ADB:Stigel, Johann
Sagittarius behauptet), wurde er Schüler der Lateinschule seiner Vaterstadt, welche damals Basilius Monner, der spätere Jenenser Jurist, leitete. [229] Er hat dem Lehrer ein dankbares Andenken bewahrt, den er auch als „Zierde der frommen Musen“ poetisch begrüßte. Dem berühmten Humanisten Konrad Muth (Mutianus), der als Kanonikus in Gotha lebte und 1526 daselbst gestorben ist, dichtete er eine pietätvolle Grabschrift. Vom Rufe Luther’s und Melanchthon’s angezogen, bezog St. die Hochschule Wittenberg, woselbst er den 15. October 1531 als Johannes stigel de Gota in das Album der Universität eingetragen wurde. Anfangs entschlossen, Rechtswissenschaft zu studiren, wandte er sich bald sprachlichen Studien zu, wobei neben Melanchthon besonders Franz Burchart (A. D. B. III, 569), der damals Lehrer des Griechischen in Wittenberg war, bestimmend auf ihn einwirkte. Dabei beschäftigte er sich auch mit Medicin, Physik und Astronomie. Seine poetische Begabung gewann ihm, abgesehen von Melanchthon, die Liebe Luther’s, den er vielfach in seinen lateinischen Gedichten gefeiert hat. Außerdem verkehrte er mit Georg Sabinus, dem späteren Schwiegersohn Melanchthon’s, Kaspar Bruschius, Paul Eber, Petrus Lotichius Secundus u. A. Als 1535 Wittenberg von der Pest heimgesucht wurde, wanderte er mit Melanchthon und anderen Wittenbergern nach Jena. In der Begleitung von Fr. Burchart, der in den Dienst des Kurfürsten von Sachsen getreten, hat er mehrfach an diplomatischen Reisen theilgenommen. Von Kaiser Karl V., an den er im J. 1541 eine „Epistola gratulatoria“ in Versen gerichtet hat, wurde er zum Poeta laureatus ernannt. Durch die Fürsprache Melanchthon’s erhielt er die Professur der lateinischen Sprache in Wittenberg. Zu dem vom Fiskus der Universität bezogenen Gehalte von 150 Gulden gab der Kurfürst noch weitere 50 Gulden aus seiner Casse, so daß St. 1544 einen Hausstand mit Barbara Künhold zu gründen vermochte. Aus dem bei diesem Anlaß gedichteten Epithalamium von Toxites erfahren wir, daß Melanchthon, Ziegler und der Mathematiker Rhetus zu der Hochzeit gebeten wurden. Nachdem der schmalkaldische Krieg die Universität Wittenberg zerstreut hatte, folgte er 1547 einer Einladung nach Jena zur Aufrichtung einer Lateinschule. Als der damals noch gefangene unglückliche Johann Friedrich im J. 1548 eine neue Hochschule zu Jena eröffnen ließ, wurde auch St. als Lehrer für dieselbe gewonnen. Wie der Melanchthonianer Strigel, hielt auch St. eine lateinische Rede bei der Eröffnung der Universität, wobei er das Thema behandelte: De utilitate studiorum eloquentiae. Schwere Zeiten mußte er durchmachen, als in Jena allmählich die Melanchthon feindliche Flacianische Richtung zur Herrschaft gelangte. Er selbst blieb seinem Wittenberger Lehrer treu, wofür ihm dieser auch dankte, wenngleich er auch Beziehungen zu den Flacianern Jo. Fr. Coelestinus und Joachim Stigel von Eisenach unterhielt. Der zu Jena 1561 abgehaltenen Untersuchung über die Flacianer wohnte er als Ankläger bei. Die Vertreibung der Flacianer von der Hochschule Jena hat er nicht lange überlebt. Er starb daselbst am 11. Februar 1562 und wurde in der St. Michaelskirche beigesetzt. Mehrere Freunde haben St. durch lateinische Epitaphien gefeiert. Sein Charakter wird allgemein gerühmt, obgleich er gelegentlich auch heftig aufbrausen konnte. Besonders war er ein herzlicher und treuer Freund. Seine Freundschaft mit Melanchthon war so innig, daß er dessen Feinde wie seine eigenen ansah und gelegentlich auch die Gegner seines Lehrers litterarisch bekämpfte. Den großen Kreis seiner Freunde lernt man auch aus seinen Gedichten kennen, mit denen er sie auszeichnete. Seiner poetischen Begabung, die er übrigens fast nur in lateinischer Sprache geübt hat, spenden schon die Zeitgenossen hohe Anerkennung. Joachim Camerarius nennt ihn einen zweiten Eobanus Hessus. Das früheste von ihm im Druck erschienene Gedicht scheint die 1536 veröffentlichte „Elegia de discessu ab urbe Jena“ zu sein. Erst nach seinem Tode erschienen die acht Bücher seiner Gedichte (1566–69), denen 1572 ein neuntes Buch folgte. Eine vermehrte Ausgabe derselben besorgten Georgius Monethius und Jacobus Rosefeldus. [230] Doch fehlen auch in dieser Sammlung noch viele Gedichte. Dieselben geben schöne Einblicke in die Zeitverhältnisse, indem eine große Anzahl historisch oder litterarisch bedeutender Persönlichkeiten darin gefeiert wird. Die Stoffe sind theils religiös (z. B. zahlreiche Psalmenparaphrasen), theils weltlich. Unter den Formen sind die Distichen bevorzugt. Zahlreiche Briefe Melanchthon’s an St. stehen im Corpus Reformatorum (vgl. Registerband), leider ist ebendaselbst nur ein einziger Brief Stigel’s an Melanchthon aufgenommen. Einige Briefe Stigel’s sind in der unten erwähnten Arbeit Göttling’s abgedruckt.
Stigel: Johann St., lateinischer Dichter, Professor in Wittenberg (1515–1562). Geboren am 13. Mai 1515 zu Gotha (nicht im Dorfe Frimar, wie- Car. Guil. Goettling, Vita Johannis Stigelii Thuringi (opusc. acad. hrsg. von K. Fischer) p. 1–64, Wiederabdruck der Festschrift d. Universität Jena 1858. Einige Ergänzungen dazu bei Ad. Horawitz, Casp. Bruschius. Prag u. Wien 1874. – G. Kawerau, s. v. Stigel (Realencyklopädie f. protest. Theologie u. Kirche XIV, 727). – Ein Verzeichniß der poetischen Schriften bei K. Goedeke, Grundriß der deutsch. Dichtung II², 94.