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ADB:Döhler, Johann Georg

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Artikel „Döhler, Johann Georg“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 295–297, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:D%C3%B6hler,_Johann_Georg&oldid=- (Version vom 19. Dezember 2024, 08:10 Uhr UTC)
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Döhler: Johann Georg D., ein populär-juridischer Schriftsteller zu Anfang des 18. Jahrhunderts, wurde am 28. Juli 1667 zu Ohrdruf in Thüringen geboren, wo sein Vater Bürgermeister war. Seine erste Erziehung erhielt er in Jena bei seinem mütterlichen Großvater, Universitätssecretär J. Graius, nachdem dieser jedoch gestorben war, zu Ohrdruf selbst, wo er die dortigen Schulen besuchte und zugleich, so bald dies thunlich war, von seinem Vater in dessen eigene Amtsgeschäfte eingeführt wurde. Eine Folge dieser praktischen Erziehung war, daß er mit um so größerem Nutzen 1686 zum Studium der Rechtswissenschaft die Universität Jena bezog, wo er die philosophischen Collegia bei Joh. Andr. Schmidt, Paul Hebenstreit, Joh. Christoph Weigel und Joh. Christoph Hartung, die Rechtsgelahrtheit aber bei Port hörte. Hier verweilte er bis 1690, nachdem er inzwischen auf kurze Zeit auch die Universitäten Altorf und Leipzig besucht hatte. Im J. 1692 wurde er unter die Zahl der Hofadvocaten in Eisenach aufgenommen, erhielt 1702 die juristische Licentiaten- und 1703 die Doctorwürde zu Jena und nahm 1705 ein Vormundschaftscommissariat in Eisenach an. Im Jahre vorher war ihm eine Amtmannsstelle und 1708 die Stelle eines Polizeirathes angeboten worden, die er aber beide verbat. Denn so sehr man seine Gewissenhaftigkeit bei der Advocatur anerkannte, so setzte er sich doch eben deshalb vielen Verfolgungen aus, besonders da ihn die Regierung in einer gewissen gefährlichen Injuriensache ex officio zum Advocaten ernannt hatte. Seine Lage änderte sich indessen, als ihn Landgraf Christian von Hessen-Rotenburg im J. 1711 zu seinem Rathe ernannte. In dieser Stellung verblieb er bis 1716, wo er als Hof- und Justizrath nach Meiningen und 1719 nach Hildburghausen als Hof- und Consistorialrath, sowie als Professor der Rechte am akademischen Gymnasium berufen wurde. Alle diese Aemter legte er jedoch 1722 freiwillig nieder, weil er das Recht höher hielt als die Gunst großer Herren und begab sich nach Frankfurt a/M. Noch in demselben Jahre folgte er aber einer Vocation nach Gera als erster Hof- und Consistorialrath und hier starb er, seit 1724 Gemeinschaftsrath der Grafen von Reuß, Kanzler, Consistorialpräsident, auch Inspector des Gymnasiums, am 17. Novbr. 1749.

Unter seinen Schriften sind (Fr. Wilh. Strieder, Hessische Gelehrtengesch. III. 141–142) die zwei bedeutendsten: „Processualische Mausefalle oder kürzliche Vorstellung, wie es insgemein bei Processen herzugehen pfleget und was man dabey gutes zu hoffen habe; nebst den Mitteln, wie diesen Mausfallen zu entgehen“, Coburg 1723. 1724. 1745. 1750, mit 1 Kupfer; Frankfurt a/M. 1750. „Der Schein und das Seyn des Richterlichen Amtes; d. i. kurze doch gründliche Unterweisung, wie ein junger Mensch und Studiosus, welcher dereinst ein richterliches Amt antreten und in Kanzeleyen und Gerichtsstuben sich gebrauchen lassen will, oder darin gezogen wird, sich dazu anschicken, was er vorher, oder bey seinem Amt noch lernen und wissen, auch was vor Qualitäten er haben müsse. Ingleichen, was er bey seinem richterlichen Amte zu suchen und zu erwarten habe“, 1728. 1745. – In diesen beiden zu ihrer Zeit sehr hochgeschätzten und noch jetzt lesenswerthen Schriften zeigt sich der Verfasser als ein Eiferer für die Wahrheit und sucht in Folge seiner großen Erfahrung die geheimen Kunstgriffe und Ränke, besonders der Advocaten, zu enthüllen und unschädlich zu machen. Und in so hoher Achtung standen Döhler’s Schriften bei seinen Zeitgenossen, daß sogar der große, eine freie Bewegung in Wissenschaft, [296] Kirche und Staat anstrebende und daher in fortwährendem Kampfe mit der Barbarei der Schulen, Gesetze und Gerichte (Hexenprocesse) lebende hallische Professor Christian Thomasius diese Schriften nicht nur bei seinen öffentlichen Vorlesungen zu Grunde legte, sondern sie auch seinen Zuhörern aufs dringendste zum Selbststudium empfahl. Ein gleiche oder ähnliche Tendenz verfolgten die theilweise mit Satire oder Humor geschriebenen Schriften anderer Verfasser jener und der späteren Zeit, wie: „Von der juristischen Windmacherei“, Jena 1686. „Veriphantor, Wie auffrichtige und gewissenhafte Advokaten gute, hingegen Rabulisten böse Christen seyn“, o. O. 1715 (Em. Weller, Index Pseudonym., S. 254). „Die Religion eines Juristen“, Frankf. 1720. „Alb. Spinetto, Politische Schnupftabacksdose vor die wächserne Nase der Justiz“, Frankf. 1739, Jena 1766. „Ueber die Chikanen der Rechtsgelehrten“, o. O. 1806. – Als juridische Dissertationen behandelten dieses Thema u. a. Ar. Mor. Holtermann, De nequitia Advocatorum, von Tücken und Bubenstücken der Advokaten, Marburg 1679. M. Chr. Donndorf, Risus juridicus, Lipsiae 1699. Joh. Ad. Stein, Juristen böse Christen, Gissae 1719. (Entgegen: J. P. Schmidt, Juristen gute Christen, Rostock 1730. – Bei den alten Deutschen vertheidigte ein jeder sich selbst oder seine Freunde sprachen für ihn. In den späteren Zeiten des Anwuchses der päpstlichen Herrschaft wurden die Advocaten für verdächtig gehalten, weil sie die weltliche Herrschaft des Papstes nicht für göttlichen Ursprungs halten wollten; daher das Sprichwort „Juristen, böse Christen“.) Fr. Amand. Trautmann, Von Advokaten-Streichen, Jena 1720. Joh. Georg Fichtneri De cereo iuris naso, Nurnb. 1724. Joh. Fr. Püchelberger, Das Recht habe eine wächserne Nase, Altd. 1724. J. D. Geibel, Kleine Diebe hängt man, die großen strafft man im Beutel, Altd. 1726. C. W. Kreuter, De odio veterum Germanorum erga advocatos …, Corbach 1786. Es werden ferner erwähnt: Fr. Gerdesii Disput. von juristischen Fündgen, Leipz. 1717; Joh. Munsteri De stratagematibus, Aboae 1707; B. Strykii Diss. de Conscientia Advocatorum und dessen „beschämter Geschenk-Fresser“; Zaunschlifferi Miles togatus etc. Uebrigens nennt schon Apulejus im 10. Buche seiner Metamorph. die Advocaten „vilissima capita. forensia pecora ac togatos vultures“. Ueber anderweitige proverbiale Anzüglichkeiten auf die Juristen, Richter und Advocaten vgl. u. a. Hugo v. Trimberg im Renner (Bamberg 1833–34. V. 8467); Seb. Brant (Narrenschiff ed. Zarncke, 1854. S. 70 Nr. 71); Geiler v. Kaisersberg (Mariä salbung, Straßb. 1520. Fol. Bl. II. 1b. und Narrenschiff 1498. Fol. Bl. XXXIX 2a); Luther Werke. Jena 1555 ff Fol. Tom. I. Bl. 269b.); Seb. Franck (Von d. bawm des wissens guts vnd böses, Vlm [1528]. Bl. 158b.); Reineke de Vos (Frankf. 1575. Bl. 37a); K. Fr. W. Wander, Sprüchwörter-Lexikon (Leipzig 1870. II. S. 1082). Geiler v. Kaisersberg (Irrig Schaf, Straßb. 1505. Fol. Bl. A ijb) sagt: „Es ist ein gemaynes sprichwort. Roller. Zoller. Schörgen. Vörgen. Ertzet Poeten vnd Juristen. sind siben bößer cristen“ und Thomas Murner endlich in seiner Schelmenzunft, Augsb. 1513 (Bl. a v, a/b) läßt sich hierüber also aus:

Es haißt ain volck zu teütsch Juristen
wie seind mir das so seltzam christen
Das recht thuon sy so spitzig biegen
vnd kündens wa man will hin siegen
Codex 1 Lodex 1 Decretal
Hurenkinder 1 guldin zal
Bartolus 1 Baldus 1 das Decret
das fürtuch das metz vnmuoß het
Jüdscher gsuoch 1 juristen buoch
als es yetz stat vmb Mechelsch tuoch

[297]
So hilft kain bleyen sigel dran

man bescheißt schier damit yederman
Vor Juristen solt du dich hietten
vnd vor niederländischem bieten …

Die Titel anderer minder wichtiger Schriften Döhler’s (worunter auch eine „Dissertatio de jure florum“, 1691) sind bei Strieder a. a. O. nachzulesen.

Vgl. außerdem Beyträge zur Historie der Gelahrtheit I, Hamburg 1748. S. 137 ff. Dunkel’s Historisch-kritische Nachrichten von verstorbenen Gelehrten I. S. 190. (Nach Abfassung dieses Artikels erschien: Stintzing, Das Sprüchwort „Juristen, böse Christen“ etc., Bonn 1875.)