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ADB:Konrad (Erzbischof von Köln)

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Artikel „Konrad, Erzbischof von Köln“ von Hermann Cardauns in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 583–587, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Konrad_(Erzbischof_von_K%C3%B6ln)&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 21:13 Uhr UTC)
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Konrad, Erzbischof von Köln 1238–61. Konrad Graf von Hostaden wurde im April 1238, als Nachfolger des schwachen Heinrich von Molenark, auf den erzbischöflichen Stuhl von Köln erhoben. Im August erhielt er im kaiserlichen Lager vor Brescia die Belehnung mit den Regalien, schloß sich aber bald, spätestens unmittelbar nach der Excommunication Friedrichs II., Gregor IX. an. Im Frühjahr 1239 reiste er heimlich nach Rom, erhielt die päpstliche Bestätigung und ist während des Entscheidungskampfes der vierziger Jahre der Hauptkämpe der Päpste in Deutschland gewesen. Zunächst trat er noch nicht offen gegen Friedrich auf, aber der Gegensatz zwischen Kaiserthum und Papstthum [584] spielt bereits mit bei den blutigen, wechselvollen Kämpfen, welche er 1239 und 40 gegen die Herzoge von Limburg, Brabant und Oberlothringen, die Grafen von Sayn, Geldern, Jülich, Loos etc. führte, selbst unterstützt von Erzbischof Sifrit von Mainz, den Bischöfen von Münster und Osnabrück, seinem Neffen Dietrich von Hostaden und der Stadt Köln, welche jedoch 1240 auf die Seite des Kaisers trat. Seine Gegner, für welche auch der junge König Konrad IV. Partei ergriff, erscheinen bei dem Vermittelungsversuche der deutschen Fürsten (Frühling 1240) als Kaiserliche, der Erzbischof dagegen als entschiedener Anhänger des Papstes. Kurz nach dem Tode Gregors IX. (21. August 1241) schritt er zur förmlichen Empörung und unternahm mit Sifrit von Mainz einen Zug gegen die Reichsgüter in der Wetterau. Zu Anfang des folgenden Jahres fiel er in einem Treffen bei Lechenich in die Gefangenschaft des Grafen Wilhelm IV. von Jülich. Seine Freilassung nach neunmonatlicher Haft mußte er durch schwere Opfer erkaufen, aber bezüglich des Kirchenstreites hielt er sich die Hände frei, ja er scheint sogar den Grafen von Jülich, welcher das Ansinnen Konrads IV., ihm den wichtigen Gefangenen auszuliefern, abgeschlagen hatte, von der kaiserlichen Partei abgezogen zu haben. Schon im nächsten Jahre unternahm er mit dem Mainzer Erzbischof eine Heerfahrt gegen die Kaiserlichen am Oberrhein, und sofort nach Abbruch der Verhandlungen zwischen Friedrich II. und dem neuen Papste Innocenz IV. finden wir ihn wiederum als einflußreichen Vorkämpfer der päpstlichen Sache. Anfang 1245 ging er mit Sifrit von Mainz nach Lyon und verabredete mit Innocenz die Aufstellung eines Gegenkönigs. Er war unter den wenigen Fürsten, welche (22. Mai 1246) zu Veitshöchheim den Landgrafen Heinrich von Thüringen zum König wählten, und nahm mit diesem an dem Siege bei Frankfurt über Konrad IV. (5. August 1246) Theil. Nach Heinrichs Tode (17. Febr. 1247) hat er eine zweite Reise nach Lyon unternommen und dann die Wahl des jungen Grafen Wilhelm von Holland zu Worringen bei Köln (3. Oct. 1247) mächtig gefördert, dessen beste Stütze er in den nächsten Jahren war. Er betheiligte sich an der langen Belagerung von Aachen, wo er (1. Nov. 1248) Wilhelm krönte, gewann im Bunde mit dem Erzbischof von Trier die pfälzische Burg Thurant an der Mosel, nahm Gerhard von Sinzig und Landskron, einen der eifrigsten kaiserlichen Parteigänger, gefangen und vermittelte den Abfall Dortmunds von den Staufern. Er war um diese Zeit der erste Mann im Reich. Innocenz IV., der schon seit Jahren ihn und seine Kirche mit Gnadenerweisungen überhäuft hatte, ernannte ihn (14. März 1249) an Stelle des verstorbenen Sifrit von Mainz zum Legaten für ganz Deutschland mit Ausnahme von Trier, versagte aber der Wahl des Mainzer Domcapitels, welches ihn auch zum Erzbischof von Mainz machen wollte, die Bestätigung. Bis zum Frühling 1250 hat K. die Legation besessen, und nicht blos als wesenlose Würde. Seine Vertreter (darunter Bischof Dietrich von Wirland und Konrad von Steinach, Propst von St. Guido zu Speyer), die übrigens auf heftigen Widerstand stießen, finden wir in Westfalen, Baiern und Oesterreich. Die Gründe, welche den Papst bewogen, schon nach einem Jahre die Legation dem Bischof Petrus von Albano zu übertragen, sind nicht genau bekannt; möglicher Weise gehörte zu ihnen die Haltung, welche K. in der Passauer Bisthumsfrage beobachtete. Das Einvernehmen mit König Wilhelm hat die Legation überdauert; wenigstens begleitete K. den König noch im Sommer 1250 auf einem Zuge nach dem Oberrhein. Dann aber scheint Entfremdung eingetreten zu sein. Längere Zeit fehlt jedes Zeichen einer Verbindung mit Wilhelm, den er auch, trotz ausdrücklichen päpstlichen Befehles, auf seinem Besuche in Lyon (Anfang 1251) nicht begleitete. War wirklich schon damals ein Bruch erfolgt, so wurde der Riß noch einmal überbrückt: mit Wilhelm erscheint K. [585] auf dem Frankfurter Reichstage (Juli 1252), und noch im März 1253 stellt der König ihm ein Privileg aus. Aber im Juli 1254 hatte er zweifellos die Empörung in Aussicht genommen, im nächsten Monat ging er mit Wilhelms Feinden in der Frage wegen der Lehnshoheit über Seeland, der Gräfin Margaretha von Flandern und dem Grafen Karl von Anjou, ein offenbar gegen Wilhelm gerichtetes Bündniß ein. Gleichzeitig stand sein Hauptwidersacher im Rheinland, Graf Wilhelm von Jülich, mit dem Sohne und Todfeinde der Gräfin von Flandern, dem hennegauischen Grafen Johann von Avesnes, in engem Bunde, und in Westfalen standen die Getreuen des Erzbischofs dem Bischof Simon von Paderborn und seinen Helfern gewaffnet gegenüber. Im Herbst 1254 errang der Erzbischof einen vollständigen Triumph. Im Lager bei Blatzheim nöthigte er den Jülicher zu einem schimpflichen Frieden, und wahrscheinlich in denselben Tagen wurde Simon von Paderborn in der Nähe von Dortmund geschlagen und gefangen genommen. Dieser Doppelsieg hat König Wilhelm aufs empfindlichste getroffen, und sein Versuch, in die westfälischen Händel sich einzumischen, nahm den kläglichsten Ausgang. Als er im Januar 1255 mit K. in Neuß zusammentraf und die Freilassung Simons forderte, kam es zu Thätlichkeiten, das Haus, in welchem sich der König mit dem Legaten Petrus von Albano befand, wurde in Brand gesteckt, kaum entrannen beide dem Tode. Zwar verhängte der Legat über K. den Bann, aber ohne jede Wirkung. K. betheiligte sich an einer Verschwörung, welche zu Gunsten Ottokars von Böhmen Wilhelm entthronen wollte, der neue Papst Alexander IV. scheint sich auf Vorstellungen beschränkt zu haben, und wahrscheinlich wäre es noch zu einem Waffengang zwischen Erzbischof und König gekommen, wobei sich letzterer wol auf den rheinischen Landfriedensbund zu stützen gedachte, da ereilte den König der Tod (28. Januar 1256). In verhängnißvoller Weise griff K. sodann in die traurigen Wahlintriguen ein. Er war – über die Verhandlungen, die er im Juli mit Ottokar von Böhmen in Prag führte, sind wir nicht näher unterrichtet – das eigentliche Haupt der englischen Partei, wenn er auch erst am 15. Decbr. 1256, als letzter der für England gewonnenen Wahlfürsten, den Vertrag abschloß, durch welchen Graf Richard von Cornwallis um theuren Preis seine Stimme erkaufte. Eine Gesandtschaft, deren Zusammensetzung deutlich Konrads Hand erkennen läßt, trug zu Weihnachten in London Richard die Krone an; wenige Wochen darauf (am 13. Jan. 1257) erfolgte seine Wahl zu Frankfurt, am 1. April die Wahl des Königs Alfons von Castilien durch den Erzbischof von Trier und seine Genossen. Im März erschien K. auf dem Londoner Parlament, wo er Richard den Lehenseid leistete, am 17. Mai krönte er ihn zu Aachen. Pfingsten feierten sie zusammen in Köln, und im Juli begleitete K. den König zur Belagerung von Boppard: es ist das letzte Mal, wo die beiden Männer nachweisbar zusammen gewesen sind. Ihr Verhältniß scheint jedoch nicht gestört worden zu sein; noch im Herbst 1260 hat ihm Richard, als er zum zweiten Mal nach England zurückging, die Vermittelung der Investitur der Bischöfe übertragen. – In inniger Wechselbeziehung zu Konrads Reichspolitik steht seine landesfürstliche Thätigkeit, und dort wie hier darf man ihn als den größten Staatsmann des Interregnums bezeichnen. Sehr erheblich ist das Territorium des Kölner Erzstifts unter ihm gewachsen. Nach dem Tode seines Neffen Dietrich von Hostaden bestimmte er seinen Bruder, Friedrich, Propst von Xanten, zum Verzicht auf die Erbschaft zu Gunsten der Kölner Kirche, welche dadurch bedeutenden Gebietszuwachs an der Erft und Ahr erhielt. Als der reiche und mächtige Graf Heinrich von Sayn kinderlos starb, übernahm er die Vertretung seiner frommen Wittwe Mathilde gegenüber den Ansprüchen der zahlreichen Verwandten. [586] Er selbst erwarb von ihr durch Kauf das westfälische Schloß Waldenburg, die rheinischen Schlösser Rennenberg, Altwied, Neuerburg und Windeck nebst zahlreichen Dörfern. Dazu kommen kleinere Erwerbungen, so die Burg Holten bei Ruhrort, wahrscheinlich die Burg Ringsheim bei Rheinbach, die Vogtei über Flechtdorf, auch hat er die spätere Erwerbung von Kaiserswerth vorbereitet. Große Summen verwendete er auf Abschluß neuer Lehensverträge, auf Anlage neuer und Verstärkung alter Befestigungen. In den ersten Jahren seines Pontifikates hart bedrängt, nimmt er später fast unbestritten den weitaus ersten Platz im ganzen nordwestlichen Deutschland ein, dem Königthum weniger dienend als dasselbe für sich ausnützend. Unterstützt wurde er dabei durch seine herzoglichen Rechte in Ripuarien und Westfalen, sowie durch seine weitverzweigten Familienverbindungen. In letzterer Hinsicht war der Umstand von besonderer Wichtigkeit, daß die anfänglich noch mit dem Herzogthum Limburg vereinigte Grafschaft Berg 1247 an seinen Schwager Adolf fiel. Auch läßt sich mehrmals bei Besetzung der Kölner Suffraganbisthümer sein Einfluß erkennen oder wenigstens vermuthen. Sein gefährlichster Gegner ist der gewaltige Wilhelm von Jülich gewesen, welcher auch die Ansprüche seines Bruders Walram auf einen Theil der Hostaden’schen Erbschaft beförderte, aber eine lange Kette von Zerwürfnissen und Fehden schloß 1254 mit der gründlichen Demüthigung des unruhigen Brüderpaares. Zwei Jahre später mußte Simon von Paderborn seine Entlassung aus langer Haft mit einem Vertrage bezahlen, welcher Paderborn thatsächlich unter kölnische Oberhoheit stellte. – Den größten Erfolg seines Lebens aber hat K. erfochten gegenüber seiner stolzen, mächtigen Hauptstadt. Durch Engelbert den Heiligen noch einmal zurückgedrängt, hatte das kölnische Patriciat unter dem unbedeutenden Erzbischof Heinrich wieder das Heft in die Hand bekommen, und K. fand einen Zustand der Dinge vor, welcher ihm, gegenüber dem fast unabhängigen Gemeinwesen, wenig mehr als einige Nutzungen und Ehrenrechte beließ. Die ersten Differenzen wurden gütlich geschlichtet, und erst 1252 kam es zu offenem Kampf, hauptsächlich wegen Zollstreitigkeiten und eines erzbischöflichen Uebergriffs in Münzsachen. Vergeblich belagerte K. die Stadt und ein Schiedsspruch des Legaten Hugo und des Dominicanerlesemeisters Albert (des Großen) gab ihm Unrecht. Ebenso erfolglos blieb eine zweite Fehde im Herbst 1257. K. zog sogar in einem Treffen vor den Thoren von Köln den Kürzeren und verstand sich Anfang des folgenden Jahres zu Unterhandlungen. Die Stadt mußte wegen einer einzelnen Gewaltthat, welche die nächste Veranlassung zur Fehde geboten hatte, Genugthuung leisten, die Regelung des gesammten Verhältnisses zwischen Erzbischof und Stadt aber wurde einem Schiedsgericht übertragen, zu welchem neben vier kölnischen Prälaten auch wieder Albert der Große gehörte. In dem berühmten großen Sühneinstrument vom 28. Juni 1258 (Laudum Conradinum) zählen dieselben die beiderseitigen Klagepunkte auf und treffen im Geiste der Gerechtigkeit und des versöhnenden Ausgleiches die Entscheidung. Das Friedenswerk war von kurzem Bestand. Geschickt die anscheinend sehr berechtigten Klagen über das aristokratische Stadtregiment benutzend, säete K. Zwietracht zwischen den Geschlechtern und den politisch wie wirthschaftlich gedrückten Zünften. Dann schritt er zur Gewalt. 1259 entsetzte er zunächst die patricischen Münzerhausgenossen ihres Amtes, hierauf fast sämmtliche Schöffen, deren Stühle jetzt zum Theil Zunftgenossen einnahmen. Wiederholte Aufläufe führten nur noch tiefere Demüthigungen der Geschlechter herbei; viele ihrer Mitglieder wurden geächtet, die Güter derselben eingezogen, und erst nach Konrads Tode hat das Patriciat seine frühere Stellung gegenüber dem Erzbischof, wie gegenüber den Zünften wieder erkämpft. – Nach mehr als 23jähriger Regierung ist K. am 28. Sept. 1261 gestorben. Er ist der hervorragendste [587] Vertreter des Umschwungs, welcher sich im deutschen Fürstenstande des 13. Jahrhunderts vollzieht: einerseits der Reichspolitiker von großartiger, wenn auch durchaus nicht segensreicher Thätigkeit, andererseits der Landesfürst, der eigensüchtig die Sonderinteressen seines Territoriums verfolgt. In letzterem hat er Ordnung geschaffen. Nur mit den großen Vasallen, und auch mit diesen fast nur in der ersten Zeit seiner Regierung, hat er zu kämpfen gehabt, seine Prälaten und die Stiftsritterschaft aber hielt er im Zaume, und die Finanzen des Stifts, die er in voller Zerrüttung übernahm, hinterließ er trotz enormer Ausgaben in gutem Zustande. Ein Mann von hohem persönlichem Muthe, rastlos thätig, kühn und doch auch kalt berechnend, wenig wählerisch in seinen Mitteln, nicht frei von Habsucht, ist er eine gewaltige, aber nicht anziehende Figur. Der Bischof tritt bei ihm hinter dem Staats- und Kriegsmanne zurück, jedoch ist unter ihm Manches für kirchliche Reform geschehen. Schenkungen für die vielfach wirthschaftlich heruntergekommenen Klöster und Stifter hat er nur in sehr bescheidenem Maße gemacht, wirksamer unterstützte er sie durch häufige Incorporationen von Pfarreien. Ein Antheil an dem geistigen Aufschwung Kölns, wo als sein Zeitgenosse Albert der Große lehrte, läßt sich nicht nachweisen, und seine bis in die neueste Zeit hinein gepriesenen Verdienste um die Gründung des Kölner Domes beschränken sich, soweit unsere Kenntniß reicht, auf die Grundsteinlegung.

Bezüglich der Quellen und der älteren Litteratur darf ich wol auf den Vorbericht der letzten Monographie verweisen: Cardauns, Konrad von Hostaden, Erzbischof von Köln (1880), dazu die Regesten im 35. Heft der Annalen des histor. Ver. für den Niederrhein, auch in Separatabdruck Köln 1880 erschienen. Einige die Gründungsgeschichte des Domes betr. Fragen habe ich nachträglich im zweiten Bande des histor. Jahrbuchs der Görres-Gesellschaft (1881) besprochen.