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ADB:Stephan II.

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Artikel „Stephan II., Herzog von Baiern“ von Sigmund Ritter von Riezler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 64–68, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stephan_II.&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 15:26 Uhr UTC)
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Stephan II., Herzog von Baiern, als zweiter Sohn Kaiser Ludwig’s des Baiern und der Beatrix von Schlesien-Glogau um 1319 geboren, † am 19. Mai 1375. Der unterscheidende Beiname in fibulis, den ihm erst Ladislaus Suntheim gibt, bezieht sich wol nur auf die Tracht (mit Haften oder mit der Hafte), in welcher ein bestimmtes, uns nicht erhaltenes Bild den Fürsten darstellt. Der [65] Vergleich, den Kaiser Ludwig am 13. März 1325 auf der Trausnit mit dem gefangenen Gegenkönige Friedrich abschloß, enthielt die Bestimmung, daß St. dessen Tochter Elisabeth die Hand reichen sollte. Bereits ward Elisabeth als Braut des Prinzen in München erzogen und auch dann noch, als Ludwig das Trausniter Abkommen im übrigen preisgab, ward an diesem Ehebündniß, doch nicht mehr lange, festgehalten; bald (wahrscheinlich 1328) trat an seine Stelle ein anderer politischer Eheplan: mit Elisabeth, Tochter des mit Ludwig verbündeten Königs Friedrich’s II. von Sicilien aus dem Hause Arragon, und dieser kam zur Ausführung, ohne daß sich die Zeit der Vermählung sicher feststellen ließe. Diese erste Gemahlin Stephan’s starb am 21. März 1349 und 1359 führte der Herzog in zweiter Ehe Margarethe, Tochter des Burggrafen Johann von Nürnberg, heim, die ihn überlebte.

St. hat nach dem Tode des Vaters (11. October 1347) anfangs (bis 13. September 1349) mit seinen fünf Brüdern gemeinsam über die ganze vom Kaiser hinterlassene Ländermasse, Ober- und Niederbaiern, Tirol, Brandenburg mit der Lausitz und die holländischen Provinzen regiert. Dann schritten die Brüder zu Theilungen, die trotz der väterlichen Abmahnung auch die Stammlande zerrissen - ein unseliger Entschluß, dessen Verantwortung zumeist wol den älteren Brüdern zugeschoben werden muß. Bis zum 3. Juni 1353 regierte St. gemeinsam mit Wilhelm I. und Albrecht I. über Niederbaiern und die holländischen Provinzen. Am genannten Tage erfolgte eine weitere Theilung, wodurch St. den südlichen größeren Theil Niederbaierns mit Landshut erhielt, dagegen aus der holländischen Regierung ausschied. Nach dem Tode seines Neffen Meinhard, der Oberbaiern und Tirol besessen hatte, vereinigte St. (26. Februar 1363) Oberbaiern mit Niederbaiern-Landshut.

In Nutz und Gewer Baierns gesetzt und zu Regierungsgeschäften herangezogen war er vom Vater schon seit dem Ueberlinger Vertrage (23. Juni 1334). Ihm und dem ältesten Sohn Ludwig überließ der Kaiser im letzten Jahrzehnt seines Lebens die Familienpolitik auf den Schlachtfeldern zu verfechten, wo sich denn beide Brüder als tüchtige Kriegshauptleute bewährten. Im Auftrag des Vaters zog St. schon 1339 gegen die Bischöfe von Straßburg und Basel zu Felde. 1340 ward er vom Kaiser dem bairisch-schwäbischen und ebenso dem bairisch-fränkischen Landfriedensbunde als Hauptmann vorgesetzt und das Jahr darauf mit der Landvogtei im Elsaß bekleidet. An seine Person knüpfte sich das in Schwaben beunruhigende Umsichgreifen der wittelsbachischen Macht in diesem Lande, schwäbische Reichsgüter wurden ihm verpfändet, in Ravensburg, später, wie es scheint, in Ulm nahm er seinen Wohnsitz und schon hörte man ihn außeramtlich zuweilen Herzog von Schwaben genannt. Als Hauptmann des Landfriedensbundes bekriegte er 1345 einen Grafen von Habsburg-Laufenburg und die Grafen von Feldkirch, welche die Grafschaft Montfort dem Kaiser nicht herausgeben wollten, konnte jedoch die Stadt Feldkirch nicht bezwingen. Als dann Verstimmung über das wittelsbachische Machtstreben in ihrer Provinz die Mehrzahl der schwäbischen Grafen in das Lager des Gegenkönigs Karl IV. führte, eröffnete St. im September 1347, von den schwäbischen Reichsstädten unterstützt, mit einem Heere von 30 000 Mann den Feldzug gegen diese. Mit unwiderstehlicher Tapferkeit hatte er seine Gegner eben zur Unterwerfung gezwungen, als der Tod des Kaisers eine durchaus veränderte Lage schuf und die Söhne in mühsame Vertheidigung zurückdrängte.

Seinen Frieden mit der Kirche, die ihn als Sohn seines Vaters von sich gestoßen hatte, schloß St. als der letzte unter den Brüdern: erst im Anfang der Regierung Papst Urban’s V. ward ihm die Lossprechung vom Banne zu theil. [66] Dagegen hat er sich mit Karl IV. zuerst unter den Brüdern (8. Januar 1350) ausgesöhnt und durch das Bündniß von Pirna (18. August 1351) sogar ein enges Verhältniß mit ihm geknüpft. Nach der Landestheilung war er mit Bischöfen seines Landes in Händel, mit Ortolf von Salzburg in offenen Krieg gerathen. Dann begleitete er Karl nach Italien und wohnte in Rom seiner Kaiserkrönung bei (5. April 1355). Als aber der Kaiser nach seiner Rückkehr trotz des in Italien St. geleisteten Versprechens, daß er nie Güter in seinen Landen ankaufen werde, die (allerdings nicht zu Stephan’s sondern zu Albrecht’s niederbairischem Landestheil gehörige) Veste Donaustauf und hiermit einen Schlüssel der Donaustraße an sich brachte, hatte die unnatürliche Freundschaft ihr Ende und St. suchte bei Oesterreich Rückhalt gegen den Kaiser. Nach dem Frankfurter Vertrage vom 11. August 1338 sollte ihm das mit den Pfälzern wechselnde Wahlrecht der oberbairischen Linie zustehen. Seine Verstimmung gegen den Kaiser wuchs, als die goldene Bulle diesen Anspruch beseitigte. Im März 1357 unterstützte er seinen Bruder Albrecht von Straubing-Holland im Kampfe gegen dessen Vitzthum Ecker, der dem Kaiser zur Erwerbung Donaustaufs die Hand geboten haben sollte. Während dann nördlich der Donau kaiserliche Truppen gegen Albrecht kämpften, sah er sich infolge des Schutzes, den er den salzburgischen Herren v. Tann gewährte, wieder in Krieg mit Erzbischof Ortolf verwickelt, bis im Juni 1358 zu Passau und Linz Aussöhnung und Bündniß mit Salzburg zu Stande kam.

In Oberbaiern nahmen die Dinge nach dem Tode seines älteren Bruders Ludwig bald eine Wendung, die ihn zum Eingreifen veranlassen mußte. Eine Adelspartei, der sich selbst Stephan’s Sohn Friedrich gesellte, bemächtigte sich des unreifen Herzogs Meinhard und schaltete im Lande, als ob sie die Herren wären. Im Bunde mit den Pfälzern, unterstützt von der Mißstimmung der verwaisten Residenz München, der anderen oberbairischen Städte und einer Minderheit des Adels, stürzte St. dieses Adelsregiment und der Bürgerkrieg endigte mit der Auslieferung Meinhard’s an St. Ein zu Passau geschlossener Bund Stephan’s mit Rudolf von Oesterreich richtete seine Spitze gegen eine Wiederkehr der Adelsherrschaft in Oberbaiern, aber auch gegen den Kaiser, wiewohl dieser am 15. Januar 1362 St. wichtige Privilegien gewährt hatte. Als der von München nach Tirol entkommene Meinhard bald darauf (13. Januar 1363) starb, zog St., der die Zuneigung der Stände, zumal der Bürgerschaft für sich hatte, als der nächste Agnat Oberbaiern ohne Schwierigkeit an sich. Durch sein Zugreifen sahen sich jedoch die in Brandenburg herrschenden Brüder verkürzt. Auf dem Nürnberger Reichstage benützte Karl IV. ihre Verstimmung und bahnte sich dadurch den Weg zur Erwerbung Brandenburgs für sein eigenes Haus. St. verließ Nürnberg unmuthig, da seine Ansprüche beim Kaiser keine Unterstützung fanden. Gleichwohl entschloß er sich nun den schweren Kampf um Tirol aufzunehmen, das Meinhard’s Mutter, Margarethe Maultasch, mittlerweile Rudolf IV. von Oesterreich vermacht hatte. Mit Ortolf von Salzburg verbündet, war der Habsburger ein gefährlicher Gegner und bereits im Besitz des Landes: am 2. September 1363 empfing er die Huldigung der Tiroler. Nachdem St. mit Albrecht von Straubing, den die Besitzergreifung Oberbaierns gleichfalls gereizt hatte, einen vorläufigen Ausgleich geschlossen, begann um Martini 1863 auf zwei Schauplätzen, im Tiroler Innthal und um die salzburgische Enclave Mühldorf in Baiern, der zweite Tiroler Erbfolgekrieg, der mit Unterbrechungen fast sechs Jahre währte, ein zähes Ringen, in dem sich der Sieg doch ein paar Mal auf Stephan’s Seite zu neigen schien. Bei Oetting schlug er Salzburger und Oesterreicher aufs Haupt und führte etwa 70 feindliche Ritter als Gefangene fort. Mühldorf belagerte er 1364 elf Wochen lang [67] ohne Erfolg, während im Süden das bairische Rattenberg einem österreichischen Heere widerstand. Dagegen eroberten die Oesterreicher im August Ried. Um Neujahr 1364 war St. nach Prag gegangen, um auf den Kaiser zu wirken, aber die dort getroffenen Abmachungen waren bedeutungslos und hinderten nicht, daß Karl bald darauf die Schenkung Tirols an die Habsburger bestätigte. Dem Kaiser und Rudolf zum Trotz nahm St. die Titel eines Grafen von Tirol und Görz, Vogtes der Kirchen Aquileja, Trient und Brixen an. Am 8. Mai 1364 waren die brandenburgischen Brüder so weit gegangen, zu Bautzen ein Angriffsbündniß mit den Habsburgern gegen St. und dessen Söhne zu schließen. Auch Ortolf’s Nachfolger, Piligrim von Salzburg, nahm 1365 die Feindseligkeiten gegen Baiern wieder auf, durch die nun besonders Reichenhall schwerer Schaden zugefügt ward. Dagegen war die im Mai 1365 erzielte Verbindung mit den Grafen von Görz für Stephan’s Sache glückverheißend. Am 2. Februar 1368 ward zu München auch ein Bündniß Stephan’s mit König Ludwig von Ungarn, der sich mit Rudolf’s Nachfolgern, Albrecht und Leopold, überworfen hatte, beurkundet. Die größten Erfolge mit den Waffen errangen die Baiern auf dem letzten Feldzug, im Spätsommer 1368. Unaufhaltsam vordringend, eroberten sie, wie vor fünf Jahren, das Tiroler Unterinnthal, doch ohne die festen Städte Hall und Innsbruck. und das Oberinnthal mit der Burg Landeck. Dann nahmen sie im Wippthal die Burgen Vorder- und Hintermatrei, überschritten den Brenner, besetzten Sterzing. Als Herzog Leopold mit starker Macht durch das Pusterthal heranrückte, mußten sie das offene Land zwar preisgeben, hielten aber die wichtigsten Burgen: Matrei, Landeck, Schloßberg bei Seefeld, fest. Die äußerste finanzielle Erschöpfung zwang St. zuletzt doch im Frieden zu Schärding (29. September 1369) gegen eine Entschädigung von 116 000 fl. den Verzicht der Wittelsbacher auf Tirol auszusprechen und die eroberten Burgen herauszugeben.

Der drohende Verlust Tirols hatte die entzweiten Brüder St. und Albrecht wieder genähert und kurz vor dem Schärdinger Frieden hatten diese beiden und pfälzische Wittelsbacher mit König Ludwig von Ungarn neuerdings ein Bündniß gegen den Kaiser geschlossen. Dieser aber sprengte den Bund, indem er seinen Sohn Wenzel mit Albrecht’s Tochter Johanna verlobte. Dann führte die Gefahr Brandenburg zu verlieren auch eine Einigung Stephan’s mit seinem Bruder Otto herbei, und in gemeinsamer Anstrengung suchten beide den bedrohten Besitz der Mark für die Familie zu retten. Im Süden durch ein Bündniß mit Piligrim von Salzburg (6. März 1371) gesichert, ließ St. durch seinen Sohn Friedrich - wie überhaupt seit dem Schärdinger Frieden die zwei älteren Söhne Stephan’s nach außen mehr hervortreten als er selbst - Otto in Brandenburg im Kampfe gegen den Kaiser unterstützen. Doch konnte auch der Verlust dieses Landes nicht abgewendet werden. Als Entschädigung für die Aufgabe seiner Rechte an die Mark erhielt St. eine ansehnliche Geldsumme, die ihn in den Stand setzte, durch Ankauf einer Reihe von bairischen Herrschaften sein Land im Innern abzurunden. 1372 beschloß ein für beide Theile opfervoller Krieg mit der Stadt Augsburg, der in Zollzwistigkeiten und anderen Reibereien seine Quelle hatte, die lange Reihe von Stephan’s Waffengängen. Der Lebensabend des Fürsten war durch Werke der Friedensliebe und Versöhnlichkeit bezeichnet. Ein zu Landshut am 25. November 1373 erlassenes Landfriedensgesetz untersagte allen Kriegführenden in Baiem fortan das übliche Sengen und Brennen, während ein Vertrag mit den österreichischen Herzögen (30. April 1375) weitgehende Bestimmungen zum Schutz des Verkehrs und Handels traf. St. darf unter den Söhnen Kaiser Ludwig’s vielleicht als der tüchtigste bezeichnet werden, doch im Kampfe gegen widriges Geschick, gegen die überlegene Schlauheit und die überlegenen Hülfsmittel eines Karl IV. und [68] Rudolf IV. von Oesterreich vermochte er den Zerfall der wittelsbachischen Macht nicht aufzuhalten.

Riezler, Geschichte Baierns II (S. 359 über Stephan’s Geburtszeit) und III und die dort verzeichneten Quellen.