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ADB:Rehberg, Friedrich

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Artikel „Rehberg, Friedrich“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 584–586, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rehberg,_Friedrich&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 03:49 Uhr UTC)
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Rehberg: Friedrich R., Historienmaler, geb. am 22. Oct. 1758 zu Hannover, wurde nach dem Vorbilde des Vaters für das Studium der Rechtswissenschaft bestimmt, dann aber, als seine Vorliebe zum Zeichnen und Malen hervortrat, rechtzeitig in die damals mögliche Bahn gelenkt. R. erhielt den ersten Unterricht in Leipzig bei Oeser, dann bei Casanova und Schenau in Dresden, wo ihn unter den Bildern der berühmten Galerie vorzugsweise die italienischen Maler fesselten und die Sehnsucht erweckten, dieses Land kennen zu lernen, wozu ihm seine selbständige Stellung die erwünschten Mittel bot. Neunzehn Jahre alt kam R. nach Rom mit guten Empfehlungen an den hochgefeierten Raphael Mengs, den spanischen Gesandten Azara und den einflußreichen Legationsrath Reiffenstein, ging dann in retrograder Weise an das Studium der Caracci, des Dominichino und Michel Angelo, insbesondere aber Raphael’s, dann machte er sich an das Nachzeichnen der Antiken und der in der französischen Akademie in besonders günstigem Lichte aufgestellten Gypsabgüsse, wobei R. mit Jacques Louis David bekannt wurde und wetteifernd mit dessen „Horatiern“ die Composition seiner „Niobe“ begann, eines sehr complicirten großen Bildes (radirt von Pinelli), womit er sich nutzlos durchs ganze Leben schleppte. Als R. 1788 schon als renommirter Maler in seine Vaterstadt zurückkehrte, erhielt er viele Aufträge, besonders im Porträtfach und 1784 einen Ruf als Zeichenlehrer an das Philanthropinum in Dessau mit dem Auftrage, dem Erbprinzen Unterricht im Zeichnen und Malen zu ertheilen. Schon 1786 erfolgte seine Aufnahme in die Akademie zu Berlin und im nächsten Jahre seine Ernennung als Professor an dieser Anstalt mit der Bedingung, wieder nach Rom zurückzukehren und die Leitung einer dort zu errichtenden preußischen Kunstschule zu übernehmen – ein Project, welches infolge der politischen Ereignisse nicht zur Ausführung kam. R. blieb deßungeachtet in Rom und lieferte eine Anzahl von großen Bildern – darunter ein von der Berliner Akademie preisgekrönter „Belisar“ (gestochen von Bettelini), „Oedipus und Antigone“, „Julius Sabinus“, „Kain’s Brudermord“ –, welche er meistentheils öfters, einen „Bacchus und Amor“ sogar achtmal wiederholen mußte. Der König von Preußen, der Herzog von Leuchtenberg, der Herzog von Cambridge zählten zu seinen Gönnern, einen „Jupiter mit der Venus“ erhielt die Kaiserin Josephine; auch der Fürst Taxis, die Kaiserin Maria von Rußland und der von Jos. Anton Koch als „Lord Plumpsack“ verspottete Kunstmaecen Lord Bristol wetteiferten in der Erwerbung der Erzeugnisse Rehberg’s, der in den neunziger Jahren auf der leichterrungenen Höhe seiner Kunst stand und deshalb hochmüthig auf die unvergleichlich mehr gediegenen Schöpfungen eines Carstens, Koch und Reinhart herabsah. „Sein Streben war zwar durchaus edel und auf das Höchste in der Kunst gerichtet, er besaß große Gewandtheit im Erfinden und Componiren, suchte eine weiche und gefällige Formengebung mit effectvoller Beleuchtung zu verbinden, aber Unnatur hielt noch den reinen Sinn gefesselt, Modelle und Gliedermann vertraten die Stelle unmittelbarer Naturanschauung, im hohlen, leeren Formenwesen ohne kräftiges Innenleben und ohne gemüth- und geistvolle Tiefe sah er das Ideal des Schönen.“ Deshalb ging auch die Nachwelt über ihn hinweg, obwol ihn seine Zeit eine Spanne lang hoch trug. R. lebte in Rom auf großem Fuße, sah die römische Gesellschaft und was sonst von auswärtigen Celebritäten daselbst verkehrte, darunter auch Goethe, in seiner glänzenden Wohnung. Lord Bristol und andere Goldjungen fröhnten dieser alsbald wieder in ihr Nichts zerrinnenden Kunstrichtung, welche Jos. Anton Koch in seiner „Modernen Kunstchronik“ (oder „Rumfordischen Suppe“, Karlsruhe 1834) sehr ergötzlich aber vielleicht auch mit neidischer Mißgunst geißelt, wobei unser R. als „Spitznäschen“ unverkennbar eine Rolle spielt. Zu Anfang der neunziger Jahre machte R. einen Ausflug nach Neapel [585] und zeichnete, empfohlen an den Lord William Hamilton, die Attituden der schönheitberühmten Lady Hamilton. Diese mimisch-plastischen Darstellungen erschienen unter dem Titel: „Drawings faithfully copied from nature“ 1794 in Rom, gestochen von Piroli, ohne den Namen der Lady zu nennen. Nur die schlechten Copien des Leipziger Industrie-Comptoirs erhielten den Titel: „Attitüden der Lady Hamilton“ und erschienen schließlich in Lithographie von H. Dragendorf, herausgegeben von Auguste Perl zu München 1840 (bei Joh. Deschler in der Au. 12 Blätter, 4°). Sie zeigen die schöne Frau als Sibylle, Magdalena, Träumerin, Sophonisbe, Nymphe, als Muse des Tanzes, Iphigenie, Priesterin, Cleopatra, als heil. Rosalie und Niobe. Diese an sich höchst harmlosen Bilder brachten durch den Namen der Lady Hamilton R. in großen Ruf und trugen Rehberg’s Kunst weiter als seine Oelbilder und sonstigen Compositionen. Von diesen letzteren veranstaltete R. nach seiner Rückkehr zu Berlin eine große Exposition (1805), die Folge davon war große Anerkennung von Seite der Majestäten, insbesondere von Seiten der Königin, und eine Anzahl neuer Aufträge. Seine Producte bewegten sich, ganz ahnungslos daß es auch nationale Stoffe gebe, in dem nichtssagenden Repertoire des damaligen Empire: „Amor, Bacchus und Bathyll, Trauben kelternd“; „Metabus, König der Volsker, seine Tochter im Bogenschießen unterrichtend“; „Narciß am Quell“; „Orpheus und Euridice“; „Oedipus und Antigone“; „Homer von der Muse geführt“; „Belisar und sein Sohn“; „Julius Sabinus und seine Familie“; „Kain“; „Niobe mit ihren Kindern“ und „Endymion“. Staatskanzler von Hardenberg, der neue Curator der Akademie, würdigte den Künstler seiner besonderen Gunst und Freundschaft mit dem Wunsche, R. solle die Geschäfte der in Rom neu zu gründenden preußischen Akademie als Secretär führen. Der Glückliche ergriff mit Freuden diese Auszeichnung, unternahm zur weiteren Information eine Reise durch England, Frankreich und Deutschland und kehrte über Wien nach Rom zurück, um daselbst zu erfahren, daß der neue Akademieplan vorerst unausgeführt sein Beruhen habe. R. arbeitete mit Eifer weiter an seinen alten Projecten, aber seine Glanzperiode lag schon hinter ihm; unter dem Eindruck der gewaltigen Zeitereignisse frug Niemand mehr nach seiner „Niobe mit ihren Kindern“ oder nach „Aeneas und Dido“, obwol ersteres ursprünglich für den Palast des Vicekönigs von Mailand bestimmt war. Anfangs 1813 erschien R. wieder in Berlin, veranstaltete abermals eine Exposition seiner Werke, für welche unter den obwaltenden weltgeschichtlichen Umwälzungen noch weniger Zeit und Gelegenheit war. R. glaubte sich bei seinem Monarchen verleumdet und dessen königlicher Huld beraubt und verließ nun gekränkt anfangs April Berlin, um in England neuen Fuß zu fassen. Er verweilte mehrere Jahre in London, kam auch mit Fürst Blücher zusammen und gewann mit seinen Bildern und Zeichnungen Beifall. Unter Anderen malte er eine lederne Allegorie auf Napoleon’s Absetzung (auch in Stich von Godby) unter dem Titel „Bonaparte resigning the Crown and Sceptre to the British Lion“ u. s. w. Ein anderes ebenfalls 1814 zu London in Kupfern edirtes Werk feiert die Ankunft des Herzogs von Cambridge in Hannover (The Arrival and Reception of his royal Highness the Duke of Cambridge at Hannover). R. ging 1818 von London über München durch Tirol nach Rom zurück und lieferte zu der im nächsten Jahre im Palast Caffarelli auf dem Capitol abgehaltenen Ausstellung von Arbeiten deutscher Künstler mehrere Kreidezeichnungen. Infolge davon ertheilte ihm der Kaiser von Oesterreich den Auftrag, ein Panorama von Innsbruck zu zeichnen. R. eilte nach Tirol und entledigte sich mit 5 (je 14 Zoll hohen und 20 Zoll breiten) nachmals auch lithographirten Blättern zur höchsten Zufriedenheit seiner Aufgabe. Um selbe in Steindruck zu vervielfältigen und sich in dieser Technik [586] überhaupt gründlich auszubilden, nahm R. seinen Aufenthalt zu München, wobei auch der Wunsch des Staatsministers und Curators der Berliner Akademie maßgebend war, welcher die Absicht hatte, diesen Kunstzweig in Berlin emporzubringen und R. dorthin zu berufen. Allein R. sah Berlin nicht wieder, sondern blieb bis an sein Ende in München. Hier beschäftigte ihn ein kunsthistorisches Werk über „Rafael Sanzio (!) aus Urbino“, welches 1824 (bei Fleischmann) in fünf Heften erschien. Hier gab R. nach dem damaligen Stand der Forschungen einen beiläufigen Ueberblick über die Entwickelung der italienischen Kunst vor Raphael und eine immerhin nicht unverdienstliche Schilderung von dem Leben und den Werken des Urbinaten, wozu als lehrreiche Beispiele eine Anzahl von lithographischen Abbildungen kamen; die Redaction des Textes leitete für den nicht besonders schreibgewandten R. der Buchhändler Börner aus Leipzig, mit welchem unser Maler im Bade zu Gastein conferirte. Infolge dieses Werkes erhielt R. durch Frhr. v. Stein den Auftrag, eine Anleitung zum Zeichnen mit passenden Vorlageblättern in Steindruck herauszugeben. Das Opus erschien auch im J. 1828, wurde aber alsbald eine bibliographische Seltenheit, da R. in Stunden des Unmuths die zerstörende Hand an die Steine und die gedruckten Exemplare (ebenso an seinen „Raphael“) legte. Seine letzten Jahre verliefen überhaupt düster und sorgenvoll. R., der einst in guten, ja glänzenden Verhältnissen gelebt, endete von Gram, Kummer und Unmuth niedergebeugt, nach langer Krankheit vereinsamt und verlassen am 20. August 1835. Im Nachlasse des ganz verarmten Mannes fanden sich außer den beiden großen Bildern „Niobe mit ihren Kindern“ und „Aeneas und Dido in der Unterwelt“, welche vergeblich auf allen Ausstellungen einen Käufer gesucht hatten, eine große Menge von Handzeichnungen, von denen er sich nicht trennen konnte, Cartons von fast allen seinen Gemälden, eine Anzahl von Naturstudien, Landschaften u. s. w. Die nach seinen Gemälden und Zeichnungen gestochenen und lithographirten Blätter finden sich bei Andresen verzeichnet, ebenso Rehberg’s Radirungen.

Vgl. den Nekrolog in Nr. 61 des Stuttgarter Kunst-Blatt vom 2. Aug. 1836. – Nagler, Künstler-Lexikon, 1842, XII, 373 ff. und dessen Monogrammisten, 1860, II, 864 (Nr. 2387). – Andresen, Maler-Radirer, 1867, II, 61–88