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ADB:Perthes, Theodor

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Artikel „Perthes, Clemens“ von Johann Friedrich von Schulte in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 12–17, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Perthes,_Theodor&oldid=- (Version vom 1. Dezember 2024, 20:42 Uhr UTC)
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Pertsch, Wilhelm
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Perthes: Clemens Theodor P., Staatsrechtslehrer, geboren am 2. März 1809 zu Hamburg als Sohn von Friedrich P. (s. A. D. B. XXV, 394), † zu Bonn am 25. November 1867. Er bezog, nachdem er im elterlichen Hause unterrichtet worden war, das Gymnasium in Gotha, wurde nach fünf Jahren mit einem sehr guten Zeugnisse am 17. September 1827 entlassen, blieb noch ein Jahr in Hamburg, wurde am 29. December 1828 in Bonn als Student der Rechte immatriculirt, verließ die Universität am 11. März 1831, setzte bis zum nächsten Ostern das Rechtsstudium in Berlin fort, legte dort die Prüfung als Auscultator ab, trat als solcher beim Gericht in Brandenburg ein, hierauf, nachdem er am 17. August 1833 aus dem Justizdienste entlassen war, als Referendar bei der Regierung in Koblenz ein, erhielt am 17. April 1834 den Abschied auf sein Gesuch und meldete sich in Bonn zur Ablegung des Doctorexamens. Auf Grund der Dissertation: „De proscriptione et de banno regio quid statuerit speculum saxonicum“ (Bonnae 1834), der Clausurarbeiten und des mündlichen Examens wurde er summa cum laude am 13. September 1834 zum Doctor der Rechte promovirt. Von der Facultät befürwortet wurde sein Gesuch um Zulassung zur Habilitation auf den Bericht des Regierungsbevollmächtigten genehmigt und er zur Habilitation zugelassen. Am 13. November 1834 schloß er mit der Rede „de antiquissimis juris marcarum vestigiis“ seine Habilitation als Privatdocent für deutsches Staats- und Privatrecht an der juristischen Facultät zu Bonn ab, erhielt nach der damaligen Norm vom Regierungsbevollmächtigten die Erlaubniß zur Haltung der angekündigten Vorlesung und las seitdem deutsche Rechtsgeschichte, deutsches Privat- und Lehnrecht, Staatsrecht, preuß. Verfassungs- und preußisches Landrecht. Am 30. Mai 1838 beschloß die Facultät auf Antrag des Decans Böcking, ihn auf Grund seiner Lehrthätigkeit und der Druckschrift „Der Staatsdienst in Preußen“ zum außerordentlichen Professor vorzuschlagen. Die Ernennung hierzu erfolgte am 17. August 1838. Der damals noch bestehenden statutenmäßigen Verpflichtung, „durch eine öffentliche lateinische Rede über ein selbstgewähltes Thema sein Amt anzutreten“ hat er auch auf spätere Aufforderung dazu nicht genügt. Er richtete am 30. April [13] 1841 eine Eingabe an den Curator v. Rehfues um eine Besoldung, welche dann auch erfolgte im Betrage von 500 Thlrn., die bei der Ernennung zum ordentlichen Professor um 100 Thlr. erhöht wurde und überhaupt nur 1200 Thlr. erreicht hat. Am 3. Juni 1841 forderte auf Antrag des Ministeriums der Curator die Facultät auf, sich über seine Leistungen als Lehrer, sowie seine wissenschaftlichen Leistungen als Schriftsteller gutachtlich zu äußern. Nach langen wiederholten schriftlichen Erklärungen der Mitglieder kam es zu der Aeußerung vom 30. Juni, welche ihn als Lehrer lobte, bezüglich seiner wissenschaftlichen Leistungen sich auf die Eingabe von 1838 bezog, da neuere nicht vorlagen. Unterm 15. August 1842 wurde er zum ordentlichen Professor ernannt. Der Verpflichtung, ein lateinisches Einladungsprogramm über einen selbst gewählten Gegenstand seines speciellen Faches auf seine Kosten drucken zu lassen und durch eine öffentliche lateinische Rede sein Amt anzutreten, kam er erst am 14. August 1844 nach, nachdem er am 10. Mai vom Decan dazu aufgefordert worden war. Das Programm unter dem Titel „de sententiis juris publici peritorum quas habuerint de imperii germanici forma et statu“ (6 Seiten 4° in großem Drucke umfassend) bestand im Abdrucke einer Stelle von Hippolithus a Lapide und einiger von Puffendorff, welche er mit kaum vierundzwanzig eigenen Zeilen verbunden hatte; die Rede, welche er abgelesen, bestand nur in einer ähnlichen Zusammenstellung wörtlicher Auszüge. Die Facultät beschloß am selben Tage, weil die Habilitationsleistungen nicht für genügend erachtet werden könnten, an das Ministerium zu berichten, dessen Entscheidung gewärtig zu sein, P. dies anzuzeigen. Das geschah am folgenden Tage mit dem Bemerken, daß die Aufnahme in die Facultät auf Grund dieser Leistungen nicht ertheilt werden könne. Auf den Bericht vom 17. August erging auf Grund eines Ministerialerlasses vom 9. October ein Rescript des Curators vom 17. October 1854 dahin: Die Facultät sei nicht befugt, die Einführung in ihre Mitte wegen Unzulänglichkeit der Habilitationsleistungen zu versagen oder aufzuschieben, sie hätte sich darauf beschränken sollen, ihr Urtheil über den Werth jener Leistungen der vorgesetzten Behörde zur weiteren Veranlassung mitzutheilen; es sei lobend anzuerkennen, der Minister gebe seinen Beifall deshalb zu erkennen, daß die Facultät die Sache nicht leicht genommen und es ihrer Würde und Bestimmung als wissenschaftliche Corporation schuldig zu sein geglaubt habe, die offenbar ungenügende Form zu rügen und ihr Urtheil der höheren Behörde zur Kenntniß zu bringen und so zu verhindern, daß die Habilitationen der ordentlichen Professoren, solange die statutenmäßigen Requisiten bestehen, mit Umgehung oder Illusion derselben zu leeren Formalitäten herabsinken; es werde aber angeordnet, daß nunmehr die Einführung ungesäumt zu bewirken sei. Die Facultät beschloß hierauf am 22. October, in einem Berichte den Widerspruch des Rescripts hervorzuheben, den Vorwurf als nicht zutreffend abzulehnen, dabei die Dispensationsbefugniß des Ministers anzuerkennen, P. einzuführen, dessen Programm aber nicht zu versenden. Der Bericht erging am 23. October, die Einführung erfolgte in einer Sitzung am 30. October; in dieser erklärte P., er habe ans Ministerium berichtet, das Recht der Facultät bestritten. Der Minister deducirte im Rescript vom 21. November nach Mittheilung des Curators vom 2. December 1844 lang und breit, er habe Recht, überlasse aber der Facultät, ob sie das Programm an andere Universitäten versenden wolle oder nicht. Die Facultät beschloß, dem Minister das letzte Wort zu lassen, das Programm aber nicht zu versenden. Der ganze Vorgang ist als ein interessanter Beitrag zur inneren Universitätsgeschichte mitgetheilt. Die überflüssige Verpflichtung zu diesen Leistungen ist später aufgehoben, sie hatte keinen rechten Grund, war ein alter [14] Zopf. Vor deren Erfüllung hieß der Professor amtlich nur Prof. des. (designatus), der ordentliche wurde erst nach deren Erfüllung in die Facultät (im engeren Sinne, welche nur die förmlich aufgenommenen Ordinarien bildeten) eingeführt. Aber sie bestand damals noch, und somit war der Standpunkt des Ministeriums sonderbar. Die Habilitation soll nicht zur leeren Formalität werden, ist das der Fall, so genügt sie doch! Die Folge war, daß P. zur Facultät in ein schiefes Verhältniß kam, welches sich fortdauernd darin kundgab, daß er sich um deren Angelegenheiten nicht kümmerte, nie das Decanat geführt hat, niemals sich ins Spruchcollegium aufnehmen ließ. Ueberhaupt hat er nur zweimal (in den Jahren 1854/5, 1855/6, 1858/9, 1859/60) als gewählter Senator im Senate gesessen; der Senat bestand aus dem Rector, Prorector, Richter, 5 Decanen und 4 von der Versammlung der sämmtlichen ordentlichen Professoren auf 2 Jahre gewählten Mitgliedern. Das Verhalten von P., wie es objectiv dargestellt ist, genau zu erklären, ist aus dem Grunde nicht möglich, weil seine eigentlichen Motive aus den Acten nicht zu entnehmen sind. Sicherlich wäre es ihm sehr leicht gewesen, ein wissenschaftliches Programm abzufassen, eine wissenschaftliche Rede zu halten, er hat es nicht gewollt und hat seinen Kopf durchgesetzt. Wenn er von der Verschiedenheit der Ansichten über seine wissenschaftliche Leistung, die 1838 und 1841 in der Facultät zu Tage traten, Kenntniß gehabt hat, erklärt sich sein Verhalten. Die Lehrthätigkeit unterbrach er mit Urlaub im Sommer 1848, wo er für Sachsen-Meiningen durch drei Monate Gesandter beim Bundestage in Frankfurt a. M. war, sodann im Januar 1853, wo er in die zweite Kammer zum Abgeordneten vom Wahlkreise Simmern entsandt wurde und bis zum Sommer blieb. Seit dem Herbst 1860 war seine Gesundheit infolge eines Herzleidens sehr schwankend, in den beiden letzten Lebensjahren konnte er keine Vorlesungen halten.

Der Lehrthätigkeit selbst war er mit Eifer unverdrossen zugewandt, Klarheit, Ruhe, Objectivität und festes Urtheil zeichneten seine Vorlesungen aus und machten ihn zum beliebten Lehrer. Für ihn selbst waren nach seiner ganzen Richtung die Privatvorlesungen, welche er gab, von ebenso großem Gewichte, als die für die Masse der Studenten in der Universität. Zu seinen Schülern zählten ziemlich alle Prinzen aus regierenden Häuser, welche seit der Mitte der dreißiger Jahre in Bonn studirten, es genügt anzuführen den König Albert von Sachsen (1847/48), Großherzog Friedrich von Baden in derselben Zeit, späteren Kaiser Friedrich III. (1849–51), Prinzen Friedrich Karl, Herzog Ernst von Coburg, Herzog von Sachsen-Meiningen. Mit verschiedenen dieser hat er Briefe gewechselt, welche von deren Anhänglichkeit ein glänzendes Zeugniß ablegen. Das Buch von Paul Hassel, König Albert von Sachsen, Berlin und Leipzig 1896, enthält zahlreiche Mittheilungen, auch aus Briefen, welche beweisen, daß dieser Prinz P. sehr nahe stand. „Aus meinem Leben und aus unserer Zeit“ vom Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg-Gotha (Berlin 1887), I, S. 68 f., gibt eine interessante Reminiscenz über den politischen Standpunkt von P. und dessen Theorie vom Gottes-Gnadenthum, der Herzog meint, er und seine Standesgenossen seien viel liberaler gewesen als der Professor P. und andere Professoren. Wie an sich anzunehmen ist und auch aus dieser Aeußerung folgt, gab P. in diesen staatsrechtlichen Privatvorlesungen seiner politischen Gesinnung beredten Ausdruck. Diese war eine durch und durch conservative. Nach seiner Ansicht war man seit 1848 im Fahrwasser der Revolution, waren die politischen Zustände trostlos und fehlte es an den richtigen Männern und der Einsicht, um eine gründliche Aenderung herbeizuführen. Selbst ein Feind jedes Hervortretens in der Oeffentlichkeit, [15] begnügte er sich damit, seiner Ueberzeugung Ausdruck zu leihen in seinen Vorträgen und in einzelnen Aufsätzen des „Preußischen Wochenblatts“, mit dessen Leitern und Gönnern er namentlich im J. 1853 in engere Verbindung getreten war. Für die eigentliche Entwicklungszeit Preußens (1864 bis 1867) liefert der von dem Sohne Otto Perthes’, Professor am Gymnasium zu Bielefeld, herausgegebene „Briefwechsel zwischen dem Kriegsminister Grafen v. Roon und Clemens Theodor Perthes, Professor der Rechte in Bonn“ (Breslau 1896) einen wichtigen und merkwürdigen Belag. P. findet zwar den Anspruch des Augustenburgers nicht absolut einwandfrei, aber den allerstärksten, den Preußen anerkennen müsse, der Gedanke Bismarck’s, zu annectiren, erscheint ihm am 28. April 1864 unmöglich, noch am 1. April 1866 sucht er Roon zu bewegen, den Krieg zu verhindern, hält ihn für ein Unglück („Einen Kriegsfürsten von besonderer Entschiedenheit, einen Feldherrn von besonderer Größe, deren Gaben der Staat nicht ungenützt lassen dürfte, besitzt Preußen nicht“, schreibt er); „ich schaudere“, sagt er, „bei dem Gedanken an den Ausbruch dieses Krieges, der den Zwiespalt nicht allein in jedes deutsche Land und jede deutsche Stadt, sondern auch in so manche Familie, ja in die Brust so manches einzelnen Mannes hineintragen und ein zum Tode mattes Deutschland schließlich dem Dämon der Revolution oder der Gier der Nachbarn in Osten und Westen zum Opfer bringen – ich will nur sagen – kann“. Wunderbarer Weise meint er noch am 18. April 1866: „Die Forderung eines solchen Parlaments, wie der Antrag vom 1. April [gemeint ist der preußische beim Bundestag] es begehrt, ist das unumwunden vor ganz Europa abgelegte reale Bekenntniß zu dem Grundprinzipe der Revolution“. Man sieht, wie ein Theoretiker sich irren kann. Freilich staunt er später Bismarck an. Uebrigens bietet diese Correspondenz manche sehr richtige Gedanken, sie ist vor allem ein Beweis der Bedeutung Roon’s und der einzigen Freundschaft, welche diese beiden Männer verband, welche auch die größte Verschiedenheit der Ansichten in einzelnen Punkten nicht eine Minute zu erschüttern vermochte. Sie war nicht bloß begründet in wesentlich gleicher politischer Grundanschauung, sondern auch in demselben tiefreligiösen Sinne und Streben. Dies führt uns zu der Seite von Perthes’ Wesen, ohne deren Kenntniß eine richtige Beurtheilung des Mannes nicht möglich ist. Vom Vater und der Mutter Karoline, der ältesten Tochter von Matthias Claudius (Wandsbecker Bote) erhielt er als Erbtheil tiefe, praktische christliche Frömmigkeit, mit der sich der wärmste Patriotismus; und die Gabe verband, auf allen Gebieten des christlichen Lebens thatkräftig zu wirken. Sein Leben war geradezu musterhaft in Haus und Gemeinde. Mäßig über alle Maaßen, einfach, Feind jedes Scheines war er im Hause der liebende, aber strenge Vater, der nicht die geringste Ueberschreitung duldete. Mochten nur die Hausgenossen, mochten Freunde, mochten die als Schüler ihn besuchenden Fürstensöhne seine Gäste sein – und diese kamen oft und waren gern gesehen –, die Tafel war gleich einfach. An rauschenden Geselligkeiten nahm er nie theil, aber dem Wohle der Mitbrüder war seine stete Sorge gewidmet. Und daher nahm der „Verein für innere Mission“ seine Thätigkeit besonders in Anspruch. Ihm ist dessen Gründung in Bonn (1849) vorzüglich zu danken, er leitete ihn bis 1855. Seine Thätigkeit führte ihn besonders zur Erkenntniß der Mißstände im Gesellenwesen und, um Abhülfe nach einer Richtung zu schaffen, zur Gründung einer christlichen Herberge. Die von ihm im J. 1854 zu Bonn gegründete „Herberge zur Heimath“ war die erste derartige, welche von evangelischer Seite ausging und in christlichem Sinne geleitet wurde. In der unten angegebenen Schrift erörtert er die Stellung der Meister zu den Gesellen, die Lage der Wandergesellen, das Wesen der neuen [16] Herberge, deren Leitung. Er konnte mittheilen, daß vom 21. Mai 1854 bis dahin 1855 schon 1337 Gesellen, evangelische und katholische in ziemlich gleicher Zahl, in ihr eingekehrt waren. Heute sind solche Herbergen in ganz Deutschland verbreitet. Bis Anfang 1860 führte er selbst die Oberleitung, ließ sich durch keine Schwierigkeiten und bittere Erfahrungen irre machen, sein Gesundheitszustand nöthigte ihn zu größerer Beschränkung, er konnte sein Werk anderen Händen überlassen. – Es kann nicht auffallen, daß P. sich besonders zu Personen hingezogen fühlte, welche auf wesentlich gleichem Boden standen. Als Student war er Niebuhr und Hollweg (später v. Bethmannn-Hollweg) in Bonn, v. Savigny in Berlin näher getreten, als Docent in Bonn verkehrte er besonders mit den evangelischen Theologen Dorner, Nitzsch u. A., mit dem katholischen Hilgers, mit v. Bethmann-Hollweg. Durch den öfteren Besuch von Kranken im Johannisspital lernte er dessen Oberin Amalie v. Lasaulx (s. A. D. B. XVII, 721) kennen und stand mit ihr bis zu seinem Tode in stetem Verkehr. In den „Erinnerungen von Amalie v. Lasaulx“ u. s. w. Gotha 1878, wird wiederholt darüber berichtet. Auch mit seinen juristischen Collegen, besonders mit Bauerband und Bluhme, Deiters und Walter stand er auf bestem Fuße. P. genoß die allgemeine Achtung, sein entschiedener Charakter und seine Abgeschlossenheit stießen nicht ab, weil sein Wirken Zeugniß ablegte von der praktischen Bethätigung seiner Anschauungen.

Als Schriftsteller hat P. nicht viel, aber Tüchtiges hinterlassen, außer der angeführten Doctordissertation und Aufsätzen in Zeitschriften und Zeitungen, die folgenden Schriften.

„Der Staatsdienst in Preußen; ein Beitrag zur deutschen Rechtsgeschichte“ (Hamburg 1838). Wir glauben das Buch nicht besser schildern zu können, als mit den Worten Robert’s v. Mohl (Die Geschichte der Litteratur der Staatswissenschaften II, 351): „Somit sind die Schriften, welche die, im ganzen vollständig erprobte, Gesetzgebung über die Rechte und Pflichten der preußischen Staatsdiener darstellen, auch über die Grenzen des Staates hinaus von Bedeutung … doppelt … wenn sie den Gegenstand wissenschaftlich durchdringen und juristisch ausgebildet haben, wie dies von P. geschehen ist“. Dieses Buch gehört noch heute zu den besten über den Gegenstand: „Das deutsche Staatsleben vor der Revolution. Eine Vorarbeit zum deutschen Staatsrecht“ (Hamburg und Gotha 1845). Auch hier wollen wir Mohl reden lassen, da seine Schilderung den Nagel auf den Kopf trifft; er schreibt a. a. O. S. 257: „In dem ‚deutschen Staatsleben vor der Revolution‘ schildert P. in farbenreichen Bildern die gesammten staatlichen Zustände des Reiches vor dem letzten vernichtenden Stoße auf dasselbe. Sowohl die allgemeinen ganz Deutschland betreffenden Verhältnisse, als die der größeren und kleineren Reichsgebiete werden in scharfer und reinlicher Zeichnung vor uns aufgestellt; Oesterreich und Preußen so gut als die Reichsstädte und die Ritterschaft. Auch das Volksleben, soweit es von staatlicher Bedeutung ist, erhält seine Würdigung; und überall wird sowohl auf die Trümmer der alten Zeit, als auf die Keime der neuen hingewiesen. In diesen Schilderungen aber ist lauter Leben und Bewegung, manche sind wahre Cabinetsstücke. Das Buch ist nicht bloß ein sehr unterhaltendes, sondern auch ein wirklich lehrreiches, indem es die völlige Unmöglichkeit zeigt, daß dergleichen veraltete, unstaatliche Zustände dauern konnten. Wer zu sehen vermag, kann es auch als Spiegel für unsere Zeit brauchen. Dies Alles aber um so zuverlässiger, als es nur Thatsachen berichtet, nicht aber eigene Lehrmeinungen aufzudrängen sucht“. Das Werk: „Politische Zustände und Personen in Deutschland zur Zeit der französischen Herrschaft. Das südliche und westliche Deutschland“ (Gotha 1862), der zweite [17] Band unter dem besonderen Titel: „Pol. Zust. u. Pers. in den deutschen Ländern des Hauses Oesterreich von Karl VI. bis Metternich. Aus dem Nachlaß des Verfassers herausgegeben“ (das. 1869). Bezüglich des zweiten Bandes sagt der Herausgeber Anton Springer: „Meine Wirksamkeit beschränkt sich selbstverständlich auf die bessere Anordnung des nachgelassenen Materials und einzelne übrigens unbedeutende stilistische Anderungen“. Auch dieser ist also ganz P. zugehörig, freilich nicht so durchgearbeitet und vollendet wie der erste Band. Der erste Band bietet uns in gleicher Weise wie das vorher besprochene Buch, ein höchst lebhaftes, anziehendes, auf sorgfältigster Forschung, die sich stützt auf zahllose gedruckte angeführte Schriften und persönliche Mittheilungen ruhendes Bild des Lebens und der Zustände politischer Natur in den drei geistlichen Kurfürstenthümern, insbesondere auch in den Städten Mainz, Aachen, Köln, Trier, Coblenz, beschreibt eingehend die französische Verwaltung und ebenso die Zustände im Großherzogthum Frankfurt, in Baden, Hessen-Darmstadt, Nassau, Großherzogthum Berg, in den neuen Königreichen Baiern und Württemberg. Kein anderes Werk liefert einen solchen trefflichen Einblick, zugleich werden die maßgebenden Personen, theils sehr eingehend gekennzeichnet. Der zweite Band liefert für die österreichischen Erbländer ebenfalls ein vortreffliches Bild, geht auf die Regierung der Kaiserin Maria Theresia und des Königs Josef II. mit scharfer Zeichnung ein und führt uns ebenso die handelnden Personen lebendig vor Augen. Auch dieses Werk ist eine Bereicherung der Litteratur und hat als Ganzes kaum einen Vorläufer, wird nur leider gleich dem „Staatsleben“ zu wenig benutzt, wie schon der Umstand beweist, daß keins eine zweite Auflage erlebt hat. Die Schrift: „Die Einverleibung Krakaus und die Schlußacte des Wiener Congresses“ (Hamburg 1847) behandelt die Tagesfrage der Vernichtung der Republik Krakau und ihre Einverleibung in die österreichische Monarchie.

Einen großen Theil seines schriftstellerischen Lebens widmete er seines Vaters Leben, es ist: „Friedrich Perthes’ Leben nach dessen schriftlichen und mündlichen Mittheilungen aufgezeichnet von C. T. P.“ (Gotha. Bd. I 1848, Bd. II 1850, Bd. III 1855, 6. Aufl., alle 3 Bde. 1872). Ein Meisterwerk, nicht bloß vom biographischen Gesichtspunkte aus, führt es uns den bedeutenden Vater vor von der Geburt bis zum Tode, durch sein Familien- und Geschäftsleben, macht uns bekannt mit seinem Entwicklungsgange nach allen Richtungen, zeigt ihn uns im freundschaftlichen und geschäftlichen Verkehr mit einer Reihe von Personen, welche auf kirchlichem, litterarischen und politischen Gebiete zu den bedeutenderen, ja bedeutendsten ihrer Zeit gehörten, stellt uns insbesondere den glänzenden Patrioten und seine hervorragende politische Thätigkeit vor Augen. Auf Einzelnes kann hier nicht eingegangen werden, es muß genügen zu sagen: Diese Biographie gehört für die Geschichte der deutschen Entwicklung in politischer, litterarischer und kirchlicher Hinsicht zu denjenigen, welche uns tiefe Einblicke gestatten, er bildet eine Fundgrube für diese Richtungen; sein Verfasser hat durch dieses Werk sich einen hervorragenden Platz gesichert auf dem Gebiete der pragmatischen Biographie. Die thätige Beschäftigung mit den Werken der Fürsorge für die arbeitenden Classen, namentlich vom Standpunkte der kirchlichen Obsorge aus veranlaßte die interessante Schrift, welche für die Besserung auf diesem Gebiete wesentliche Wirkung gehabt hat, „Das Handwerkswesen der Handwerksgesellen“ (Gotha 1856).

Außer den angeführten Schriften und Mittheilungen von Familiengliedern Bonner Curatorial- und Facultätsacten.