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ADB:Gleditsch, Johann Gottlieb

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Artikel „Gleditsch, Johann Gottlieb“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 224–225, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gleditsch,_Johann_Gottlieb&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 12:19 Uhr UTC)
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Gleditsch: Johann Gottlieb G., Dr. med., Botaniker, geboren am 5. Februar 1714 zu Leipzig, Sohn eines Stadtmusikus, † am 5. October 1786 zu Berlin. G. besuchte die Schulen seiner Vaterstadt und widmete sich auf der dasigen Universität 1728–35 dem Studium der Medicin. Ettmüller, Schacher, Walther und Platz waren seine medicinischen Lehrer; der jugendliche Hörer wendete sich jedoch vorzugsweise der Botanik zu (unter Hebenstreit’s Anleitung). Wir finden ihn zuerst (während Hebenstreit’s afrikanischer Reise) als Custos des Bose’schen botanischen Gartens, 1736 auf den gräflich von Ziethen’schen Gütern in Trebnitz (um eine Beschreibung der hier befindlichen großen Gärten anzufertigen), 1740 als Physikus des Lebuser Kreises. Schon 1742 vertauschte er diesen mit Frankfurt a. d. O., wo er anfing, Vorlesungen über Physiologie, Botanik und Materia medica zu halten. Im J. 1746 ward er (zweiter) Professor der Botanik am militärärztlichen Institut („Collegium medico-chirurgicum“) in Berlin und Director des dortigen botanischen Gartens, zugleich mit dem Titel eines königl. Hofrathes. 1770 endlich übernahm er auch den forstlichen Unterricht an der, unter Mitwirkung des Ministers Freiherrn v. Hagen, durch Friedrich den Großen zu Berlin errichteten ersten wissenschaftlichen Forstlehranstalt (das einige Jahre früher von Hans Dietrich v. Zanthier zu Wernigerode ins Leben gerufene erste Forstinstitut verfolgte mehr praktische Tendenzen). G. verdankte diese ihm auf ausdrückliches Verlangen des Königs übertragene Stelle dem guten Ruf, welchen er sich schon am Collegium medic. durch seine unermüdliche Thätigkeit, zugleich mit Liebenswürdigkeit gepaart, als Lehrer erworben hatte. Die neue Forstlehranstalt war vorzugsweise für das reitende Feldjägercorps bestimmt. Der Cursus war – bis zu Gleditsch’s Tode – einjährig. Der ziemlich ausgedehnte Plan über dieses Institut kam nicht vollständig zur Durchführung, indem wöchentlich blos 8-10 Unterrichtsstunden mit wenigen Demonstrationen ertheilt wurden. Immerhin verdient G. schon als erster Lehrer der Forstwissenschaft in deren Geschichte eine Stelle. Seine eigentliche Bedeutung liegt aber im Gebiete der Botanik, insbesondere der beschreibenden, und in deren Anwendung auf das Forstfach. Seine botanischen Schriften und Abhandlungen (in den Beschäftigungen naturforschender Freunde und in den Schriften der Berliner Akademie der Wissenschaften niedergelegt) beginnen schon 1736 mit einem „Catalogus plantarum“ etc. und sind überaus zahlreich (ein ausführlicheis Verzeichniß s. in Ersch und Gruber). Selbst sein Hauptwerk (vom forstlichen Gesichtspunkte aus): „Systematische Einleitung in die neuere, aus [225] ihren eigenthümlichen physikalisch-ökonomischen Gründen hergeleitete Forstwissenschaft“, 2 Bde. (1774, in 2. Aufl. 1775) ist großentheils nur eine ausführliche Forstbotanik (s. Fraas l. c.). Dasselbe hebt sich übrigens – bei der guten naturwissenschaftlichen Grundlage des Autors – sehr vortheilhaft vor den gleichartigen Leistungen der forstlichen Empiriker hervor. Schon im jugendlichen Alter hatte G. einen großen Theil der deutschen Wälder (Harz, Thüringerwald etc.) bereist, um die wildwachsenden Holzarten zu studiren. Zeitlebens um Verbreitung derselben bemüht, kann auch er von der damals herrschenden Sucht, schnellwüchsige Fremdlinge (Akazie, Eichen, Coniferen etc.) zur Begegnung der drohenden Holznoth in Deutschland einzubürgern, nicht ganz freigesprochen werden. Die botanische Richtung im Forstfach, welche lange Zeit die vorherrschende geblieben ist, hat G. geradezu als Vorläufer zu verzeichnen. Verstieg sich derselbe doch sogar, – obschon Freund und Correspondent von Linné, welchen er 1740 gegen Siegesbeck’s Angriffe auf die Grundlage des Sexualsystems wacker vertheidigt hatte – zur Aufstellung eines besonderen Pflanzensystems nach der Stellung und Abwesenheit der Staubgefäße (Phaenostemones [Phanerogamia]) mit 4 Classen und Cryprostemones [Cryptogamia]). Ratzeburg, über dessen „Standortsgewächse und Unkräuter“ (1859) schon die heutige Botanik ziemlich vernichtend zu Gericht gesessen, hätte nicht nöthig gehabt, G. als Botaniker so hart zu beurtheilen (s. unten). Allerdings würde ja G., dem von älteren Biographen allzugroßes Lob gespendet worden, höhere Leistungen zu verzeichnen haben, wenn er seine Thätigkeit nicht so sehr zersplittert hätte (Arzt, Naturforscher in spec. Botaniker und Forstmann!). Besonders schwach war G. auf entomologischem Gebiete (s. Ratzeburg). Unter allen Umständen bleibt aber die „Forstwissenschaft“ unseres Autors ein bedeutendes Werk. Außerdem wären in forstlicher Hinsicht von ihm zu nennen: „Physikalisch-ökonomische Betrachtungen über den Haideboden der Mark Brandenburg“ (1782), welche damals Aufsehen erregten und „Vier hinterlassene Abhandlungen, das praktische Forstwesen betreffend“ (1788, nach seinem Tode vom Geheimen Oberfinanzrath Konr. Albr. Gerhard herausgegeben). Diese verbreiten sich über: 1) die Fichtenabsprünge (nach dem Autor unreife – gleich den Geweihen der Hirsche – von selbst abgestoßene Triebe); 2) den Raupenfraß von 1782–84; 3) den schwarz-braunen Borkenkäfer (hier sind mancherlei Irrthümer unterlaufen) und 4) die eichenblätterige Erle. Im Ganzen verrathen alle Schriften Gleditsch’s den kenntnißreichen Mann; sie sind überdieß klar geschrieben, mitunter nur etwas zu breit und mit vielen Wiederholungen. G. zählt – hierin gipfelt wol seine Bedeutung – mit zu den Ersten, welche dem Forstwesen eine naturwissenschaftliche Grundlage gegeben haben. Er repräsentirt sowol der damaligen forstlichen Empirie (ohne genügende allgemeine Bildung), als dem forstlichen Cameralistenthum (ohne forsttechnische Kenntnisse) gegenüber eine sehr fortgeschrittene Stufe. Manche erklären seine „Forstwissenschaft“ geradezu als das erste wissenschaftliche Werk über die Forstwirthschaft (z. B. v. Widenmann, Geschichtliche Einleitung in die Forstwissenschaft, 1837, S. 51). Clayton verewigte sein Andenken in der Baumgattung Gleditschia, von welcher ein Exemplar seinen Grabhügel beschattet.

Smoler, Frz. Xav., Historische Blicke auf das Forst- u. Jagdw., 1847, S. 419. Allg. Forst- u. Jagdztg. 1860, S. 114. v. Löffelholz, Chrest., II. S. 319, Nr. 640, Anm. 262. Ersch u. Gruber, 1. Sect. 69. Thl. S. 225. Fraas, Gesch. der Forstw., S. 539 § 12. Ratzeburg, Forstw. Schriftstellerlex., S. 187. Bernhardt, Geschichte des Waldeigenth., II. S. 144 (s. das. unter Anm. 16 die ältere biographische Litteratur), 152 und 167.