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ADB:Siber, Adam

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Artikel „Siber, Adam“ von Georg Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 125–130, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Siber,_Adam&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 22:28 Uhr UTC)
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Siber: Adam S., sächsischer Humanist und Fürstenschulrector, wurde am 8. September 1516 zu Schönau bei Wiesenburg im sächsischen Erzgebirge geboren. Sein Vater, Stephan S., war dort wahrscheinlich Geistlicher einer Gemeinde böhmischer Brüder, die er nach Luther’s Auftreten in dessen Sinne umgestaltete, und stand in freundschaftlichem Verhältnisse zu dem Zwickauer Schulrector und späteren Stadtschreiber, Stephan Roth. Dieser unterstützte nach seines Freundes frühem Tode in väterlicher Fürsorge dessen Kinder, namentlich Adam, der seit der Mitte der zwanziger Jahre das Gymnasium in Zwickau besuchte und in Johann Rivius (A. D. B. XXVIII, 709) einen tüchtigen Lehrer fand. Als Letzterer 1527 nach Annaberg übersiedelte, zog eine Reihe Zwickauer Schüler mit, unter ihnen auch Adam S. Dieser gedachte später dieses Aufenthaltes in der vor kaum einem Menschenalter gegründeten Bergstadt mit herzlicher Dankbarkeit und schloß hier mit dem späteren Rector der Meißner Fürstenschule, Georg Fabricius (A. D. B. VI, 510), dessen späteren Collegen, Hiob Magdeburg und Kaspar Neefe, der als Arzt zu hohem Ansehen gelangte, einen innigen Freundschaftsbund. Von hier ging er als Cantor nach Schneeberg, gab aber 1536 die Stellung wieder auf, um in Wittenberg seine Studien zu beginnen. Aus dem Briefwechsel erfahren wir, daß er die Vorlesungen von Justus Jonas, Johannes Bugenhagen und Kaspar Cruciger, namentlich aber die von Luther und Melanchthon mit großer Begeisterung hörte. Um so mehr müssen wir uns [126] wundern, daß wir ihn bereits ein Jahr später wieder in Freiberg, wo unterdeß sein Lehrer und Gönner, Johann Rivius, Rector und Prinzenlehrer geworden war, im Schuldienste finden. Welche Stellung er zunächst eingenommen habe, entzieht sich unserer Kenntniß; jedenfalls wurde er 1539 nach Georg Fabricius’ Weggang Supremus (Conrector) und übernahm zwei Jahre später, als Johannes Rivius mit Herzog August nach Leipzig übersiedelte, die Leitung der lateinischen Schule, neben seiner Amtsthätigkeit eifrig mit philosophischen und naturwissenschaftlichen Studien beschäftigt. Anfangs durfte sich S. in Freiberg eines schönen Erfolges freuen; die Schülerzahl wuchs, die Schule wurde aus den beschränkten Räumen des Oberklosters in die Thümerei verlegt und die Anstellung eines sechsten Lehrers, des Infimus, genehmigt. Aber bald klagte S. über die Verdorbenheit und Unempfänglichkeit der Freiberger Jugend. Hatte er früher über unberechtigte Eingriffe des Superintendenten Kaspar Zeuner berichtet, so erging er sich jetzt in Beschwerden über Schwierigkeiten, die ihm von Seiten des Rathes bereitet wurden. Namentlich verleidete ihm die Gegnerschaft einiger Rathsherren seine Thätigkeit. Hatte er bereits früher einem Anerbieten des Chemnitzer Rectors Hertel zufolge als Lehrer an die dortige Schule gehen wollen, so erhielt er 1545 den Abschied aus dem städtischen Dienste. Eine ihm vom Rathe ausgestellte „Kundschaft“ spricht freilich nicht von Entlassung, sondern gibt als Grund des Wegganges an, daß S. „seine besserunge auch anderswohe zu suchene bedachtt“.

Bereits vor Aufgabe seines Amtes hatte er sich nach Leipzig begeben, wohin er mit Weib und Kind übersiedeln wollte, jedenfalls um seine Studien fortzusetzen. Bereits hatte sein Freund Kaspar Börner ihm ein Haus gemiethet, als eine Erkrankung seiner Frau und Arbeiten im Dienste Agricola’s S. in Chemnitz festhielten. Kurze Zeit darauf treffen wir ihn als Rector der Parochialschule an der Kirche Unsere Lieben Frauen zu Halle, wohin er durch Justus Jonas’ und Melanchthon’s Vermittlung berufen worden war. Als aber hier infolge des schmalkaldischen Krieges die Evangelischen in eine schwierige Lage kamen, wandte sich S. wieder nach Chemnitz, wo er jedenfalls auf Fürsprache des Bürgermeisters Agricola und des Superintendenten Fues das durch Valentin Hertel’s Tod freigewordene Rectorat der lateinischen Schule erhielt. Diese hatte bereits früher humanistische Anregungen empfangen und durch die Visitationen im J. 1539 und 1540 eine festere äußere Gestalt und finanzielle Sicherstellung erhalten. S. ging jetzt daran, auch dem Unterrichte eine bestimmte Verfassung zu geben in einer Schulordnung, die bereits 1549 in Straßburg von Georg Fabricius’ Bruder gedruckt wurde. Sie lehnt sich in den Hauptpunkten an die von Melanchthon im „Unterricht der Visitatoren“ getroffenen Bestimmungen an. Doch weicht sie auch in wichtigen Punkten ab: S. teilt die Schüler nicht, wie Melanchthon, in drei, sondern in fünf Classen ein, nimmt auch das Griechische mit auf, während dieses in dem Visitationsbüchlein keine Berücksichtigung gefunden hatte. Auch an die Einrichtungen Sturm’s erinnert der Plan, mit denen er wohl durch Georg Fabricius, einen Schüler des Straßburger Meisters, bekannt geworden war.

Den Anschauungen der Zeit gemäß bildete neben dem Katechismus das Latein den Hauptgegenstand des Unterrichts. Am Vormittag wurden zwei, am Nachmittag drei Lectionen gehalten, zwischen welche Repetitionsstunden fielen. Ein Tag der Woche war ausschließlich der Wiederholung gewidmet. Die fünfte Classe beschäftigte sich mit Lesen und Schreiben und dem Einprägen des einfachen Katechismustextes. In der nächsthöheren Classe kam zu dem Religionsunterrichte, der in lateinischer Sprache ertheilt wurde, die Einübung der Declination und Conjugation. Die dritte Classe trieb die regelmäßige Grammatik weiter und wurde in die Lehre von den Redetheilen eingeführt. Außerdem wurden leichtere Briefe Cicero’s, wohl auch einzelne Gedichte gelesen und lateinische Sprüchwörter [127] mit deutscher Uebersetzung auswendig gelernt. In der zweiten Classe begann die unregelmäßige Formenlehre; dazu kamen Regeln aus der Metrik in Anlehnung an Virgil’s Bucolica, Ovidische Episteln und Tibullische Elegien. Der Einprägung eines reichen Wortschatzes wurde große Sorgfalt zugewendet. Hier begann man mit Abfassung von Briefen und Gedichten. Diese Uebungen wurden in der ersten Classe fortgesetzt, wo die lateinische Grammatik ihren Abschluß fand und die Anfangsgründe der Rhetorik und Dialektik gelehrt wurden. Gelesen wurde Cicero de senectute, de amicitia und de officiis, dazu von den Dichtern Virgil und Terenz. Der Religionsunterricht bestand in den oberen Classen in der lateinischen Erklärung des Sonntagsevangeliums. Neben dem Unterrichte wandte S. der Erziehung die größte Aufmerksamkeit zu. Dieser Gesichtspunkt tritt namentlich in den ebenfalls von S. entworfenen Schulgesetzen hervor, welche der Sitte der Zeit gemäß auf einzelne Bogen gedruckt und in der Schule angeschlagen wurden. Sie waren in Versen abgefaßt und sind uns in verschiedenen Fassungen erhalten, da S. an sie, wie an seine übrigen Schriften, immer von neuem die bessernde Hand anlegte, und sie mehrfach erweiterte und ergänzte. Sie waren weithin in Deutschland verbreitet und dienten anderen Bearbeitungen als Muster. Den Gesetzen geht ein Vorwort voraus, in welchem der Schüler, ob in der Stadt geboren oder von fremd her eingewandert, zu einem frommen Leben ermahnt wird, namentlich in einer Zeit, die für die Musen so wenig Verehrung hat. Er soll die Schulgesetze sorgfältig durchlesen und das Leben darnach einrichten. Denn ein Jünger der Wissenschaft soll sich als das Muster eines wohlerzogenen Knaben bewähren. Die Gesetze beginnen mit den religiösen Pflichten des Schülers, behandeln dann sein Verhalten gegenüber den Eltern, Lehrern und Mitschülern, verlangen rechtes Betragen in der Schule und beim Spiele, treffen Bestimmungen über die Kleidung u. a. m. Die Forderung des Lateinsprechens wird auch hier stark hervorgehoben. Mit dem Hinweise auf das Vorbild Christi schließt der Verfasser.

Wenn S. weit über die Grenzen seiner Schule hinaus als tüchtiger Schulmann galt und eine Reihe einflußreicher Freunde hatte, so wird es uns nur begreiflich erscheinen, wenn er bald zu einer besonderen Vertrauensstellung berufen wurde. Als nach mancherlei Schwierigkeiten Kurfürst Moritz’ Plan bezüglich der Gründung einer dritten sächsischen Landesschule in Grimma seiner Verwirklichung entgegenging, wurde S. 1550 als Rector an die neubegründete Anstalt berufen und hat ihr bis zu seinem Tode am 24. September 1584 vorgestanden. Nachdem er an seinem Geburtstage, einem Montage, mit dem Unterrichte begonnen hatte, eröffnete er die Schule am nächstfolgenden Sonntage in einem feierlichen Actus in Gegenwart des Rathes und der Geistlichkeit mit einer Rede auf Kurfürst Moritz. In einer Zeit, wo allgemein geltende Bestimmungen für Sachsen noch nicht erlassen waren, hatte der neue Rector volle Freiheit in der Ausgestaltung der seiner Leitung anvertrauten Schule und hat ihr seinen Charakter aufgeprägt. Die Chemnitzer Lehrordnung wurde dem Unterricht zu Grunde gelegt; nur konnten, da die Schüler bei der Aufnahme bereits die Declinationen und Conjugationen kennen sollten, die beiden unteren Classen wegfallen. In den drei übrigen erfuhr der Unterricht insofern eine Vertiefung, als die Lectüre nicht unwesentliche Erweiterungen erfuhr. Dies wurde dadurch möglich, daß S. eine Reihe von Lehrbüchern verfaßte, die das zeitraubende Dictiren in Wegfall brachten und eine bessere Ausnutzung der Stunden gestatteten. Dazu mußte die von S. entworfene Hausordnung mit den genau festgesetzten Studirstunden die Leistungsfähigkeit wesentlich erhöhen. Nach der ursprünglichen Tagesordnung standen die Schüler früh um 5 Uhr auf; nach einem Morgengottesdienste in der Kirche war von 6 bis 9 Uhr Unterricht; um 9 Uhr wurde gegessen, dann war Freistunde [128] bis 1 Uhr. Es folgte eine Arbeitsstunde, darauf zwei Lectionen, von denen die erste dem Musikunterricht gewidmet war. Nach Vespergottesdienst und Vesperbrot war von 3 bis 4 Uhr Unterricht, dann die zweite Hauptmahlzeit, darauf Freistunde und von 6 bis 8 Uhr Arbeitsstunde. Hierauf gingen die Schüler nach gemeinsam verrichtetem Gebet zu Bett. Eine Verbesserung der Verpflegung und eine Erleichterung bezüglich des Unterrichts erfolgte auf Veranlassung des um das sächsische Schulwesen hochverdienten kurfürstlichen Geheimraths Georg v. Comerstadt. Bei Gelegenheit eines Besuches bewilligte er der immer eßlustigen Jugend für 7 Uhr morgens eine Suppe, während sie ursprünglich bis um 9 Uhr mit knurrendem Magen hatte studiren müssen. Auch strich er eine Vormittagslection. Die Schüler wurden durch Hebdomadare, die wöchentlich abwechselten, beaufsichtigt. Dabei wurden die letzteren durch die älteren Zöglinge unterstützt, wie denn S. der gegenseitigen Erziehung der Knaben eine große Bedeutung beimaß. Diese hatten für die äußere Ordnung in den Kammern, Lehrzimmern und im Cönakel selbst zu sorgen; zu besonderen Dienstleistungen waren die aus den ärmeren Schülern gewählten Famuli bestimmt. Mancherlei Schwierigkeiten gab es bei der Schulzucht zu überwinden. Es war ein selbstbewußtes, wohl auch trotziges Geschlecht, das, an ein freies und ungebundenes Leben gewöhnt, auf die Mahnungen väterlicher Milde oft nicht hören wollte. Hatte doch die strenge, fast klösterliche Zucht von Anfang an manche Anfechtung erfahren. Bereits bei der Gründung berichtete der Schulverwalter: „Es ist ein ungezogen folgk allhie und redet von der Schulen spetlich, als wolde mein gnedigster Herr eine newe müncherei anrichten.“ Da mußte man zu strengen Strafen seine Zuflucht nehmen, und die kurfürstliche Regierung bestärkte die Lehrer in der Führung eines straffen Regiments.

Ueberhaupt konnte S. mit Dankbarkeit die Unterstützung seiner Vorgesetzten und die Gnade der Kurfürsten Moritz und August rühmen. Sein Gehalt von 150 Gulden muß unter Berücksichtigung der nicht unbedeutenden Nebeneinnahmen, namentlich der freien Station, als reich bemessen bezeichnet werden. Diese finanzielle Sicherstellung muß S. um so angenehmer empfunden haben, als er in früheren Zeiten nicht selten in Geldnoth gewesen war, die ihn zwang, seine Gläubiger um Nachsicht zu bitten. Auch manche Beweise persönlicher Huld wendeten ihm die Fürsten zu. So gewährte ihm Kurfürst Moritz eine Freistelle für einen Sohn, die von Kurfürst August auf die Familie ausgedehnt wurde. So wurde ihm, als seine Kräfte abnahmen, durch kurfürstlichen Erlaß eine Erleichterung bezüglich der Lectionen und Inspection gewährt. Namentlich trat auch der Kurfürst für ihn ein, als zu verschiedenen Malen Versuche gemacht wurden, die Fürstenschulen aufzuheben oder in ihrer Eigenart zu schädigen. So wollte Kaspar Peucer sie nach württembergischem Muster „zu den Universitäten schlagen“; so wollte Jakob Andreä sie in rein theologische Anstalten verwandeln, während nur eine dem Adel vorbehalten bleiben sollte. Auch fand S. die Unterstützung der kurfürstlichen Regierung bei den mancherlei Schwierigkeiten, die bezüglich der Verwaltung erwuchsen. Hatte er diese mit dem Schulverwalter gemeinsam zu besorgen, so blieb ihm mancherlei Unannehmlichkeit nicht erspart, wenn ein wenig gewissenhafter Beamter ihm zur Seite stand.

Eine einflußreiche Rolle war S. beschieden, als die Vorbereitungen zum Erlaß einer Kirchen- und Schulordnung für das Kurfürstenthum Sachsen im Gange waren. Im J. 1577 wurde ihm die Weisung, einen Bericht über die in Grimma bezüglich der Verwaltung wie des Unterrichts geltenden Grundsätze einzuschicken. Er übersandte einzelne Theile aus seinen Schriften, die handschriftlich ergänzt waren. Eine besondere Genugthuung wurde ihm dadurch, daß seine Chemnitzer Schulordnung die Grundlage für den Theil der Kirchenordnung, [129] welcher die Fürstenschulen behandelte, wurde. Auch nahm er an dem Torgauer Reformationstage vom Jahre 1579 mit dem Rector der Meißner Fürstenschule, Matthäus Dresserus, theil. Hatte er so maßgebend für die Ausgestaltung des sächsischen Schulwesens gewirkt und aus seiner Schule eine Reihe von Zöglingen hervorgehen sehen, in deren Herzen das Vorbild des Lehrers und Rectors weiter lebte, so verschaffte ihm seine schriftstellerische Thätigkeit Jahrzehnte lang einen großen Einfluß über die engere Heimath hinaus.

Nicht von Bedeutung sind Siber’s theologische Werke. Wir können ihm daraus keinen Vorwurf machen, da er eine eigentliche Universitätsbildung nicht genossen hat, sondern nur auf den Verkehr mit angesehenen Theologen, wie Hieronymus Weller und Johann Rivius, sowie auf das Studium von Luther’s und Melanchthon’s Werken angewiesen war. Mit den Psalmen hat er sich mehrfach beschäftigt. Zu nennen sind „Psalterii seu Carminum Davidicorum Libri V“ (Basel, Oporinus 1562 und öfter); „In Davidis poenitentiam Commentariolum scholasticum“ (Lipsiae 1572); „In Davidis … Psalterium Commentariorum scholasticorum libri quinque“ (Wittenberg 1580, 2 Theile). Ebenso sind von geringer Bedeutung seine poetischen Leistungen, wiewohl sie von den Zeitgenossen mit humanistischer Ueberschwenglichkeit gepriesen wurden (Nescius est Phoebi, qui nescit acuta Siberi Carmina). Einzelne Gedichte wurden bei besonderen Gelegenheiten gedruckt, so bei Hochzeiten von Freunden und Gönnern, z. B. des Hieronymus Garisius (1562), Martin Hayneck (1572), Ludwig Camerarius (1573), Balth. Plosius (1580) und Herzog Christian von Sachsen (1582). Die „Lacrimae eiusdem Tumuli recentes“ (1577) enthalten Trauerreden auf verstorbene Freunde. Am umfangreichsten sind die „Poëmata“, die neben Widmungen an Freunde und fürstliche Gönner vielfach biblische Stoffe zum Gegenstande haben. Alle Empfindungen, Freude und Schmerz, Stolz und Enttäuschung spiegeln sich in den Dichtungen des versgewandten Humanisten wieder. Wir vernehmen in ihnen seine Anschauungen über die Ereignisse in dem engeren und weiteren Vaterlande, in Kirche und Schule, wir erfahren von seinen Erlebnissen im Amte, in der Familie wie im Freundeskreise. Auch gab er die Gedichte des Johannes Stigelius heraus (Jenae 1577). Er widmete sie den sächsischen Herzögen. Seine Schriften über Unterricht und Erziehung gestatten uns einen interessanten Einblick in seine pädagogischen Anschauungen, wie in die Praxis der Zeit. Hier ist zu nennen sein Büchlein „Libellus scholasticus“ (Lipsiae 1572), welches seit 1580 in wesentlich vermehrter Gestalt unter dem Titel „Margarita Scholastica“ erschien. Mit dieser Schrift berührt sich vielfach die andere „De educatione discipulorum puerilis scholasticae Σύμμιϰτα, Aphorismi, Leges“ (Lipsiae 1581). Für den Religionsunterricht schrieb er das Buch „Sabbatum puerile“ (Lipsiae 1575). In 5 Abschnitten behandelt Verfasser 1. die Rudimenta, welche die Hauptstücke des lutherischen Katechismus in Gesprächform enthalten, 2. Gebete für die Schüler, 3. für die oberen Classen Corpus seu doctrinae puerilis capita, 4. Ansprachen an Schüler, 5. Christianae et Antichristianae doctrinae capita praecipue e regione opposita. Eine Ergänzung dazu bietet das „Breviarium Christianum“ (Lipsiae 1575), welches neben einem „Doctrinae Christianae Breviarium“ den Katechismus mit Siber’schen Erklärungen, namentlich Hymnen und Gebete aus der Zeit der alten Kirche bietet. Hierher gehört auch „Sionion seu Historiae sacrae Libri octo“ (Lipsiae 1573) und das „Passionale seu cruenti sacrificii Domini nostri Jesu Christi historia“ (Lipsiae 1589). S. hatte sich am 6. December 1540 mit der Stieftochter seines Freundes Valentin Hertel, Anna Heinemann, vermählt. Nach ihrem Tode vermählte er sich 1555 mit Anna Fues, der Tochter des Chemnitzer Superintendenten. Er begründete seinen [130] Entschluß in einem längeren Gedichte. Von den 11 Kindern dieser zweiten Ehe erwarb sich Adam Theodor als Gelehrter einen angesehenen Namen (s. u.).

H. A. Schumacher, Historia vitae A. S. Grimae 1719. – K. Kirchner, A. S. und das Chemnitzer Lyceum in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in den Mitth. des Vereins für Chemnitzer Geschichte. Chemnitz 1887. V, 3–206, wo die ältere Litteratur, die handschriftlichen Quellen und die Schriften mit Inhaltsangabe verzeichnet sind. – K. Kirchner, Nachträge zu den Abhandlungen über … A. S. in der genannten Zeitschrift VI, 159 bis 179. – K. J. Rößler, Gesch. der königl. sächs. Fürsten- und Landesschule Grimma. Leipzig 1891. S. 18 f., 33 f. und öfter. – K. J. Rößler, Ausgewählte Nachrichten aus der Zeit A. Siber’s in dem Festprogramm der Fürstenschule zu Grimma 1891. – G. Richter, das alte Gymnasium in Jena. Jena 1887. S. 29. – H. Peter, Georgii Fabricii ad Andream fratrem epistolae … Meißen 1891, p. 27. 32. – G. Müller, Das kursächsische Schulwesen bei Erlassung der Schulordnung von 1580. Dresden 1888. S. 1. XIX. – Th. Vogel in Schmid’s Encyklopädie des gesammten Unterrichts- und Erziehungswesens. 2. Aufl. X, 27. – Fr. Paulsen, Gesch. des gelehrten Unterrichts. Leipzig 1885. S. 202. – Ein von S. in Freiberg ausgestelltes Zeugniß für einen Schüler befindet sich im Kgl. Sächs. Hauptstaatsarchiv in Dresden. Loc. 10405, die Neuen Schulen belangend. 1543. Bl. 170.