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ADB:Wagner, Heinrich Leopold

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Artikel „Wagner, Heinrich Leopold“ von Erich Schmidt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 502–506, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wagner,_Heinrich_Leopold&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 03:26 Uhr UTC)
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Wagner: Heinrich Leopold W., Dramatiker der Sturm- und Drangzeit, wurde am 19. Februar 1747 in Straßburg als ältester Sohn eines schlichten Kaufmanns geboren und in seiner Vaterstadt erzogen, wo er auch die juristischen Studien durchmachte; ohne inneren Beruf, da er schon von den Knabenjahren und ihrem sogar der hohen Tragödie Frankreichs zugewandten Liebhabertheater her lebhafte litterarische Neigungen hatte, die er im Kreise Salzmann’s pflegte, noch ohne nähere Beziehungen zu Goethe. Ueble Vermögensverhältnisse nöthigten ihn 1772 zu Bewerbungen um eine Informatorstelle, im nächsten Februar wurde er Hauslehrer bei Günderrodes in Saarbrücken, mußte aber im Mai 1774 seine geschäftige Theilnahme an den Wirren der Familie, vielleicht auch durch dreiste Aeußerungen über Stadt und Hof compromittirt, mit einer vom Fürsten verfügten Ausweisung büßen, versuchte sich dann als Pädagog und Litterat in Gießen und seit dem Herbst 1774 in Frankfurt, wo er mit Goethe verkehrte, die Gunst der Frau Rath gewann und nach und nach Klinger, Merck, Boie, Klopstock, den Maler Müller, Kayser, Miller, Claudius kennen lernte, auch mit Schubart Briefe wechselte. Er betheiligte sich an Deinet’s Frankfurter gelehrten Anzeigen, die längst nicht mehr auf der Höhe des genialen ersten Jahrgangs standen. Dramatiker und Dramaturg, vertrauter Freund Großmann’s, lieferte er der Seyler’schen Truppe mancherlei oberflächliche Gelegenheitsdichtungen und widmete ihrem zweimonatlichen Gastspiel 1777 eine die ästhetischen Grundsätze des Sturms und Drangs ohne Wucht und eigene Gedanken vertretende [503] Folge von „Briefen“, wie er früher auf Goethe’s Wunsch Mercier’s radicales, regelloses Buch Du théâtre ou nouvel essai sur l'art dramatique übersetzt hatte. Dieser „Neue Versuch“ erschien 1776 „mit einem Anhang aus Goethes Brieftasche“, der die Abhandlung über Falconet, die Wallfahrt nach Erwin’s Grabe und fünf Künstlerlieder enthielt. Des Erwerbs halber hat W. unter anderm auch Montesquieu’s „Tempel von Knidos“ und Lamberg’s „Tagebuch eines Weltmannes“ verdeutscht. 1775 scheint seine Lage besonders kümmerlich gewesen zu sein: verschuldet zog er sich nach Höchst zurück und besuchte nur insgeheim das Klinger’sche Haus; ein haltloses Gerücht zeigt ihn sogar früher als Grenadier in Magdeburg. Um sich in den Hafen eines sicheren Berufs zu retten, verbrachte er den Sommer 1776 in Straßburg, wo er der deutschen Gesellschaft des jüngeren Salzmann als eifriger Gast angehörte, und erwarb am 28. August mit einer Dissertation De aurea bulla den Doctorgrad. Einen Monat später wurde er Advocat und Bürger in Frankfurt und heirathete im October eine ältliche Wittwe, die schon im Mai 1778 starb. Von ihm selbst schreibt Frau Rath, der gute Wagner sei so ausgezehrt, daß man nur Haut und Knochen sehe. Am 4. März 1779 ist er der Krankheit, es war wohl die Schwindsucht, erlegen. Lang und hager nennt ihn Goethe. Das einzige Bild, eine Silhouette, hat Könnecke in seinem trefflichen Bilderatlas (danach Heinemann) veröffentlicht.

Wagner’s Bedeutung liegt auf dem dramatischen Gebiet. Ganz ungenießbar ist sein breitspuriger, episodenreicher, zum Theil sehr roher Romantorso „Leben und Tod Sebastian Sillig’s“ von 1776, eine böse Nachahmung Smollet’s und Sterne’s, die Geschichte eines Nasciturus. Seine zerstreuten Lyrika sind schwache Nachzügler der Anakreontik, wie er sich denn in Saarbrücken als geschworenen Verehrer Wieland’s vorstellt, untermischt mit derberer sinnlicher Contrebande, die ihm schon bei der Straßburger Censur Verweigerung des Imprimatur eintrug, und mit leeren elegischen Stücklein. Boie und Wieland wiesen ihn ab. Er leire erbärmlich, sagte die Tageskritik. Burleske Romanzen, aufklärerische Schnurren, lüsterne Contes et nouvelles en vers gab er 1774 als „Confiskable Erzählungen“ in Gießen mit einer ironischen Widmung an die verrufene Wiener Censur heraus. „Zum Aushöhnen ist er geboren“, heißt es von W. in einem mißgünstigen Briefe. Er hatte das Zeug, vordringlichen Gesellen wie dem Theatermacher Möller tüchtig die Finger zu klopfen, und erregte im Februar 1775, als das Wertherfieber umlief und alle Welt über die unerschöpfliche Gabe des Vorjahres preisend oder krittelnd, andächtig oder warnend hin und her sprach und schrieb, als Goethe Nicolai’s Parodie, dies „Berliner Hundezeug“, auf’s Korn nahm, großes Aufsehen durch eine anonyme dramatische Satire „Prometheus, Deukalion und seine Recensenten“, in Frankfurt gedruckt (andere Verlagsorte sind nur mit der Handpresse an die Stelle gesetzt), auch nachgedruckt, der wichtigen Sammlung „Rheinischer Most“ (von W. selbst?) einverleibt. Prometheus ist der Prometheusdichter und Menschenbildner Goethe, der den Knaben Deukalion-Werther aus der Werkstatt entläßt und unter der Bedingung, seinen Urhebernamen zu verschweigen, dem Papagei, will sagen: dem indiscreten Buchhändler Weygand in Leipzig, anvertraut. W. hatte nämlich den lustigen Einfall, die meisten Recensenten in Thiermasken vorzuführen und statt der Personennamen immer die Bildchen über die Verse zu setzen: „Glaubs soll der Kasten Noä seyn, Stehen allerhand Thiere dreyn“, spaßt Bretschneider in seiner Anzeige des „Rheinischen Mosts“. Also Deinet kommt als Gans, Göze als Esel, Nicolai als Orangutang, Wittenberg als kopfloser Reichspostreiter, Eule und Frösche deuten auf Claudius; aber die Götter bleiben Götter: Jacobi’s „Miß Iris“, Wieland’s Mercur, wie ihn Goethes Puppenspiel belacht hatte: „Guck Sie, in vollem Schuß Kommt herbei Mercurius“. Unter den mimischen Spötteleien [504] über die Werther-Kritiken findet sich nun auch eine Anspielung auf die „Mainzer Reis“ der Weimarischen Prinzen und auf den neuen Frieden zwischen Goethe und dem Opfer von „Götter, Helden und Wieland“. Diese Tactlosigkeit vor allem veranlaßte Goethe, am 9. April eine scharfe gedruckte Erklärung zu versenden: „Nicht ich, sondern Heinrich Leopold Wagner hat den Prometheus gemacht und drucken lassen, ohne mein Zuthun, ohne mein Wissen“ und so weiter mit nachdrücklicher, auch in „Dichtung und Wahrheit“ fortklingender Betheuerung, aber dem Hinweis auf die geschickte Nachahmung seiner scherzhaften Manier und die Kenntniß mancher Anekdoten. Diese Erklärung hat begreiflicher Weise damals nicht alle überzeugt; auch Wieland nicht. Daß jedoch heute, mit Hülfe des von mir im entgegengesetzten Sinn aufgebrachten Materials, Goethes Verfasserschaft noch behauptet werden kann, ist allerdings unbegreiflich. W. heißt bei Klinger’s „der Prommedeiß“; er nennt sich selbst (wie er sich zu einer Parodie von Goethes „Unverschämtem Gast“ bekennt) brieflich den „Verfasser des P.“; Miller schreibt am 17. August 1775 an Voß: „In Frankfurt ward W. mein Freund; er ist ohne allen Zweifel Verfasser des P.“; Klinger meldet Boie den 30. Januar 1776 dasselbe, beifügend, er sei dabei gewesen, als der Handel sich aufklärte. Die ergetzliche Farce hat nach Form und Gehalt keinen Goethischen Stempel. Auch würde G. sich weder als Prometheus in Scene gesetzt, noch die „Mainzer Reis“ ironisch gegen Wieland (vgl. auch Joh. Fahlmer’s Friedensbotschaft vom Mai 1774, Goethe-Jahrbuch 2,378) ausgespielt haben. Und Hanswursts Epilog im Elsässer Ditsch deutet schließlich offen auf den Straßburger. Tactlos, aber nicht unwitzig hat W. zuletzt 1778 Voltaire’s letzten Pariser Aufenthalt, die Darstellung der „Irene“, die Zerpflückung seines Ruhms durch den Genius des neunzehnten Jahrhunderts und seinen Tod in langen Monologen und in komischen Scenen zwischen dem allen jungen deutschen Genies verhaßten Greis und seiner – Amme durchgehechelt: „Voltaire am Abend seiner Apotheose“.

Als Dramatiker verfolgte W. die bürgerliche Richtung, anfangs von Frankreich ausgehend, indem er 1775 Mercier’s gemüthliches Rührstück La brouette du vinaigrier mit der lang beliebten Hauptrolle des alten Dominik verdeutschte und eine Anekdote aus Montesquieu’s Leben in der „simplen Familienscene“ „Der wohlthätige Unbekannte“ bearbeitete, diesen bescheidenen Erstling auch selbst ins Französische übertrug. Aber dieselbe Ostermesse brachte sein sechsactiges bürgerliches Trauerspiel „Die Reue nach der That“, einen unreifen, doch in volksthümlicher Genrehaftigkeit vielversprechenden Versuch auf der Bahn, die zu „Kabale und Liebe“ emporführt. Ein Wiener Ereigniß liegt zu Grunde. Theatergerecht, ohne Lenzens und Klinger’s kraftgeniale Willkür aufgebaut, schleppt dies Stück noch viele direct belehrende Tendenzen mit fort, ergeht sich in pädagogischen, rührsamen, auch judenfreundlichen Episoden, mengt sentimentale Reden, mundartliche Elemente und wahnwitzige Ausbrüche unter einander, zeigt seine Halbheit durch Schmeicheleien an den österreichischen Hof und durch das zaghafte Ungeschick, das keinen machtvollen Familienstolz, sondern den dummen Starrsinn einer dem höheren Bürgerthum angehörigen Mutter gegen die Verbindung ihres Sohnes mit der Tochter eines Kutschers aufruft, um eine so gebrechliche Handlung zu carikirten Rasereien und tödtlichen Katastrophen hinaufzuschrauben. Immerhin trennt sich W. entschlossen von der rührseligen Abschwächungsmanier damaliger Theaterdichter, und wenn seine Justizräthin erst eine Gans, dann eine abgeschmackte Furie ist, wenn sein Assessor aus Mattherzigkeit in Tobsucht umschlägt und in den Liebesscenen nur einzelne Züge erfreuen – der Kutscher Walz, den Schröder meisterlich spielte, kreuzbrav, liebreich, humorvoll, mit elsässischer, nicht wienerischer Landskraft der Sprache ausgestattet, behauptet einen guten [505] Platz unter den bürgerlichen Vätern des deutschen Dramas und zeigt, in welchem Kreise Wagner’s Begabung auf frisches Gelingen rechnen durfte. Er schritt denn auch fort, wieder ohne Lenzische Sprünge seine ungewöhnlichen sechs Acte hindurch eine klare Bühnentechnik bedenkend, aber neben sentimentalen und lehrhaften Gaben dem Publicum als beherzter Neuerer volle Ladungen des Naturalismus zumuthend, und brachte im September 1776 anonym „Die Kindermörderinn, ein Trauerspiel“ zu Markte, das er im Frühjahr beendet und am 18. Juli, vielleicht ohne den ersten Act, mit Erfolg den Straßburger Genossen vorgelesen hatte. Der Kindesmord hat vielen Dramen, Gedichten, Romanen, Aufsätzen der Geniezeit als dankbares Thema gedient. W. kannte Goethe’s Gretchentragödie und benutzte Motive des ungedruckten Urfaust in einem ganz andern Stil, ohne den noch in „Dichtung und Wahrheit“ erhobenen Vorwurf des Wegschnappens oder Gedankenraubs zu verdienen. „Der Schauplatz ist in Straßburg; die Handlung währt neun Monat“, heißt es cynisch genug auf dem Titelblatt. Das Stück gründet sich nicht bloß auf litterarische Anregung und freie Erfindung in einem beliebten, fruchtbaren Motivgebiete, sondern benutzt auch gewisse Straßburger Zustände und Vorfälle, von denen Einiges durch Froitzheim’s Spüreifer aufgeklärt worden ist. Der Nachweis freilich, woher W., Lenz (im „Hofmeister“) und Goethe ihre Frau Martha haben, ist noch nicht gelungen, aber, von manchen Localitäten und treu bezeichneten Personen abgesehen, beruht die Geschichte des Muttermörders im Schlußact auf einem Ereigniß aus dem Januar 1773, und im Januar 1776 ist nach langen Vorverhandlungen die Tochter des angesehenen Metzgers Leypold wegen „Suppression“ zum Tode verurtheilt, doch zu Gefängniß begnadigt worden. Man darf das so wenig übersehen wie die Bedeutung dieses Anlasses für unser Drama überschätzen, das, im Hause eines Straßburger Metzgers Humbrecht (der Name wohl nach dem eines Fleischers Humbert) angesiedelt, mit den Thatsachen viel weniger gemein hat, als Lenzens Straßburger Tendenzkomödie „Die Soldaten“ mit den Kleist-Fibichschen Händeln. Der Realist W. packt rücksichtslos ein crasses Thema aus dem niedern Bürgerthum an, wagt sich anfangs in eine schmutzige Sphäre, spricht allen Geschmäcklern zum Trotz das Brutale brutal aus, läßt mit sicherer Herrschaft den Leuten aus dem Volk ihre ungeschminkte Weise der Rede und Gebärde, dem Dienstmädchen, der Wäscherin, den Fausthämmern die volle elsässische Mundart und greift dergestalt manchen Bestrebungen neuester junger Dichter vor. Daß er die einleitenden Scenen im bordellmäßigen Wirthshaus sehr lebendig entfaltet habe, muß auch der entrüstete Gegner eines solchen Naturalismus zugestehn. Das Criminalistische des ältern bürgerlichen Trauerspiels hat W. nicht überwunden, bei dem an der Spitze statt eines verhängnißvollen Liebesrausches die Betäubung der Mutter und die Schändung der Tochter, am Ende der Kindesmord auf offener Scene und die Polizei erscheint. Auch die herkömmliche Intrigue eines teuflischen falschen Freundes wirkt bei ihm trotz Goethes Carlos fort: ohne die geheimen Ränke Hasenpoth’s könnte Alles noch gut werden, denn der Lieutenant v. Gröningseck soll, obwol er halbtrunken jenes Verbrechen begangen hat, nur ein reuiger Schwächling sein. Das lehrhafte Element vertritt hier ein junger protestantischer Theolog, der mit Humbrechts verwandte Magister. Den großen Schritt aus der tendenziösen Verführungsschilderei in die neue Leidenschaft von „Kabale und Liebe“ sehen wir hier noch nicht gethan, aber das arme schwärmerische Evchen erinnert mehr an Luise Millerin als ihr Partner an Ferdinand. W. erläßt uns nun keine Qual des Opfers: wie sie unter beziehungsvollen Worten des nichts ahnenden Vaters zusammenfährt, der Geburt entgegenbangt, durch Hasenpoth’s Lügen jeder Hoffnung beraubt wird, in der Kirche beim üblichen Verlesen des Kindesmordsedictes ohnmächtig hinsinkt, dann zu einer Waschfrau [506] flüchtet, nach der Niederkunft den Tod ihrer Mutter erfährt und wahnsinnig dem Kind eine Nadel in die Schläfe bohrt. Hat W. in diesen Scenen weder matten Wortreichthum noch wüste Verzerrung gemieden, so ist ihm in der Gestalt des Metzgers Humbrecht eine ungemein kräftige, hie und da vielleicht allzu derbe, aus Härte und Liebe gemischte, mit stolzem Selbstgefühl und urwüchsigem Volkshumor ausgestattete und phrasenlos an echt bürgerliches Pathos heranreichende Schöpfung geglückt. Dieser Straßburger Metzger ist kein unwürdiger Vorfahr des größten aller bürgerlichen Väter, Schiller’s Musikus Miller. „Die Kindermörderin“ wurde von Karl G. Lessing, der sie wie andere Leser für ein Werk Lenzens nahm, unter allerlei meist schalen Milderungen und unnützer neuer Exposition für Döbbelin umgearbeitet und 1777 gedruckt, aber auch so nicht „vor ehrlichen Leuten vorstellbar“. Schlosser trat lebhaft für W. ein. Dieser wies den unberufenen Berliner leider nicht bloß in einer heftigen Recension zurück, sondern ließ sich durch den Aerger und durch den Wunsch, sein Trauerspiel bühnenfähig zu machen, zu einer eigenen Verballhornung ohne den Bordellact und mit „glücklichem“, dramaturgisch betrachtet sehr unglücklichem Ausgang verleiten: „Evchen Humbrecht, oder ihr Mütter merkts Euch! ein Schauspiel in fünf Aufzügen“. Diese heillose Tragikomödie gab W. 1779 in den Dalberg gewidmeten „Theaterstücken“ heraus, zusammen mit seiner für Seyler frei und roh, nach Warburton’s Text und unter Benutzung Wieland’s und Eschenburg’s angefertigten Uebersetzung des „Macbeth“, dessen Leidensweg durch Deutschland Köster (Schiller als Dramaturg 1891; über W. vgl. S. 298 und 302) dargestellt hat.

Heinrich Leopold W. ist mehrfach mit dem Marburger, später Mainzer Dichterling und Sammler, dem gleichalterigen Advocaten Henrich (Leopold?) Wagner (1747–1814) verwechselt worden, wogegen er selbst öffentlich grob protestirte. Goedeke² 4, 308; meine Monographie S. 28 f.

Erich Schmidt, H. L. Wagner, Goethe’s Jugendgenosse, 2. Aufl. Jena 1879. – Froitzheim, Goethe und H. L. Wagner, Straßburg 1889. – Sauer, Stürmer und Dränger, Bd. II. Alle Litteratur ist in Goedeke’s Grundriß² 4, 304–308 verzeichnet, auch die Neudrucke des „Prometheus“, des „Voltaire“, der „Kindermörderin“ und kleinerer Poesien.