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ADB:Schwarzenberg, Adam Graf von

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Artikel „Schwarzenberg, Graf Adam zu“ von Otto Meinardus in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 779–794, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schwarzenberg,_Adam_Graf_von&oldid=- (Version vom 10. Dezember 2024, 05:38 Uhr UTC)
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Schwarzenberg *): Graf Adam zu S. (er selbst schrieb sich Schwartzenberg), entstammte der rheinischen Linie des alten fränkischen Rittergeschlechts der Herren v. Seinsheim, welche sich seit der im Jahre 1429 vom römischen Könige Siegmund vollzogenen Erhebung in den Freiherrn- und Bannerherrenstand nach den beiden in ihren Besitz gelangten allodialen Herrschaften: Herren zu Schwarzenberg und [780] Hohenlandsberg nannten. (Das heutige Seinsheim liegt am Hohen Landsberg im Steiger Wald.) Die ältere fränkische Linie erlebte mannigfache Theilungen und Spaltungen, bis im Jahre 1617 der kaiserliche Obersthofmarschall und Geh. Rath Georg Ludwig v. S. die fränkischen Stammlehen wieder in einer Hand zusammenzufassen vermochte. Nach dessen Tode gingen sie auf den Sohn des Grafen Adam über.

Der Erbgang des rheinischen Geschlechts ist seit den Tagen des Freiherrn Wilhelm I., seines Begründers, ein ununterbrochener gewesen. Der Urgroßvater des Grafen Adam war aus der Heimath davon gezogen, um gleich so vielen anderen Mitgliedern der fränkischen Reichsritterschaft im Dienste des Kaisers oder anderer großer Herren das Glück zu suchen. Er fand es im Herzogthum Jülich, wo er nach seiner Heirath mit einer Tochter des namentlich im Herzogthum Berg hoch angesehenen und begüterten Geschlechts v. Nesselrode in die Reihen des landsässigen Adels eintrat und auch an den Jülichschen Landtagen Theil genommen hat. Das Rittergut Bovenberg war der erste Grundbesitz des Hauses S., dem Wilhelm II., des ersten Sohn, das Rittergut Gimborn in der Grafschaft Mark und einige andere Landgüter hinzubrachte. Er war in kurkölnische Dienste getreten und verwaltete als Amtmann das Amt Neuerburg.

An lange Seßhaftigkeit konnten sich die Schwarzenberg’s aber noch nicht gewöhnen, in ihnen lebte noch der kriegerische Geist ihres ritterlichen Vorfahren, der im 15. Jahrhundert den damaligen Erzherzog Max nach Burgund begleitete und sich später dem Heereszuge zur Befreiung des Römischen Königs aus der Gefangenschaft in Brügge anschloß. Auch Wilhelm I. diente dem Hause Habsburg mit den Waffen und starb als kaiserlicher Generallieutenant, Wilhelm II. dagegen zog sich im Heere Philipp’s II. von Spanien bei S. Quentin eine Verwundung zu, der er bald erlag. Bedeutenden Kriegsruhm errang sich erst Freiherr Adolph, der Vater des Grafen Adam. Schon früh erwählte er den Beruf des Kriegsmannes. Nach mannigfachen Heeresfahrten erscheint er als Rath und Hofmarschall des Bischofs Ernst von Lüttich und leistete ihm alsdann als Oberst eines Reiterregiments bei der Vertreibung des Kölner Erzbischofs Gebhard v. Truchseß wesentliche Dienste, wofür ihm verschiedene Gefälle zum Lohn verpfändet wurden. In der Folge litt es ihn aber nicht in kölnischen Landen, obwohl er mehrere Jahre als Statthalter und Landhofmeister die kurkölnische Regierung geleitet hat. Das kriegerische Blut regte sich wieder in ihm: er übernahm als kaiserlicher Oberst die Werbung eines Reiterregimentes in den Rheinlanden, um die Türken verjagen zu helfen. Die glänzende Wiedereroberung der Festung Raab (1599) ist ein Ereigniß, welches in damaliger Zeit die größte Bedeutung für die Christenheit besessen hat. Der Ruhm des Schwarzenberg’schen Namens erfüllte alle Lande. Freiherr Adolf ward von seinem kaiserlichen Herrn am 5. Juni 1599 in Prag zum Ritter geschlagen und in den erblichen Reichsgrafenstand erhoben. Als besonderes Zeichen kaiserlicher Huld galt es, daß dem Schwarzenbergischen Familienwappen ein goldenes Feld hinzugefügt wurde, auf welchem ein Rabe einem Türkenkopfe das eine Auge aushackt. Das Kaiserhaus hat jedoch nicht geglaubt, den Verdiensten seines Feldhertn damit genug gethan zu haben; er selbst fiel zwar schon im folgenden Jahre unter den Schüssen seiner meuternden Truppen. aber Sohn und Enkel des Türkenbesiegers sollten noch von dem Dank des Hauses Oesterreich zehren. Graf Adam hat sich während seines ganzen Lebens bemüht, eine kaiserliche Anwartschaft auf eine Herrschaft im Reich verwirklicht zu erhalten; erst sein Sohn Johann Adolph wurde 1670 in den Reichsfürstenstand erhoben.

Graf Adam war der einzige Sohn seines Vaters und dessen Gemahlin, einer geborenen Wolff-Metternich. Er war am 26. August 1584 geboren. Ueber [781] seine Jugend und Erziehung sind wir nur mangelhaft unterrichtet. Sicher ist, daß er beim Leichenbegängniß seines Vaters sich in Wien befand und dort überhaupt längere Zeit verweilte. Kaiser Ferdinand II. erinnerte sich später, ihn dort gesehen zu haben, und Khlesl nannte sich im Jahre 1628 den Freund seines Vaters und seiner Mutter, knüpfte auch mit ihm selbst alte freundschaftliche Beziehungen aus der Jugendzeit wieder an. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß die mäßige und vermittelnde religiöse Richtung dieses Staatsmannes und die religiöse Gleichgültigkeit des Kaisers Rudolf II. und seines Hofes nicht ohne Einfluß auf die Gesinnung des jungen Grafen geblieben sind. Ganz im Geiste seiner Vorfahren betheiligte sich Graf Adam an den Kämpfen gegen die Türken und ward wegen seiner Verdienste von König Heinrich IV. von Frankreich mit dem St. Michaelorden beliehen. Leider wissen wir auch darüber nichts Näheres. Seine Mutter erkor sich das Gut Gimborn zu ihrem Wittwensitz. Von hier aus erneuerte Graf Adam die alten Beziehungen zum Erzbischof von Köln. Charakteristisch ist, daß sie Finanzgeschäfte betrafen. Er lieh im Jahre 1603 dem Erzbischof 12 000 Goldgulden gegen Verpfändung der Herrschaft Rösberg. Als er dann im Jahre 1610 sein Verhältniß zum kurkölmschen Staate völlig aufgab, wurden seine vom Vater her noch bestehenden Ansprüche auf verschiedene Pfandschaften abgelöst.

Beim Tode des Herzogs von Jülich (1609) soll er Jülichscher Rath gewesen sein. Jedenfalls war er Landstand des Herzogthums Jülich und der Grafschaft Mark und mußte in dieser Eigenschaft der neuen Lage der Dinge gegenüber Stellung nehmen. Beide Erbfürsten, der Kurfürst von Brandenburg, beziehungsweise dessen Vertreter, und der Pfalzgraf von Neuburg kamen ihm dabei entgegen, besonders allerdings der brandenburgische Abgesandte. Markgraf Ernst, des Kurfürsten Bruder, bemühte sich am Niederrhein für die Bestrebungen des Hauses die Unterstützung hervorragender Patrioten zu gewinnen. Schon vor dem Dortmunder Vertrag (20./10. Juni 1609), der die gemeinsame Verwaltung der Erbländer festsetzte, wandte sich der Markgraf an S. Dieser erzählt selbst, daß er sich gleich damals bereit erklärt habe, der gerechten Sache des Hauses Brandenburg beizustehen. Nach dem Abschluß des Vertrags ertheilte dann der Markgraf verschiedene Aufträge an S., die er zu seiner Zufriedenheit erledigte, so daß ihn der Fürst seinem Bruder am 9. Juli 1609, wo er des jungen Grafen zum ersten Mal erwähnt, dringend empfahl. Ganz besonders bei zwei Gelegenheiten hat S. seine Anhänglichkeit an die Erbfürsten in hervorragender Weise dargethan. Als diese nach dem Abschluß des Vertrags von Dortmund nach Düsseldorf eilten, beabsichtigte der kaiserliche Abgesandte Richard v. Schönberg sie mit Unterstützung des Commandanten von Düsseldorf im Schloß sammt ihren Räthen aufzuheben und dem Kaiser die Verfügung über sie anheimzustellen. S. erfuhr von dieser Intrigue und meldete sie dem Markgrafen. Da die Fürsten noch ohne militärische Bedeckung waren, schaarte sich auf die Kunde dieses Anschlags hin der größte Theil der Stände und Bürger um sie, übermannte die Feinde und geleitete beide in das Schloß. Direct feindlich trat S. bei dem Versuche des Erzherzogs Leopold, die Stadt Düren zu überrumpeln, der kaiserlichen Politik entgegen, indem er wider den Willen des Magistrats der Stadt die Aufnahme kaiserlicher Truppen mit Gewalt verhinderte. So konnte denn der Erzherzog es schriftlich aussprechen, daß keiner von allen gegnerischen Dienern und Landständen dem Hause Oesterreich größeren Schimpf zugefügt, als S., wofür er des Galgens würdig sei. Die Folge war die Verhängung der Acht über den kühnen Parteigänger der Erbfürsten und die Verwüstung mehrerer seiner Güter, wodurch er, nach eigener Angabe, über 18 000 Reichsthaler Schaden erlitt. Auch den Landständen gegenüber trat S. mehrfach für die Interessen [782] der Erbfürsten wirksam in die Schranken und erregte durch dieses ganze Auftreten die Aufmerksamkeit der fürstlichen Kreise im Deutschen Reiche. Zunächst belohnten ihn die Erbfürsten durch die Erhebung des Schlosses Gimborn, zu dem sie noch einige Dörfer legten, zu einer Unterherrlichkeit der Grafschaft Mark und versprachen ihm die Verwaltung der Aemter Jülich und Düren. Sodann verhandelten beide mit ihm über seine Dienstannahme. Es fand ein förmliches Ueberbieten statt. Den Ausschlag gaben wohl die Aufforderungsschreiben des Kurfürsten Johann Sigismund und seiner Gemahlin, ohne Zweifel dabei auch der Umstand, daß es ein Kurfürst des Reiches war, der sich um des Grafen Dienste bewarb. Von irgend welchen Bedenken wegen des Katholicismus des Grafen scheint damals nicht die Rede gewesen zu sein. Man wußte damals am brandenburgischen Hofe noch nicht recht, ob man den Grafen im Felde oder in der Regierung anstellen sollte, auch trug der Kurfürst der kaiserlichen Acht wegen zur Zeit (Febr. 1610) noch Bedenken, ihn durch die niederrheinischen Lande mit in die Marken zu nehmen. Vielleicht wohl aus diesem Grunde ist daher die Bestallung zum Geheimen Kammerrath und Oberkammerherrn des Kurfürsten vom Markgrafen Ernst und zwar erst am 1. November 1610 ausgefertigt worden. Als jährliches Gehalt für seine Dienste in Regiments-, Rechenkammer- und Renteisachen und für die Uebernahme von Legationen werden ihm darin 1400 Thaler und ein entsprechendes Deputat bei Hofe und auf Reisen versprochen. Man sieht aus dieser Summe, deren Höhe die gewöhnliche Besoldung der übrigen Geheimen Räthe (400–1000 Thaler) erheblich übersteigt, wie theuer man die Dienste Schwarzenberg’s hatte erkaufen müssen. Erst 1611 stellte sich S. dem Kurfürsten persönlich in Cüstrin vor.

In den folgenden Jahren hat S., so lange Markgraf Ernst lebte und nach dessen Tode (1613) unter dem Kurprinzen Georg Wilhelm als nächster Rathgeber die Interessen des Hause Brandenburg in den Jülichschen Landen mit Thatkraft und Energie wahrgenommen. Zu den Zeiten, wo die Fürsten genöthigt waren, die Lande zu verlassen, stand er als Statthalter an der Spitze der Regierung, die er nach außen vertrat, während auch die ganze innere Verwaltung von ihm geleitet wurde. Infolge seines Uebertritts in den brandenburgischen Dienst gerieth er ganz besonders mit dem Pfalzgrafen von Neuburg in Conflict, so daß dieser ihm nach Gütern und Leben trachtete. So unerträglich diese Beziehungen manchmal für S. waren, so harrte er doch getreulich aus, bis ein unliebsames Ereigniß und dessen Folgen ihn im Jahre 1617 dazu trieben, um seine Entlassung in Berlin einzukommen. Adrian v. Flodorf, Jülicher Landstand, entführte im November 1613 auf Jülicher Gebiet in der Nähe von Düren die Braut Schwarzenberg’s, Margarethe v. Paland, Tochter des fürstlichen Statthalters in Lothringen Hartrad v. P., als sie sich mit ihrer Mutter und geringer Begleitung auf dem Wege zu ihrer Hochzeit befand. Der Entführer, ein Verwandter des Hauses, gab vor, ältere Anrechte an die Braut zu haben. Da sie sich jedoch entschieden weigerte, seinen Bewerbungen Gehör zu schenken, mußte er sie wieder entlassen. Jetzt führte S. sie zwar heim – nachdem sie ihm zwei Söhne geschenkt, starb sie an den Folgen der Geburt des zweiten schon im September 1615 –, der schmähliche Frevel blieb aber trotz vieler Bemühungen Schwarzenberg’s ungerächt, da Flodorf sich in die Niederlande begab. Unter diesen Umständen ist es auffällig und nur als politische, auf Schwarzenberg’s Sturz abgesehene Intrigue der Landstände von Geldern zu erklären, daß Kurprinz Georg Wilhelm im Frühjahr 1617 Flodorf freundlich bei sich aufnahm und an seine Tafel zog. In dem nun nach Berlin gerichteten Abschiedsgesuch beklagt sich S. bitter über die ihm angethane Schmach und über die Undankbarkeit des Hauses Brandenburg, dem er die seit 1609 geleisteten [783] Dienste mit großer Ausführlichkeit und Leidenschaft unterbreitet. Die Geheimen Räthe waren außer sich über diesen Vorgang, man dürfe den Grafen um keinen Preis gehen lassen, da er um so viele Staatsgeheimnisse wisse. Der Kurprinz erhielt eine scharfe Verwarnung und den Auftrag, S. unter allen Umständen zu begütigen. Der Kurfürst schrieb selbst an ihn und verpflichtete sich, eine Privatklage des schwer gekränkten Mannes gegen Flodorf auf dem schleunigsten Wege erledigen zu lassen. Was dann geschehen ist, wird nicht gesagt, jedenfalls blieb Graf Adam in brandenburgischen Diensten. Ende 1618 finden wir ihn mit dem Kurprinzen im Herzogthum Preußen, und als 1619 Johann Sigismund die Regierung niederlegte, richtete S. im Namen des neuen Regenten das Wort an den Geheimen Rath und die Landstände in Berlin.

Während der ganzen Regierung des Kurfürsten Georg Wilhelm hat S. als intimer Rathgeber in den nächsten Beziehungen zu seinem Fürsten gestanden. Er gehörte zwar stets dem Collegium des Geheimen Raths, dem Ministerium des damaligen Staates, an, es scheint aber doch, als wenn sein Rang als Reichsgraf ihm von vornherein ein bevorzugteres Ansehen vor den übrigen Räthen verliehen hätte, er war wohl stets, wenn in der Residenz anwesend, der Leiter der Berathungen dieser Behörde, der Director des Geheimen Raths. Seine Stellung wurde dann noch bedeutend gehoben durch die im Jahre 1625 vom Kurfürsten auf’s eindringlichste beförderte und den Ordens-Comthuren geradezu aufgezwungene Wahl zum Ordensmeister der Johanniter-Balley Brandenburg. Der Heermeister von Sonnenburg war der erste Landstand der Kurmark. Hatte man doch bisher mit einer einzigen Ausnahme nur Angehörige des kurfürstlichen Haus zu dieser Würde erhoben. Der Widerstand, welcher sich namentlich auch gegen den Katholicismus des Grafen regte, mußte verstummen, als der Kurfürst selbst sich verwandte und S. sich durch einen Revers verpflichtet hatte, keine Religionsneuerungen in seinem Ordensstaate vorzunehmen. Von jetzt an wird S. mit bezeichnender Hervorhebung nur noch der „Herr Meister“ genannt. Mit den Jahren wuchs im Gange der politischen Ereignisse das Vertrauen und die Verpflichtung des Kurfürsten gegen ihn immer mehr. Nach dem mit der schwedischen Krone (1636) entbrannten Kriege blieb S., als sich der Kurfürst im Herbst 1638 in das Herzogthum Preußen begeben mußte, als Statthalter und Director des Kriegsstaats mit fast unumschränkter Vollmacht in Berlin zurück. „Man pflegt für diese Stellung die vornehmsten Fürsten zu nehmen, die man haben kann“, sagt S. einmal selbst und kennzeichnet damit seine Auffassung von dem Rang, der ihm eigentlich gebühre. Vom Beginn seines Dienstverhältnisses an ist S. in die Geheimnisse der brandenburgischen Politik eingeweiht und zu den intimsten Missionen gebraucht worden. Mehrfach hat er versucht, sich seiner schweren Bürde zu entledigen und zugleich den zahllosen Anfechtungen zu entziehen, welche sich gegen ihn erhoben: in jedem Falle hat ihm der Kurfürst ein Vertrauensvotum ertheilt und ihn zum Bleiben bewogen.

Die politische Thätigkeit Schwarzenberg’s im einzelnen hat sich vor allen Dingen auf die niederrheinischen Erblande erstreckt. Hier war er am besten orientirt und ist während seines ganzen Lebens der Referent, um diesen Ausdruck zu gebrauchen, für Jülich-Cleve’sche und damit zusammenhängende Angelegenheiten gewesen. Mit großer Thatkraft und Ausdauer hat Graf Adam versucht, in jene verwickelten Verhältnisse Ordnung zu bringen, die Beziehungen zum Pfalzgrafen von Neuburg, zu den Niederlanden, zu Spanien und zum Kaiser zu regeln, die Landstände an die Ueberordnung der Landesherrschaft zu gewöhnen und die tief zerrütteten Finanzen zu verbessern. Ueber 10 Jahre hat es gedauert, aber es gelang doch schließlich S. einige Erfolge zu erreichen. Die zwanziger Jahre weisen für Brandenburg nur ungünstige Verträge mit den Generalstaaten und [784] Pfalz Neuburg auf; erst 1632 kam ein Abkommen mit Holland zu Stande, worin man dort auf gewisse regelmäßige Abzahlungen der gegen diese Macht bestehenden finanziellen Verpflichtungen einging. Gleichzeitig hatte Graf Adam versucht, durch Heranziehung einzelner ritterbürtigen Landstände in die Regierung und die Verwaltungskörper des Landes die Einigkeit ihres Widerstandes zu brechen. Durch den Erlaß einer neuen Amtskammerordnung sollte die Domänenverwaltung reorganisirt werden. Zur Ausführung des mit den Landständen vereinbarten Schuldentilgungsplanes wurde versprochen, einer ständischen Deputation Einsicht und Controlle in und über die landesherrlichen Finanzverhältnisse zu gestatten. Wirklich kehrte in den Jahren von 1632–35 leidliche Ruhe in den niederrheinischen Erblanden ein. Dann erfolgte aber ein um so stärkerer Rückschlag. Zunächst vollzog sich der politische Umschwung des Jahres 1635: im Prager Frieden trat der Kurfürst auf die Seite des Kaisers. Von neuem überschwemmten feindliche Truppen das Land. Sodann stellte sich die Unmöglichkeit heraus, bei den überaus harten Forderungen der Generalstaaten den Verbindlichkeiten gegen sie nachzukommen. Endlich zeigten sich die Landstände, die doch allein helfen konnten, infolge wiederholter Verpfändung von Domänen ohne ihre Einwilligung und der Vorenthaltung der Controlle der Domäneneinkünfte von neuem renitent. Hieran war nun besondets auch die Herrschsucht und Habsucht Schwarzenberg’s schuld. War er doch selbst bei der Verpfändung der Domänen betheiligt; denn in der Geldnoth, aus welcher Kurfürst Georg Wilhelm nie herausgekommen ist, fand er bei S. stets baare Mittel. Mehrere Aemter wurden dem Grafen verschrieben. Für die richtige Einlieferung der Zinsen sorgte S. schon selbst, auch ist nicht ausgeschlossen, daß er, wie bei den kurmärkischen Aemtern auch hier seine Ansprüche vor denen anderer Personen befriedigt zu erhalten wußte. Bei der Anstellung der Beamten verfuhr er häufig parteiisch und bevorzugte diejenigen, welche ihre Gesuche mit klingender Münze zu unterstützen vermochten. So ging in Cleve-Mark alles drunter und drüber. Auch die Generalstaaten drangen in das Land und besetzten die festen Plätze und einzelne Domänenämter. Nur mit Mühe gelang es am Ende der Regierung des Kurfürsten Georg Wilhelm die drohende Execution zur Deckung der holländischen Zinsansprüche vorläufig abzuwenden. Die Landstände erneuerten ihre Union gegen das landesherrliche Regiment und erstrebten unter beständigem Einvernehmen mit den Generalstaaten die Constituirung einer selbstständigen Landesregierung. Beim Regierungsantritt des Kurfürsten Friedrich Wilhelm waren die niederrheinischen Erblande geradezu wie verloren.

Die geschichtliche Tradition hat S. auch eine wesentliche Schuld an dem Unheil zugeschrieben, welches die Kurmark Brandenburg im 30jährigen Kriege betroffen hat. Auch die Geschichtsforschung unserer Tage hat noch keineswegs alle Pfade dieses vielbewegten Lebens aufgehellt. Des Grafen machtvolle, selbstbewußte, ja fascinirende Persönlichkeit war gewiß ganz dazu angethan, den schwachen, unentschlossenen Charakter des körperlich fast während seiner ganzen Regierungszeit leidenden, zuletzt siechen Fürsten zu beherrschen und zu leiten. Indeß läßt sich nicht nachweisen, daß Graf Adam das politische Interesse des Hauses Brandenburg anders wahrgenommen habe, als aus dem Grunde seiner politischen Ueberzeugung. Dies bezieht sich besonders auf das Verhältniß zu Kaiser und Reich.

In den ersten Jahren des 30jährigen Krieges stand der Kurfürst auf Seiten der Gegner des Hauses Oesterreich. Während er Friedrich von der Pfalz als König von Böhmen anerkannte, verweigerte er nach dessen Besiegung seine Zustimmung zur Verleihung der pfälzischen Kur an den Herzog von Baiern. Als dann der Versuch, eine große Coalition der evangelischen Mächte gegen das [785] Haus Oesterreich zu organisiren, an der Eifersucht Schwedens und Dänemarks scheiterte und König Christian IV. allein den Krieg in Niedersachsen eröffnete, da war man im gesammten kurfürstlichen Rathe der Meinung, sich beiden kriegführenden Parteien zu versagen und für neutral zu erklären. Diese Neutralität war aber nur mit den Waffen in der Hand aufrecht zu erhalten; es ist der größte Fehler des Kurfürsten gewesen, daß er in diesem Augenblick nicht mit allem Nachdruck die Aufstellung einer größeren Truppenmacht bewirkte, wozu die sonst widerstrebenden Stände eine entsprechende, wenn auch keineswegs die Durchführung der Aufgabe hinreichend garantirende Summe bewilligt hatten, die außerdem nicht genügend einkam. Statt sein Hausrecht energisch wahren zu können, mußte er nun dulden, daß Freund und Feind die Marken zum Schauplatz des Krieges machten. In dieser Zeit war es, wo S. seine politische Ueberzeugung zum ersten Male öffentlich vertrat. Er war 1626 zur Vermählung der Markgräfin Katharine mit Bethlen Gabor nach Siebenbürgen geschickt, als Mannsfeld’s Truppen in die Mark eindrangen und Wallenstein sich näherte. Eilig berief der Kurfürst ihn zurück, um sich seines Raths und seiner Hülfe zu bedienen. Um den Landständen die politische Lage auseinanderzusetzen, entwickelte S. dann vor ihnen seinen und des Kurfürsten Standpunkt: die fremden Mächte, welche in das Deutsche Reich einfallen, um Religion und Freiheit zu beschützen, gebrauchen diesen Grund nur als Vorwand, um ihr eigenes Interesse zu verfolgen. Sie werden gegebenen Falls ihre Freunde im Stich lassen und über deren Köpfen hinweg den Frieden schließen. Zu dem Kaiser habe man aber nach der Reichsverfassung ein festes Verhältniß. Zu ihm zu halten, so lange die Freiheit der Religion und des Gewissens von ihm nicht angetastet werde, sei daher die erste Bedingung für den Kurfürsten. Dies sei aber auch aus dem Grunde das Beste, weil man nicht bloß auf die Kurmark, sondern auch auf Preußen und Jülich-Cleve zu sehen habe. Für Preußen müsse man sich Polen zum Freunde halten, wo schon von österreichischer Seite dem Kurfürsten entgegengearbeitet werde, und die Ansprüche Kursachsens auf die Jülichsche Erbschaft werde man in Wien auch nicht zögern, zu befördern, wenn der Kurfürst fortfahre, sich feindlich zum Kaiser zu stellen. Nur offener Anschluß an den Kaiser, mit dem es seine Vorfahren auch gehalten, werde der Sache des Hauses Brandenburg wieder aufhelfen. Wie damals die Dinge lagen, hatte S. allerdings Recht. Opel hat nachgewiesen, daß es im Frühjahr 1627 keinen andern Ausweg mehr für die brandenburgische Politik gab, als sich enger an den Kaiser anzuschließen; nicht bloß der Bestand der Kurmark war von Wallenstein bedroht, der Burggraf von Dohna hatte den directen Auftrag, in Polen Ränke zu schmieden: nach der Absetzung des Kurfürsten durch den Kaiser sollte der König von Polen ihm das Herzogthum Preußen nehmen.

So versuchte man denn eine Annäherung an den österreichischen Hof. Zuerst wurde im December 1626 der Kanzler S. v. Götzen nach Wien gesandt, um eine Entlastung des Landes von den Wallenstein’schen Truppen herbeizuführen. Als er nichts ausrichtete, erfolgte im Sommer 1628 die Abschickung Schwarzenberg’s. Die Befreiung der Marken von den unerträglichen Kriegslasten, die Restitution des Fürstenthums Jägerndorf und der Erlaß eines Restes von 500 000 Gulden an Reichs- und Kreissteuern waren die Hauptgegenstände seiner Instruction. Wirklich erreichte der Graf, daß der Kaiser versprach, den Kriegsrath Questenberg mit einer kategorischen Aufforderung an Wallenstein zu senden, die Marken zu räumen und nur 1500–2000 Mann zur Besetzung von drei festen Plätzen dort zu lassen, um das Land auf alle Fälle zu schützen. Während man aber die Rückgabe Jägerndorfs verweigerte und S. selbst davon überzeugte, daß der [786] Kurfürst daran kein Recht mehr habe – die Geh. Räthe sind später allerdings der Meinung, das Recht auf Jägerndorf sei für das Haus Kurbrandenburg fest gegründet –, zeigte der Kaiser bezüglich des Erlasses der Kreis- und Reichssteuern großes Entgegenkommen. Nur wünschte er diese Summe mit der von den Zeiten des Markgrafen Hans her noch bestehenden Forderung des Kurfürsten bei der schlesischen Kammer zu compensiren. Als aber S. fest blieb, erklärte sich schließlich der Kaiser mit dem puren Verzicht auf den Rest der Reichs- und Kreissteuern einverstanden.

Außer diesem politischen Erfolg hat die Wiener Reise für den Grafen noch eine große persönliche Bedeutung gehabt. Zum ersten Mal nach seiner Jugendzeit sah er jetzt wieder den kaiserlichen Hof. Er wurde mit höchster persönlicher Auszeichnung empfangen. Der Kaiser und alle hohen Würdenträger wußten sich der großen Verdienste seines Vaters für das Haus Oesterreich und die Christenheit zu erinnern. Man ist allerdings oft auf ihn schlecht dort zu sprechen gewesen, besonders die 1622 abgeschlossene Allianz mit den Generalstaaten hat viel böses Blut in Wien gemacht. Man hätte ihn gern in den Katalog der Geächteten gebracht, worin die Anhänger Mannsfeld’s und des Königs von Dänemark zusammengestellt waren. Aber es wären doch allezeit in Wien noch Leute gewesen, die ihn gekannt und für ihn gesprochen hätten. Der Kaiser hat ihn öfter fragen lassen, was er ihm für eine Gnade bezeigen könnte, und hat ihm endlich eine Verschreibung über 200 000 Gulden angeboten, mit einer Anweisung an Wallenstein, sie ihm zu bezahlen oder ein Gut in diesem Werthe einzuräumen. S. hat es mit Dank angenommen, obwohl er, wie er sagt, glaube, daß es ihm damit gehen werde, wie mit seiner bisherigen Exspectanz: er werde seinen Kindern nur einen großen Brief aufheben und ein großes kaiserliches Siegel hinterlassen können. Mit dem alten Cardinal Khlesl, der ihn öfter mit stundenlangen Besuchen ausgezeichnet, hat er die väterliche und mütterliche Freundschaft erneuert. Der alte Herr, den die Wiener Geh. Räthe, wie S. sich ausdrückt, „als eine Registratur oder wie ein alt Protokoll“ gebrauchten, freut sich, daß Graf Adam noch katholisch sei, da man ihn in Briefen und Zeitungen schon öfter für lutherisch ausgegeben. Er lobt den Kurfürsten, daß er Schwarzenberg’s treue Dienste mehr ansehe, als seine Religion und betont, wie viel es dem Kurfürsten genützt habe, daß S. die Direction seines Geh. Raths geführt; denn dadurch sei „viel zurück getrieben, was Widerwärtiges zum Oefteren wäre vorgekommen“. Der Kurfürst, fügt S. hinzu, sei jetzt außer allem Argwohn bei dem Kaiser, er wünsche, daß er einige Jahre früher dorthin geschickt sei; dann wäre Vieles anders gegangen. Die Berichte enthalten noch eine Fülle interessanter und wichtiger Nachrichten und zeichnen sich, wie alle eigenhändigen Schreiben des Grafen, durch eine prägnante Kürze des Ausdrucks und durch treffende Bemerkungen aus, die stets das Interesse gespannt halten.

S. hat es offenbar in Wien außerordentlich gefallen; seine Ueberzeugung von der Nothwendigkeit einer dauernden politischen Verbindung mit dem Hause Oesterreich ist bestärkt und befestigt. Nur zu bald sollte er jedoch merken, daß noch andere Factoren für die Gestaltung der kaiserlichen Politik mitbestimmend waren und daß diese zur Zeit in Wien die Oberhand besaßen. Schon auf der Rückreise erhielt er die Mittheilung aus Berlin, daß Wallenstein, anstatt die Mark zu verlassen, noch mehr Truppen hineingelegt habe. Nun erklärt er, sofort nach Wien schreiben zu wollen; er betheuert, er könne nicht an die Heuchelei aller Personen in Wien glauben; Wallenstein thue es entweder nothgedrungen oder weil er dem Kaiser nicht gehorchen wolle. Die Politik des Hauses Oesterreich steuerte eben mit vollen Segeln auf ihr Ziel los: die Befestigung und Erweiterung der monarchischen Stellung des Kaiserthums im Deutschen [787] Reiche auf Kosten der deutschen Fürstenrechte, die Restitution des Katholicismus, die Wiedererhebung des Hauses Habsburg zur herrschenden und bestimmenden Macht in Europa.

Es ist nun von Bedeutung für die Beurtheilung Schwarzenberg’s, daß ihm in dieser gefahrvollen Stunde doch das Bewußtsein gekommen ist, der Kurfürst dürfe sich nicht ganz und gar in die Arme des Kaisers werfen, sondern müsse sich die Freiheit des Handelns soweit möglich wahren. Bei seiner Rückkehr in die Marken befand sich Georg Wilhelm im Herzogthum Preußen. Gleich in den ersten Tagen kam Graf Hatzfeldt zu S., der Oberst eines Wallensteinischen Regiments, mit der Bitte, ihm doch das in Cleve-Mark stehende, sogenannte Gentsche Regiment, welches der Kurfürst gemäß der Allianz mit den Generalstaaten unterhielt, zu überlassen; dann wolle er sich verpflichten, die Fremden dort aus dem Lande zu jagen und die Erblande dem Hause Brandenburg zu erhalten. S. wurde über dies Ansinnen sehr stutzig. Bei weiterer Nachfrage brachte er heraus, daß Wallenstein selbst dahinter stecke, und nun war es ihm zweifellos, daß der kaiserliche Feldherr nur die Hand nach den niederrheinischen Landen ausstrecke, um sie für den Kaiser zu gewinnen. Ihm war klar, daß auf diesem Wege der kaiserliche Sequester, mit dem Tilly schon beauftragt war, über die Erblande verhängt werden solle. Trotz des Drängens Hatzfeldt’s wich er aus und erklärte, ehe er sich entscheide, noch den Versuch einer friedlichen Uebereinkunft mit dem Pfalzgrafen zu Neuburg anstellen zu wollen. Dem Kurfürsten schrieb er zugleich, unter solchen Umständen könne er ihm nur den Rath geben, dem Kaiser gegenüber zurückhaltender zu sein; es solle an ihn wegen der römischen Königswahl und der bairischen Kur eine Sendung von Wien erfolgen. Der Kurfürst möge sich bei diesen Anträgen nur dilatorisch verhalten, das seien zwei Dinge, womit ihm noch großer Nutzen geschaffen werden könne. Er wiederholte seinen Rath im Februar von Düsseldorf aus, wohin er sich zu den Verhandlungen mit dem Pfalzgrafen begeben hatte; denn auch dort hatte man von Wallenstein’s Seite das Ansinnen wiederholt. In dieser Zeit erhielt er auch ein Schreiben von Khlesl; der wundert sich sehr, daß S. in der Mark das gerade Gegentheil von dem gefunden, was man ihm versprochen; er danke Gott, setzte der alte Herr hinzu, daß er nichts damit zu thun habe. Für die Unterhandlungen mit dem Pfalzgrafen war S. schon nach Wien mit Instructionen versehen, da man den Fürsten in Prag anwesend glaubte; darin wurden ihm verschiedene Combinationen über die Erbländer mit dem Pfalzgrafen zu treffen freigestellt. Er mußte sie unter dem Druck des Wallensteinischen Ansinnens führen; sie wurden ihm aber noch dazu vom Pfalzgrafen in unerhörter Weise erschwert. Er tractire noch immer mit dem Pfalzgrafen, schreibt er Anfang März 1629, aber mit „solcher Unlust und mit so großer Verdrießlichkeit, daß ich es nit schreiben kann“. Der Pfalzgraf ist überas störrisch und wetterwendisch, dreimal sei der Vertrag schon bis zur Unterschrift fertig gewesen, und immer wieder habe jener zu lesen und daran zu corrigiren. Aus dem Allen geht hervor, daß der ungünstige Ausfall dieser Uebereinkunft nicht S. zur Last fällt, wie dies bis jetzt allgemein angenommen worden ist.

Nach dem Abschluß des Vergleichs finden wir S. im Haag und später noch einmal am Niederrhein. Erst Ende Januar 1630 war er in die Kurmark zurückgekehrt. Im Sommer dieses Jahres ist er dann, wie es scheint, von einer schweren Krankheit befallen, kein Wunder bei all den Aufregungen, die er durchmachen mußte, bei den Anfeindungen, denen er namentlich wegen dieses Vertrages ausgesetzt war, bei den Feindseligkeiten, welche die Gegner des Hauses Brandenburg vor allem auch gegen ihn richteten. Wohl aus diesem Grunde wurde damals von seiner Sendung abgesehen und vielmehr die Räthe Rochow, [788] Ley und Heimbach nach dem Haag geschickt, um den von den Generalstaaten gegen den Provisionalvergleich erhobenen Widerspruch zu beschwichtigen. Sie mußten sich auf die für den Kurfürsten gleich ungünstige Modification des Düsseldorfer Vergleichs einlassen und brachten das auf den eventuellen Fall acceptirte und ratificirte Vertragsinstrument zurück, zu dessen Ratification dem Kurfürsten selbst ein Zeitraum von 3–4 Monaten Frist gelassen wurde. Da erhielt nun S. im November 1630 die Aufgabe zugetheilt, die Vollziehung dieses Vergleichs und die Beseitigung der im übrigen noch vorhandenen und entstehenden Differenzen bei den Generalstaaten und den rheinischen Landständen zu bewerkstelligen. Er hat dann bis zum November 1632 bald in Holland, bald am Niederrhein geweilt. Erst nach der Schlacht bei Lützen finden wir ihn wieder in Königsberg (Dec. 1632), von wo der Kurfürst ihn zu den Begräbnißfeierlichkeiten des polnischen Königs Sigismund III. nach Warschau beorderte. Erst Anfang Juli 1633 erscheint er wieder in Berlin.

So war S. während des ganzen Zeitraumes, in dem durch daß Auftreten Gustav Adolf’s die Lage der Dinge im Deutschen Reich eine völlige Aenderung erlitt, nicht in der Kurmark anwesend. In zahlreichen Berichten hat er den Kurfürsten von Allem auf dem Laufenden erhalten, was sich dort im Westen ereignete. Als er nach Beendigung seines Auftrags noch nicht zurückkehren durfte, fühlte er sich sehr unzufrieden; er bittet im Mai 1632 den Kurfürsten, ihn doch wieder heimkehren zu lassen, er wolle sich gerne selbst dem König von Schweden stellen und darthun, daß er seit dessen Bündniß mit dem Kurfürsten ihm nie entgegen gearbeitet. Allein Georg Wilhelm hielt es bei der Feindschaft, mit der Gustav Adolf S. verfolgte, doch für gerathener ihn in Holland zu lassen. Hatte doch S. schon seit den ersten Berührungspunkten brandenburgischerseits mit Gustav Adolf sich gegen die Verbindung mit Schweden ausgesprochen. Ihm war Gustav Adolf nichts weiter, als der fremde König, der wie Christian IV. lediglich um selbstsüchtiger politischer Zwecke willen nach Deutschland gekommen sei, das ideale Moment, welches den deutschen Protestantismus an die schwedischen Fahnen fesselte, ging dem Katholiken völlig ab. So schreibt er noch im Juni 1631: „Diese Conjunction mit Schweden mag vielleicht wohl gerathen und EChD. nützlich sein, aber darum hoffe ich nicht, daß ich soll Ungnade verdient haben, daß ich es nie habe können absehen oder begreifen; es mögen die Sachen durch den Convent zu Leipzig in andern Stand gerathen sein, als sie bei meiner Anwesenheit waren, sonst, so fügt er mit einem Seitenhieb auf seine Collegen im Geheimen Rathe hinzu, hätte ich auch wohl Dank verdienen und dem König die Festungen gönnen mögen, da ich es hätte begreifen können, daß es EChD. nützlich wäre.“ Im Mai 1632 hat er dann wie gesagt den Nutzen des schwedischen Bündnisses eingesehen und sich mit der Lage der Dinge aussöhnen wollen. Während man nun denken sollte, seine hartnäckige Gegnerschaft gegen Gustav Adolf habe sein Ansehen beim Kaiser bedeutend erhöht, verhielt es sich damit total anders. Der Provisionalvergleich und die dann folgende Verständigung mit den Niederlanden war der kaiserlichen Politik im hohen Grade unangenehm, daher schreibt der Graf um diese Zeit, er solle am kaiserlichen Hofe sehr ins schwarze Register gesetzt sein, als wäre er derjenige, welcher den Kurfürsten vom Kaiser ableitete und mit den Generalstaaten und anderen Feinden des Hauses Oesterreich verbündete. Von allen Seiten angefeindet, konnte er eben damals (Aug.1631) das charakteristische Wort fallen lassen: „Ich bin am kaiserlichen Hofe seit dem letzten Mal nicht gewesen, aber ich muß viel leiden und allenthalben ein Eckstein sein; zu Wien, zu Rom und an denen Orten sagt man, ich sei calvinisch und gut schwedisch und statisch. Zu Paris, beim König von Schweden und Staten muß es heißen, ich sei ein Jesuiter und gut kaiserisch und spanisch, aber ich bin [789] gut brandenburgisch und das werden ich und meine Kinder, so lange wir leben, bleiben“.

In den letzten Regierungsjahren, seit seiner Rückkehr im Sommer 1633, erlangte dann S. seinen vollen Einfluß und seine Vertrauensstellung beim Kurfürsten wieder. Die Zustimmung Kurbrandenburgs zum Prager Frieden hat man nun bisher ihm zur Last gelegt. Jedoch mit Unrecht. Der Hauptgrund für die brandenburgische Politik, diesen Frieden anzunehmen, lag darin, daß die schwedische Macht nach der Schlacht bei Nördlingen so weit zurückgebracht war, daß der Reichskanzler Oxenstierna nahezu die Auflösung der Armee und den Rückzug der schwedischen Truppen aus Deutschland in Erwägung ziehen konnte. Dazu trug besonders eine allgemeine tiefe Friedenssehnsucht bei, welche nicht nur die weitesten Schichten des Volkes, sondern selbst die niedern und hohen Heerführer im schwedischen Heere, das ja zum großen Theile aus Deutschen bestand, ergriffen hatte. Für den Kurfürsten selbst waren noch zwei dynastische Motive bei der Fassung seines Entschlusses maßgebend, zunächst die Rücksicht auf Pommern, das nach dem Tode des letzten Herzogs an Brandenburg fallen sollte. Er hoffte bei der Schwäche der schwedischen Macht werde es ihm gelingen, den Uebergang Pommerns an sein Haus nach dem Tode des Herzogs durch Oxenstierna versichert zu erhalten, um in diesem Falle, auch ohne auf den Prager Frieden einzugehen, doch auf schwedischer Seite auszuhalten. Allein selbst damals verweigerte der schwedische Reichskanzler die unbedingte Zusicherung des pommerschen Erblandes. Sodann fürchtete man in Berlin, bei einer Ablehnung des Friedens werde der Kaiser die Anrechte des Kurfürsten von Sachsen auf die Jülich’schen Lande anerkennen. Bevor jedoch der Kurfürst sich zur Annahme des Friedens entschloß, hat er nicht nur seine Geh. Räthe, sondern auch die Landstände und ersten Geistlichen des Landes um ihre Meinung befragt. Sie alle, mehr oder weniger, haben dazu gerathen, den Frieden um des Friedens willen anzunehmen; sie knüpften aber daran die weitere Bedingung, daß auch die Krone Schweden mit hineingezogen werden solle. S. ist also nicht der einzige brandenburgische Rath gewesen, der für den Prager Frieden gesprochen hat; selbst der reformirte und bisher mit Eifer für das schwedische Bündniß thätige Kanzler von Götzen erklärte, er habe schon längst eingesehen, daß dem Kurfürsten die Annahme des Prager Friedens nur anzurathen sei. Soweit herrschte also Einmüthigkeit der Anschauung im brandenburgischen Geheimen Rathe.

Es kam nun aber anders, als man erwartet hatte. Die Friedensverhandlungen mit Oxenstierna, welche der Kurfürst von Sachsen leitete, scheiterten, namentlich auch deshalb, weil man zu schroff dabei vorging. Der Krieg begann von neuem; und jetzt war der Kurfürst von Brandenburg gezwungen, seine Truppen den kaiserlichen und sächsischen anzureihen und die bisherigen schwedischen Bundes- und Glaubensfreunde zu bekämpfen. Ein überaus tragisches Geschick wollte es, daß in dem schwedischen Heere sich viele brandenburgische Landeskinder befanden, welche jetzt genöthigt wurden, gegen den eigenen Landesherrn zu Felde zu ziehen. Zweimal, im December 1635 und im Herbst 1636 rückten die Schweden verheerend in die Marken ein, zweimal wurde der Kurfürst gezwungen, im Süden des Landes, in der Festung Peitz, vor ihnen Schutz zu suchen. In dieser verzweifelten Lage ist nun der Gedanke an ihn herangetreten, jetzt noch ein eigenes Heer aufzubringen; ob er selbst darauf gekommen ist, ob S. ihn darauf gebracht hat, wir wissen es nicht; den definitiven Entschluß dazu hat er jedenfalls in der Zeit der Abwesenheit Schwarzenbergs auf dem Regensburger Reichstage im Herbst 1636 unter dem Einfluß des Generals Arnim und anderer Officiere gefaßt. S. war mit dieser Absicht des Kurfürsten einverstanden, die Mehrzahl der Geh. Räthe war jedoch dagegen. Deren entgegengesetzte Meinung [790] läßt sich dahin zusammenfassen: sie finden, der Kurfürst habe seiner Pflicht dem Kaiser gegenüber dadurch völlig Genüge geleistet, daß er seine Truppen der kaiserlichen Armee zugeführt; andererseits habe er seine friedliche Gesinnung Oxenstierna mehrfach bei den Friedensverhandlungen mit Sachsen kundgethan; dieser wisse auch, daß er an dem Nichtzustandekommen derselben unschuldig sei. Daher solle der Kurfürst die weitere Kriegführung dem Kaiser und den Schweden allein überlassen und versuchen von den Schweden die Neutralität, d. h. die möglichste Schonung der Marken zu erlangen. In diesem Falle behalte er nach beiden Seiten freie Hand und gebe bei den definitiven Friedensverhandlungen den Schweden nicht das Recht, gegen ihn Entschädigungsansprüche zu erheben, so daß sie dann kein Recht auf Pommern aufzuweisen hätten. Verkündige dagegen der Kurfürst ihnen auch seinerseits den Krieg, so hätten sowohl die Dynastie als das Land bei einer endgültigen Niederlage die Kosten zu tragen. Offenbar lag dieser Meinungsäußerung der Geheimen Räthe die Absicht zu grunde, die principielle Frage mit der Frage der augenblicklichen politischen Zweckmäßigkeit in Einklang zu bringen: seit dem Prager Frieden grundsätzlich mit dem Kaiser gegen den Reichsfeind, so lange Mittel und Truppen vorhanden sind; da diese versagen, vom Feinde Neutralität zur Schonung des Landes, zur Wiederaufrichtung des Staates, ohne dem Kaiser gegebenen Falls die aus dem Bundesverhältniß herzuleitende schuldige Rücksicht irgendwie zu verweigern. Das war die Politik, welche der junge Kurfürst Friedrich Wilhelm später einschlug. S. und sein kurfürstlicher Herr konnten sich damals noch nicht von ihrer Richtigkeit überzeugen, sie wollten noch einmal selbst das Glück der Waffen versuchen. Es wäre absurd, darüber Erörterungen zu beginnen, ob 1636 Krieg oder Neutralität besser gewesen wäre. In der verzweifelten Lage des Landes war das Beginnen ein gewagtes, unzweifelhaft liegt jedoch dem Entschlusse des Kurfürsten ein gewisser Heroismus zu grunde. Das geschichtliche Urtheil kann sich aber nur nach dem Erfolge bilden.

Die Aufstellung und Zusammenhaltung dieses ersten brandenburgischen Heeres ist nun kläglich mißglückt. Was im Jahre 1625 von entscheidender Bedeutung hätte werden können, bot jetzt der Durchführung die größten Schwierigkeiten dar. Officiere und Soldaten waren durch das lange Kriegshandwerk so sehr verwildert und zuchtlos geworden, daß es schon im Herbst 1638, als der Kurfürst sich in das Herzogthum Preußen begab, kaum noch gelang, 3–4000 Mann zur Musterung zu stellen. Es fehlte die machtvolle Persönlichkeit eines im Dienste erprobten Feldherrn, um diese Völker zusammenzuhalten. Trotzdem hat S. noch zwei Jahre hindurch in einem kleinen Guerilla-Kriege mit diesen Truppen den Schweden Widerstand geleistet, zuerst von der kaiserlichen Armee unterstützt, später auf sich selbst angewiesen. Hat er auch ab und zu vermittels der Hülfe verwegener Officiere einige Erfolge davongetragen, so blieben doch, als der junge Kurfürst Friedrich Wilhelm die Regierung antrat, nur noch die drei Festungen Spandau, Küstrin und Peitz in seiner Hand, während das ganze übrige Land von den Schweden besetzt wurde. Daß S. überhaupt noch soviel von der Kurmark gerettet, ist ihm zweifelsohne als Verdienst anzurechnen, da der Kurfürst Georg Wilhelm auf dem Kriege bestand; aber er hat einen großen Theil der Verantwortlichkeit für die furchtbare Noth dieser Kriegsjahre mitzutragen, da er schon 1639 einsehen konnte, daß mit diesen Truppen nichts Wesentliches zu erreichen sei, und da er doch, bei der Abwesenheit des Kurfürsten in Preußen, allein in der Lage war, den Stand der Dinge auf dem Kriegsschauplatz zu übersehen. Aber damals dem Kurfürsten anzurathen, vom Kriege abzustehen und mit den Schweden irgend ein Abkommen zu treffen, dazu ließ sich sein stolzer, selbstbewußter Sinn nicht herbei. Mit voller Schwere lastete auf dem unglücklichen Lande das Kriegsrecht, und unnachsichtig verfolgte diejenigen Officiere, [791] wie Konrad v. Burgsdorf, und die Bewohner des Landes, welche mit den Schweden Abkommen über Proviantlieferung oder Schonung einzelner Landestheile eingingen, Schwarzenberg’s rachsüchtiges Gemüth, dem jedes Mittel zur Durchsetzung seiner Befehle und Willensmeinungen recht war. Immerhin, wie er auch gehandelt hat, man darf nicht vergessen, daß sein Landesherr ihm noch im letzten Jahre seines Lebens sein Vertrauen ausdrücklich kundgethan. Selbst wenn also S. vermöge seines persönlichen Einflusses den Kurfürsten zum Kriege gegen Schweden getrieben, so könnte man ihm lediglich den Vorwurf politischer Kurzsichtigkeit, falscher Schätzung der vorhandenen Mittel und Kräfte machen, man darf ihm aber nicht eine böse Absicht, den dolus gegen das Haus Brandenburg imputiren, sondern kann überzeugt sein, daß er die brandenburgische Politik vermöge der Rathschläge, welche er dem Kurfürsten Georg Wilhelm gegeben, nach bestem Wissen und Gewissen geleitet hat.

Nur wenige Monate noch hat S. von der Regierung des neuen Kurfürsten erlebt. Friedrich Wilhelm, wegen der bei seinem Aufenthalte in den Niederlanden auf eigene Hand verfolgten Kurprinzenpolitik von seinem Vater bisher ferngehalten von Politik und Staat, dazu weitab von der Kurmark in Königsberg weilend, hat S. zunächst in seiner Stellung belassen, weil er ihn im Anfang nicht entbehren konnte. Sich von ihm leiten zu lassen, das wies er sofort weit von sich. Er zog die Staatsmänner heran, welche S. früher aus dem Geheimen Rathe verdrängt hatte und erließ zugleich eine Reihe von Maßregeln auf dem Gebiete der äußeren und inneren Politik, welche dessen absolutistische Stellung beschränken sollten. Da er nach genommener Einsicht der Lage der Erbländer für deren beklagenswerthen Zustand sehr bald nach dem Tode des Grafen diejenigen Staatsmänner verantwortlich machte, welche sich in Schwarzenberg’s unmittelbarer Umgebung an der Regierung des Staates und der Vertretung der Politik der letzten Jahre betheiligt hatten, so ist es zweifellos, daß S. nur durch seinen Tod der kurfürstlichen Ungnade entging. Der Kurfürst selbst hat dies bekräftigt durch die Aeußerung: „Hätte S. noch länger leben sollen, so würde er Unserer Gnade, die Wir zu ihm getragen, und wieweit Wir mit seinen consiliis einig, erfahren haben.“ S. hat sich dem gegenüber ganz correct benommen. Er erfuhr aus den Verfügungen, daß der Kurfürst geneigt sei, mit den Schweden Verhandlungen irgend welcher Art anzuknüpfen, und nahm seine Entlassung als Director des „Kriegsstaats“, während er in seiner Stellung als Statthalter verblieb. Jetzt, wo er seine Stellung ohnehin bedroht sah, konnte sich der bisherige schroffe Gegner dieser Friedenspolitik sofort dazu entschließen, dem Kurfürsten darin Beifall zu geben. Doch beschwor er den jungen Fürsten, wenn es denn nicht anders sein könnte, wenigstens ohne Vorbewußt von Kaiser und Reich nicht auf Verhandlungen einzugehen, und nicht vor dem Abschluß eines solchen Abkommens seine Truppenmacht zu reduciren. Ja, er machte den Kurfürsten sogar darauf aufmerksam, daß zwei gefangene hohe schwedische Staatsbeamte bei der Einleitung dieser Unterhandlungen gute Dienste zu leisten im Stande sein dürften.

S. ist am 14. März 1641 in Spandau, wo sich damals der größeren Sicherheit wegen der Sitz der Landesregierung befand, an den Folgen eines Schlaganfalles gestorben. Die Erregung seines Blutes war hervorgerufen durch die Nachricht von der ihm bevorstehenden Ungnade des Kurfürsten, welche man ihm hinterbracht, und durch eine meuterische Bewegung der Soldaten, die bessere Verpflegung und Besoldung verlangten.

Noch ein Wort über Schwarzenberg’s religiöse Anschauungen. Graf Adam besaß keinen großen Eifer für die katholische Kirche und hatte kein rechtes Verhältniß zum katholischen Glauben. Mehrfach spottet er über Gebräuche des katholischen Gottesdienstes und zeigt eine gewisse Unkenntniß derselben. Er [792] wurde öfter für calvinisch oder lutherisch ausgegeben; man beklagte sich über ihn, weil er die katholische Geistlichkeit in Cleve sehr drücke. In seinem Kirchspiel Huckeswagen gab es nur eine Kirche, dagegen Angehörige der katholischen, lutherischen und reformirten Religion. Um jeder Richtung gleiches Recht zu gewähren, ordnete er eine stundenweise Vertheilung des Gottesdienstes unter die Confessionen an und unterschrieb anstandslos einen Revers, daß er den reformirten Gottesdienst dort stets ungestört gewähren lassen wolle. In Wien ist 1628 eine schwere Versuchung an ihn herangetreten. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß ihm ein Cardinalshut angeboten ist. Jedenfalls rühmt er das ruhige, sorgenlose Leben Khlesl’s und äußert den für ihn freilich nur frommen Wunsch, auch in solcher Lage sein zu können. Er hat damals von dem beabsichtigten Erlaß des Restitutionsedicts gehört; als ein Jesuit mit ihm darüber sprach, gab er seiner großen Unzufriedenheit Ausdruck, es sei schon genug Zank und Streit in der Welt, man solle es nur lieber unterlassen, noch mehr Unfrieden zu säen. Als das Edict aber veröffentlicht war, hatte er gar kein Bedenken, für sich daraus Vortheil zu ziehen und sich das Bisthum Verden vorzubehalten. Dem Kurfürsten schrieb er, Brandenburg würde nicht davon betroffen, da die Stifter vor dem Religionsfrieden eingezogen seien, was aber nicht der Fall ist. Er ist auch nicht abgeneigt gewesen, sich das Bisthum Camin übertragen zu lassen, aber nur, um es dann dem Kurfürsten Georg Wilhelm oder seinem Sohn zu resigniren und so dem Hause Brandenburg zu erhalten. Daß er nach den brandenburgischen Stiftern gestrebt habe, ist eine Verleumdung gewesen.

Erfolge und Mißerfolge des Grafen S. sind eng mit seiner Persönlichkeit, seinem Charakter verknüpft. Ein Staatsmann von scharfem, durchdringenden Verstande, mit einer seltenen Fähigkeit, die jeweilige politische Sachlage richtig zu erfassen und mit großer Geschäftsgewandtheit praktisch zu verwerthen, in seinen Briefen nicht ohne Originalität und Geist, Menschen und Dinge mit trockenem Humor überschüttend oder mit beißender Satire geißelnd, im ganzen ein klarer Kopf mit sicherem Urtheil, wo ihn die Leidenschaft nicht fortriß, so hat er dem Hause Brandenburg große Dienste geleistet, ihnen steht sein Antheil an der Verantwortlichkeit für die Zerrüttungen der Mark Brandenburg, noch mehr von Cleve-Mark gegenüber. Er ist persönlich aufs schmählichste verunglimpft worden, seine Güter und Besitzthümer sind zerstört, er ist früh gealtert – Khlesl wundert sich 1628, daß er so weiß und gealtert sei – und dahingegangen in der Bedrängniß eines soldatischen Putsches und in dem trüben Gedanken, bei seinem Herrn in Ungnade gefallen zu sein, aber er hat auch die Verpflichtungen, mit denen ihm der Kurfürst verbunden war, auszunutzen verstanden. Nicht bloß einmal, sondern bei verschiedenen Gelegenheiten hebt er ausführlich seine Verdienste selbst hervor und unterläßt es nicht, darauf hinzuweisen, in welcher Form und in welchem Grade man ihn belohnen solle. So ist er in den Besitz einer ganzen Anzahl ihm verpfändeter Domänenämter gekommen, ihm sind mehrere Domänenämter erblich übereignet, und als er starb, fand sich in seinem Nachlaß ein großes Baarvermögen und viele Schuldverschreibungen, während Kurfürst und Land finanziell total zerrüttet waren. Von Anfang seiner Beziehungen zum Kurprinzen Georg Wilhelm an hat er Geldgeschäfte mit ihm gemacht und ihm zahllose Summen vorgestreckt, die dann zum Theil wieder erstattet, zum größten Theil auf Liegenschaften verschrieben sind. Die Forderungen des Grafen Johann Adolph v. Schwarzenberg beliefen sich nach dem Tode des Vaters auf etwa 450000 Reichsthaler und, wie es scheint, konnte Alles belegt werden. Es bedarf noch der Aufklärung, inwieweit Kurfürst Georg Wilhelm S. die Verfügung über seine Finanzen eingeräumt. Als Oberkammerherr hatte er eine gewisse Verantwortung [793] für die Finanzverwaltung. Er ist bald nicht bloß Finanzminister, sondern auch kurfürstlicher Bankier geworden. Die vom Kurfürsten Friedrich Wilhelm eingesetzte Untersuchungscommission förderte allerlei wunderbare Dinge zu Tage. Bei vielen Anweisungen auf die kurfürstlichen Kassen ließ sich später nicht mehr nachweisen, ob Herr oder Meister sie ausgestellt, und einen großen Posten hat S. aus eigener Machtvollkommenheit angewiesen. Seine Besoldung und seine Zinsen ließ er sich bei Heller und Pfennig auszahlen und sich noch öfter von andern mehr Berechtigten bevorzugen, während dagegen z. B. seine Collegen im Geheimen Rathe und viele Mitglieder anderer Behörden-Collegien sich jahrelang ohne die ihnen zukommende Besoldung behelfen mußten. Besonders viel brachte ihm dann das Johanniter-Meisterthum ein, jedenfalls im Durchschnitt jährlich 10000 Thaler. Dies bezieht sich allerdings nur auf die Zeit bis 1630, da später die Schweden die meisten Güter eingezogen hatten. Als der Kurfürst nach der Annahme des Prager Friedens Abmahnungsschreiben an diejenigen Landeskinder erließ, welche sich in schwedischen Diensten befanden, bei Verlust ihrer Güter die Reichsfeinde zu verlassen, gab es unter diesen viele überzeugungstreue Männer, welche den schwedischen Kampf- und Glaubensgenossen nicht abtrünnig werden wollten. Mit Gütern dieser Landeskinder hat S., wie man annehmen sollte, mit Zustimmung des Landesherrn, nach den berüchtigten Mustern in den kaiserlichen Erblanden, sich und seine Getreuen bereichert. Nach dem Tode Schwarzenberg’s hat Kurfürst Friedrich Wilhelm verschiedene Commissionen zur Untersuchung der ganzen politischen und finanziellen Verhältnisse während der letzten Regierungsjahre seines Vaters eingesetzt, nachdem er auf Grund des fürstlichen Hausrechts auf die verpfändeten und verschenkten Domänenämter hatte Beschlag legen lassen. Da der Sohn des Grafen Adam später den Nachweis der Gültigkeit seiner Forderungen zu erbringen vermochte, hat der Kurfürst sie, wenn auch nicht im vollen Umfange, anerkennen müssen und durch einen Vergleich das Verhältniß zur Familie Schwarzenberg wieder geordnet. Bei diesen Untersuchungen stellte es sich heraus, daß in der nächsten Umgebung Schwarzenberg’s sich eine Anzahl nichtswürdiger Charaktere aufgehalten, die ihren kurfürstlichen Herrn durch Unterschlagungen und Betrügereien hintergangen und trotz der furchtbaren Nothlage des Staates sich nicht gescheut hatten, sich unrechtmäßiger Weise zu bereichern, alles im Vertrauen auf den Schutz des Grafen S.

Während er diese Leute um sich duldete, hat er seine politischen und persönlichen Gegner mit oft sehr verwerflichen Mitteln verfolgt und unschädlich zu machen gesucht. Er fand es ganz natürlich, daß die Gegner der kaiserlichen Politik unter heftigen persönlichen Verunglimpfungen aus dem Geheimen Rathe entlassen wurden, dagegen blieb er während der Verbindung mit Schweden im Amte, wenngleich er die Absicht bekundete, es niederlegen zu wollen und auch thatsächlich wenigstens von der Kurmark ferngehalten worden ist.

Daß er für seinen Sohn Johann Adolph (der ältere war früh gestorben) ein sorgender Vater war, wird ihm niemand verdenken, wohl aber, daß er als Meister des Johanniterordens ihn widerrechtlich zu seinem Coadjutor erwählen ließ. Er schlug ihn alsdann dem Kurfürsten bei Gelegenheit zum Statthalter der Kurmark vor, ohne daß ein anderer Grund als das verwandtschaftliche Verhältniß dafür hätte vorgebracht werden können. Er scheint auch noch höher mit ihm hinausgewollt und an eine Heirath mit der brandenburgischen Prinzessin Louise Charlotte gedacht zu haben.

Das Bildniß Schwarzenberg’s in der Ahnengallerie des Geschlechts weist eine mächtige und imposante Persönlichkeit auf und zeigt ein von weißen Haaren umrahmtes, rundes und ausdrucksvolles Antlitz; sein kräftiger Kopf und Hals ruhen auf starken Schultern, das Johanniterkreuz schmückt die breite Brust.

[794] Berger, Das Fürstenhaus Schwarzenberg (Oesterreichische Revue. 4. Jahrg. 1866. Heft. 11 und 12). – Mörath, Beiträge zur Geschichte der rheinischen Linie des Fürstenhauses Schwarzenberg (Zeitschr. d. Bergisch. Geschichtsvereins. Bd. 12. 1876. S. 201 ff.) und Nachträge. – Die Stellen bei Pufendorf, res gestae Friderici Wilhelmi magni electoris. Lib. I, §§ 3 u. 4. – Aufsatz Hertzberg’s über die gegen den Grafen Adam v. Schwarzenberg gerichteten Beschuldigungen (Miscellaneen zur Geschichte König Friedrichs des Großen. Berlin 1878. S. 488 ff.). – Cosmar, Graf Schwarzenberg, Heermeister des Johanniterordens zu Sonnenburg (Neue Berlin. Monatsschrift. Oct. 1806. S. 233 ff.) Derselbe, Berichte des Grafen Schwarzenberg aus Wien. 1628 (ebenda 1810. S. 24 ff.). Ders. Beiträge zur Untersuchung der gegen den kurbrand. Geh. Rath Grafen Adam zu Schwarzenberg erhobenen Beschuldigungen. Berlin 1828. (Hierin auch die frühere Litteratur.) – Außerdem Cosmar und Klaproth, der kgl. preuß … Staatsrath. Berlin 1805. – Urk. und Aktenstücke z. Gesch. d. Kurf. Friedrich Wilhelm. Berlin 1861 ff. Bd. 1. 4. 5. 10. 13. – Protokolle und Relationen des brandenb. Geh. Rathes aus d. Zeit d. Kurf. Fr. Wilh. (Bd. 41 der Publ. aus d. preuß. Staatsarchiven) Bd. 1. Leipzig 1889. – Zahlreiche Akten des Geh. Staatsarchivs zu Berlin, darunter besonders gut zu benutzen die Excerpte und Abschriften Mörner’s zur Geschichte des Grafen Schwarzenberg.

[779] *) Zu S. 259.