RE:Geld

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Edelmetalle als Zahlungsmittel
Band VII,1 (1910) S. 970984
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Geld vor Einführung der Münze. Die G.-Formen der klassischen Völker, wie sie vor Einführung der Münze bestanden und sich teilweise neben der Münze noch lange erhielten, fügen sich zu einer Entwicklungsreihe zusammen, die im wesentlichen dieselben Züge zeigt wie bei allen anderen Völkern. (Neuere Literatur besonders Babelon Les origines de la monnaie, Paris 1897. Svoronos Τὰ πρῶτα νομίσματα im Journal international d’archéologie numismatique IX 1906, 153–236 Taf. ΙΙ-ΧΙΙ, französisch übersetzt in der Revue belge de num. 1908, 293ff. 433ff. Taf. V. VI. VIII. IX. 1909, 113ff. 389ff. Taf. IV–VI. 1910, 125ff.; für Rohmetall und Barren sind die Arbeiten von Willers in der Numism. Zeitschrift XXX. XXXI. XXXIV. XXXVI besonders förderlich, ich zitiere sie mit den bloßen Band- und Seitenzahlen; vgl. auch den Überblick in seiner Gesch. der röm. Kupferprägung 1909, 3ff. Den Ergebnissen der Arbeiten von Forrer Die ägypt. usw. Gewichte usw. der europ. Kupfer- usw. Zeit, Grundlagen zur Schaffung einer prähistorischen Metrologie, aus dem Jahrbuche der Ges. für lothr. Gesch. und Altertumsk. XVIII 1906, 1–77, Evans Minoan weights and mediums of currency in der Corolla numismatica für Head 1906, 336–367, Ridgeway The origin of metallic currency and weight standards, Cambridge 1892, kann ich mit der Mehrzahl der Fachgenossen nicht zustimmen; doch zitiere ich sie hier als Materialzusammenstellungen).

Über die Stufe der Eigenwirtschaft sind die höheren Schichten der Bevölkerung, wie wir aus den Ausgrabungen von Mykene, Troia, auf Kreta usw. und aus dem Homerischen Epos ersehen, schon in vormykenischer Zeit längst hinausgekommen, haben auch die Stufe überschritten, wo infolge beginnender Arbeitsteilung der einzelne die nicht mehr von ihm selbst erzeugten Lebensbedürfnisse eintauschen mußte (über den Tausch bei den alten Ägyptern, Assyrern und Phöniziern s. Babelon 19ff.; vgl. Hom. Il. VII 472–475. Herodot. IV 196, auch Paus. III 12, 3; dazu vgl. die grundsätzliche Darlegung über Tausch und Kauf bei Aristot. pol. I. III 1257 a Bekker und Paulus Pandekten XVIII 1). Aber die Erinnerungen an jene Stufe sind doch noch sehr lebhaft, insofern eines der durch jene Umstände zum beliebtesten Tauschmittel gewordenen einfachsten Lebensbedürfnisse (Nahrung, Kleidung, Schmuck und Gerät, das sog. Nutzgeld) in der mykenischen Periode, wenn auch nicht mehr das Zahlungsmittel, so doch noch den Wertmesser und die Rechnungsmünze bildet: das Vieh.

Das Vieh dient als Wertmesser in der Ilias II 449. VI 236. XXI 79. XXIII 703. 705. 885 und auch noch in der Odyssee I 431, und die adjektivische Bildung der Wertangabe τεσσαράβοιος, ἐννεάβοιος, δυωδεκάβοιος, εἰκοσάβοιος, ἑκατόμβοιος zeigt (besonders deutlich bei der Odysseestelle), daß es sich um Wertbegriffe, nicht mehr um wirkliche Zahlungen in Vieh handelt. Auch [971] sprachliche Bildungen und Redensarten wie πoλυβούτης, ἀβούτης, βοῦς ἐπέβη, βοῦς ἐπὶ γλώσσῃ, παχὺς ὗς ἔκειτ' ἐπὶ στόμα usw., die ursprünglich auf Vieh lautende Ansetzung von Strafen oder Belohnungen in den Gesetzen des Drakon und bei der delischen Festfeier (Pollux IX 61; vgl. auch Plut. Sol. 23) gehören in denselben Zusammenhang (Babelon 24–26. Svoronos 156–159). In dem wirtschaftlich minder entwickelten Latium werden erst in der zweiten Hälfte des 5. Jhdts. v. Chr. die auf Vieh lautenden Bußen in Metallbeträge umgesetzt (Mommsen Röm. Münzwesen 175. Ridgeway Origin 135), und die lateinischen Worte pecunia, peculium, peculatus weisen deutlich auf Vieh als ältestes G. hin (Plin. n. h. XVIII 11. Varro de l. l. V 92. 95. Ovid. fast. V 280f. Festus p. 237 a. Plut. Public. 11; vgl. Babelon 27–29). [Schwerlich darf man aber, wie Babelon 58. 78 tut, die Stierköpfe aus Goldblech, die sich zahlreich in Mykene fanden – Schliemann Ilios 669 –, als ein in Erinnerung an früheres Vieh-G. so geformtes Umlaufsmittel betrachten, obwohl (metallene ?) Stierhäupter auch auf ägyptischen Tributdarbringungsszenen und (als Rechnungsposten ?) auch auf kretischen Inventartafeln – Evans 353 – vorkommen. Wenn ferner von den ältesten römischen Münzen behauptet wird (Plin. n. h. XVIII 12. XXXIII 43. Varro r. r. II 1, 9. 11; de vita pop. Rom. I bei Nonius p. 189 M. Plut. Public. 11; vgl. quaest. Rom. 41), daß sie in Erinnerung an früheres Vieh-G. Tierbilder trügen, – wie auch von den ältesten athenischen Münzen gesagt wird, sie trügen das Bild eines Stieres, Plut. Thes. 25 und daneben Pollux IX 60. Schol. Aristoph. Aves 1106 –, so ist dies durch den Münzbefund widerlegt und gewiß nur durch einen Rückschluß aus der Etymologie von pecunia bezw. aus solchen Redensarten wie βοῦς ἐπὶ γλώσσῃ u. a. (s. o.) entstanden, unterstützt in ersterem Falle vielleicht durch die zuweilen Tierbilder zeigenden römisch-campanischen Barren (um 300 v. Chr.) oder nichtrömischen gegossenen Schwermünzen, in letzterem Falle durch das Vorhandensein gewisser archaischer euböischer Münzen mit dem Stierkopf, vgl. Babelon Journ. int. d’arch. num. VII 1904, 250. – Auf den Ersatz von Fischen, die als Zahlmittel und Werteinheit gegolten hätten, durch Münzen bezieht man die eigenartig geformten Kupfermarken von Olbia aus hellenistischer Zeit, vgl. zuletzt Svoronos 205–206; zu Unrecht, da diese Marken nicht die Gestalt eines Fisches, sondern des als Nahrungsmittel nicht in Betracht kommenden Delphins haben; ebenso hat die Beziehung der Schinkengestalt des Schrötlings bei einigen Exemplaren der Nemaususmünzen des Augustus auf Schinken und ganze Schweine als Zahlungsmittel der Kelten, Svoronos 207–216, kaum Anspruch auf Wahrscheinlichkeit, man wird vielmehr mit Babelon 201, 2 in diesen Stücken Weihemünzen erblicken, die Ärmeren zum Ersatz für ein Opferschwein dienten.]

Als wirkliches Zahlungsmittel ist das Vieh (und so wohl auch andere etwa bei den klassischen Völkern in Gebrauch gewesene Formen des Nutzgeldes in Gestalt von Nahrungsmitteln oder Kleidungsstücken) schon lange vor der mykenischen Periode bereite abgelöst durch Schmuck [972] und Gerät, und zwar nicht mehr Schmuck und Gerät aus den Stoffen, wie sie auf primitiver Kulturstufe verwendet werden (Muscheln, Stein, Tierzähne, Bein), sondern bereits aus Metall. Gold, Kupfer und Eisen ohne Angabe der Form, in die es gebracht ist, erscheint als Schatzvorrat oder Tauschmittel z. B. Ilias VI 48. VII 473. X 379; Odyssee I 184. XXI 10. Als Schmuck-G. sodann erscheint vorwiegend der Ring: er ist in Ägypten ein beliebtes Zahlungsmittel (Lepsius Die Metalle in den ägypt. Inschr., Abh. Akad. Berl. 1871, 33. 40. 50, Taf. I 9. 10. 15. 19 Gold, 22 Elektron, 24 Silber) und bis in die Mitte des neuen Reiches ein Rechnungswert (Schäfer Ägypt. Ztschr. XLIII 70f.; vgl. zum ägypt. Ring-G. auch Ridgeway 128f. Babelon 52f. Forrer 40ff. Taf. XIII). Auch bei den Juden und anderen vorderasiatischen Völkern ist Ringzahlung nachweisbar (Babelon 63–68). Ebenso kommen Arm- und Fingerringe von (mehr oder minder sicherer) G.s-Qualität in prähistorischen Funden Mitteleuropas vor (Babelon 84f. Götze Globus LXXI 218, 6. Forrer 32–34. 45. 46. Tabelle X. XIV. XV. XX; vgl. auch die mit Recht sehr zurückhaltende Darlegung bei Blanchet Traité des monn. gauloises 24–27; bei Caes. bell. Gall. V 12 liest man nicht mehr anulis ferreis, sondern taleis ferreis; vgl. u. S. 983); zuweilen sind viele kleine Ringe auf einen großen aufgereiht (,Pfahlbauportemonnaies‘, Forrer 40, Literatur dort 45, 2). Auch für die klassischen Völker spielt das Ring-G. eine gewisse Rolle, wie sich aus dem schatzweisen Vorkommen von Ringen in Mykene und Troia (Schliemann Mykenae 401. Dörpfeld Troia und Ilion I 330–342. 362), auf Aigina und Kypros (Svoronos 183f. Forrer 43f. Tab. XIII) ergibt; doch muß man sich vor einer Überschätzung dieser Funde nach der geldgeschichtlichen Seite hin hüten und bei metrologischer Ausnützung der Gewichte dieser und anderer Ringe und der Schmucksachen überhaupt Vorsicht üben (vgl. Svoronos 183f. und für ein einzelnes Beispiel Hill Brit. mus. Cat. of greek coins, Cyprus S. XXI; besonders gegen Ridgeway 38, 3 und passim sowie Evans 337 und Forrer passim). Es sei aber erwähnt, daß für den nordischen Kulturkreis geradezu die Schaffung von Klein-G. durch Zerbrechen von Ringen bezeugt ist (die ,Ringbrecher‘ der Skalden).

Einen weitaus größeren Raum nimmt bei den klassischen Völkern das Gerät-G. ein. Eherne Becken und Dreifüße erscheinen als Geschenke und Preise in der Ilias (IX 122. 123. 264. 265. XXIII 259. 264. 268. 485. 702. 885) so oft und zuweilen in so großer Zahl (bis zu 20), daß es sich um thesauriertes und nach Bedarf verausgabtes Gerät-G. handeln muß. [Die in kretischen Inschriften von Gortyn und Knossos aus dem 5. und 4. Jhdt. vorkommenden λέβητες und τρίποδες dagegen anerkennt Svoronos 217ff. nicht als Metallgeräte (im Gegensatz namentlich zu Th. Reinach, der zuletzt noch L’histoire par les monnaies 1902, 27, 1 die Auffassung, daß es sich um wirkliches Gerät-G. handelt, vertritt), sondern erblickt in ihnen geprägte Münzen mit dem Gegenstempel eines Beckens, den er 223, 1 auf Didrachmen des 5./4. Jhdts. aus 12 verschiedenen kretischen Städten nachweisen will; völlig [973] sicher erscheint diese Deutung mir nicht. Macdonald Coin types 1905, 33f. meint, daß vielleicht der Inhalt jener Gefäße, nicht sie selbst, den Wertmesser darstelle]. – Zum Gerät-G. gehören dann ferner die ἄγκυραι, die Hesych. s. v. auf Kypros dem Triobolon gleichsetzt; gemeint ist wohl eher ein hakenförmiges landwirtschaftliches Werkzeug als ein Schiffsanker (Svoronos 203f).

Die beliebteste Form des Gerät-G.s ist aber die Beilform: Ilias XXIII 851 setzt Achilleus 10 πελέκεις (Doppelbeile) und 10 ἡμιπέλεκκα (also einschneidige Beile) von Eisen als Preise aus; durch 12 ganz gleichartige eiserne πελέκεις schießt Odysseus Od. XXI (passim) seinen Pfeil. Schon die Zahlen zeigen, daß es sich nicht um wirkliches Gebrauchsgerät, sondern um Schatzbeile handelt (Svoronos 161. 177f.; die Beile des Odysseus stelle ich hier zuerst in diesen Zusammenhang ein). Das hat nun die monumentale Überlieferung bestätigt: einmal haben sich in Mitteleuropa (an ca. 20 ,prähistorischen‘ Fundstellen, die vom französischen Département Indre bis in die Nähe von Berlin reichen) kupferne Doppelbeile gefunden, deren Tülle für praktischen Gebrauch zu eng ist und vielleicht nur als Loch zur Aufreihung der Beile an Fäden diente (Lissauer Ztschr. f. Ethnol. 1905, 519–525, Nachträge 770ff. 1007ff.; er hält sie für kyprische Importware, in der vor- oder frühmykenischen Zeit durch kretische Händler verbreitet; vgl. auch Forrer 16–18 Tab. VII, mit phantastischer Gewichtsverwertung). Ferner sind auf gallischem Gebiete Schatzfunde von Bronzebeilen (Kelten) gemacht worden, die durch ihre Kleinheit, durch die Anbringung der Dekoration, durch die besondere Anlage der Tülle sich als zu praktischem Gebrauche ungeeignet und vielmehr zu Umlaufzwecken bestimmt erweisen (Blanchet Traité des monn. gauloises 21–23); ja manche Forscher sind geneigt, überhaupt die Mehrzahl der ,prähistorischen‘ Depotfunde gleichartiger Flachkelte als G.-Vorräte zu betrachten (vgl. Götze Globus LXXI 218f.). Sodann aber hat man an verschiedenen Zentren der sog. mykenischen oder minoischen Kultur, in Phaistos und Knossos, auf Kypros, in Mykene, dann an mehreren Plätzen Sardiniens, in Kyme (nicht Chalkis) auf Euboia, in Falmouth in Cornwallis, einzeln oder schatzweise (zu 5, 18, 19 Stück) große Kupferstücke gefunden, großenteils in Ganzstücken, zum Teil auch in regelmäßigen Teilstücken, deren Form dem Doppelbeil mehr oder weniger gleicht und deren Gewichte bei denen aus Sardinien und Phaistos von 27–33 kg schwanken, bei den übrigen ganz regellos zwischen 5 und 37 kg liegen; ihre Länge und Breite beträgt 34–72 bezw. 19–40 cm (Tabelle bei Svoronos 171, Abbildungen dort 162–169 und Taf. II-V; vgl. Willers XXXVI 11, 1. Evans 355–363, der 360 auch ein ganz kleines Stück derart aus Makarska in Dalmatien von 108,5 g heranzieht. Forrer 23ff. Tab. V. VI). Sie zeigen zum Teil eingeschlagene Marken, und zwar trotz verschiedenen Fundortes zuweilen einander nahe verwandte Marken (einmal vielleicht einen kyprischen Buchstaben), die wohl als Fabrikmarken und vielleicht Gewichtsangaben zu betrachten sind (Svoronos 179). Möglich, daß auch sie sämtlich aus dem Kupferland Kypros stammen und so die direkten, nur die allgemeine [974] Form einer Doppelaxt bewahrenden Nachfahren jener eben behandelten, noch geradezu als Doppelbeile gestalteten Umlaufsmittel der ,prähistorischen‘ Periode sind. Das Ideogramm eines Doppelbeiles und eines doppelbeilähnlichen Barrens kommt auf knossischen Inschriften der minoischen Zeit vor und könnte Rechnung nach oder Zahlung in solchen Doppelbeilen bedeuten (Evans Corolla 355–357; Scripta Minoa 1909, 195. 203; die Deutung, die Evans Corolla 361 von dem ausführlichsten Rechnungsposten der Art gibt, erscheint mir noch problematisch). Einen festen chronologischen Punkt für die Zeit der Verwendung dieser Barrenform geben ägyptische Wandgemälde aus der Zeit Thutmosis III. (1501–1447 v. Chr.), wo Keftiu, d. h. eben Kreter, Leute aus Retennu (d. h. Palästina) und Äthiopen unter anderen Tributgaben solche doppelbeilförmigen Barren darbringen (Evans Corolla 357. Svoronos 174f.); überhaupt zeigen ägyptische Malereien öfter Barren derselben Form aus Gold, Silber, Erz und Blei (Lepsius Metalle Taf. I 11–14. 27. 28. 37. 38). [Gegen die nach anderen noch von Svoronos 174, Abbildung S. 176 vorgetragene Deutung eines Münzbildes von Damastion auf einen solchen Barren vgl. schon Willers XXXI 378, 15]. Auf ein bestimmtes Gewicht ausgebracht, d. h. justiert, sind diese Barren nicht, es kann sich höchstens um den hier und da unternommenen Versuch handeln, leidlich gleich große und darum auch annähernd gleich schwere Stücke herzustellen, was ja durch Verwendung gleich großer Gußformen leicht möglich war, und wofür die später zu erwähnenden römisch-campanischen Barren und deutsche Silberbarren des Mittelalters Analogien bieten (vgl. Regling Klio VI 502). Bei Zahlungen mit diesen Barren war stets die Wage nötig; metrologisch sind sie also kaum zu verwerten (so mit Recht Willers XXXVI 11, 1 am Schluß, vgl. Röm. Kupferprägung 5, 2; den gegenteiligen Standpunkt vertritt zurückhaltend Svoronos 172f. 178f., phantastisch Evans Corolla 358-363. Forrer 23ff.). Daher sind auch (Svoronos 177) die πελέκεις und ἡμιπέλεκκα der Ilias (XXIII 851) keine bestimmten Gewichtsgrößen und die Gleichsetzung beider Werte bei Hesych. s. πέλεκυς und ἡμιπέλεκκον (für Paphos) und Eustathios zu Odyss. XVIII 573 (für Kreta) mit (verschiedenen!) Gewichtsquanten gehört einer Periode an, wo sie zu Rechnungsmünzen wurden; als solche erscheint πέ(λεκυς) vielleicht auf einer Inschrift von Idalion auf Kypros (Svoronos 178). – Unerörtert bleibe, ob zur Beliebtheit der Doppelbeilform dieser Barren nicht auch die hohe sakrale Bedeutung des Doppelbeils, der λάβρυς, die uns die kretischen Ausgrabungen enthüllten, beigetragen hat (vgl. Svoronos 175f.). – Wir dürfen vielleicht auch die Notiz des Pausanias X 14, 1, wonach Periklytos aus Tenedos Doppeläxte in Delphi geweiht habe (eine Doppelaxt ist der ständige Münztypus von Tenedos und wird zuweilen durch Vorhandensein von Stützen als Kultusgegenstand bezeichnet, Imhoof-Blumer Ztschr. f. Numism. XX 274, 2 Taf. X 9), mit Babelon 75f. u. a. (s. aber die Bedenken von Wroth Classical review 1892, 472. 1893, 82) darauf beziehen, daß es sich hier um demonetisiertes Beil-G. handelte, das man, als es außer Gebrauch gekommen war, nach bekannter antiker [975] Sitte (Babelon 209f., wo auch Literatur darüber) im Tempel aufhängte.

Dafür haben wir nämlich ein zweites, monumental gesichertes Beispiel in der Weihung der eisernen Spieße (ὀβελοί, ὀβελίσκοι) durch König Pheidon von Argos: nach einer in den Lexicis erhaltenen Notiz (Orion s. ὀβελός. Etym. M. s. ὀβελίσκος) weihte dieser nach Einführung der Münze die bisher als G. üblichen ὀβελίσκοι der Hera von Argos, und die Ausgrabungen haben im Heraion von Argos ein mit zwei Eisenbändern umschnürtes Bündel eiserner Spieße von etwa 1,20 m Länge zu Tage gefördert (Svoronos 196ff. Taf. X–XII), die sogar das Erfordernis erfüllen, das die antike Etymologie stellt, wonach die δραχμή von sechs ὀβολοί so hieße, weil man sechs solcher Spieße in einer Hand fassen (δράξασθαι) könne (Belege dieser Etymologie bei Svoronos 192–194; dort auch die übrigen Belege für ὀβελίσκος). [Ob ein mit diesen ὀβελίσκοι zusammen gefundener breiter Eisenstab von eigenartiger Gestalt wirklich, wie Svoronos 198ff. Taf. X will, ein Maßstab für die Größe der ὀβελίσκοι ist, und ob er überhaupt in Beziehung zu diesen steht, bleibe dahingestellt]. An der Richtigkeit jener Angaben kann auch der Umstand nicht irre machen, daß Pheidon keineswegs, wie es in derselben Tradition und bei Ephoros (bei Strab. VIII 358. 376) sowie, gewiß aus Ephoros, im Marmor Parium ep. 30 (IG XII 5 p. 106. Jacoby Das M. P. S. 11; ebd. sind S. 93 die Parallelstellen angeführt) heißt, als erster, und zwar in Aigina, Münzen geprägt hat, da vielmehr Pheidon der Mitte des 8. Jhdts. angehört (vgl. zuletzt C. F. Lehmann Herm. XXXV 648f.) und auch Aigina schwerlich besaß, die ältesten aiginetischen Münzen aber frühestens in den Anfang des 7. Jhdts. fallen und auch nicht auf dem als pheidonisch zu bezeichnenden Gewichtssystem stehen (vgl. C. F. Lehmann Herm. XXVII 559f., s. auch Jacoby S. 93f. 158ff.). Pheidon führte wohl statt des bisher üblichen Gerät-G.s, der Spieße, Rohmetall ohne bestimmte Form als G. ein, zugewogen nach dem von ihm aufgebauten Gewichtssystem. Jedenfalls gewinnen die Angaben über die ὀβελίσκοι (bezw. ὀβελοί) σιδηροῖ (βουπόροι) als G.-Formen in Sparta und Byzantion (Plut. Lys. 17. Pollux VII 105. IX 77–78) durch die Auffindung jener argivischen Spieße Glaubwürdigkeit, und die Angabe bei Plut. Fab. Max. 27, wonach Epameinondas’ Armut sich dadurch offenbarte, daß bei seinem Tode οὐδεν εὑρεθῆναι πλὴν ὀβελίσκον σιδηροῦν, erhält nun erst ihre Pointe (Svoronos 193f.). Wir haben dann auch die ὀβελοὺς βουπόρους πολλοὺς σιδηρέους, die die Hetäre Rhodopis (zur Zeit Psammetichs) als Zehnten ihres Erwerbs nach Delphi stiftete (Herodot. II 135 u. a.; vgl. Karo Journ. int. d’arch. num. X 287ff.), als G. zu betrachten (die Hoffnung, die Basis dieser Weihgabe an Ort und Stelle gefunden zu haben, hat sich verflüchtigt, vgl. Karo 367). Aus der Nachricht betreffs Epameinondas und aus Plut. Lys. 17 ersehen wir, daß der Kleinverkehr in Sparta und Theben sich bis Ende des 5. und Anfang des 4. Jhdts. der Obeliskoi bediente, zu einer Zeit, als in Theben längst silberne Münzen geschlagen wurden.

[Zum Gerät-G. müßten wir auch die goldenen, [976] im Punzverfahren verzierten runden Goldplättchen von 5–7 cm Durchmesser rechnen, die in Mykene massenhaft gefunden wurden, wenn Svoronos 181–189 Taf. VI–IX Recht haben sollte, sie für Wiegeschalen (τάλαντα) zu halten und in ihnen die χρυσoῦ τάλαντα Homers (die Stellen bei Svoronos 182f.) zu erblicken; die Sache erscheint aber noch nicht spruchreif, doch ist Svoronos, namentlich gegen Ridgeway Origin 2–9 und passim, im Recht, wenn er in einem χρυσοῦ τάλαντον nicht den Ausdruck einer bestimmten Gewichtsmenge erblickt; vgl. Aristoteles im Schol. B zu Ilias XXIII 269].

Während so beim Gerät-G. – primitiver Auffassung entsprechend, die mit dem bloßen Rohmaterial den Begriff der Werthaftigkeit nicht verbinden konnte, sondern seine Verwendungsmöglichkeit vor Augen haben mußte – das Metall in gebrauchsfähiger Form umlief, dann wenigstens in einer Form, die an Gebrauchsformen sich anschloß, geht die weitere Entwicklung dahin, das bloße, vorgewogene Rohmetall als Umlaufsmittel und Wertmesser zu verwenden. Seine nahezu völlige Unzerstörbarkeit, beliebige Teilbarkeit, leichte Transportfähigkeit, gleiche und gleichbleibende Qualität, geringe Raumausdehnung und allseitige Nützlichkeit (vgl. Babelon 231) haben ihm zu dieser Rolle verholfen und es mit sich gebracht, daß es alle anderen G.-Arten allmählich überall aus dem Felde schlug. Die äußere Gestalt, die das als G. dienende Rohmetall nun annimmt, kann entweder die völliger Formlosigkeit sein, oder es kann das Metall in stereometrisch bestimmte Form (Barren) gebracht werden. Die Grenze zwischen diesen beiden Arten ist übrigens fließend, und beide kommen sowohl zeitlich wie örtlich nebeneinander vor.

Die erstere Art, die völlige Formlosigkeit, herrscht, wenn das Metall kursiert in der Gestalt roher Brocken oder beliebig gestalteter Stifte und Plättchen, oder auch in Stücken, wie sie entstehen durch Zerhacken von Gußstücken sowie von fertigem Schmuck und Gerät, in späterer Zeit auch von fremden Münzen, das alles dadurch wieder zum Rohmetall wird. Die typischen Beispiele hierfür lieferten bisher die sog. Hacksilberfunde des 9.–11. Jhdts. n. Chr. aus den Ländern östlich der Elbe (vgl. Luschin v. Ebengreuth Allg. Münzkunde und Geldgeschichtc des Mittelalters und der neueren Zeit 1904, 110. 139f.); neuerdings sind Hacksilberfunde aber auch in Sam’al (Sendschirli) (C. F. Lehmann Verhandl. Berl. Anthrop. Gesellsch. 1891, 519) und in Assur in Schichten des 9.–7. Jhdts. gemacht worden (Andrae Mitteilungen der Orient-Gesellschaft nr. 36, 1908, 22) und haben gelehrt, daß unter dieser Form die in den Keilschrifttexten so oft erwähnten Zahlungen zugewogenen Silbers (Babelon 55–58) erfolgten. Des Hacksilbers bediente man sich auch in Ägypten zur Zeit der Perserherrschaft: ganze und zerhackte griechische Münzen des 6.–4. Jhdts. haben sich, zum Teil zusammen mit ganzen und zerschnittenen Silbergußstücken, besonders in Form von Kugelsegmenten, ja auch mit zerbrochenem Schmuck und Gerät, schatzweise im Deltagebiet gefunden (Funde derart publiziert von Longpérier Revue num. 1861, 414ff. Taf. XVIII. Head Numism. [977] chron. 1886, 4–9 Taf. I. Greenwell Numism. chron. 1890, 1ff. Taf. I. II. Dressel Ztschr. f. Numism. XXII 231ff. Taf. VIII, hier zuerst der G.-Charakter dieser Fundmassen erkannt. Milne Revue archéol. 1905 I 257ff. Zwei neue besonders charakteristische Funde derart, noch unpubliziert, im Berliner Münzkabinett. Funde derart ohne Beimischung von Münzen: Brugsch Annales du service des antiq. de l'Ég. VII 1906, 16). Auch in Spanien sind Funde von Bruchsilber in ganzen oder zerbrochenen Stängchen und Barren zusammen mit ganzen und zerhackten fremden Münzen (bis ins 3. oder 2. Jhdt. v. Chr. reichend) und zum Teil auch mit Schmucksachen gehoben worden (Willers XXXIV 42 Anm.): sie erläutern die Stelle bei Strab. III 155, wonach die Lusitaner sich Klein-G. durch Abschlagen kleiner Stücke von Silberplatten (ἔλασμα) schufen, was auch von den Äthiopen berichtet wird (Peripl. maris Erythr. bei Müller Geogr. gr. min. I 262: προχωρεῖ ὀρείχαλκος, ᾧ χρῶνται εἰς συγκοπὴν ἀντὶ νομίσματος). Dem Hacksilber begegnen wir dann noch in einem irischen Funde, gehoben bei Ballinrees unweit Coleraine, aus dem Anfang des 5. Jhdts. n. Chr., der ganze und zerhackte römische Silbermünzen, ganze und zerbrochene Silberriegel, gestempelte Silberbarren und zerbrochenen Schmuck enthielt (Willers XXXI 370ff.; vgl. u. S. 982).

In Mittelitalien diente mindestens vom Beginn der Eisenzeit (um 1000 v. Chr.) bis ins 4., ja bis ins 3. Jhdt. v. Chr. hinein vornehmlich zugewogenes Kupfer als Umlaufsmittel und Wertmesser (daher schreibt sich die Etymologie von aestimare Festus p. 24, von aerarium Varro de l. l. V 182; dort und bei Plin. n. h. XXXIII 42 findet man noch eine ganze Reihe von Beispielen dafür, welche grosse Rolle das Wort wägen, pendere, in der Bildung der G.-Begriffe spielt; ein Kaufakt geschieht per aes et libram, Festus p. 165 a). Rohe Brocken Kupfers (aes rude Plin. n. h. XXXIII 43) haben sich nämlich schätzweise in Italien einschließlich Sardiniens, dann auch in Kroatien und Bosnien gefunden, und sie verraten ihren G.-Charakter auch darin, daß sie z. B. im Brunnenfund von Vicarello sich untermischt mit Münzen fanden (Willers Kupferprägung 22; mehr Literatur über diesen Fund bei Babelon 200, 2) und daß schon in den Brandgräbern der Villanovakultur (etwa 1000–700 v. Chr.), dann auch in späteren Gräbern Mittelitaliens bis ins 4. und den Anfang des 3. Jhdts. dem Toten solche Brocken (raudus) als Weihgabe an die Unterirdischen mit-, zuweilen geradezu in die Hand gegeben waren (vgl. über das aes rude v. Kaufmann Verhandl. d. Ges. f. Anthrop. 1886, 144ff. Willers Kupferprägung 18ff.; Abbildungen ebd. 20f., ferner bei v. Sallet Ztschr. f. Numism. XIII 77. Garrucci Monete dell’ Italia antica Taf. I–VI; der bedeutendste Fund östlich der Adria ist der von Mazin, vgl. Brunšmid Vjesnik hrvatskoga arheološkoga društva neue Serie II 42–81 mit vielen Abbildungen, deutsches Referat von Bahrfeldt Der Münzfund von Mazin, 1901, aus den Berliner Münzblättern; zwei Nachträge von Brunšmid Vjesnik n. S. IV 81–86 und VI 167–170; andere östliche Funde derart zählen Brunšmid II 46 und Bahrfeldt 1 auf).

An weiteren Beispielen für formloses Rohmetall-G. seien noch die Goldkörnchen genannt, die, [978] Kugeln, Knollen, Linsen oder Datteln gleichend, schon in Troia (Dörpfeld Troia und Ilion 361), dann in Enkomi auf Kypros (vgl. weiter unten), in Etrurien (Garrucci 47 Taf. LXXI 1–3), auch auf keltischem Gebiete (Forrer Kelt. Numismatik 1908, 263f.) sich gefunden haben, in denen die Inder ihren Tribut an den Großkönig zahlten (Herodot. III 94, ψῆγμα) und die auch in athenischen Schatzurkunden des 5. Jhdts. v. Chr. als φθοῖδες χρυσίου vorkommen (IG I suppl. n. 184. 185 p. 34 viermal; vgl. Boeckh CIG I p. 219 und Staatshaushaltung der Athener3 66. Hesych. s. φθοίς). Doch ist der G.-Charakter dieser Stücke kaum irgendwo streng beweisbar. Vielleicht gehören dieser Kategorie auch manche der kleinasiatischen Elektronklümpchen an, die wir gewöhnlich schon als Münzen betrachten (Beispiele bei Babelon Traité des monn. grecq. et rom. II. partie 6ff., Abbildungen III. partie Taf. I 1–13).

Die zweite Art des vorgewogenen Rohmetall-G.s ist der Barren, ein in eine stereometrisch bestimmte Form gebrachtes Metallstück. Schon im alten Ägypten sind Barren jeglichen Metalles (Gold, Silber, Kupfer, Blei) in verschiedensten Formen als vorgewogenes Umlaufs- und Zahlungsmittel aus den Wandgemälden nachweisbar (Lepsius Metalle Taf. I, danach kurz Babelon 48ff. 366f. Svoronos 173ff.), ebenso im Zweistromlande (Babelon 55f. 367f.; der allgemeinen Annahme, daß die ägyptische Hieroglyphe für die Gewichtseinheit deben, eine gewundene Linie besonderer Art, auf Umlaufsmittel in Gestalt von Kupferdeben aus so gewundenem Draht schließen läßt – Erman Aegypten 657. Babelon 51 usw. – tritt entgegen Willers Kupferprägung 3, 2). Auf klassischem Boden haben wir, außer den bereits behandelten doppelbeilförmigen Kupferbarren der minoischen Periode, aus den troischen Ausgrabungen – und zwar aus der zweiten Schicht, also Jahrhunderte vor der Blütezeit der mykenischen Kultur – einen Schatz von zungenförmigen Silberbarren, die an die Form von Flachkelten erinnern (Goetze Globus LXXI 217–220. Dörpfeld Troia und Ilion I 328. 362 Taf. 44 II; vgl. auch Forrer 47f. Tab. III), für deren Gestalt auf die ,Zunge Goldes‘ im Buche Josua VII 21. 24 verwiesen sei; auch ein Eisenbarren von ganz gleicher Gestalt hat sich in der zweiten Schicht von Troia gefunden (Götze 219). Aus Troia stammen auch schmale Gold- oder Elektronstangen von je ca. 10 cm Länge mit zahlreichen Kerben, die das Zerbrechen in ungefähr gleich große Stücke erleichtern sollten (Dörpfeld Troia und Ilion I 334. 361 Taf. 44 IV. Forrer 48f. Tab. III; ganz ähnlich eingekerbte Goldbarren aus einem gallischen Schatzfund: Blanchet Traité des monn. gauloises 25; auch nordische Silberbarren des Mittelalters zeigen oft solche Kerben). Recht zweifelhaft ist es dagegen, ob die in Enkomi (unweit Salamis) und Amathus auf Kypros aufgefundenen Bruchstücke von Goldbarren und Goldknollen Umlaufszwecken dienten, jedenfalls ist es kaum angängig, sie zu metrologischen Untersuchungen zu benützen, (wie Evans Corolla 354f. 364–367 tut; dort S. 354 auch ein ähnliches Barrenbruchstück aus Mykene, S. 363 ein Silberknollen aus Knossos. Auch Forrer 50–52 Tab. [979] XVI. XVII versucht, vereinzelte Barren, Knollen und Klumpen aus Gold, Silber oder Kupfer verschiedener Herkunft metrologisch zu verwerten. Hill Brit. Mus. Cat. of greek coins, Cyprus S. XX–XXII lehnt mit Recht derartige Versuche ab). Das älteste Beispiel eines beschrifteten Barrens ist der Silberbarren in Form einer gewölbten Rundscheibe mit der eingeritzten aramäischen Aufschrift des Hetiterkönigs Bar Rekub Bar Panammu von Sam’al (Sendschirli) in Nordsyrien um 700 v. Chr. von etwa Minengewicht (im Besitz des Herrn Pfarrer Lohmann, Photogramm bei den Akten des Berliner Münzkabinetts); seine Form entspricht einfach dem Boden des Gußtiegels; diese Form fanden wir schon bei den Silberkuchen der ägyptischen Hacksilberfunde, sie zeigt auch ein jüngst zusammen mit römischen Denaren aus der Zeit des Sertoriuskriegs und mit einigen Silberbruchstücken bei Santa Elena (Jaën, Spanien) gefundener halbierter Silberbarren mit eingeritzter keltiberischer Aufschrift (H. Sandars Revue num. 1905, 403. 511 mit Abbildung); dieselbe Form zeigen ferner sehr häufig die Silberbarren des deutschen Mittelalters. Die Nachricht des Herodot (III 96), wonach der Großkönig das als Tribut in mannigfachen Formen eingehende Edelmetall in Tongefässe (πίθους κεραμίνους) gegossen, dann das Gefäß zerschlagen und bei Bedarf von dem Metallstück die benötigte Menge abgeschlagen habe, wird durch solche der Form des Gußtiegels entsprechende Barren illustriert. – Vereinzelt steht ein schmaler Silberbarren aus einem ägyptischen Schatzfunde des 3. Jhdts. v. Chr. (vgl. Ztschr. f. Numism. XXVI, Jahresber. S. 80). – Aus der Literatur sind von Barren noch bekannt die (nicht zum Umlauf bestimmten) Ziegelsteinbarren (ἡμιπλίνθια) aus Gold und Weißgold, die Kroisos nach Delphi stiftete (Herodot. I 50, dazu Babelon 220ff.), und die κεραμίδες ἀργυραί und πλίνθοι χρυσαῖ und ἀργυραῖ in Egbatana (Polyb. X 27, 12; Ziegelsteinform finden wir auch im alten Ägypten für Gold und Silber, Lepsius Metalle Taf. I 15. 25. 26, für Kupfer und Blei ebd. S. 119. 120); über die lateres der Römer s. weiter unten. Welche Form die in Tempelinventaren von Oropos und Delos (IG VII 303. Homolle Bull. hell. VI 94. 134) vorkommenden χύματα Goldes und Silbers hatten, wissen wir nicht.

Zu den Barren zu rechnen sind endlich auch die Eisenfladen, πέλανοι, der Spartaner (Belege und Literatur: Babelon 79. Svoronos 190–192); die Nachricht von ihrer Existenz ist, abgesehen von der törichten moralisierenden Begründung ihrer Einführung (vgl. bes. Plut. Lyc. 9), unbedingt historisch: wir kennen einmal aus dem Ende des 5. oder Anfang des 4. Jhdts. wirkliche peloponnesische Eisenmünzen (Köhler Athen. Mitt. VII 1ff. 377ff.: Argos, Heraia, Tegea. Blanchet Journ. internat. d'arch. num. X 270ff.: Megara. Lederer Blätter für Münzfreunde 1908, 3923: Arkadischer Bund; eiserne Münzen bezeugt für Byzantion Pollux IX 78, für Klazomenai Aristot. oec. II 1348 Bekk.); sodann aber haben die Ausgrabungen in Sparta wirklich eiserne lumps and bars zutage gefördert (Dickins Annual of the brit. school at Athens 1906/7, 173). Die Angabe, daß die Fladen je eine aiginetische Mine gewogen hätten, wird sich freilich (vgl. o. S. 975) bestenfalls auf [980] eine ungefähre Gewichtsausbringung beziehen, die die Wage nicht überflüssig machte, und die Wertgleichungen eines πέλανος bald mit einem Obol bald mit vier Chalkoi (Belege bei Babelon 370. Svoronos 190. 191) sind nur Abschätzungen des Metallwertes im Vergleich mit anderwärts bereits eingeführten Münzen. – Über die taleae ferreae der Briten s. u. S. 983.

In Italien stehen zur Zeit der Rohkupferwährung neben dem aes rude auch Kupferbarren (gemeinhin wenig glücklich aes signatum benannt), teils mit Zweigmuster (oberitalischen Ursprungs), teils mit Fischgrätenmuster, dem sich zuweilen auf der anderen Seite andere Bilder zugesellen, endlich solche mit Mondsicheln oder einem von Gewichtsmarken begleiteten A (= as?), die letztgenannten Gruppen etruskischen Ursprungs; diese verschiedenen Muster sind wohl Fabrikmarken und sollen (gegen Babelon 89. 118) wohl schwerlich ein Zerteilen der Barren in etwa gleich große Stücke erleichtern. Der Form nach sind diese Barren bald abgestumpfte Steilpyramiden, bald dicke Platten; ihr Kupfergehalt ist recht verschieden. Gefunden haben sie sich, fast ausschließlich in Bruchstücken, teils allein, teils zusammen mit aes rude und gegossenen oder geprägten Münzen in Ober- und Mittelitalien sowie auch in den S. 977 erwähnten Schätzen aus Kroatien und Bosnien. Sie sind Rohmetall in handliche Form gebracht und dienten bei Großzahlungen statt und neben der Münze, eine Verwendung, für die ein Teil dieser Barren von Anfang an bestimmt gewesen zu sein scheint (Hauptarbeit: Willers XXXVI 1ff.; dort die ältere Literatur; Abbildungen dort und bei Garrucci Taf. VII-XII. XXV. XXVI). Umlauf von Barren noch neben der Münze ist ja auch sonst, besonders in Zeiten von Mißwirtschaft im Münzwesen, so in der spätesten römischen Kaiserzeit und im deutschen Mittelalter, zu belegen, und heute noch dient der Goldbarren zu Großzahlungen.

Ihre direkte Fortsetzung finden diese italischen Rohbarren in den schönen römisch-campanischen Kupferbarren mit beiderseits aus der Form gepreßten Bildern wie Stier-Rind, Elefant-Schwein, Pegasus-Adler (diese mit der Aufschrift ROMANOM); sie haben sich, meist in Bruchstücken, einzeln oder schatzweise, allein oder mit aes rude, Rohbarren, gegossenen oder geprägten Münzen in Mittelitalien gefunden, auch in den erwähnten Schätzen aus Kroatien und Bosnien. Ohne irgendwie justiert zu sein, wiegen sie 1000–1790 g, d. h. etwa 3–5 römische Pfund (vgl. über diese Barren namentlich Bahrfeldt Münzfund von Mazin 23ff. Haeberlin Systematik des älteren römischen Münzwesens 1905, 28ff. Milani Rivista ital. di num. IV 27–116; Abbildungen bei Milani Taf. II-XIII. Garrucci Taf. XIII-XXIV. Dressel Beschreibung d. antik. Münzen d. Kgl. Museen zu Berlin III Taf. AB bis GH; ein von Gnecchi Rivista ital. di num. XIX 143ff. Taf. III. IV publizierter Barren mit Prora und Krug ist falsch, vgl. Haeberlin Ztschr. f. Numism. XXVI 145ff.). Der Zeit nach fallen sie, wie der Stil lehrt, in die zweite Hälfte des 4. und den Anfang des 3. Jhdts. v. Chr. (die Zeitansetzungen von Milani 66ff. sind, wie allgemein anerkannt, verfehlt. Haeberlin 29ff. [981] versucht die einzelnen Barren den verschiedenen römisch-campanischen Münzserien anzufügen, bestreitet 56ff. ihren G.-Charakter und läßt sie hergestellt sein, nur um bei symbolischen Handlungen, z. B. der mancipatio [Festus p. 265a. Mommsen Röm. Münzwesen 170f.], das aes rude zu ersetzen; vgl. zu beiden Punkten die Zweifel von Regling Klio VI 500f.). – Daß sich im römischen Staate die Gewohnheit, größere Summen in Barrenform aufzuspeichern, weiterhin erhalten hat, zeigen die Angaben über die Barrenbestände des aerarium der Republik: lateres aurei, Plin. n. h. XXXIII 56, Zeit Caesars; lateres aurei et argentei, Varro bei Nonius p. 520 M., vgl. auch p. 131 M.; s. Mommsen Röm. Münzwesen 308. 401f. und Kubitschek o. Bd. I S. 668 Art. Aerarium; den Ausdruck lateres braucht für Barren noch Tacitus ann. XVI 1, hernach wird regula üblich, vgl. schon Plin. n. h. XXXIV 94: (Cyprium) regulare, die Vulgata Josua VII 21. 24: regula aurea, das Edict. Diocl. c. 30, 1a, CIL III p. 1923.[1] 1951: χρυσοῦ βρύζης ἐν ῥηγλίοις – dazu Willers XXXI 48 – und Paulus Diac. hist. Langob. III 6: regulas aeris quae ita erant coloratae ut auri probati atque examinati speciem simularent. Auch haben sich zweimal Gold- bezw. Silberbarren in Italien in republikanischen Denarschätzen gefunden (Willers XXXIV 42 Anm.).

Das Fortleben der Barren in der Kaiserzeit ist durch die Funde bezeugt: kleine Silberriegel fanden sich im Schatze von Ballinrees bei Coleraine (Irland, Anfang 5. Jhdts., vgl. o. S. 977; Abbildungen bei Willers XXXI 383); je ein Gold- und Silberbarren, geformt dieser wie ein schiefes Parallelepipedon, jener wie ein Pyramidenstumpf, je fast 12 römische Pfund schwer, fand sich in Italica bei Sevilla in einem Goldmünzschatz des 2. Jhdts. (Willers XXXIV 38ff. mit Abbild.). Ein Schatz von Goldbarren, oder Teilen von solchen, in Form unserer Siegellackstangen, die vollständigen je um reichlich 1–11/2 röm. Pfund schwankend, fand sich 1887 unweit Czófalva in Siebenbürgen; sie tragen eingestempelte Aufschriften, die sich auf die Prüfung und die Garantie des Feingehalts durch Wardeine der Münzstätte Sirmium beziehen, zum Teil auch drei Kaiserbilder, Valentinianus I., Valens und Gratianus 367–375 oder nach anderen Theodosius I. mit seinen Söhnen 393–395 darstellend (Kenner Num. Ztschr. XX 19ff. Taf. II–IV, die übrige Literatur bei Dressel Fünf Goldmedaillons, Abh. Akad. Berl. 1906, 5, 1; dazu siehe jetzt Auktionskatalog der Münzsammlung Weber 1909 nr. 2936. 2937 Taf. LVIII. LV). Ein Fragment eines gleichen Goldbarrens, aber mit dem Stempel Proculus cocxit, angeblich in Bulgarien gefunden, war in der Münzsammlung Weber nr. 2938 Taf. LVII. Eine Anzahl Goldbarren derselben Form, jedoch einer von ihnen kahnförmig ausgehöhlt, fanden sich in Ägypten, vielleicht in dem großen, um 300 vergrabenen Goldschatze von Abukir; sie tragen, soweit sie erhalten sind, gleichfalls Stempel, die sich auf die Läuterung (coxit), Prüfung (probavit) und Garantie (signavit) durch Beamte beziehen (Hill Proceedings soc. antiquaries XX 90ff.; die übrige Literatur bei Dressel 4, 1). Endlich ist ein solcher Feinheitsstempel in einem Bleiprobeabschlag erhalten (Kubitschek Numism. Ztschr. [982] XLII 33ff.). Wegen der literarischen Belege für Barren der Kaiserzeit (regula usw.) s. o. S. 981. – Ganz anders, nämlich in geschweift viereckigen Platten, durchaus an die alte Doppelbeilform (s. o. S. 973f.) erinnernd, erscheinen die Silberbarren des 4. und 5. Jhdts.: ein Schatz von dreien hat sich zu Dierstorf in Hannover gefunden, je ca. 11 × 8 cm groß und fast ein römisches Pfund schwer, mit Stempeln, die sich auf die Läuterung des Silbers durch Beamte der Münzstätten Rom und Trier beziehen, einer dazu mit einem Stempel, der zwei Kaiserbilder enthält, wohl Galla Placidia und Valentinianus III. 425–437 (Willers XXX 211ff. Taf. VIII. XXXI 35ff.; Bronzeeimer von Hemmoor 231ff. Taf. XI); sodann sind Silberbarren in England gefunden worden, einer in London zusammen mit Goldmünzen des Arcadius und Honorius, drei bei Ballinrees unweit Coleraine in Irland zusammen mit ,Hacksilber‘ und ganzen und zerhackten Silbermünzen, die bis an den Anfang des 5. Jhdts. reichen, in Größe und Gewicht den Dierstorfern entsprechend, aber einer halbpfündig, gestempelt von privaten Unternehmern (Willers XXXI 367ff. Taf. XII; Hemmoor 237f. Taf. XII). Von Privaten in Punktmanier beschriftet sind die silbernen Barren aus einem Schatze von Šabač in Serbien, die dieselbe Gestalt haben, aber je etwa zweipfündig sind (CIL III 6331.[2] Willers Hemmoor 238f. mit Abbildung).

Überall im Reiche also bediente man sich neben und statt der Münze im 4. und 5. Jhdt. auch der Barren; bestimmten doch zwei Verfügungen Constantins I. vom J. 325, daß Goldmünzen und ungemünztes Gold (materia) gleichermaßen bei den kaiserlichen Kassen nur nach Gewicht genommen werden sollten, wodurch die Vorzugsstellung der Münzen geradezu aufgehoben und eine Goldbarrenwährung geschaffen wurde (Mommsen Röm. Münzwesen 835–838. Willers XXX 211f. 224. XXXI 380f.; Hemmoor 224ff.). So wurde geläutertes Gold und Silber (aurum ad obrussam, argentum pusulatum), nach Pfund vorgewogen, wieder Zahlungsmittel und auch Rechnungsmünze.

[Die sehr verschieden geformten Barren aus anderem Material, namentlich Blei, dann Kupfer, Eisen und Zinn, welche im ganzen Gebiete des römischen Reiches sich gefunden haben, oft mit Fabrikationsinschriften und Gewichtsangaben versehen, haben nicht als Umlaufs- und Zahlungsmittel gedient, sondern sind nur die Form, in der die Bergwerke ihre Produkte auf den Markt brachten; vgl. die allgemeinen Bemerkungen von Mommsen Ztschr. f. Numism. XVI 353. Gurlt Bonn. Jahrb. LXXIX 1885, 251–253. Willers Numism. Ztschr. XXXI 378. XXXIV 41 und den mit reichen Literaturangaben ausgestatteten Artikel forma bei Daremberg-Saglio II 1243f., dazu u. a. für gestempelte Barren noch CIL IX 6091.[3] X 8073[4] (mit p. 1002). 8339. XIII p. 718f. XV 7914–7920. Hübner Exempla scripturae 1204–1212. Villefosse Revue arch. 1907 I 63ff. Merlin Comptes Rendus de l’acad. des inscr. 1909, 664; für ungestempelte Barren aus Bronze bezw. Eisen vgl. z. B. Willers XXXI 385. Forrer 54 Tab. XIX. – Eine besondere Rolle spielen die (ungestempelten) britannischen schwertblattähnlichen [983] Eisenbarren, die man in England schatzweise gefunden hat und früher für unfertige Schwerter nahm; man will in ihnen jetzt die taleae ferreae ad certum pondus examinatae, die die Briten als G. benützten (Caes. bell. Gall. V 12), erkennen, s. R. Smith Proceedings soc. antiquaries XX 179–194. XXII 38. 337–341; vgl. auch Haverfield Archäol. Anzeiger 1905, 98f.].

Fassen wir kurz die wesentlichen Momente zusammen, welche von den hier bis in ihre letzten, zeitlich längst mit den Münzen zusammenfallenden Ausläufer verfolgten roheren Formen des Metall-G. zur Münze überleiten: Schon beim metallenen Gerät-G. und beim Barren beobachteten wir das Bedürfnis, durch Zerteilen der Ringe oder Zerhacken der Barren, die hier und da durch Einkerbungen gleich darauf eingerichtet wurden, Klein-G. zu schaffen. Dies Bedürfnis führte schließlich von dem großen Metallklumpen auf kleine und handliche, also runde Metallstückchen. Sodann bemerkten wir die Tendenz, die einzelnen Stücke in ihrem Gewicht den herrschenden Gewichtseinheiten anzupassen, wodurch das Vorwiegen bestimmter Mengen natürlich erleichtert wurde: doch muß davor gewarnt werden, genaue Justierungen in solchem Schmuck- und Gerät-G., in den einzelnen Stücken formlosen Rohmetalls und in den Barren finden zu wollen (gegen Ridgeway Origin passim, Forrer passim und Evans Corolla 337. 353–366; auch Babelon hat sich in den Origines de la monnaie mehrfach zu sehr nach dieser Richtung hin verleiten lassen. Die Möglichkeit solcher Justierung in einzelnen Fällen soll übrigens damit nicht geradezu geleugnet werden). Endlich bedeutet die Einritzung des Königsnamens auf dem aramäischen Barren, die Verwendung offizieller Bilder und einmal geradezu der Staatsaufschrift ROMANOM auf den römisch-campanischen Barren (sicher später dann die Stempelung der römischen Gold- und Silberbarren) zweifellos eine öffentliche Garantie für einen bestimmten Feingehalt, wofür auch wieder die hier urkundlich erläuterten Verhältnisse des deutschen Mittelalters eine belehrende Analogie bieten (Regling Klio VI 501f.). Durch die gesetzmäßige Vereinigung dieser drei Momente, d. h. der auch zu Kleinzahlungen geeigneten handlichen Form, der öffentlichen, durch einen Stempel bezeichneten Garantie für ein bestimmtes Gewicht und einen bestimmten Feingehalt, hat sich, nicht so sehr durch einen einmaligen Akt als durch allmähliche Entwicklung (Babelon 181ff.), aus dem Rohmetall die Münze gebildet. Dieselbe finden wir in diesem Sinn zuerst ausgebildet etwa zu Beginn des 7. Jhdts. in den griechischen Städten des westlichen Kleinasiens, die damals unter lydischer Oberhoheit standen. Daher wohl gelten die Lyder als Erfinder der (Gold- und Silber-)Münze bei Xenophanes (Pollux IX 83) und Herodot (I 94; wenn man nicht etwa den Hauptakzent hier auf die Nennung von Gold und Silber legen und die Stelle auf Kroisos beziehen will als den, der statt der Elektronmünzen zuerst reines Gold bezw. reines Silber zur Vermünzung brachte, wie dies zuletzt Head Brit. Mus. Cat. of greek coins, Lydia S. XX tut; die ältere Literatur bei Babelon 216, 1 und Traité II, I 227, 1). Die Münze verbreitet sich von da noch im Laufe des 7. Jhdts. auf die Inseln und [984] die großen Kulturzentren des eigentlichen und namentlich auch des nördlichen Griechenlands, um bald auch in der Kyrenaika, in Großgriechenland und auf Sizilien Wurzel zu fassen; vgl. dazu die einzelnen Stichworte und den allgemein orientierenden Artikel Münzwesen.

Anmerkungen (Wikisource)[Bearbeiten]

  1. Corpus Inscriptionum Latinarum III, 1923.
  2. Corpus Inscriptionum Latinarum III, 6331.
  3. Corpus Inscriptionum Latinarum IX, 6091.
  4. Corpus Inscriptionum Latinarum X, 8073.