Zum Inhalt springen

ADB:Oppenheim, Moritz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Oppenheim, Moritz“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 706–708, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Oppenheim,_Moritz&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 17:57 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Opel, Julius
Band 52 (1906), S. 706–708 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Moritz Daniel Oppenheim in der Wikipedia
Moritz Daniel Oppenheim in Wikidata
GND-Nummer 119484129
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|52|706|708|Oppenheim, Moritz|Hyacinth Holland|ADB:Oppenheim, Moritz}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119484129}}    

Oppenheim: Moritz O., Genremaler, geboren am 20. Januar 1800 in Hanau als Sohn eines nicht unbemittelten Kaufmanns, † am 25. Februar 1882 zu Frankfurt a. M., erhielt durch Konrad Westermayr (1765–1826) rechtzeitigen Unterricht und bezog 1818 auf drei Jahre die Münchener Akademie. Hier begann O. mit zwei Bildern aus der Geschichte des Moses, ging auf neun Monate zu Jean Baptiste Regnault (1754–1829) nach Paris und dann nach Rom (1821–25), wo sich Thorwaldsen seiner annahm und bei einer von der Lucas-Akademie gegebenen die „Parabel vom verlorenen Sohn“ behandelnden Concurrenz ihm den Preis zuerkannte. Eine andere Composition mit der „Rückkehr des jungen Tobias“ erwarb Thorwaldsen für seine Sammlung. In Rom malte O. den vor König Saul „Harfenspielenden David“ und das „Bad der Susanna“ (angekauft von Baron Rothschild, lithographirt von F. C. Vogel 1829; auch in eigener Radirung), die „Verstoßung der Hagar“ und „Hagar in der Wüste“ (1826). Nach seiner Rückkehr von Neapel besuchte O. Weimar, wo ihn Goethe, zu dessen „Hermann und Dorothea“ O. zehn Blätter gezeichnet hatte (in Steindruck von A. Lucas 1828) – dazu kam später noch ein „Mignon mit dem Harfner“ und eine Apotheose des Dichters –, dem Großherzog vorstellte, von dem O. den Professortitel erhielt. Seit 1828 dauernd in Frankfurt, wählte O. mit Vorliebe Vorstellungen aus dem Alten Testament und der patriarchalischen Geschichte seines Volkes, [707] darunter die anziehende Idylle „Rahel und Lea am Brunnen, von Jacob begrüßt“ (1828); ebenso die Porträts von H. Heine, Börne (lithographirt von F. C. Vogel) und Moses Mendelssohn, letzteren auch bildweise im Gespräch mit Lavater (Steindruck von S. Maier) und die von scenischen Randzeichnungen umrahmten Standbilder Shakespeare’s und Goethe’s (in Steinzeichnung von Alfred Rethel). Daneben verarbeitete O. Erinnerungen aus Italien, z. B. die Genrescene, wie ein neugieriges Landmädchen den zeichnenden Maler belauscht (1832); da O. den Vorgang in das Costüm des 16. Jahrhunderts verlegte, mag er wol an Claude Lorrain oder Sandrart gedacht haben. Aufsehen machte „Die Rückkehr“ eines israelitischen freiwilligen Soldaten aus dem Befreiungskriege ins Vaterhaus: der Jüngling kommt gerade zur Abendmahlzeit des Sabbath und erhält seinen Platz an der Seite des Vaters, welcher jedoch das eiserne Kreuz mißtrauisch betrachtet, während die liebkosende Schwester dem Erzähler staunend zuhört (lithographirt von F. Jentzen; vgl. Stuttgarter „Kunstblatt“ 1838, S. 46, welches das etwas süßliche Colorit leise beanstandet); das Original erwarb die badische Genossenschaft als Geschenk für den Schriftsteller Rieser, den damals gefeierten Vorkämpfer der Emancipation. Dann folgten „Die Mansarde“, das „Laubhüttenfest“ (1838), „Noah und seine Familie“ aus der Arche ausschauend und die Oelzweig-bringende Taube begrüßend (weit verbreitet durch Wagner’s Prachtstich 1841 für den Albrecht Dürer-Verein). In den Frankfurter Römersaal malte O. die Kaiserbilder Otto IV. und Joseph II., ersteres im Auftrage Rothschild’s, letzteres für die Sokrates-Loge). Weiter folgten u. a. die „Versuchung“ (ein Mädchen reicht einem Mulattenknaben eine Schale mit Wein, 1844), die Scene „Im Fenster“ beim Einzug des Reichsverwesers zu Frankfurt (1848), der „Einblick in die Werkstätte“ des Bildhauers Nikolaus Carl Eduard Schmidt von der Launitz (geboren 1796 zu Grobin in Kurland, † 1869 zu Frankfurt), 1852; das unter doppelter Benennung wiederholte Bild der „Spiegel als Verräther“ oder „Es ist nichts so fein gesponnen“, wo der einem Mäßigkeitsverein angehörige Schuster als stiller Trinker ertappt wird (1862).

In seine eigentliche Domäne gerieth aber O. durch „Das Examen“ (1866): Ein Talmudist verhört seinen Enkel, während die den freudigen Ausgang erwartende Mutter auf einem Teller die Belohnung bereit hält. Das gab den Anlaß zu den „Bildern aus dem altjüdischen Familienleben“, welche für die photographische Reproduction passend in Sepia ausgeführt, mit Text von Leopold Stein (bei H Keller in Frankfurt) lieferungsweise in 18 Blättern, bis 1874 als complettes Prachtwerk erschienen. Sie gruppiren sich nach dem „Lebenslauf“: der Gevatter erwartet das Kind, das Schultragen, der Segen des Rabbi, das Verhören, Barmizwa Vortrag und Trauung; „die „Sabbathfeier“: im Anfang, Freitag Abend, Sabbath Nachmittag, Sabbathruhe auf der Gasse und Sabbath Ausgang; der „Festkreis“: mit Osterabend, Laubhüttenfest, Vorabend des Versöhnungstages, das Purim und die „Lebensbilder“: der Dorfgänger, Jahrzeitandacht und Rückkehr des Freiwilligen. Weit über die Grenzen Deutschlands und Europas, in die ganze Diaspora trug dieser Cyklus den Namen des Künstlers, der dadurch einen freudigen und geehrten Lebensabend fand. Zwischendurch wären noch viele Porträts und Genrestücke zu erwähnen: ein Mädchen überreicht einer Dame einen „Blumenstrauß“, „Joseph und Potiphar’s Weib“ (lithographirt von Schlesinger), „Die drei Ringe“ nach Lessing (Steindruck von C. Hahn), „Schlemilchen“ zu Mosenthal’s Erzählungen „Das Loos“ und „Der Onkel aus Amerika“ (in „Ueber Land und Meer“ 1876 (s. A. D. B. XXXVII, 48 u. 68) u. s. w.

[708] Vgl. Nagler 1811, X, 365 ff. – Wilhelm Kaulen, Leben deutscher Künstler, Frankfurt 1848, S. 44 ff. – Singer 1896, III, 341 (7 Zeilen!) und Bötticher 1898, II, 185.