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ADB:Wacker von Wackenfels, Johann Matthäus

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Artikel „Wacker von Wackenfels, Joh. Matthäus“ von Colmar Grünhagen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 448–449, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wacker_von_Wackenfels,_Johann_Matth%C3%A4us&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 17:55 Uhr UTC)
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Wacker: Joh. Matthäus W. v. Wackenfels, schles.-österreichischer Staatsmann, † 1619. Geboren zu Constanz 1550 im März, in der reformirten Lehre erzogen studirt er in Straßburg und Genf die Rechte, schon früh durch vielseitige Talente ausgezeichnet, wie er sich denn schon als Student als Dramatiker versuchte. Die Empfehlungen hervorragender Männer wie Crato v. Crafftheim und Languet verschafften ihm Hofmeisterstellen in vornehmen Häusern, und in dieser Eigenschaft hat er von Wien aus 1574 Italien besucht und dort auch Breslauer hervorragende Leute wie Jakob Monau und Fabian v. Dohna kennen gelernt. Diese im Vereine mit Crato empfahlen den inzwischen 1575 in Padua zum Dr. jur. promovirten W., als es sich darum handelte, für Nikolaus v. Rhediger, den Neffen des als Gründer der reichen Breslauer Stadtbibliothek berühmten Patriciers Thomas v. Rh. einen Reisebegleiter zu finden. Eine persönliche Vorstellung 1576 führte zur Uebereinkunft, und unverzüglich ward die Reise angetreten, die nun durch Frankreich führte und, da in Italien die Pest herrschte, zu längerem Aufenthalte in Süddeutschland, welcher W. Arbeiten am Reichskammergerichte zu Speier gestattete. Da die Seuche nachließ, konnte auch die italienische Reise nachgeholt und bis Neapel hin ausgedehnt werden. Nachdem W. und sein Zögling in Venedig durch den plötzlichen Einsturz ihrer Herberge in schwere Lebensgefahr gebracht worden, langten sie im März 1580 wieder in Breslau an, wo dann auch W. sich dauernd niederließ, eine Anstellung bei der kaiserlichen Kammer fand und bald auch die Tochter eines reichen Handelsherrn, Sophie Poley, heimführte, er zugleich eine Stütze und Zierde des Kreises von hochgebildeten und gelehrten Männern (Crato, Dudith, Monau, Rhediger, Siegfr. Rybisch u. A.), welche sämmtlich dem reformirten Bekenntnisse zugewandt, sich damals in Breslau zusammenfanden. Auch die kaiserliche Regierung bediente sich trotz der Abneigung, welche man von dieser Seite in noch gesteigertem Maße gegen die Reformirten als gegen die Lutheraner hegte, mit Vorliebe Wacker’s, den wir 1585 auf diplomatischer Sendung in Polen finden, und auf dessen Beredsamkeit sich der Oberlandeshauptmann Bischof Martin Gerstmann vornehmlich verließ, um die kaiserlichen Geldforderungen bei dem schlesischen Fürstentage durchzusetzen. Als der Bischof 1575[WS 1] starb, ward W. auch für dessen Nachfolger Andreas von Jerin der Hauptberather in den Angelegenheiten der Landeshauptmannschaft wie auch bei den 1589 zu Beuthen gepflogenen diplomatischen Verhandlungen über die Freilassung des 1588 nach der Schlacht von Pitschen in polnische Gefangenschaft gerathenen Erzherzogs Maximilian. Als dann 1592 die Vermählung der Erzherzogin Anna mit dem Polenkönig Sigismund neue Bande zwischen den beiden Fürstenhäusern knüpfte, erscheint wiederum W. als die rechte Hand des zum Geleit der Braut an den polnischen Hof ausersehenen Bischofs. Der Letztere hatte ihn bereits 1591 zum Kanzler der Oberlandeshauptmannschaft ernannt, wodurch dann auch eine Verlegung seines Wohnsitzes nach der bischöflichen Residenz Neiße nothwendig ward.

Wenn nun gleich der damalige Bischof Andreas von Jerin im Grunde mild gesinnt war, so ward es ihm doch von vielen Seiten verübelt, daß er zu seinem vertrautesten Berather einen Calvinisten gewählt habe, eine Wahrnehmung, [449] der sich auch W. nicht verschloß. Und da dieser sich abgestoßen fühlte von den damals im Schoße des Protestantismus mehr und mehr um sich greifenden theologischen Streitigkeiten, bei denen er, wie er einmal selbst schreibt, „in großen und dicken Büchern Nichts fand als Thorheiten und Schimpfworte“, so entschloß er sich 1592, zum Katholicismus überzutreten, wenn er gleich bei seiner ausgesprochen humanistisch-freien Gesinnung den Schritt mehr conventionell auffaßte. Die Beziehungen zu seinen alten Breslauer Freunden wurden durch den Wechsel des Bekenntnisses thatsächlich nicht gelöst, und ihm hätte es sehr fern gelegen, nach der Art andrer Convertiten einen unduldsamen Eifer für den neuen Glauben an den Tag zu legen. Wohl aber führte er, da bereits 1592 seine Gemahlin gestorben war, als zweite Frau Catharina Troilo, die Schwester des eifrigen Domherrn Franz Troilo, heim.

Hofgunst belohnte Wacker’s bewiesene Gefügigkeit; 1594 ward er mit dem Zusatze von Wackenfels geadelt (so Lindner an dem anzuführenden Ort S. 351 –– etwas abweichend lauten die aus dem k. k. Adelsarchive entnommenen Angaben bei Blazek [neue Bearbeitung von Siebmacher’s Wappenbuch], der abgestorbene Adel der preußischen Provinz Schlesien III 64). 1597 ward W. in den Reichshofrath nach Prag berufen, 1598 nach Rom gesandt, um bei der streitigen Bischofswahl in Breslau für den kaiserlichen Candidaten Paul Albert zu wirken, was er auch mit Erfolg that. Der Papst verlieh ihm eine goldene Gnadenkette und den Orden des heiligen Petrus.

In den Streitigkeiten zwischen Rudolf und Matthias hat W. treu an dem Ersteren gehalten, und schließlich der Geldnoth an dessen Hofe durch Vorschüsse nachhelfen müssen. Matthias hat ihn 1616 zum comes palatinus ernannt. Als 1618 der böhmische Aufstand ausbrach, flüchtete W. nach Schlesien auf das Gut seiner Frau Lassoth (Kreis Neiße), begab sich aber im November dieses Jahres, seiner Amtspflicht als kaiserlicher Rath folgend, nach Wien, wo er dann am 7. September 1619 gestorben ist.

W. hat auch eine nicht geringe Anzahl lateinischer Verse hinterlassen von denen mehrere größeren Gedankenreichthum zeigen, als der Durchschnitt der in jener Zeit so massenhaft entstandenen und in der Regel nur nach einer gewissen Formgewandtheit strebenden derartigen Poemata. Eine scherzhafte Ode auf das weiland berühmte schlesische Bier „Scheps“ genannt, ist mehrfach gedruckt worden. Mit namhaften Dichtern wie Paul Melissus und Nicod. Frischlin hat er in freundschaftlichem Verkehr gestanden und überhaupt einen ausgebreiteten Briefwechsel mit zahlreichen Gelehrten geführt. Eine Tochter Wacker’s, Maria Helena, wird von verschiedenen Schriftstellern als ein Wunderkind gefeiert, doch ist sie, erst 10 Jahr, 1607 an den Blattern gestorben.

Eine Anzahl von Briefen Wacker’s druckte G. Biermann im Teschner Gymnasialprogramm v. 1860 ab. Eine Biogr. W.’s schrieb Theodor Lindner in der Zeitschr. des Vereins für Gesch. u. Alterth. Schles. Bd. VIII 318.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Jahr verschrieben: richtig wäre 1585