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ADB:Karl Friedrich (Großherzog von Baden)

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Artikel „Karl Friedrich, Großherzog von Baden“ von Friedrich von Weech in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 241–248, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Karl_Friedrich_(Gro%C3%9Fherzog_von_Baden)&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 16:43 Uhr UTC)
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Karl Friedrich, Großherzog von Baden, geb. zu Karlsruhe am 22. November 1728, † ebendaselbst am 10. Juni 1811. Der Enkel des Markgrafen Karl Wilhelm von Baden-Durlach, des Gründers von Karlsruhe, Sohn des Erbprinzen Friedrich und der Erbprinzessin Anna Charlotte Amalie, geborenen Prinzessin von Nassau-Oranien, verlor K. F. schon im J. 1732 seinen Vater und wurde unter den Augen seiner Großmutter, Markgräfin Magdalene Wilhelmine, geborenen Prinzessin von Würtemberg, die von ihrem Gemahl getrennt in der Karlsburg zu Durlach wohnte, erzogen, da seine Mutter nach der Geburt eines zweiten Prinzen (Wilhelm Ludwig) in schwere Krankheit und Gemüthsschwäche verfallen war. – Nach dem Ableben des Markgrafen Karl Wilhelm übernahm dessen Wittwe in Gemeinschaft mit dem ältesten Agnaten, Markgraf Karl August, die obervormundschaftliche Regierung bis zu ihrem Tode (1742), von da an führte sie bis 1746 Markgraf Karl August allein. Der Unterricht, den K. F. unter der Oberleitung des Geheimraths Lüdecke genoß, war sehr sorgfältig geregelt. Die Kenntnisse, die der junge Prinz in der Heimath erworben, erweiterte und vertiefte er von 1743 an auf Reisen in die Schweiz (wo er eine Zeit lang an der Akademie in Lausanne studirte), durch Frankreich, die österreichischen Niederlande und Holland. In Holland wurde er besonders durch den Verkehr mit seinem Oheim, dem Statthalter Karl Heinrich Friso, gefördert. Auch nachdem K. F. nach erfolgter Volljährigkeit die Regierung seines Landes angetreten hatte, setzte er seine Ausbildung auf Reisen fort. Im Laufe der J. 1747–51 besuchte er abermals Holland, zwei Mal England und Italien. Mit besonnener Ruhe trat K. F. an die wichtige Aufgabe heran, sein Land nach und nach auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens auf eine höhere Stufe der Entwickelung zu bringen, wie sie den geläuterten Anschauungen und den größeren Anforderungen entsprach, die er auf seinen Reisen erworben und zu erheben gelernt hatte. Strenge Verordnungen gegen Gauner und Vaganten, nächtliche Diebe und ihre Helfer, bessere Organisation der Schutzmannschaften und entsprechende polizeiliche Maßregeln dienten zur festeren Begründung der öffentlichen Sicherheit. Die harten Strafgesetze zu mildern und die Forderungen der Humanität auch gegenüber den Straffälligen zu befriedigen, betrachtete K. F. als eine Aufgabe, die dem Recht des Landesherrn, Gnade zu üben, entsprang. Bessere Behandlung der Gefangenen wurde den einschlägigen Organen streng eingeschärft, ungebührliche Verlängerung der Haft ernstlich geahndet. Die Aufhebung der Tortur erfolgte unter K. F. und in Folge seiner eigenen Initiative im J. 1767, also zu einer Zeit, da nur England und Preußen mit dieser Beseitigung eines dunklen Punktes in der Gesetzgebung aller Nationen vorangegangen waren. Auf dem Gebiete der bürgerlichen Rechtspflege bezeichnete die [242] Einführung des Frankfurter Wechselrechts einen bedeutenden Fortschritt. In der Verwaltung begann man mit Reformen im Gemeindewesen, durch welche die Selbständigkeit der ökonomischen Gemeindeverwaltung befestigt und nur für wichtigere Unternehmungen Staatsgenehmigung vorbehalten wurde. Die öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten wurden erheblich verbessert, für die Geisteskranken eigentlich erst die Möglichkeit der Heilung eröffnet, indem man die Irrenhäuser von den Strafanstalten trennte, mit denen die Unwissenheit einer früheren Zeit sie vereinigt hatte. Für die Hinterlassenen der weltlichen Diener wurde, nach Analogie des älteren „Pfarrwittwenfiscus“ eine Kasse gegründet, welche außer den Beiträgen der zur Theilnahme gezwungenen Interessenten auch erhebliche Staatszuschüsse erhielt. Auch die Feuerversicherungsanstalt ward unter Anwendung staatlichen Zwanges zu der Höhe der Entwickelung gebracht, auf der sie erst gedeihliche Wirksamkeit entfalten konnte. Zur Beförderung des Wohlstandes dünkte K. F. nichts wichtiger als das unausgesetzte Streben nach Verbesserung auf allen Gebieten der Landwirthschaft und der gewerblichen Thätigkeit. Hier dienten die fürstlichen Kammergüter als Musteranstalten und Probestätten, wo jede neue Erfindung auf ihre Zweckmäßigkeit und ihren Erfolg geprüft wurde. Ackerbau und Viehzucht, Wiesenbau und Obstcultur, vor allem der Weinbau, waren Gegenstände fortdauernder persönlicher Fürsorge von Seiten des Markgrafen. An den Verhandlungen seiner Kammer nahm K. F. lebhaften Antheil, er prüfte gewissenhaft ihre Anträge und modificirte ihre Beschlüsse, er selbst besuchte die größeren Güter, um sich von den Fortschritten der Wirthschaft zu überzeugen und zur Einführung bewährter Neuerungen den Impuls zu geben. Für die Belebung der Gewerbethätigkeit suchte er durch Monopole und Erschließung bestimmter inländischer Absatzgebiete zu sorgen. Um neue Erwerbszweige einzuführen, wurden sogar auf fürstliche Rechnung Unternehmungen ins Leben gerufen. Verbote der Einfuhr fremder Produkte wurden doch nur vorübergehend erlassen, ebenso Ausfuhrverbote nur ausnahmsweise und in Zeiten außergewöhnlicher Noth und Theuerung. Wie für das leibliche, sorgte K. F. mit Eifer und Verständniß auch für das geistige und sittliche Wohl seiner Unterthanen. Den Schullehrern eine bessere Ausbildung zu verschaffen, war er besonders bestrebt, 1768 ließ er zur Ausbildung junger Lehrer ein Seminar eröffnen. Zur Verbesserung des Einkommens der Lehrer und zur Herstellung von Schulhäusern wurde seit 1749 ein Fond angesammelt. Für den gelehrten Schulunterricht bestanden neben dem Gymnasium in Karlsruhe drei sogen. Pädagogien in Lörrach, Emmendingen und Pforzheim. Diesem Unterricht schenkte K. F. seine besondere Theilnahme. Er wohnte ab und zu dem Unterricht bei, mit den namhafteren Lehrern in Karlsruhe verkehrte er gern persönlich. Die religiösen und sittlichen Interessen nahmen die Synodalversammlungen wahr; zur Heranbildung tüchtiger Seelsorger wurde auf Karl Friedrichs Wunsch ein Pfarrseminarium ins Leben gerufen. Den in der Markgrafschaft Baden-Durlach besonders in der Residenzstadt Karlsruhe wohnenden Katholiken wurde die Errichtung eines Bethauses und einer öffentlichen Schule unter finanzieller Beihülfe Karl Friedrichs gestattet. Der Papst und der Bischof von Speier sprachen dem Markgrafen dafür Dank und Anerkennung aus. Eine persönliche Liebhaberei des Markgrafen – die eingehende Beschäftigung mit volkswirthschaftlichen Studien – führte ihn im J. 1769 zu einem Experiment, nämlich zu dem Versuch, die Lehre der Physiokraten in dem Finanzhaushalt seines Landes zur praktischen Geltung zu bringen. Zunächst wurde in den Gemeinden Dietlingen, Bahlingen und Theningen versuchsweise begonnen, alle indirecten und eine Anzahl directer Abgaben in eine einzige von dem Ertrag der Ländereien zu entrichtende Steuer zu verwandeln und unbeschränkte Gewerbefreiheit einzuführen. [243] Aber bald genug stellte sich die Undurchführbarkeit dieser Theorien heraus, über die K. F. mit dem Grafen von Mirabeau und mit Dupont de l’Eure[WS 1] eifrig correspondirte. Die Nachtheile, die den Gemeinden aus dem Experiment erwachsen waren, ließen sich ohne allzu große Opfer wieder gut machen. Von höchster Wichtigkeit für K. F. wurde die, in Folge eines am 28. Januar 1765 abgeschlossenen Erbvertrags bei dem Ableben des letzten baden-badenschen Markgrafen August Georg am 21. October 1771 erfolgende Vereinigung der baden-badenschen mit den baden-durlachschen Landen. Die Stellung des Fürsten im Reiche und zunächst im schwäbischen Kreise wurde dadurch sehr wesentlich erhöht, aus einem kleinen wurde sein Land zu einem der ansehnlicheren unter den mittelgroßen Territorien des Reiches erhoben. Für ihn selbst war es eine Hauptaufgabe, das in mancherlei Hinsicht zurückgebliebene Erbe seiner Vettern, das ihm nun zufiel, auf die gleiche Stufe zu erheben, wie sein eigenes Gebiet. Doch konnte an die Einführung von Reformen mit Ernst und Folgerichtigkeit erst herangegangen werden, als gewisse Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt waren, welche der Fanatismus intoleranter Priester und die Lenksamkeit einer fürstlichen Dame dem wohlmeinenden Regenten bereiteten. Die Wittwe August Georgs, Maria Victoria, geborene Gräfin von Aremberg, unterstützt von dem Fürstbischof von Speier, von einem Theil der Geistlichkeit des Landes und von Bürgern der Stadt Baden, unzufrieden, daß fortan ein evangelischer Fürst auch die katholischen Landestheile beherrschen solle, ließ gegen K. F. Klage beim Reichshofrath erheben wegen angeblicher Verletzung der Bestimmungen des Erbvertrages und Gefährdung der katholischen Religion, die zwar schließlich abgewiesen ward, dem Fürsten selbst aber doch großen Kummer bereitete. Es mag als charakteristisch für die Verstimmung des Markgrafen über diesen sogen. Syndicatsprozeß angeführt werden, daß er, obschon ein Freund der schönen Natur, die Stadt Baden viele Jahre lang nicht besuchte, weil sie in diesem Prozeß eine hervorragende Rolle gespielt hatte. Von den mancherlei Reformen, die in dem vergrößerten Gebiete durchgeführt wurden, möge hier nur die Aufhebung der Leibeigenschaft erwähnt sein, welche im J. 1783 erfolgte und K. F. um so wärmeren Dank einbrachte, als es im ganzen Lande wohl bekannt war, daß der Entschluß zu dieser wichtigen und tief eingreifenden Maßregel der eigenen Initiative des Markgrafen entsprang. Unter den Actenstücken, die zur Illustration des patriarchalischen Absolutismus dienen, wie er in manchen deutschen Ländern im vorigen Jahrhundert so viel Segensreiches schuf, nimmt die Antwort, welche K. F. auf die von allen Seiten einlaufenden Danksagungen des Landes ertheilte, eine hervorragende Stellung ein, die Antwort, deren Kern der Wunsch des wohlwollenden Fürsten bildete, „ein freies, opulentes, gesittetes, christliches Volk zu regieren“. Nach Beendigung des sogen. „Syndicatsstreites“ gestaltete sich das Verhältniß zu der katholischen Kirchenbehörde, dem Fürstbischof von Speier und seinem Consistorium, durchaus befriedigend, für die evangelische Kirche wurde eine umfassende Verordnung (Kirchenrathsinstruction) erlassen, welche erfolgreich die Lösung der Aufgabe verfolgte, die Freiheit der Forschung zu wahren und gleichzeitig die von der Kanzel vorgetragene Lehre vor allzu starker Betonung subjectiver Meinungen zu schützen. Die Fürsorge für die Volksschule wurde noch gesteigert, da es in dem neu erworbenen baden-badenschen Gebiete galt, viel Versäumtes nachzuholen. Von 1746–90 sind in der Markgrafschaft 61 Schulhäuser neu erbaut worden. Den pädagogischen Bestrebungen der Zeit wandte K. F. ein besonderes Augenmerk zu. Er selbst schickte junge Lehramtscandidaten seines Landes zu Salis nach Marschlins und zu Basedow nach Dessau, um sich die von diesen Männern geübte Methode der Erziehung und des Unterrichts anzueignen und sie in die badischen Schulen zu [244] verpflanzen. In Baden-Baden wurde aus Mitteln einer von der ausgestorbenen Linie des Fürstenhauses herrührenden Stiftung ein katholisches Gymnasium gegründet, welches sich seiner protestantischen Schwesteranstalt in Karlsruhe bald ebenbürtig zeigte. In der Residenz war der Markgraf bestrebt, die vorhandenen wissenschaftlichen und Kunstsammlungen zu vermehren und durch einsichtsvolle Erwerbungen zu ergänzen. Die dem Publicum zugängliche Hofbibliothek, die werthvolle Münzsammlung, ein mit vielem Verständniß angelegtes und verwaltetes Naturaliencabinet, von Gelehrten, wie Kölreuter, Böckmann und Gmelin geleitet, verbreiteten Anregung und Belehrung. Die Geschichte seines Hauses ließ K. F. durch den berühmten Straßburger Professor Schöpflin, einen geborenen Badener, bearbeiten und gab in fürstlicher Munificenz dem für jene Zeit sehr respectabeln Werke desselben eine prächtige Ausstattung. Selbst auf dem Gebiete der Volkswirthschaft schriftstellerisch thätig und den staatsrechtlichen Studien ein mehr als blos gönnerhaftes Interesse entgegenbringend, zog K. F. einige bedeutende Autoren dieser Fächer in sein Land. Neben Dupont de l’Eure, der oft nach Karlsruhe kam und der politische Agent Badens bei der französischen Regierung war, wurden der bekannte Physiokrat Schlettwein und der hervorragende Jurist Schlosser, Goethe’s Schwager, in den badischen Staatsdienst gezogen, dem talentvollen Posselt gab K. F. die Möglichkeit, sich ausschließlich dem schriftstellerischen Berufe zu widmen. Die Vertreter der neu erwachenden Nationallitteratur fanden an Karl Friedrichs Hofe stets die ehrenvollste Aufnahme und eine sympathische Stimmung für ihre litterarische Thätigkeit. Wenn Goethe und die Brüder Stolberg nur bei kurzen Besuchen in Karlsruhe verweilten, so nahm bekanntlich Klopstock, als Gast des Markgrafen, dort längeren Aufenthalt, und von Herder ließ sich K. F. ein Project für eine Art deutsche Akademie ausarbeiten, das freilich nichts weiter als ein interessanter Entwurf bleiben konnte. Im Zeitalter des Kosmopolitismus beschränkte man sich selbstverständlich nicht auf den Verkehr mit deutschen Schriftstellern. Voltaire besuchte öfter den Karlsruher Hof, Cassini de Thury fand für seine Messungsarbeiten jede Förderung, jeder Fremde von Auszeichnung war willkommen und fand am Hofe liebenswürdige Aufnahme. Aus der Schweiz erschien öfter Lavater, für dessen physiognomische Studien K. F. sich lebhaft interessirte. In seinen späteren Jahren nahm er auch an Lavater’s religiöser Richtung wärmeren Antheil und ließ sich von ihm und Jung-Stilling in die Geheimnisse ihres schwärmerischen Mysticismus einführen. In allen seinen Bestrebungen zur Hebung der geistigen und geschäftlichen Wohlfahrt seiner Unterthanen fand K. F. verständnißvolle und thatkräftige Unterstützung seiner Gemahlin, der Markgräfin Karoline Luise. Geboren zu Darmstadt am 11. Juli 1723 als Tochter des Landgrafen Ludwig VIII. von Hessen, war sie am 28. Januar 1751 mit dem um 5 Jahre jüngeren K. F. vermählt worden. Eine von der Convenienz geschlossene Verbindung wurde bald zu einer von der wärmsten Zuneigung beherrschten Musterehe. Die Klugheit und vielseitige Bildung der Fürstin, ihr Interesse an allen Angelegenheiten des öffentlichen Lebens wurden nur noch übertroffen von den vorzüglichen Eigenschaften, die sie als Gattin und Mutter liebevoll und sorglich bethätigte. Sie stand K. F. in verwandter Gesinnung zur Seite, wenn er persönlich sich die Förderung von Landwirthschaft, Gewerbe und Industrie angelegen sein ließ, sie griff auf ihren Gütern reformatorisch in den Gang der Bewirthschaftung ein, sie bethätigte sich mit ansehnlichen Mitteln an der Anlage von Fabriken, die Sorge für die Schule war ihr in dem gleichen Grade wie ihrem Gemahl Herzenssache, für seine wissenschaftlichen Bestrebungen fand K. F. bei Karoline Luise mehr als blos dilettantischen Antheil. Insbesondere auf dem Gebiete der Naturwissenschaften hatte die Markgräfin sich [245] namhafte Kenntnisse erworben und pflegte mit Vorliebe botanische Studien. In regem schriftlichen Verkehr mit Linné erfuhr sie die Auszeichnung, daß der große Botaniker ihr zu Ehren einer neu entdeckten brasilianischen Pflanze den Namen Carolinea Princeps beilegte. Mit richtigem Verständniß concentrirte die Markgräfin ihre diesem Zweige des Wissens zugewandte Thätigkeit auf die Anlage und Vermehrung der naturwissenschaftlichen Sammlungen. Auch der Kunst widmete sie mehr als gewöhnliches Interesse. Die Gemäldesammlung, für die K. F. ein passendes Gebäude erbauen ließ, durch werthvolle Ankäufe zu erweitern, ließ sie sich eifrig angelegen sein. Die schönen Niederländer der Karlsruher Gallerie sind zum größten Theil von Karoline Luise erworben worden. die zum Behufe solcher Erwerbungen eigene Agenten unterhielt, die sie auf passende Bilder aufmerksam machten und diese in ihrem Auftrag bei günstiger Gelegenheit ankauften. Einer ihrer Biographen hat ein eben so wahres als bezeichnendes Wort über sie gesagt: „Ihre Liebe zur Wissenschaft und Kunst ging bis zum Enthusiasmus und war sehr thätig, was der Enthusiasmus nicht immer ist“. Der Verlust dieser Gemahlin, welche sein Fürstenschloß, unbeschadet des Glanzes offizieller Repräsentation, mit dem Behagen zu erfüllen wußte, welches damals eben erst begann in den besten Häusern des gebildeten Mittelstandes Eingang zu finden, dagegen von der Etikette der Höfe und der adelichen Paläste noch nicht allgemein zugelassen wurde, der Verlust der geliebten und besorgten Mutter der drei Söhne, die sie ihm geschenkt, mußte auf K. F. einen ihn um so tiefer erschütternden Eindruck machen, als ihr Tod nach kurzer Krankheit fern von der Heimath, in Paris, erfolgte, wohin sich die Markgräfin im Frühjahre 1783 in Begleitung ihres jüngsten Sohnes, des Prinzen Friedrich, begeben hatte, um ihre durch längeres Unwohlsein geschwächten Kräfte wieder zu stärken. Dort starb sie in den Armen ihres Sohnes am 8. April. K. F., der auf die Nachricht von ihrer Erkrankung sich sofort aufmachte, an ihr Schmerzenslager zu eilen, kam nur bis Nancy, wo ihn die Todesbotschaft traf. Ihre Leiche wurde von dem Minister v. Edelsheim nach der Familiengruft in Pforzheim geleitet, wo sie am 18. April bestattet wurde. Daß ein Fürst, wie K. F., den Angelegenheiten des Gesammtvaterlandes nicht gleichgiltig gegenüber stand, ist selbstverständlich. Durch seine Eigenschaft als evangelischer Reichsstand schon sah er sich auf die aufstrebende Großmacht Preußen hingewiesen, aber auch die geographische Lage seines Landes, dessen Gebietstheile durch eine österreichische Provinz auseinander gehalten waren, legte ihm, insbesondere gegenüber den Annexionsbestrebungen Kaiser Josephs II. den Gedanken nahe, gegen solche Eventualitäten bei Preußen Schutz zu suchen. Schon 1783 setzte K. F. sich durch seinen Minister v. Edelsheim mit den Herzogen von Anhalt-Dessau und Braunschweig ins Benehmen zu dem Zwecke, eine Vereinigung der mittleren und kleineren Reichsstände unter Garantie des preußischen Hofes anzubahnen, und als 1785 Friedrich der Große zur Gründung des Fürstenbundes schritt, säumte K. F. nicht, seinen Beitritt zu dieser Vereinigung zu erklären. Friedrich selbst sprach sich in einem an K. F. gerichteten Briefe dahin aus, daß dieser damit zu seinen vielen anderen Verdiensten das weitere hinzugefügt habe, „durch sein festes und hochherziges Benehmen und Beispiel eine feste und dauernde Grundlage für die Sicherheit und Wohlfahrt aller alten fürstlichen Häuser und der erlauchtesten Republik von Souveränen, die je existirt, legen zu helfen.“ Dies Bündniß zeigte sich allerdings, als in Frankreich der jähe Zusammenbruch der alten Staats- und Gesellschaftsordnung erfolgte, ungenügend, Deutschland vor den verheerenden Folgen dieser Katastrophe zu schützen. So lange es nur galt, über den Rhein herüberstreifendes Gesindel zurückzujagen und die eigenen neuerungssüchtigen Unterthanen vor der Nachahmung des Beispiels ihrer linksrheinischen [246] Nachbarn zu bewahren, fehlte es der Regierung Karl Friedrichs weder an den Mitteln, noch an der Energie, das Land von Ueberfall und Aufruhr frei zu erhalten. Als aber der Krieg zwischen Frankreich und dem Deutschen Reiche ausbrach, war die kleine Schaar des badischen Militärs nicht im Stande, dem feindlichen Anprall erfolgreich entgegenzutreten. Während schon 1794 die linksrheinischen Besitzungen des badischen Hauses als für dasselbe verloren betrachtet werden mußten, war die Markgrafschaft selbst widerstandslos dem feindlichen Einfall preisgegeben. K. F. mußte mit den Seinigen fliehen und fand ein Asyl in dem ansbachischen Schlosse Triesdorf, das ihm der König von Preußen angeboten hatte. Für die Markgrafschaft unterzeichnete am 25. Juli 1796 der Bevollmächtigte Karl Friedrichs, Frhr. v. Reizenstein[WS 2], zu Stuttgart das Instrument eines Waffenstillstands, der dem Lande große Kontributionen auferlegte. Den Friedensvertrag selbst, den der nämliche Unterhändler einen Monat später zu Paris zum Abschluß gebracht hatte und der die Lossagung von allen Verpflichtungen gegen Kaiser und Reich bedeutete, weigerte sich K. F. längere Zeit zu ratificiren. „Ich bin ein freier deutscher Fürst und will in dieser Ehre sterben“, entgegnete er seinen Räthen, welche ihm denselben vorlegten. Indeß befand er sich in einer Zwangslage, der sich entziehen wollen, sich und das Land aufgeben hieß. Immerhin verdient es erwähnt zu werden, daß K. F. erst dann die Ratification vollzog, als der Friede von Campo Formio auch Oesterreich mit Frankreich versöhnt hatte. Die nunmehr, in dem ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts, folgenden politischen Ereignisse gaben der bisherigen badischen Markgrafschaft einen Umfang, der sich schließlich auf 260 Meilen mit 930 000 Einwohnern ausdehnte. Der Luneviller Friede, der Reichsdeputationshauptschluß, der Preßburger Friede und die Auflösung des Deutschen Reiches waren die wichtigen Staatsakte, denen Baden einen so erheblichen Zuwachs an Land und Leuten und eine Rangerhöhung, 1803 zum Kurfürstenthume, 1806 zum Großherzogthume verdankte. Napoleon selbst brachte dem hochbetagten K. F. die Ehrenbezeugung dar, im Jahre 1803 zu erklären, daß die überreichliche Entschädigung Badens für die verlorenen linksrheinischen Besitzungen veranlaßt sei durch „die Regententugenden des Markgrafen K. F., die ihm seit lange die Achtung Europa’s erworben“. Indeß wird doch nicht zu bezweifeln sein, daß die geographische Lage Badens und die Verwandtschaft des Fürstenhauses mit dem Kaiser von Rußland wesentliche Beweggründe für die Entschließungen des ersten Consuls und später des Kaisers der Franzosen waren. K. F. waren die engen Beziehungen zu Frankreich keineswegs sympathisch, aber wie früher, konnte er auch jetzt dem Andringen des neuen Verbündeten keinen Widerstand entgegensetzen, der Aussicht aus Erfolg versprochen hätte. Er mußte den Anschluß an den rheinischen Bund vollziehen, er mußte seine Zustimmung zu der Vermählung seines Enkels Karl (s. diesen Art.) mit der Adoptivtochter Napoleons geben, er mußte, wie die anderen Fürsten, die hochfahrende Behandlung des Usurpators geduldig hinnehmen und in die inneren Angelegenheiten seines Landes die Agenten des Protektors des Rheinbundes sich einmischen lassen, wie er ja auch dem auf den Herzog von Enghien verübten Attentat nichts anderes, als bedauernde Vorstellungen bei dem übermächtigen Verächter des Völkerrechts folgen lassen konnte. Was den greisen Fürsten wohl noch schmerzlicher berührte und tiefer niederbeugte, als die ihm persönlich zugemutheten Opfer, waren die fast unerträglichen Lasten, mit welchen ihn die sich jährlich steigernden Anforderungen Napoleons das Land zu überbürden zwangen, vor allem die Nöthigung, daß das Blut seiner Unterthanen in den Eroberungskriegen vergossen werde. Vergebens hatte K. F. in dem Krieg gegen Oesterreich die Ermächtigung, neutral zu bleiben, erbeten, Napoleon kannte keine Neutralität seiner Bundesgenossen, [247] er verlangte von ihnen unbedingte Heeresfolge. So mußten denn auch die badischen Landeskinder auf allen Schlachtfeldern kämpfen, auf die Napoleon seine Armeen zu Sieg und Tode führte. Die Tapferkeit und Ausdauer dieser alemannischen und pfälzischen Burschen und die Tüchtigkeit ihrer Offiziere wurde von den Franzosen und nicht zuletzt vom Kaiser selbst gern anerkannt. Aber der Kriegsruhm der Söhne seines Landes war für den humanen Monarchen kein Ersatz für die Wunden, welche die harte Zeit diesem Lande schlug. Für seine allem äußeren Prunk abgeneigte Sinnesart ist nichts bezeichnender, als die Ablehnung des ihm, gleich den Regenten von Baiern und Württemberg, angebotenen Königstitels. Er wollte nicht in ein Rangverhältniß eintreten, dessen Geltendmachung Mittel in Anspruch genommen hätte, die er nicht im Verhältniß zu seinen Einkünften glaubte. Mit manchen Nachtseiten der politischen Zustände, in die er sich versetzt sah, mag den greisen Fürsten das Bewußtsein versöhnt haben, daß es ihm vergönnt sei, die Grundsätze, welche er während einer langen Regierung in einem kleineren Gebiete erprobt und bewährt gefunden hatte, in dem so bedeutend vergrößerten Lande, das er jetzt beherrschte, zur Geltung zu bringen und ihren wohlthätigen Einfluß einem so viel weiteren Kreise von Unterthanen zugänglich zu machen. Die Organisations- und Constitutionsedicte, wesentlich das Werk des Geheimrathes Brauer, durch welche das öffentliche Recht des Landes mit gewissen Garantien umgeben wurde, waren den Verhältnissen des Landes mit so viel Kenntniß und Scharfblick angepaßt, daß ihre Bestimmungen größtentheils bis über die Mitte dieses Jahrhunderts in Anwendung blieben. (Vgl. den Art. Brauer in v. Weech, Bad. Biographien, I. 117 ff.) Wie dieser Theil der Gesetzgebung, so hatte auch die Einführung des Code Napoléon mit Hinzufügung einer großen Anzahl speciell für das Bedürfniß des badischen Landes bezeichneten Zusatzartikel in erster Reihe den Zweck, an Stelle der großen Menge von Gesetzen und Verordnungen, die in den verschiedenen Landestheilen galten, für das Gesammtgebiet des Staates ein allerorts geltendes Recht zu schaffen. Der milden Persönlichkeit Karl Friedrichs entsprach es, wenn auch auf dem Gebiete der Verwaltung die Umgestaltung der bestehenden Verhältnisse und die Ueberleitung in die neue Gestalt der Dinge mit möglichster Schonung der localen Rechte und Gewohnheiten vollzogen wurde. Die Absicht, dem Wunsche Napoleons entsprechend, eine der westfälischen nachgebildete repräsentative Verfassung ins Leben zu rufen, gedieh nicht weiter als zur Ausarbeitung eines Entwurfes. (Vgl. v. Weech, Geschichte der badischen Verfassung, Karlsruhe 1868, S. 152 ff.) Als dieser Entwurf vom Staatsrath und von den Prinzen des Hauses begutachtet wurde, zu Ende des J. 1808 und zu Anfang des J. 1809, war K. F. von der Last der Jahre schon so gebeugt, daß er an der Leitung der Regierungsgeschäfte nur noch ausnahmsweise persönlich Theil nahm, während sein Enkel Karl eine Art von Mitregentschaft führte. Im Laufe der J. 1810 und 11 nahm seine Altersschwäche immer mehr überhand. In der Nacht vom 10. auf den 11. Juni 1811 starb er, 83 Jahre alt, nach einer Regierung von 62 Jahren, einer der letzten und jedenfalls hervorragendsten Vertreter des patriarchalischen Absolutismus in Deutschland, geleitet von einer auf echter Religiosität basirenden Humanität und einem stark ausgeprägten Gefühle seiner Regentenpflichten. Aus seiner ersten Ehe hatte K. F. drei Söhne: 1) Karl Ludwig, am 14. Febr. 1755, vermählt mit Prinzessin Amalie von Hessen. Sein Sohn Karl folgte 1811 K. F. in der Regierung. Von seinen sechs Töchtern war Karoline an den König Maximilian I. Joseph von Baiern, Elisabeth an den Kaiser Alexander I. von Rußland, Friederike an den König Gustav IV. von Schweden, Marie an den Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig, Wilhelmine an den Großherzog [248] Ludwig II. von Hessen-Darmstadt vermählt, die älteste, Luise, blieb unvermählt und starb als Dechantin in Quedlinburg. Karl Ludwig verunglückte auf der Rückreise von einem Besuch seiner Tochter, der Königin von Schweden, durch einen Sturz aus dem Wagen in der Nähe von Arboga am 15. Decbr. 1801. – 2) Friedrich, geb. am 29. August 1756, † am 28. Mai 1817. – 3) Ludwig, den späteren Großherzog (s. diesen Art.) Am 24. Novbr. 1787 ging K. F. eine zweite Ehe ein mit der Reichsfreiin Luise Geyer von Geyersberg, geb. am 26. Mai 1768, welche durch Kaiser Franz II. zur Reichsgräfin von Hochberg erhoben wurde. Diese Ehe wurde durch eine Declaration Karl Friedrichs ausdrücklich als eine ebenbürtige (nicht morganatische) erklärt. Lediglich aus Rücksichten auf die Gemahlin seines älteren Sohnes und auf die finanzielle Lage des fürstlichen Hauses verzichtete K. F. darauf, seiner Gemahlin den fürstlichen Rang auch äußerlich einnehmen zu lassen, zu dem sie durch ihre Abstammung aus einem reichsfreiherrlichen Geschlecht vollauf berechtigt war. Die Kinder aus dieser Ehe waren daher, obwol sie zunächst nur Grafen von Hochberg hießen, im Fall des Erlöschens des Mannsstammes aus Karl Friedrichs erster Ehe, unzweifelhaft zur Erbfolge berufen. Es waren folgende: 1) Leopold, der spätere Großherzog (s. diesen Art.). – 2) Wilhelm, geb. am 8. April 1792, vermählt mit Prinzessin Elisabeth von Württemberg, † am 11. Novbr. 1859. – 3) Amalie, geb. am 26. Januar 1795, vermählt mit Karl Egon, Fürsten zu Fürstenberg, † am 14. Septbr. 1869. – 4.) Maximilian, geb. am 8. Decbr. 1796, † am 6. März 1882.

v. Drais, Geschichte der Regierung und Bildung von Baden unter Karl Friedrich vor der Revolution, Karlsruhe 1818, 2 Bde. – v. Drais, Gemälde aus dem Leben Karl Friedrichs, Mannheim 1829. – Nebenius, Karl Friedrich von Baden, herausgegeben von Fr. v. Weech, Karlsruhe 1868. – Kleinschmidt, Karl Friedrich von Baden, Heidelberg 1878.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. F. v. Weech verwechselt hier und auch weiter unten Jacques Charles Dupont de l’Eure (1767–1855) mit Pierre Samuel du Pont de Nemours (1739–1817)
  2. Schreibweise der Vorlage; richtig eigentlich mit tz statt nur z