Baron von Klettenberg, der als Betrüger entlarvt am 7. März 1720 auf dem Königstein enthauptet wurde; ferner der Graf von St. Germain, einer der frechsten Schwindler; desgl. Giusepe Balsamo, Conte Cagliostro, der besonders in Mitau sein Wesen trieb. Er war jedenfalls der intelligenteste und geriebenste Betrüger der damaligen Zeit, behauptete den Stein der Weisen zu besitzen, Todte erwecken zu können etc. Sein Lebenselixir ging reißend ab. Er starb 1795 im Gefängniß (vergl. Sierke, Schwärmer und Schwindler des 18. Jahrhunderts).
  13. Die Citation fand am späten Abend statt. Der Saal(der sogenannte Gobelinsaal) war nur ganz schwach erleuchtet. Außer dem Herzog waren zugegen der Minister von Wurmb, Geheimrath von Hopfgarten, Oberst von Fröden, Minister von Bischofswerder, Frau Gräfin von Hohenthal-Dölkau geb. Gräfin Rex und viele andere Mitglieder der hohen Aristokratie. In einer Ecke des Saales sank Schröpfer auf die Knie nieder, murmelte geheimnißvolle Formeln und Sprüche und gerieth dabei in konvulsivische Zuckungen. Endlich hörte man ein eigenthümliches Geheul und Prasseln; plötzlich sprang die Saalthür auf, als ob sie ein Sturmwind aufgerissen hätte, und herein rollte eine schwarze Kugel, umgeben von einer Rauchwolke. In der Mitte der Kugel erschien das Antlitz des Chevalier de Saxe; dann ertönte von der Erscheinung eine schreckliche Stimme, welche rief: „Was willst Du von mir, Carl, weshalb störst Du mich?“ Niemand antwortete. Der Herzog sank auf die Knie, die Kugel mit dem drohenden Menschenantlitz befand sich mitten im Kreise der zurückweichenden Männer und Frauen, die den Magier flehentlich baten, die Erscheinung zu entlassen. Mehr als eine Stunde soll vergangen sein, ehe Schröpfer „durch die Macht der Beschwörung“ das Gespenst veranlassen konnte, zu verschwinden. Als das geschehen, sprang die Thüre nochmals auf und die Kugel mit dem Gesicht des Chevalier erschien noch einmal im Saale. – Es folgte eine Szene allgemeiner Verzagtheit, die Zuschauer stürzten fort und der Herzog wurde wankenden Schrittes aus dem Saale geführt. (So erzählen William Wraxel, Vehse und Andere ganz übereinstimmend die Beschwörungsszene.)
  14. Von allen Seiten drohten dem „Theurgen“ Schröpfer Untersuchungen. Seine Partei ließ ihn im Stiche; er war subsistenzlos und überall als Betrüger erkannt. Am 8. September 1774 ging er mit dem Minister von Bischofswerder und von Hopfgarten im Rosenthale zu Leipzig spazieren. Er versprach seinen Begleitern, ihnen etwas Außerordentliches, das „letzte Geheimniß“" zu zeigen; darauf ging er in ein Gebüsch und tödtete sich durch einen Schuß in den Kopf.
  15. Die verw. Herzogin von Savoyen-Carignan heirathete später den Fürsten von Montleart und starb 1851 zu Paris.
  16. Der Entwurf zur Wiederherstellung einer chirurgisch-medizinischen Akademie, deren Errichtung sich nach dem Kriege wegen Mangels an Militär-Aerzten dringend nothwendig gemacht hatte, rührt vom Professor Dr. Burkhard Wilhelm Seiler her, geb. am 11. April 1779 zu Erlangen, gestorben am 27. September 1843 zu Freiberg. Seiler war bis zur Einnahme von Wittenberg durch die Franzosen Professor an der dortigen Universität gewesen.
  17. Die Stiftungsurkunde trägt die Unterschrift der Herren Hofrath Leonhardi, Leibarzt; Dr. Kopp; Hofrath Althof, Leibarzt; Geh. Kabinetsrath Heyer; Freiherr von Ackermann; Geh. Finanzrath Blöde; Prof. Dr. Carus; Generalstabsmedicus Raschig; Hofrath Dr. Seiler; Prof. Dr. Ficinus; Oberlandbaumeister Schuricht; Prof. Haan; Prof. Dr. Treutler; Leibchirurg Hedenus; Prof. Brosche; Prof. Franke; Prof. Ohle; Prof. Kreyßig, Leibarzt.
  18. Bis zum Jahre 1896 im Gobelinsaale, in dem sie gestiftet wurde, seitdem im großen Festsaale.
  19. Die Direktoren der Akademie, Seiler, Choulant, Günther, wohnten auf dem Brühlschen Garten in dem oberhalb des ehemaligen Gondelhafens stehenden Hause.
  20. Beide Schriften befinden sich in der Bibliothek der „Gesellschaft für Natur- und Heilkunde“, Zeughausplatz 3.
  21. A. Grenser I. c.
  22. Hier lagen die Leichen der beim Sturm auf das Zeughaus am 5. Mai 1849 gefallenen Insurgenten.
  23. Die Räume sind mit Stuckmarmor dekorirt.
  24. Leider sind diese wunderschönen Teppichwebereien vor einigen Monaten aus dem Kurländischen Palais entfernt worden und sollen im Kunstgewerbe-Museum Aufstellung finden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. korrekte Daten: * 22. März 1662; † 14. Aug. 1734
  2. Siehe: Das einstige Collegium medico-chirurgicum in Dresden