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ADB:Pegel, Magnus

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Artikel „Pegel, Magnus“ von Karl Ernst Hermann Krause in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 315–318, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pegel,_Magnus&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 00:48 Uhr UTC)
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Pegel: Magnus P. oder Pegelius, als Sohn Konrads 1547 zu Rostock geboren, wurde daselbst schon 1556 von seinem Vater als damaligen Rector immatriculirt, promovirte 1569 zum Magister, wurde 1572 als Docent in die philosophische Facultät aufgenommen und folgte 1579 einem Rufe als Professor der Mathematik nach Helmstädt. Aber schon 1581 kehrte er nach Rostock zurück, wo er zum Dr. med. promovirte und als Arzt aufgetreten zu sein scheint, jedenfalls eine angesehene Stellung einnahm, da er, spätestens 1589, eine Tochter des Bürgermeisters Jacob Lembke (Lemmichius; zu Rath gewählt 1576, Bürgermeister 1583, † 1605) heirathete. Am 30. März 1591 übertrug der Rath von Rostock ihm, dem „Dr. phil. et med.“ die Professur der Mathematik und Astronomie (Theorica planetarum), 1593 wurde er schon zum Rector erwählt, im Winter 1603/4 war er zum dritten Male Decan der philosophischen Facultät, konnte aber wegen Krankheit nicht fungiren, und von dieser Zeit an verfolgt ihn der Haß der Universität. Seine Familienverbindungen ergeben den sicheren Schluß, daß er von seinem Schwager, dem Paracelsier Levinus Battus (s. A. D. B. II, 135) in die Medicin eingeführt, diesem auch in der Richtung Arcana zu suchen und zu erfinden folgte; ferner daß er mit Tycho de Brahe bei dessen Aufenthalt in Rostock als Student und später als Flüchtling näher bekannt geworden ist. Diese Einflüsse wiesen ihn neben seinen Wissenschaften auf die Mechanik hin, in denen er Großes an Erfindungen geleistet haben muß, was freilich bei der Geheimthuerei jener Zeit verloren gegangen ist. Schwerlich hat die damalige Zopfgelehrsamkeit der Universität ihm solche Arbeit verzeihen können, seine bombastische Schreibweise und Großthuerei, sein Verbrauch für Experimente und Reisen bei mäßigen Mitteln ließ die Facultätsherren auf ihn herabsehen und seine Erfindungen, die man nicht verstand und nicht glauben wollte, verlachen; ja man suchte den Druck seiner Schriften zu hindern. Nur die Nachricht hat sich erhalten, daß er „instrumenta mathematica ingeniosae structurae“, also wohl seine Meßinstrumente, der neu errichteten Facultätsbibliothek schenkte. Sie sind verschollen, wie auch seine Schriften zuletzt 1766 gesehen zu sein und seitdem verloren scheinen; sie sind nur aus Referaten noch zu beurtheilen. 1586 erschien von ihm „Universi seu mundi diatyposis, pro lectionis, collationum et meditationum materia mathematum, physices et medicinae adeoque naturae illius quae complectitur omnia, candidatis proposita“. Rostochii excudebat Stephanus Myliander.. Es sind nur 2½ S. 4°, also nur Themata zu Arbeiten. Während er 1594 in einem Hochzeitswunsche für den Kanzler Dr. Bording („Oratio de vita et contemplativa seu practica et theorica“) noch die Vielschreiber verspottet, welche gewissermaßen die Universitätsdruckerei [316] (St. Myliander, Möllmann, Müllemann) für sich allein beanspruchen, hatte er schon 1593 sich ein kaiserliches, weitreichendes Privilegium gegen den Nachdruck und die Nachbildung aller seiner herauszugebenden Schriften mit einer geheim gebliebenen, ihm sehr wichtigen ferneren Bestimmung verschafft, welche letztere von späteren für einen Adelsbrief gehalten wurde, bei unbefangener Erwägung der eigenen Worte Pegel’s aber nur eine Privilegirung und Sicherung seiner kostspieligen Erfindungen gewesen sein kann. Den ersten Theil dieses kaiserlichen Briefs ließ er nun seiner 1604 erschienenen Ankündigung seiner Erfindungen vordrucken, welche seinen Namen begründete in Spott, Haß und Anerkennung: Thesaurus rerum selectarum, magnarum, dignarum, utilium, suavium, pro generis humani salute oblatus Auctore Magno Pegelio Germano, Megapolitano. Rostochiensi, vana et impossibilia ne pronuntientur media haud perspecta, tu meliora (elige?). – Fronte capillata est, post est occasio calva. Typis haec expressa Anno 1604. (4°, 1 Alphab. und ¼ S.) Der Drucker wagte sich also nicht zu nennen, man hatte versucht, den Druck zu hindern, die Schrift, welche dem Kaiser Rudolf II. und den Reichsständen gewidmet war, schlug allerdings manchen akademischen Gepflogenheiten hart ins Gesicht. Dieser Hader ist es wesentlich, der durch sein Decanat zog. 1605 ließ er noch eine Disputation anschlagen: „Aphorismi de corporibus mundi totius, Respondente Jo. Fabricio, Finnone“, und diese scheint es zu sein, welche auf Befehl des Concils vom schwarzen Brette abgenommen wurde, weil P. gegen Aristoteles und Melanchthon (den die Rostocker theologische Facultät sonst verketzerte) verstoßen habe. Vermuthlich war der Aristoteliker und Jurist Nicolaus Willebrandt (1594 vom Rath als Professor der Ethik berufen, † 1613) sein Hauptgegner. 1605 scheint P. suspendirt zu sein, denn seine Professur wurde dem Georg Dase Dasenius, Dassenius, Rector 1611 und 1635) verliehen. 1606 legte er sein Amt nieder, nachdem in demselben Jahre gegen ihn „eine schwere und dem ganzen Collegio der Professoren nicht rühmliche Klage angestellt“ gewesen, weswegen ihm Rector und Concil gerathen, den Mann abzufinden und von hinnen zu gehen. Es scheint nichts als eine Geldforderung gewesen zu sein (vielleicht aus der Familie seiner ersten Frau, da der alte Lembke gerade gestorben), die über den von seiner Facultät als Schwindler behandelten Mann hereinbrach, während er auf die Nutzbarmachung seiner Erfindungen vergeblich hoffte, auf die er vertröstet haben mochte. Nachher hat ihn Kaiser Rudolf II. als Mathematicus bis zu seinem Tode (1612) bei sich gehabt; Seide hat er auch in Prag nicht gesponnen. 1615 habe er, 68 Jahre alt, in Rostock fast hungernd gelebt, sagt eine Nachricht; nach einer andern zog ihn Herzog Philipp von Pommern (doch wohl Philipp II., † am 3. Februar 1618) an seinen Hof und hielt ihn in Ehren bis zu seinem in Stettin erfolgten Tode, der also zwischen 1615 und 1618 eingetreten sein muß. Seiner hinterbliebenen, 1595 von der zweiten Frau, Anna Stuven (mütterlicherseits aus dem reichen Hause Beselin) geborenen Tochter Anna nahm sich der damalige Advocat (seit 1633 Prof. jur.) Heinrich Schuckmann († 19. September 1656) als ein Vater an, der eine Stechow (Tochter der Agnes Pegel) zur Frau hatte; Morhof sieht mit Interesse auf Pegel’s im Thesaurus nur angedeutete, nicht beschriebene Erfindungen, Georg Pasch (Paschius) geht ziemlich genau und anerkennend auf sie ein, in Rostock ließ der Geh. Rath und Professor der Medicin Joh. Ernst Schaper († 11. Januar 1721) noch 1698 den Ernst Heinrich Fecht (um 1727 Hof- und Leibmedicus und Hofrath zu Schwerin) über die Quaestones seines Specimen medicinae curiosae disputiren, deren vierte: „quid de inventis et promissis Pegelianis sit judicandum“ absprechend urtheilte, und Mantzel erzählte, es sei Jemand darüber verrückt geworden. Nachdem viele dieser „inventa und promissa“ von der Neuzeit wirklich [317] erfunden und praktisch eingeführt sind, mehrt sich die vergebliche Nachfrage nach seinen Büchern und Instrumenten. Nach H. F. Taddel, der 1766 zuletzt den Thesaurus in Händen gehabt zu haben scheint, und nach Georgii Paschii Inventa nov-antiqua (2. Ausg. Leipzig 1700) hatte das Buch 4 Abtheilungen. In der 1. „Schola seu docendi et discendi ratio puerilis“ hat P. höchst beachtenswerthe Verbesserungen für den praktischen Sprachunterricht angeregt, aber nicht weiter durchgeführt; ebenso eine praktische Erziehungsmethode, in der die Ethik sicherer eingepflanzt werde als durch das Dociren der Wissenschaft. Der 2. Theil behandelte ebenso die Jurisprudenz; so hatte er die Docenten des Lateinischen, Griechischen, Hebräischen, der philosophischen Disciplinen und die Juristen gegen sich aufgebracht. Der 3. Theil handelte von der Astrometrie, seiner speciellen Wissenschaft; der 4. „de philosophia tota et partibus illius et de re dicta literaria tota“. Dieser letztere erbitterte wegen scharfer Aufdeckung akademischer Mängel in dem Abschnitte: „concordiae consilium urbicum, academicum, civicum“ vorzugsweise, während hier auch seine Erfindungen angegeben, richtiger wohl ausgeboten, werden. Seine Gedächtnißkunst, Massen von Dingen vorwärts und rückwärts nach einer kurzen Notiz (efformatio) aufsagen zu können, von Pasch noch bewundert, ist heute eine gewöhnliche Schaustellung geworden; v. Aretin citirt sie, ohne sich genaue Kunde davon verschafft zu haben. Chirurgische Methoden, von Außen in den Menschen gute Säfte hineinzubringen und schädliche auszutreiben, sind so vage angegeben, daß es zweifelhaft bleiben muß, ob er Einspritzungen in die Venen (chirurgia infusoria) meinte. Dagegen bot er ein auf-, abwärts und seitwärts zu lenkendes Luftschiff an, mit dem bemerkenswerthen Zusatz, daß die speciellen Anordnungen noch zu erproben seien, ferner ein Verfahren, gesunkene Schiffe und andere Gegenstände zu heben, die Kunst, unter Wasser in beliebiger Tiefe sich aufzuhalten und zu athmen, also ein Taucherverfahren, dazu ein Fahrzeug, das in beliebiger Tiefe unter Wasser fahren und gelenkt werden könne. Beide Erfindungen seien brauchbar zu unterseeischen Bauten. Ferner Einrichtungen, Menschen und Habe in Schiffbrüchen und Wassersnoth zu sichern; es scheinen aufzublasende Apparate zu sein; schwerer zu errathen sind Einrichtungen, welche auch zu Hause oder zu Wagen völlig sicher machen sollen. Eine Maschine für Leistung irgend welcher Arbeit unter Bedienung von Menschen- oder Pferdekraft, welche selbständig nach Ableistung eines Arbeitsquantums die Bezahlung dafür auswerfen soll, ist uns etwas Gewöhnliches, ebenso das Angebot von Hebelkraftmaschinen zur Bewegung von Wagen, von Bremsvorkehrungen, Einrichtungen, das Umschlagen von Wagen zu verhüten, von Oefen und Heizvorrichtungen zu schneller Heizung und Haltung der Wärme, sowie deren gründliche Ausnutzung in allerlei Gebrauch. Ferner hatte er die Berechnung aufgestellt, wie sich die Länge des Geschützes zu seiner Kugel (Gewicht oder Volumen?) verhalten müsse, um den kräftigsten und weitesttragenden Schuß zu thun; und hatte erfunden, wie aus einem Handrohre 30, 50, 100 Kugeln nacheinander oder zugleich gefeuert werden könnten, also das Princip der Espignole. Endlich nennt er ein „Instrumentum Pantographicum seu holographicum“, womit mehrere Abschriften oder Zeichnungen zu gleicher Zeit durch einen Mechanismus hergestellt würden. Von alledem ist heute nichts mehr auffällig. P. war ein großer, seiner Zeit weit voraus geeilter Erfinder, der die Mittel zur Verwerthung nicht auftreiben konnte, darüber von der Dummheit verlacht wurde und in gelegentliches Elend gerieth. Gurlt u. Hirsch im Biogr. Lex. hervorragender Aerzte, kennen ihn ebensowenig wie Blanck, „Meckl. Aerzte“, und Const. v. Wurzbach im Oestreich. biogr. Wörterbuch. Was Krabbe von seiner „Anregung“ in Universitätskreisen sagt, ist Gerede ohne Grund. Jöcher III, Rotermund V, (der ihn verkehrt nach Wittenberg [318] bringt) und Poggendorff, Biogr. litt. Handwörterbuch S. 387 nennen ihn höchst kurz.

Nachweise s. bei Krey, Andenken etc. Stück 4, S. 45 ff. – Krey, Beiträge etc. II, S. 288. – Krabbe, Univ. Rostock S. 736 f. – Hauptquelle für sein Leben ist Etwas etc. VI, S. 615 ff. und H. F. Taddel in „Erneuerte Berichte von Gelehrten Sachen im J. 1766.“ Rostock. S. 349–356.