ADB:Oehme, Ernst
Herrn von Quandt auf das junge Talent aufmerksam zu machen. Seiner Empfehlung verdankte es Oe., daß ihm der Prinz Friedrich August von Sachsen, der spätere König, die Mittel gewährte, eine Reihe von Jahren in Dresden dem Studium der Malerei obzuliegen. Er schloß sich, wie viele jüngere Dresdner Künstler, dem originellen Landschaftsmaler Caspar David Friedrich an, welcher die Darstellung abstracter Gedanken durch symbolisirende Naturbilder als die höchste Aufgabe der Landschaftsmalerei ansah. Im Sommer 1821 trat Oe. auf der Ausstellung der königl. sächsischen Akademie der Künste mit seinem Erstlingswerke hervor, einem „Klosterhof“ in winterlicher Abendstimmung. „Aus einer gothischen Halle, so beschreibt Ludwig Richter das Bild, sah man auf einen beschneiten Kirchhof, wo ein Zug Mönche einen Sarg nach der erleuchteten Pforte einer alten Kirche trug.“ Die Ausstellung des nächsten Jahres enthielt zwei weitere Oelgemälde des jungen Künstlers, einen „Felsengrund mit Buchen“ und eine Darstellung des Schlosses Maxen, welches Oe. für den ihm befreundeten Besitzer, den Major v. Serre, gemalt hatte. Der Erfolg dieser Bilder war so bedeutend, daß der fürstliche Gönner sich entschloß, ihm ein Reisestipendium nach Italien für mehrere Jahre zu bewilligen, und überhaupt die Sorge für seine weitere Ausbildung übernahm. Wahrscheinlich schon im J. 1822 siedelte Oe. nach Rom über. Denn als Ludwig Richter im folgenden Jahre gleichfalls nach Rom kam, fand er Oe. bereits daselbst vor. Seit früher Jugend mit einander bekannt, schlossen sich die beiden Männer in der Fremde auf das engste an einander an. Ihre Freundschaft dauerte das ganze Leben hindurch und ging auch auf die beiderseitigen Familienglieder über. Der Dritte in diesem Bunde wurde der erst einige Zeit später in Rom eintreffende Historienmaler Karl Gottlieb Peschel. – Mit Richter unternahm Oe. im Mai 1824 eine Studienreise in das Albanergebirge; während der Sommermonate zogen sie nach Tivoli, wo Oe. bis Anfang September eifrig nach der Natur arbeitend, verweilte. Zu Weihnachten erkrankte er heftig, genas aber unter der treuen Pflege der Freunde bald wieder. Ende Juni 1825 kehrte er nach Dresden zurück, da ihm Prinz Friedrich August ein, wenn auch sehr geringfügiges, Jahresgehalt zugesichert hatte. – Daß der römische Aufenthalt von wesentlichem Einfluß auf die Entwickelung von Oehme’s Kunst gewesen, muß nach den Bemerkungen Richter’s geleugnet werden. An dem Anschluß an die in Rom herrschende classische Richtung hinderte Oe. seine zum Sentimentalen und Düstern hinneigende Natur, welche einem Manne wie Koch unverständlich bleiben mußte. Daher machte auch dieser gar kein Hehl daraus, daß ihm die Landschaften Oehme’s nicht genügten. Ebenbenso verwarf Julius Schnorr von Carolsfeld, obwol schonender als Koch, bei Gelegenheit der von den Freunden eingerichteten Compositionsabende Oehmes Neigung zum sogenannten Stimmungsbild. So weit es ihm möglich war, fügte sich daher Oe. in Rom der herrschenden Ansicht und versuchte gleichfalls einige heitere italienische Landschaften zu malen. Es gelang ihm aber nicht, in denselben über die bloße Vedute hinauszukommen. In [209] Dresden hingegen entledigte er sich der seiner Natur Zwang anthuenden Auffassungsweise der römischen Freunde; er kehrte wieder zum Stimmungsbilde zurück und wußte dasselbe zwar eigenthümlich, aber meist hochpoetisch zu gestalten. Seine in Italien entstandenen Bilder gingen größten Theils in den Besitz des Prinzen Friedrich August über, welcher sie als eine Art von Ausgleich für die Kosten der Reise empfing. Da die Beziehungen noch in späteren Jahren, als Friedrich August zur Regierung gelangt war, fortbestanden, so war dies auch bei der Mehrzahl der von Oe. in Dresden geschaffenen Werke der Fall. Nach dem Tode Friedrich Augusts erbte sie dessen Wittwe und von dieser wieder der Prinz Georg, Herzog zu Sachsen, in dessen Schlössern daher gegenwärtig die größte Zahl Oehmescher Oelgemälde zu finden sein dürfte. Aus der langen Reihe derselben nennen wir in chronologischer Ordnung folgende: 1826: 1) „Klostergarten der Capuziner in Sorrent“; 2) „Mondnacht aus dem Golf von Salerno“; 3) „Der Vesuv in Morgenbeleuchtung“; 4) „Bergleute betend vor der Einfahrt zum Schacht, Morgendämerung“ (diese vier Bilder waren nach Ludwig Richter die besten der Ausstellung des Jahres 1827). 1827: „Der Abend in den Tiroler Alpen, ohnweit Niederndorf“ (einst im Besitz des Herrn v. Quandt, in dessen Sammlung das Bild als das Alpenglühen bezeichnet wird). 1828: „Das Schloß zu Colditz, aus dem Thiergarten gesehen“, Herbsttag. 1830: 1) „Finstermünz“ (früher Eigenthum des Herrn v. Quandt); 2) „Das große Gehege bei Dresden“, Herbstabend (Dresdner Galerie). 1837: „Der Kirchhof an einem Sommerabend“. 1841 „Mondscheinlandschaft“. 1848: „Das Glühen der Gletscher in der Schweiz“. 1852: „Frühlingslaube“. 1853: „Verödetes Schloß im Eichenwalde, Vollmondnacht“. 1854: „Abendlandschaft mit Ruine“. Für die Verlosung des sächsischen Kunstvereins wurden fast alle Jahre ein oder mehrere Bilder Oehme’s angekauft. Wiederholt wird in den Berichten dieses Vereins auf die von Oe. ausgestellten Landschaften als auf besonders erfreuliche Leistungen hingewiesen. Auch das Leipziger Museum besitzt ein Bild von Oe. Von Reproductionen seiner Werke sind die folgenden bekannt: 1) „Herbstabend“. Radirt von L. Richter, 2) „Der Christtagmorgen“. Gest. von G. Busse, 3) „Partie bei der Friedrichsbrücke in Friedrichstadt-Dresden“. Gest. von Veith. (Diese drei Blätter aus der Bilderchronik des Dresdner Kunstvereins.) 4) „Bergcapelle“ (Ausgeführte Radirungen nach Originalgemälden von Wilh. Witthöft, Leipzig. Fol. o. J.). Aus Oehme’s Leben in Dresden sind nur wenig Ereignisse erwähnenswerth. Um sich und seine Familie zu erhalten, mußte er neben seiner künstlerischen Thätigkeit noch Unterricht ertheilen und sich „sein Stücklein Brot im Schweiße des Angesichts“ verdienen. Vom Jahre 1842 an bis zum Schluß seines Lebens war er Zeichenlehrer am Blochmann’schen Institut; 1846 erhielt er den Titel Hofmaler, womit eine Aufbesserung seines Gehaltes verbunden war, und gleichzeitig wurde er zum Ehrenmitgliede der Akademie ernannt. O. starb am 10. Septbr. 1855 zu Dresden. Er war nach dem Urtheile seines Freundes Richter „eine feine, poetische Natur, schlicht und herzlich und bei aller Behaglichkeit seines Wesens voll des köstlichsten Humors und Mutterwitzes“. Besonders beliebt machte ihn seine komische Begabung, vermöge deren er „fast ohne alle Hülfsmittel eine Persönlichkeit vollständig in Mienen, Bewegung und Sprache darzustellen vermochte“. Er wußte oft in heiteren Stunden durch dieses Talent geradezu „kleine Kunstwerke hervorzuzaubern, welche zu heiterster Laune, ja zum Jubel fortrissen“.
Oehme: Ernst Ferdinand Oe., Landschaftsmaler, war am 23. April 1797 zu Dresden-Friedrichstadt geboren. Bis in sein zwanzigstes Jahr gezwungen, sich als Schreiber und Expedient eines Thoreinnehmers sein Brod zu verdienen, fand Oe. wenig Zeit, seiner Neigung zur Landschaftsmalerei nachzugehen; doch genügten die geringen Proben seines durch keinerlei Untericht geleiteten Privatfleißes, um den kunstsinnigen- Nach einer Mittheilung des Herrn Professors Erwin Oehme in Blasewitz, den Ausstellungsverzeichnissen d. k. s. Akademie der Künste und den Jahresberichten des Kunstvereins zu Dresden, namentlich aber nach Ludwig Richter, Lebenserinnerungen eines deutschen Malers, Frankfurt a. M. 1885. S. 137, [210] 147, 195 ff., 409 ff. und an vielen anderen Stellen. – Vgl. das Verzeichniß der von Herrn v. Quandt hinterlassenen Gemäldesammlung, Dresden o. J. (1868) S. 15, 28, 30. – Die wenigen Angaben in G. K. Nagler’s Künstlerlexikon sind sehr unzuverlässig; sogar der Vorname ist falsch angegeben.