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ADB:Rühs, Friedrich

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Artikel „Rühs, Christian Friedrich“ von Theodor Pyl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 624–626, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:R%C3%BChs,_Friedrich&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 22:54 Uhr UTC)
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Rühs: Christian Friedrich R., Geschichtsforscher und Historiograph des preußischen Staates, wurde am 1. März 1781 als der Sohn des Kaufmanns und späteren Rathsherrn Joachim R. (1793–1811) in Greifswald geboren, besuchte die dortige Schule und Universität, wo damals Joh. Georg Peter Möller das historische Fach vertrat, und setzte seine Studien in Göttingen unter Schlözer, Meiners, Heeren und Sartorius fort. Anfangs (1801) in Göttingen, seit 1802 aber in Greifswald habilitirt und Vicebibliothekar, sowie seit 1808 daselbst außerordentlicher Professor der Geschichte, widmete er sich gleich seinem Heimathsgenossen, dem Juristen Karl Schildener, vorzugsweise dem Studium der nordischen Reiche, und veröffentlichte auf diesem Gebiete zahlreiche Schriften, von denen die erste „Versuch einer Geschichte der alten Skandinavier“, schon 1801 zu Göttingen erschien. An diese schließen sich geographisch-statistische Nachrichten über Finnland, Grönland und Schweden in den allgemeinen geographischen [625] Ephemeriden (1802 ff.), in Horn’s Gött. Museum, Bd. I, in Büsching’s neuer Erdbeschreibung (1807–8) und in den Annalen für Politik von Schmalz (1809), sowie die selbständigen Schriften „Unterhaltungen für Freunde altdeutscher und altnordischer Geschichte und Litteratur“, 1808, „Briefe über Schweden“. 1804, und „Finnland und seine Bewohner“, 1809, endlich auch „Ueber nordische Mythologie und Poesie“ in Wieland’s Merkur (1802–3). Sein bedeutendstes Werk ist aber die „Geschichte Schwedens“, Th. 1–5, 1803 ff., welche auch in der allgemeinen Hallischen Weltgeschichte, Bd. 63–66, erschien, und sich durch eine auf die historischen Quellen gestützte kritische Behandlung vor den früheren, aus Sage und Tradition zusammengestellten Arbeiten auszeichnet; außerdem widmete er dem hervorragendsten der schwedischen Könige eine besondere Schrift „Erinnerungen an Gustav Adolf“, 1806, und übersetzte auch Gustav’s III. Werke, Bd. 1–3, 1805–8. Weniger Sorgfalt verwandte er auf die Erforschung der engeren Heimath, anscheinend aus dem Grunde, weil er dies Gebiet genügend von A. G. Schwarz, A. Balthasar, Dähnert und Gadebusch, sowie von Dinnies in Stralsund angebaut wähnte; jedoch machte er sich um dieselbe durch Herausgabe einer Zeitschrift „Pommersche Denkwürdigkeiten“, H. 1–4, 1802–3, verdient, welche, außer eigenen historisch-statistischen Beiträgen, auch Arbeiten historischen, theologischen, juristischen und medicinischen Inhalts von Sell, Biederstedt, Werner, Mende, Niz u. A. umfaßt; von besonderer und zugleich allgemeiner Bedeutung ist die Veröffentlichung von Wessels, des Stralsunder Bürgermeisters, Schrift über den Cultus der katholischen Kirche, sowie die Erklärung pommerscher Ortsnamen von Niz. Außerdem beschrieb R. in der Zeitschrift Eurynome und Nemesis, H. 1, 1808, das Leben des Dichters J. G. L. Hagemeister, feierte (1809) den Tod Joh. v. Müller’s durch eine Elegie und gab auch einen Beitrag über die Slavischen Alterthümer in Prillwitz in Wieland’s Merkur, 1805. Seine Greifswalder Vorlesungen (1802 bis 1810) betreffen gleichfalls nordische und pommersche Geschichte, verbreiten sich jedoch auch über alte und mittlere Zeit, sowie durch die französische Revolution angeregt, über Geschichte des neueren europäischen Staatensystems und über das Staatsrecht des Rheinbundes, neben denselben aber auch über die Germania des Tacitus und historische Propädeutik, mit welchen er auch Vorträge über Diplomatik, Heraldik und Litteraturgeschichte vereinigte. Im Jahr 1810 wurde er zum ordentlichen Professor der Geschichte an der neu begründeten Universität zu Berlin berufen, und in der Folge (1817) auch zum Historiographen des preußischen Staates ernannt. Seine erste dort herausgegebene Schrift „Entwurf einer Propädeutik des historischen Studiums“, 1811, war allgemeiner Richtung, bald aber kehrte er mit Vorliebe zu der nordischen Litteratur zurück und veröffentlichte „Die Edda, nebst einer Einleitung über Nordische Poesie und Mythologie, und einem Anhang über die historische Litteratur der Isländer“, 1812, und „Ueber den Ursprung der Isländischen Poesie aus der Angelsächsischen, nebst Bemerkungen über die Nordische Dichtkunst und Methodologie, ein nothwendiger Anhang zu den neuesten Untersuchungen“, 1813. Bei diesen Arbeiten hatte R. jedoch übersehen, daß gleichzeitig im Gebiet der germanischen Litteratur und Geschichte die vergleichende Sprachforschung und Mythologie neue Bahnen und Ziele mit einem weiteren Gesichtskreise verfolgte, denen gegenüber die in den erwähnten Schriften ausgesprochenen Grundsätze als einseitig und unrichtig erscheinen mußten, ein Urtheil, welches von Jakob und Wilhelm Grimm in den Recensionen über jene von R. herausgegebenen Werke ausführlich begründet wurde. Vielleicht durch diese Kritik bewogen, mehr aber noch durch die Einwirkung der Freiheitskriege angeregt, wandte sich R. jetzt zur Geschichte [626] seiner Zeit, und veröffentlichte „Historische Entwicklung des Einflusses Frankreichs und der Franzosen auf Deutschland und die Deutschen“, 1815, sowie „Die Vereinigung Pommerns mit der Preußischen Monarchie, Schreiben an einen Kaufmann“, 1815, ferner „Das Märchen von den Verschwörungen“, 1816, und „Ueber das Studium der Preußischen Geschichte“, 1817. Auch die in späterer Zeit so wichtige schleswig-holsteinische Frage und den Antisemitismus der Gegenwart berührte er in den Schriften „Das Verhältniß Holsteins und Schleswigs zu Deutschland und Dänemark“, 1817, „Ueber die Ansprüche der Juden an das deutsche Bürgerrecht, mit einem Anhange über die Geschichte der Juden in Spanien“, 2. Auflage 1816, und „Die Rechte des Christenthums und des deutschen Volkes gegen die Ansprüche der Juden und ihrer Verfechter“, 1816; zu gleicher Zeit aber gab er auch ein „Handbuch der Geschichte des Mittelalters“ (1816) heraus. Außer diesen selbständigen Werken und einer Uebersetzung von Hebbe’s Nachrichten von den Azoren, 1805, betheiligte er sich auch an der von Sprengel und Ehrmann herausgegebenen Bibliothek der neuesten Reisebeschreibungen, in welcher von ihm (Bd. 44, 45, 1811) Georg Viscount Valencias und Heinr. Salt’s Reisen nach dem Orient im J. 1802–6, aus dem Englischen übersetzt, erschienen, sowie später in Gemeinschaft mit dem Bibliothekar S. H. Spiker an der Zeitschrift für die neueste Geschichte der Staaten- und Völkerkunde, 4 Bd., 1814–15; ferner mit H. Lichtenstein an der Herausgabe von E. W. A. v. Zimmermann’s Taschenbuch der Reisen, oder Darstellung der Entdeckungen des 18. Jahrhunderts, 13. Jahrg., Bd. 15 (1817), endlich auch an Bertuch’s neuester Bibliothek der wichtigsten Reisebeschreibungen, in welcher von ihm (1817–19) Elphinstone’s Geschichte der englischen Gesandtschaft an den Hof von Kabul, und B. Hall’s Entdeckungsreise nach Korea erschienen. Diese umfangreichen Arbeiten, sowie die Vorbereitung zu neuen Werken, namentlich zu einer Geschichte des preußischen Staates, erschütterten seine Gesundheit, um letztere wieder herzustellen, zugleich aber auch um seinen Gesichtskreis zu erweitern, unternahm er eine Reise nach Italien, auf welcher er jedoch in der Nacht vom 31. Januar zum 1. Februar 1820 zu Florenz verstarb. Nach seinem Tode erschienen „Ausführliche Erläuterung der ersten zehn Capitel der Schrift des Tacitus über Deutschland“, 1821 und „Ueber das Schicksal der schönen Redekünste in Schweden“, 1821.

Kirchenbuch der Gr. Nik.-Kirche, welches das richtige Geburtsjahr 1781 angibt, während in den allg. geogr. Ephemeriden, die auch Bd. 33 sein Bildniß enthalten, das unrichtige Jahr 1761 steht, auch die in anderen Biographien gegebenen Geburtsjahre 1779 und 1780 sind unrichtig. – Verz. d. Gr. Univ.-Vorlesungen. – Meusel, Das gelehrte Teutschland, Bd. III (XV), S. 232, Bd. VII (XIX), S. 469. – Lappe, Pommerbuch, 1820, S. 189. – Kosegarten, Gesch. der Univ. I, 315. – Jakob Grimm, Kl. Schriften, Bd. VI, 1882, 116. – Pyl, Pomm. Geschichtsdenkm., Bd. VI, S. 3–91.