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BLKÖ:Czoernig Freiherr von Czernhausen, Karl

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 3 (1858), ab Seite: 117. (Quelle)
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Czoernig Freiherr von Czernhausen, Karl (Statistiker und Sectionschef im k. k. Ministerium des Handels, geb. zu Czernhausen in Böhmen 5. Mai 1804). Sohn eines Beamten des Grafen Clam-Gallas, an den Gymnasien zu Jičin und Prag, an den Universitäten zu Prag und Wien gebildet, trat im J. 1828 in den Staatsdienst ein. Die Eindrücke der aufblühenden Industrie der Heimatstadt seiner Familie, Reichenbergs, gaben seinem Geiste frühzeitig die Richtung auf staatswirthschaftliche Studien, welche Schnabels und Kudlers anregende Leitung bald so entschieden der damals noch selten betriebenen Statistik zulenkten, daß der Letztere schon damals C. als „den künftigen Dupin Oesterreichs“ bezeichnete. Der 2jährige Aufenthalt in Triest (1829–30), bot ihm die Gelegenheit, auch mit dem großartigen Verkehre dieses Welt-Emporiums und des nachbarlichen [118] Venedig, so wie mit den Handelsbeziehungen Oesterreichs zum Oriente vollkommen vertraut zu werden. Das J. 1831 versetzte ihn nach Mailand, wo er 1834 in die Stellung eines Präsidialsecretärs bei dem Gouverneur, Grafen Hartig, eintrat. Mitten im Drange einer weitverbreiteten Geschäftsthätigkeit fand C. doch noch Muße für literarische Arbeiten. Sowie er gleich nach Beendigung seiner Universitätsstudien die Topographisch-historisch-statistische Beschreibung von Reichenberg. Nebst einem Anhange: Die Beschreibung von Gablonz enthaltend“ (Wien 1829, Friedr. Volke, 8°.) – und während des Triester Aufenthaltes das Werk „Ueber den Freihafen von Venedig, mit Rücksicht auf den österreichischen Seehandel im Allgemeinen“ (Wien 1831, Gerold, 8°.) herausgegeben hatte, veröffentlichte Czoernig – den Friedr. v. Raumer in seinen „Briefen aus Italien“ für jenen Mann erklärte, welcher die Zustände der Lombardie am genauesten kenne, – im Jahre 1838 die „Italienischen Skizzen“, 2 Bde. (Mailand 1838, Pirotta, u. C., kl. 8°.), bearbeitete „Die lombardische Gemeinde-Verfassung nach ihrer Entstehung und Ausbildung, ihrem Verfall und ihrer Wiederherstellung“ (Heidelberg 1843, J. C. Mohr, 8°.) und sammelte die umfassendsten und werthvollsten Behelfe zu einer Statistik des lombardisch-venetianischen Königreichs, welche aber in ihrer Vollständigkeit nicht zum Drucke gelangte, so daß nur die Jahrgänge 1835–1841 der Zeitschrift „Echo“ und der Jahrgang 1842 der „Wiener Zeitung“ eine Reihe belangreicher Artikel über die Zustände und Entwicklungen jenes Königreichs brachten. Im Jahre 1841 ward C. zum Director der administrativen Statistik in Wien ernannt. Aus den blos administrat. Zwecken dienenden Ziffernreihen wurde ein großartiges, wissenschaftlich belebtes Werk – nach Schuberts[WS 1] Ausspruche – das Trefflichste, was für die Statistik eines großen, in der complicirtesten Gestaltung sich entwickelnden Reiches geleistet wurde. Wir verweisen hinsichtlich des Details dieser Arbeit auf Fickers „Geschichte des k. k. statistischen Bureau’s“ (Wien 1855), und bemerken nur noch, daß die „Tafeln zur Statistik der österreichischen Monarchie“ seit dem Jahrgange 1841 in Druck gelegt und seit dem unmittelbar folgenden allmälig der ausgedehntesten Veröffentlichung zugeführt wurden, daß jeder der letzterschienenen Jahrgänge bis auf den Umfang von 15–20 gewöhnlichen Octavbänden angewachsen ist, und der begleitende Text, durch welchen die administrative Statistik Oesterreichs zuerst begründet wurde, für 1841–1843 von C. ausschließend verfaßt, seither stets unter seiner Leitung zusammengestellt wurde. C., dessen literarische Wirksamkeit von der Hochschule zu Prag bei Gelegenheit ihres 500jährigen Jubiläums durch das Ehrendiplom eines Doctors der Rechte anerkannt wurde, rückte im Jahre 1843 zum Hofcommissionsrathe, im Jahre 1846 zum Hofrathe vor. In diese Epoche der beginnenden volkswirthschaftlichen Regsamkeit des Kaiserstaates fällt auch Czoernigs Theilnahme an der Leitung des n. östr. Gewerbvereins, der Capitalien- und Rentenversicherungs-Anstalt, der Wien-Gloggnitzer Eisenbahn, besonders aber an der Administration der Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft, an deren großartigem Aufschwunge C. wesentlichen Antheil hat. Der Friedländer Wahlbezirk berief im Sommer 1848 C. ohne seine Bewerbung in die Frankfurter Nationalversammlung, als deren Mitglied er besonders gegen die Losreißung der deutschen von den nichtdeutschen Provinzen Oestreichs ankämpfte und im Auftrage seiner Gesinnungsgenossen eine Denkschrift gegen jenen Versuch abfaßte, nach dessen Erhebung zum Beschlusse C. aus der Versammlung schied. Bei der Organisirung des Ministeriums [119] für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten im November 1848 trat C. in dasselbe ein, behielt aber die Leitung der administrativen Statistik bei, da die Direction derselben dem genannten Ministerium einverleibt wurde. 1850 ward C. zum Sectionschef in jenem Ministerium befördert. Schon im April 1849 gründete C. im Auftrage des Freiherrn v. Bruck die Zeitschrift „Austria“ als handelspolitisches Organ des Ministeriums und behielt ihre Redaction bei, bis er ihr Erscheinen in geregelten Gang gebracht hatte. Die „Tafeln zur Statistik der österreichischen Monarchie“ setzen sich in immer erweitertem Umfange fort. Denen schlossen sich die „Ausweise über den Handel Oesterreichs“ und eine statist. Zeitschrift an, welche im Jahre 1850 unter dem Titel: „Mittheilungen über Handel, Gewerbe und Verkehrsmittel, soie aus dem Gebiete der Statistik überhaupt“, seit 1852 unter dem Titel: „Mittheilungen aus dem Gebiete der Statistik“ erschien und in den bisher veröffentlichten 62 Heften eine große Zahl werthvoller statistischer Monographien gebracht hat, unter welchen C.’s: „Bericht über die Schifffahrts- und Handels-Verhältnisse Triests und Venedigs ... über die Ergebnisse des Strassen- und Wasserbaues für 1850–1853 ... über Bau und Betrieb der Staats-Eisenbahnen für 1853 und 1854“ sich befinden. Nachdem C. die vom damaligen Handelsminister Freiherrn v. Bruck beantragte Organisirung einer Central-Seebehörde in dessen Auftrage im Mai 1850 in das Leben gerufen, betheiligte er sich durch volle zwei Jahre als Ministerialcommissär an der Leitung derselben und verwirklichte so die Grundlage zur einheitlichen Gestaltung der zukunftreichen Handelsmarine Oesterreichs. Se. Majestät würdigten C.’s Verdienste durch die Verleihung des Ordens der eisernen Krone 2. Classe und die Erhebung in den Freiherrnstand. Nach Wien zurückgekehrt, übernahm C. im Handelsministerium die Section der öffentlichen Bauten; bei der neuen im Herbste 1853 erfolgten Eintheilung des Ministeriums ward ihm die Leitung der Section der Eisenbahnbauten und des Eisenbahnbetriebs übertragen. Die Bearbeitung des gegenwärtig bestehenden Eisenbahn-Concessions-Gesetzes sammt der Entwerfung und Motivirung eines Eisenbahnnetzes der Monarchie, von deren a. h. Sanction der Aufschwung des Eisenbahnwesens in Oesterreich datirt, sind auch denkwürdige Ergebnisse der Thätigkeit, welche C. unter der Leitung des Ministeriums durch Freiherrn von Baumgartner entfaltete. Zu seinen vielfachen amtlichen Beschäftigungen wuchs C. eine neue hinzu, als ihm der Auftrag zu Theil wurde, die bereits im J. 1850 a. h. genehmigte Commission zur Erforschung und Erhaltung der alten Baudenkmale Oesterreichs in das Leben zu rufen. Unter C.’s Leitung hat die Commission nunmehr die Fäden ihrer Verbindungen über das ganze Reich ausgebreitet, ihre Wirksamkeit fest begründet, und dadurch dem archäologischen Studium in Oesterreich sowie für die Erforschung der zahlreichen, bis dahin fast gar nicht gekannten Baudenkmale des Reiches und deren Erhaltung einen sicheren Stützpunct verliehen. Noch mehr gesteigert wurde die Anregung und der förderliche Einfluß der Central-Commission auf die neu erwachte Sorgfalt für die Concessionirung der Baudenkmale durch die unter C.’s Leitung vor sich gehenden Publicationen, das „Jahrbuch“ (dessen zweiter Jahrgang eben erschienen ist) und die „Mittheilungen der Central-Commission“ (von welchen der erste Jahrgang zum Theile schon in dritter Auflage veröffentlicht wurde, der zweite sich der gleichen Theilnahme erfreut), da hierdurch die Aufmerksamkeit des In- und Auslandes einem bisher fast ungekannten Theile der Kunstschätze Oesterreichs zugewendet wurde. Neben diesen [120] verschiedenartigen, umfassenden amtlichen Aufgaben, zu denen im J. 1854 noch eine finanzielle Mission nach London, Paris und Amsterdam trat, blieb aber C. stets die Seele der administrativen Statistik. Ja, eben in diese Zeit fällt die Beendigung einer Arbeit, welcher keine ähnliche an die Seite gestellt werden kann, der „Grossen ethnographischen Karte des Kaiserstaates“. die im Jahre 1855 zum Abschlusse kam. Von dem begleitenden Texte, einer Encyklopädie für Geschichte und Statistik aller Volksstämme des vielsprachigen Oesterreich, ist so eben die 1. Abtheilung des ersten Bandes, der 2. und 3. Band erschienen. In dem ersten Bande befindet sich eine Darstellung der Neugestaltung Oesterreichs in den Jahren 1848–57, welche gleichzeitig als selbstständiges Werk bei Cotta in Stuttgart herausgegeben wird und deren Werth als Quelle der künftigen Geschichtschreibung Oestreichs festgestellt werden dürfte, wenn die gegenwärtige Epoche derselben anheimgefallen sein wird. Endlich bilden die erste Lieferung der Donau-Karte, die bisherigen Blätter der neuen Industrie«- und Straßen-Karten der Monarchie nicht minder verdienstvolle Arbeiten der seit 1853 der Direction für administrative Statistik einverleibten Abtheilung für cartographische Arbeiten. Czoernig, dessen vielseitige Leistungen auch außerhalb Oestreich nicht nur literarisch gewürdigt, sondern auch durch Verleihung zahlreicher Orden anerkannt wurden, war als Vertreter der Regierung ein hervorragend wirksames Mitglied der beiden ersten Versammlungen des internationalen Congresses für Statistik (zu Brüssel 1853, zu Paris 1857). Die dritte (Sept. 1857) in Wien tagende Versammlung dieses Congresses erwählte C., welcher schon für die Vorbereitung derselben und die Ausarbeitung ihres Programmes die größte Thätigkeit entfaltet hatte, zu ihrem Präsidenten, als welcher er die zweisprachige Leitung der Verhandlungen mit Gewandtheit führte.[BN 1]

Almanach der kais. Akademie der Wissenschaften für 1854 (Wien, Staatsdruckerei, 8°.) IV. Jahrg. S. 289 [zählt sämmtliche selbständige und in periodischen Werken zerstreuten Schriften C.’s auf]. VII. Jhrg. S. 116. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Aufl.) IV. Bd. S. 534. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für gebildete Stände (Hildburghausen 1845, Bibl. Inst., Lex. 8°.) II. Suppl. Bd. S. 1212. – Neueste Ergänzungen zu sämmtlichen Auflagen von Pierers Universal-Lexikon (Altenburg 1856, 8°.) S. 201. – Porträte: Eine Lithographie (Triest 1853, kl. Fol.) – und eine Photographie, anläßlich der im Jahre 1856 in Wien abgehaltenen Naturforscher-Versammlung. – Adelstands-Diplom vom 19. Juni 1852. – Wappen: Ein von Gold, rother und blauer Farbe, halb in die Länge und quergetheilter Schild. In dem oberen rechten goldenen Felde ist ein schwarzes Kastell mit drei Zinnen, zwei unter denselben quer nebeneinander angebrachten Fenstern und einem verschlossenen gewölbten Thore mit zwei runden Schußöffnungen über demselben zu beiden Seiten zu sehen. In dem oberen linken rothen Felde erscheint ein silberner Löwe mit einer ausgeschlagenen rothen Zunge. Die untere blaue Schildeshälfte zeigt einen pfahlweise gestellten goldenen, mit einem blanken Schwerte und dem Stabe des Merkur in Goldfarbe, in der Form eines Andreaskreuzes unterlegten Anker mit seinem Querholze, auf welchem eine Eule sitzt. Auf dem Hauptrande des Schildes ruht die freiherrliche Krone. Schildhalter. Zwei auf einer unter dem Schilde sich zu beiden Seiten erstreckenden goldenen Arabesken-Verzierung einwärtsgekehrte silberne, sich aufbäumende Einhörner mit ausgeschlagenen rothen Zungen und mit den Vorderbeinen den Schild erfassend. Wahlspruch. Durch die Arabesken-Verzierung schlängelt sich ein zu beiden Seiten auswärts flatterndes schwarzes Band, auf welchem die Devise: Wissenschaft ist Macht (Baco’s Wahlspruch) in goldenen Lapidar-Buchstaben steht.

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Czörnig Freiherr von Czernhausen, Karl [Bd. III, S. 117]. Zuletzt Präsident der statistischen Central-Comission und geheimer Rath, trat im Jahre 1865 in den Ruhestand.
    Neue freie Presse 1865, Nr. 431, unter den „Miscellen“. – Presse 1865, Nr. 303. – Wiener Zeitung 1865, Nr. 257. [Band 24, S. 382]

Anmerkungen (Wikisource)