Zum Inhalt springen

ADB:Vollmer, Wilhelm

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Vollmer, Wilhelm“ von Hermann Fischer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 253–254, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Vollmer,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:06 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Vollmer, Alois Josef
Band 40 (1896), S. 253–254 (Quelle).
Wilhelm Vollmer bei Wikisource
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Januar 2019, suchen)
Wilhelm Vollmer in Wikidata
GND-Nummer 117488240
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|40|253|254|Vollmer, Wilhelm|Hermann Fischer|ADB:Vollmer, Wilhelm}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117488240}}    

Vollmer: Wilhelm V., Litterarhistoriker, 1828–87. Johann Andreas Wilh. V. wurde am 26. Febr. 1828 in Egelsthal bei Horb i. Württ. geboren. Er durchlief von 1836 an die Lateinschule in Horb, von 1842 an das Gymnasium in Rottweil und studirte von Herbst 1846 an im Wilhelmstift zu Tübingen katholische Theologie. Am 25. Januar 1850 auf sein Ansuchen aus demselben entlassen, studirte er in Tübingen ein halb Jahr weiter, war aber schon nach der Mitte des Jahres genöthigt, sich anderswo sein Brot journalistisch zu verdienen, worüber mir nichts genaueres bekannt ist. Sicher scheint zu sein, daß er bis 1851 die „Bürgerzeitung“ in Reutlingen redigirte und dann längere Zeit in Stuttgart war, wo er neben belletristischen Arbeiten auch eine Zeit lang (Sommer 1851) den „Beobachter“, das bekannte demokratische Blatt, als Stellvertreter für Hermann Kurz redigirt haben soll; eine weitere Angabe, daß er auch in Ulm Redacteur gewesen sei, scheint sich nicht zu bestätigen, obwohl er 1855 eine Ulmerin geheirathet hat. Im Juni 1853 ging V. nach Nürnberg und trat in die Redaction des „Korrespondenten von und für Deutschland“ ein. Dort legte er den Grund zu seinen späteren litterarhistorischen Kenntnissen durch den Verkehr mit Karl Bartsch und Joachim Meyer. Durch den letzteren kam er zu seiner erfolgreichen Beschäftigung mit Schiller. Zu Anfang 1865 bot er sich der Cotta’schen Buchhandlung an, die von J. Meyer geplante kritische Schillerausgabe für sie herzustellen, und erwarb sich am 4. März 1865 in Tübingen den Doctorgrad, um sich vor der gelehrten Welt für diese Aufgabe zu legitimiren. Die Leitung der großen Schillerausgabe hat dann freilich Goedeke bekommen, aber V. wurde doch zufolge seiner Unterhandlungen in den Dienst Cotta’s gezogen, zu dessen litterarischem Ruhm von da an kein anderer soviel wie er beigetragen hat. Er siedelte in den letzten Tagen des Jahres 1866 nach Stuttgart über und übernahm die Redaction der Wochenausgabe der Allgemeinen Zeitung, welche in den Jahren 1867 und 1868 erschien, zuerst zusammen mit Moriz Hartmann, vom 8. November 1867 an allein. Seit dem Jahre 1869 war er angestellt als litterarischer Berather des Hauses Cotta und wol alles, was von da an im Gebiete der deutschen Litteratur von diesem Verlag veröffentlicht wurde, ist durch seine Hände gegangen. Von 1868 bis 1886[1] war V. zugleich demokratischer Abgeordneter in der württembergischen Kammer. Er starb, schon zuvor durch Krankheit mehrmals heimgesucht, in Stuttgart am 15. März 1887. – Im Mittelpunkt von Vollmer’s litterarischen Arbeiten steht Schiller. An der historisch-kritischen Ausgabe Goedeke’s ist er mit drei Bänden betheiligt: Band 2 = Räuber und Wirtembergisches Repertorium (1867); 3 = Fiesko, Kabale und Liebe, Rheinische Thalia (1868); 13 = Macbeth, Jungfrau von Orleans, Turandot (1870). Auch scheint er bei der Herausgabe von Schiller’s dramatischen Entwürfen durch dessen Tochter Emilie v. Gleichen (1867) mitbetheiligt [254] gewesen zu sein. Ferner hat er die Schillerausgabe in 15 Bänden für die Cotta’sche Bibliothek der Weltlitteratur (1882–1885) besorgt. Von fünf Stücken Schiller’s hat er Separatausgaben mit Einleitungen und kritischen Noten gemacht: Jungfrau von Orleans und Tell (1879); Kabale und Liebe, Dom Karlos (Abdruck der ersten Ausgabe) und Wallenstein (1880). Seine kritische Genauigkeit macht diese Ausgaben zu sehr verdienstlichen Leistungen. Von größerer Wichtigkeit sind Vollmer’s Bemühungen für Schiller’s Correspondenz. Ihm verdankt man die 1881 erschienene vierte Auflage von Schiller’s Briefwechsel mit Goethe, in der zum ersten Male, auf Grund der von Karl v. Cotta 1878 erworbenen Originalmanuscripte, das gesammte Material vollständig abgedruckt worden ist: 12 Nummern sind ganz neu mitgetheilt, 2 weitere waren vorher nur zur Hälfte abgedruckt gewesen; zudem ist allenthalben der Text verbessert und vervollständigt; ein Anhang giebt den kritischen Apparat und außerdem ist ein vortreffliches Register beigefügt. Von noch weit größerer Bedeutung aber ist Vollmer’s Ausgabe des Briefwechsels zwischen Schiller und seinem großen Verleger Johann Friedrich Cotta, welche 1876 erschienen ist. So gut wie der ganze Inhalt dieses 45 Bogen starken Bandes war bis dahin unbekannt gewesen. Der Briefwechsel selbst umfaßt 467 Nummern und ist, neben seinem Werth für die Geschichte der Schillerschen Werke im einzelnen und der Litteraturgeschichte überhaupt, ein glänzendes Denkmal für die seltene Verbindung von großer Denkart und eminentem Geschäftstalent, welche beide Correspondenten auszeichnet; dazu kommen dann noch Briefe zwischen Cotta, Schiller’s Hinterbliebenen und Goethe. Ein Anhang gibt urkundliches Material zur Geschichte Cotta’s, sowie der Allgemeinen Zeitung, seiner berühmtesten Gründung, ein Generalregister zu den 3 Jahrgängen der Horen, Auszüge aus Cotta’s Rechnungsbüchern in Beziehung auf Schiller, Goethe und Andere u. dgl. Wenn so die Veröffentlichung als eine ganz unvergleichliche Fundgrube für die Litteraturgeschichte um 1800 zu bezeichnen ist, so wird ihr Werth noch erhöht durch den staunenswerthen Reichthum an Aufschlüssen, welche V. mit einer Wenigen eigenen Belesenheit und Gründlichkeit in den zahlreichen Anmerkungen gegeben hat. Das Buch ist ohne allen Zweifel der werthvollste Beitrag, der in den letzten Jahrzehnten zur Schillerforschung geliefert worden ist. Untergeordnet ist dem gegenüber die Herausgabe der 5. Auflage von Schiller’s Leben von Karoline v. Wolzogen, welche V. 1876 besorgte. Von anderen Veröffentlichungen des Hauses Cotta, welche durch V. erfolgt sind, kann ich namhaft machen: Uhland’s Gedichte und Dramen in der vierten Reihe der „Volksbibliothek“ mit biographisch-litterarhistorischer Einleitung; Klinger’s Werke in der nämlichen Sammlung (8 Bände, 1878 bis 1880); die dritte Auflage von Grillparzer’s Werken (1878, auch das Wiener Grillparzer-Album ist in der Hauptsache sein Werk); zu der illustrirten Ausgabe von Lenau’s Werken (2 Bände, 1881) hat er die Vorrede geschrieben und die Werke Moriz Hartmann’s, seines alten Mitredacteurs und politischen Gesinnungsgenossen, mit der Wittwe zusammen (1873–1878) besorgt.

Außer einem Nachruf im Stuttgarter Deutschen Volksblatt 1887, Nr. 112 f., gibt es nichts biographisches über V., der stets in stiller Zurückgezogenheit gelebt hat. Die meisten biographischen Notizen, die ich oben gegeben habe, mußten aus amtlichen und privaten Mittheilungen geschöpft werden, unter denen ich die von Herrn Dr. L. Laistner aus dem Cotta’schen Archiv gegebenen mit besonderem Dank nenne. Ueber Vollmer’s litterarische Thätigkeit hat mir sein langjähriger Mitarbeiter Herr Rudolf Koch, jetzt in Bamberg, mit bewährter Gefälligkeit manches mitgetheilt. Ueber Vollmer’s Thätigkeit für Schiller vgl. Goedeke, Grundriß, 2. Aufl., Bd. 5, §§ 249. 250. 255 (von Max Koch).

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 253. Z. 9 v. u. l.: bis 1876. [Bd. 45, S. 675]