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ADB:Walther, Friedrich Ludwig

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Artikel „Walther, Friedrich Ludwig“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 103–106, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Walther,_Friedrich_Ludwig&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 08:29 Uhr UTC)
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Band 41 (1896), S. 103–106 (Quelle).
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Walther: Friedrich Ludwig W., Dr. ph., Cameralist, geboren am 3. Juni (nach Strieder) oder am 3. Juli (nach Scriba u. A.) 1759 in Schwaningen (bei Ansbach), wo sein Vater Johann Erdmann W. Schloßprediger war, † am 30. März 1824 in Gießen. Da er beide Eltern schon im zarten Kindesalter verlor, wurde er von Verwandten erzogen. Zunächst nahm ihn seine Großmutter von mütterlicher Seite, die Wittwe des Dechanten Jakob Friedrich Georgi, in Uffenheim auf; nach deren Tod (1773) kam er zu seinem Onkel, dem Freiherrl. von Truchseß’schen Schloßprediger Buchenröder in Bonndorf. Nachdem er ein halbes Jahr hier zugebracht hatte, bezog er als Alumnus das Gymnasium in Ansbach. Nach mehrjährigem Besuch desselben studirte er von 1777 ab an der Universität Erlangen sieben Semester Theologie unter den Professoren Seiler, Rosenmüller und Rau, hörte aber nebenbei, weil er ein Naturfreund war, auch physikalische und naturgeschichtliche Collegien bei Delius und Schreber. Als er sein akademisches Studien abgeschlossen hatte, nahm er eine Stelle als Hofmeister bei dem Geheimerath und Oberst v. Pöllnitz zu Haimersgrün bei Hof (im Voigtlande) an. Die ihm hier verbliebene Muße, sowie das Bedürfniß seiner Zöglinge veranlaßten ihn, sich in dieser Stellung seiner Neigung zu Studien in Geographie, Technologie, Landbau- und Forstwissenschaft hinzugeben. 1785 zog er mit seinen Zöglingen nach Creglingen an der Tauber, wo der Entschluß in ihm reifte, die Theologie ganz aufzugeben und sich ausschließlich dem Studium der angewandten Naturwissenschaften, insbesondere der Forstbotanik, zu widmen. Auf Veranlassung seines Freundes Roos habilitirte er sich, nachdem seine Zöglinge so weit herangewachsen waren, daß sie seiner Leitung nicht mehr bedurften, im October 1788 als Privatdocent für Landwirthschaft, Forstwissenschaft, ökonomische Naturgeschichte und Technologie an der Ludewigs Universität zu Gießen. Da seine Vorlesungen über diese Fächer Beifall fanden, rückte er am 16. September [104] 1789 zum außerordentlichen Professor in der philosophischen Facultät auf und schon am 1. November 1790 erfolgte seine Beförderung zum ordentlichen Professor der ökonomischen Wissenschaften. Vom Jahre 1800 ab wurde ihm die Mitaufsicht über den neu angelegten forstbotanischen Garten und die Rechnungsführung über denselben übertragen. Er mußte sich aber lange Zeit mit einem sehr bescheidenen Gehalte begnügen, weil das Ordinariat für Nationalökonomie durch den Geheimerath Professor Dr. Crome besetzt war, dem auch der obige Garten mit unterstand. Erst von 1809 ab wurde ihm letzterer zur alleinigen Bewirthschaftung überwiesen. In beiden Stellungen wirkte er unermüdlich bis zu seinem Tode; nur in seinen beiden letzten Lebensjahren war seine geistige Thätigkeit infolge eines 1822 eingetretenen Schlaganfalls gelähmt. Ganz seinem Berufe hingegeben, starb er unverheirathet. Auf Veranlassung des Professors Snell ist ihm im botanischen Garten zu Gießen von seinen Freunden ein Denkmal in Gestalt einer Urne auf einem Metallsockel errichtet worden. Dieser trägt die auf drei Seiten vertheilte Inschrift „Friederico Ludovico Walther Nat. MDCCLIX Denat. MDCCCXXIV“ – „non sibi sed litteris | ac patriae viventi | sui memores alios | facienti merendo | nihil humani a se | alienum putanti – posuerunt moerentes amici.“

W. nimmt unter den sogen. Forstcameralisten, denen das Verdienst zuerkannt werden muß, die forstwirthschaftliche Empirie des vorigen Jahrhunderts zuerst in ein System gebracht und hierdurch die Forstwissenschaft formell begründet zu haben, eine hervorragende Stellung ein. Von Haus aus ein scharfer Kopf, betriebsam, voll Interesse für die verschiedenartigsten Wissenszweige, richtete er – obschon ursprünglich Theologe – seine Aufmerksamkeit von jeher auf die Natur. Es war ihm ein Bedürfniß, diese zu beobachten, Naturobjecte zu sammeln und das Gesammelte systematisch zu ordnen, Modelle anzufertigen, Versuche mit neuen Erfindungen behufs deren Prüfung anzustellen, fremde Holzarten in ihrem Verhalten zu beobachten und dergl. mehr. Er wirkte nach diesen Richtungen hin, insbesondere im Gebiete der beschreibenden Botanik, in Gießen mit unermüdlichem Fleiße, großem Pflichteifer und entschiedenem Erfolge, gleichsam als Vorläufer der forstwissenschaftlichen Schule, die nach seinem Tode durch den genialen Hundeshagen (s. A. D. B. XIII, 401) im J. 1825 begründet wurde. Denn ihm selbst fehlte, bei aller Vielseitigkeit, doch die Kenntniß der forstlichen Technik. Wie das nachstehende (nicht einmal ganz vollständige) Verzeichniß beweist, entwickelte er als Schriftsteller eine staunenswerthe Fruchtbarkeit. Allerdings gehen seine Schriften, die sich auf Geographie, Naturkunde (namentlich Botanik), Forstwirthschaft, Landwirthschaft und Viehzucht erstrecken, nicht in die Tiefe. Durchzogen von mehr humanistischem als naturwissenschaftlichem Geiste, bewegen sie sich mehr in einem encyclopädischen Rahmen, der Erbsünde aller Cameralisten. Sie zeugen zwar von einer großen Belesenheit des Autors und von fleißiger Benutzung der Litteratur, allein sie haben doch zu sehr den Charakter von Reproductionen bezw. Sammelwerken. Originalität kann ihnen nicht nachgerühmt werden. Heutzutage besitzen sie nur noch historischen Werth. Als Mensch war W. ausgezeichnet durch humanes Wesen, große Bescheidenheit, Pflege treuer Freundschaft und Sinn für Wohlthätigkeit.

H. E. Scriba zählt in seinem Biographisch-litterarischen Lexikon (s. unter den Quellen) 37 von W. verfaßte Werke und Schriften auf, von denen wir nachstehende verzeichnen: „Teutsche Blumenlese für Schulen“ (1784); „Neueste Erdkunde, welche Asien, Afrika, Europa, Amerika, die Südländer oder den fünften Erdtheil und die Polarländer enthält etc.“ (1785); „Anweisung für Schulen zur Dichtkunst“ (1785); „Natürliche und wissenschaftliche Erdkunde“ (1785); „Ueber den Ackerbau als Gegenstand der Politik“ (1786); „Kurzgefaßte ökonomische [105] Naturgeschichte Teutschlands, für Freunde der Natur, Aerzte, Kameralisten, Land- und Forstwirthe, Künstler, Kaufleute, Fabrikanten, Handwerker und diejenigen, die es werden wollen“ (1787); „Handbuch der Forstwissenschaft für Forstbediente, Landwirthe, Polizeibeamte, Kameralisten, Richter, Gerichtsverwalter und diejenigen, die es werden wollen“ (1787); „Lehrbuch der Naturkunde, 1. Theil, ökonomische Naturgeschichte Teutschlands für Schulen, das Thierreich“ (1788); „Vom Wiesen- und Futterkräuterbau für Landwirthe, Gutsbesitzer etc.“ (1789); „Grundriß der Forstwissenschaft für Vorlesungen“ (1789); „Vom Anbau der vorzüglichsten in- und ausländischen Holzarten oder von der Holz-Cultur“ (1789); „Grundsätze der Forstwissenschaft“ (1790); „Die vorzüglichsten in- und ausländischen Holzarten, nach ihrem verschiedenen Gebrauche in der Landwirthschaft, Hauswirthschaft, bey Gewerben und in Officinen mit ihren deutschen, lateinischen, englischen und französischen Namen und einer vollständigen Nutzungstabelle und Register“ (1790; 2. Aufl. 1813); „Lehrbegriff der teutschen Landwirthschafts-Wissenschaft nach den Bedürfnissen unseres Zeitalters“ (1790); „Theoretisch-praktisches Handbuch der Naturgeschichte der Holzarten für den Forst- und Landwirth etc.“ (1793); „Versuch eines Systems der Kameral-Wissenschaften“, 5 Theile (1793–1799); der 2. Theil (1795), welcher die Forstwissenschaft behandelt, erlebte (zugleich mit dem 1.) eine 2. Aufl. (1803); „Versuch eines Grundrißes der allgemeinen Oekonomie für Vorlesungen“ (1795); „Beschreibung und Abbildung der in der Forstwissenschaft vorkommenden nützlichsten Geräthe und Werkzeuge“, ein Anhang zu seinem Lehrbuch der Forstwissenschaft; 2 Hefte (1796 und 1803); „Lehrbuch der Technologie“ (1796); „Lehrbuch der Staatswirthschaft“ (1798); „Lehrbuch der Forstphysiographie oder Naturbeschreibung derjenigen Thiere, Gewächse, Mineralien, welche Objecte der Jagd- und Forstwissenschaft sind“; 3 Bände, 1. Abtheilung Forstzoographie (1800; 2. Aufl. 1816, 1818 und 1820), 2. Abtheilung Dendrographie, hrsg. in 2 Bänden (1803; 2. Aufl. 1813 und 1814); „Flora von Gießen und der umliegenden Gegend, ein Handbuch für Anfänger und junge Freunde der Gewächskunde, nebst einem illuminirten Plan des neuen forstbotanischen Universitäts-Gartens in Gießen“ (1802); „Handbuch der Forsttechnologie“ (1802; 2. Aufl. 1818); „Einige Bemerkungen über die wissenschaftliche Eintheilung der Holzarten, nebst XI Tabellen“ (1805); „Colona, ein ländliches Gedicht in 12 Gesängen“, 2 Theile (1806); „System der neueren Landwirthschaft“ (1814); „Grundlinien der teutschen Forstgeschichte und der Geschichte der Jagd, des Vogelfangs, der wilden Fischerei und der Waldbienenzucht“ (1816); „Das Rindvieh, seine verschiedenen Rassen, Zuchten und Spielarten, Geschichte seiner Verbreitung, Erziehung, Benutzung, Krankheiten, Fehler und Feinde“ (1817); „Der Hund, seine verschiedenen Zuchten und Varietäten, Geschichte seiner Verbreitung und Schicksale etc.“ (1817); „Das Pferd, seine verschiedenen Zuchten und Spielarten, seine Erziehung etc.“ (1819); „Manuale georgicum latino-germanicum et germanico-latinum – lateinisch-teutsches und teutsch-lateinisches landwirthschaftliches Handwörterbuch zum Gebrauch der studierenden Jugend“ (1822); „Geognostische Fragmente“ (1822).

Fr. Wilh. Strieder’s Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte, 16. Band, 1812, herausgegeben von Dr. Ludwig Wachler, S. 473 und 17. Band, herausgegeben von Dr. Karl Wilhelm Justi, S. 897. – Neuer Nekrolog der Deutschen von Fr. A. Schmidt, 2. Jahrg., 1824, 2. Heft, S. 1098. – Regensburger botanische Zeitung, 1825, Nr. 11. – Allgemeine Forst- und Jagd-Zeitung, 1826, S. 230. – H. E. Scriba, Biographisch-literärisches Lexikon der Schriftsteller des Großherzogthums Hessen im neunzehnten Jahrhundert. Zweite Abtheilung, 1843, S. 761. – Fraas, Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft, S. 490, 544, 545 und 576. [106]Fr. von Löffelholz-Colberg, Forstliche Chrestomathie, I, S. 36, Nr. 114; V, 1, S. 6 und 7, Nr. 33b. – Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc., II, S. 81, 156, Anmerkung 16, S. 159, 160, 369, 370, 371, 390 und 397; III, S. 245, 248 und 334. – Roth, Geschichte des Forst- und Jagdwesens in Deutschland, S. 608. – Heß, Der forstwissenschaftliche Unterricht an der Universität Gießen etc., 1881, S. 1 bis 6 und besonders S. 77. – Heß, Lebensbilder hervorragender Forstmänner etc., 1885, S. 392. – Schwappach, Handbuch der Forst- und Jagdgeschichte Deutschlands, 2. Band, 1888, S. 829.