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BLKÖ:Kulik, Jacob Philipp

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Kulik, Karl
Band: 13 (1865), ab Seite: 356. (Quelle)
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Kulik, Jacob Philipp (Mathematiker, geb. zu Lemberg in Galizien 1. Mai 1793, gest. zu Prag 28. Februar 1863). In seiner Vaterstadt Lemberg legte er 1809 die Gymnasial-, 1810 und 1811 die philosophischen Studien zurück und begann, dem Wunsche seines Vaters nachgebend, das Studium der Rechte, gab es aber noch im dritten Jahre auf, um sich ausschließlich seiner Lieblingswissenschaft, der Mathematik, zuzuwenden. Die Sache hatte sich in folgender Weise gemacht: K. hatte nämlich im Jahre 1814, ohne Wissen seines Vaters, einen für die Lehrkanzel der reinen Mathematik am Lyceum zu Olmütz ausgeschriebenen Concurs mitgeschrieben und wurde in Folge dessen, 21 Jahre alt, mit Hofdecret vom 14. November 1814 zum ordentlichen Professor der Mathematik am Lyceum zu Olmütz ernannt. Zwei Jahre blieb K. auf diesem Posten in Mähren, im November 1816 kam er als Professor der Physik an die Universität in Gratz und verband mit dieser Professur zugleich jene der Astronomie am dortigen Joanneum. Zehn Jahre war K. in diesem neuen Lehramte thätig, erwarb in der Zwischenzeit 1822 die philosophische Doctorwürde, welche ihm den Weg zu den akademischen Würden öffnete; denn schon im folgenden Jahre wurde er zum Rector magnificus der Gratzer Universität gewählt. Im Jahre 1826 kam er als Professor der höheren Mathematik an die Universität nach Prag, welche Stelle er bis an sein Lebensende bekleidete. Seine Verdienste als Lehrer und um die Wissenschaft wurden durch die am 7. Februar 1831 erfolgte Verleihung des kais. Rathstitels gewürdigt. K. war als mathematischer, physikalischer und astronomischer Schriftsteller thätig. Seine Schriften sind: „De Phaenomenis Iridis (über den Regenbogen), Dissert. mathematico-physica“ (Graecii 1822); – „Handbuch mathematischer Tafeln“ (Gratz 1824, gr. 8°.); – „Collectio tabularum mathematico-physicarum centena millia [357] non excedentium“ (ebd. 1826, gr. 8°.), eigentlich nur eine vermehrte Ausgabe des vorerwähnten Handbuches; – „Canon logarithmorum naturalium in notis decimalibus duo de qumquaginta (ebd. 1826), ein logarithmischer Canon mit 48 Decimalen; – „Lehrbuch der höheren Analysis“ (Prag 1831, mit mehr. Steindrucktaf., gr. 8°.; neue Aufl. 1843), in zwei Bänden; der erste Band enthält das „Lehrbuch der höheren Arithmetik und Algebra“, der zweite „Die Integralrechnung und die analytische Geometrie“, mit 5 Steindrucktafeln; – „Der tausendjährige Kalender. Ein nützliches Handbuch für Historiographen, Diplomatiker, Archivare und Richter“ (Prag 1831, gr. 12°.; 2. Auflage 1834, gr. 4°.); die dritte auf Kosten der kön. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften herausgegebene Auflage erschien unter dem Titel: „Die Jahresformen der christlichen Zeitrechnung“ (Prag 1861, gr. 4°.); – „Theorie und Tafeln der Kettenlinie“ (Prag 1832, gr. 8°.), früher in der neuen Folge der Abhandlungen der kön. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften (Bd. III); – „Die Taisirtafeln zur leichteren Berechnung des Längen-, Flächen- und Kubik-Inhaltes und die verschiedenen Münz-, Mass- und Gewichtsbeträge“ (Prag 1833, gr. 12°.), bildet den 1. Band der Sammlung von Tafeln zur Erleichterung des Studiums der Mathematik und mit Rücksicht ihrer Anwendbarkeit auf Zwecke des praktischen Lebens; – „Tafeln zur Bestimmung des Inhalts cylindrischer und conischer Gefässe in Bierbrauereien und Branntweinbrennereien“ (Lemberg 1836, gr. 8°.); – „Untersuchung über die Kettenbrückenlinie“ (Prag 1838, Haase Söhne, gr. 4°., mit 2 Steindrucktaf.); – „Anfangsgründe der höheren Mathematik mit Rücksicht auf ihre technischen Anwendungen“ (Leipzig 1844–1846, gr. 8°., mit Steindrucktafeln); – „Tafeln der Quadrat- und Kubik-Zahlen aller natürlichen Zahlen bis Hunderttausend, nebst ihrer Anwendung auf die Zerlegung grosser Zahlen in ihre Factoren. Nach einer neuen Methode berechnet“ (Leipzig 1848, gr. 8°.); – „Neue Multiplicationstafeln. Ein unentbehrliches Hilfsmittel ... um schnell, sicher ... zu rechnen“ (Leipzig 1851, gr. 8°.); – „Tafeln der hyperbolischen Sectoren und der Längen elliptischer Bögen und Quadranten“ (ebd. 1851, gr. 8°.). Die in den Abhandlungen der kön. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften, deren Mitglied K. seit dem Jahre 1801 und deren Cassier er in den letzten Jahren war, enthaltenen Aufsätze Kulik’s sind: „Einfaches Verfahren bei Zerlegung großer Zahlen in ihre Factoren“ (in der 5. Folge, Bd. I [1843], S. 14 u. f.); – „Ueber die Bestimmung der Anzahl der Primzahlen unterhalb einer gegebenen Zahl“ (ebd. S. 17); – „Die Fehler in den Tafeln der Quadrat- und Kubikzahlen D. G. A. Jahn’s“ (ebd. Bd. II, S. 19 u. f.); – „Neuer analytischer Beweis des Satzes vom Parallelogramm der Kräfte“ (ebd. 1840), und „Antikritik der Kritik Doppler’s über den neuen analytischen Beweis“ (ebd.). In Handschrift hinterließ K. ein Werk von 4212 enggeschriebenen Seiten im größten Imperial-Folio, enthaltend die Factoren aller Zahlen unter 100 Millionen; dann ein Manuscript von 400 Quartseiten mit den Quadrat- und Kubikzahlen aller natürlichen Zahlen bis Einhunderttausend; ferner eine ungedruckte Sammlung geometrischer Tabellen u. m. a. Ist schon diese umfassende Thätigkeit K.’s im Gebiete seines Lieblingsfaches staunenerregend, so ist doch damit lange nicht die Summe derselben erschöpft. So hat K. zum Privatgebrauche der kön. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften [358] einen Katalog ihrer Bibliothek, wie sie bis zum Jahre 1835 bestand, angefertigt; ferner hat er in den bekannten Logarithmentafeln Vega’s 25 Fehler nachgewiesen, eine Arbeit, deren Zeitaufwand nur der Fachmann zu ermessen im Stande ist. Er wurde dafür von der Leipziger Verlagshandlung mit Exemplaren dieses Werkes beschenkt, deren er 19 an böhmische Gymnasien und mehrere an die kais. Akademie der Wissenschaften in Wien verschenkte. Ueberhaupt hat K. an öffentliche Anstalten großartige Bücherschenkungen ausgeführt. So schenkte er im Jahre 1840 jedem Gymnasium in Galizien eine Sammlung von trefflichen Abbildungen griechischer und egyptischer Alterthümer; der im Jahre 1848 durch Hammerstein’s [Bd. VII, S. 291] denkwürdiges Bombardement in Brand gerathenen und eingeäscherten Lemberger Universitäts-Bibliothek – ein, wenn man bedenkt, daß viele der kostbarsten Werke der berühmten Garelli’schen Bibliothek in derselben sich befanden, unersetzlicher Schade – 498 Werke in 1000 Bänden; ferner 10 bedeutende Ballen Bücher an alle galizischen Gymnasien, und im Jahre 1862 seine ganze mathematisch-naturwissenschaftliche Bibliothek von mehr denn 800 Bänden dem Vereine zur Hebung des wissenschaftlichen Strebens in der Mathematik und den Naturwissenschaften unter den Prager Studenten. Auf eigene Kosten gab er im Jahre 1842 eine praktische Zeichnenschule heraus, welche nach pädagogisch-artistischen Grundsätzen von zwei Fachmännern, Franz Schier und Leopold Kellner, bearbeitet worden war. Bei 40.000 Zeichnungsmuster in halbem Folioformat, fortschreitend vom Einfachen zum Zusammengesetzten, Gegenstände des Thier- und Pflanzenreiches, theils Contouren, theils schattirte Darstellungen wurden auf diese Weise binnen Jahresfrist fertig und sind dann auf festes Papier aufgezogen worden. Kulik hat davon unentgeltlich 27 Exemplare in Böhmen, 17 in Oesterreich, 79 in Ungarn, 15 in Mähren und Schlesien, 12 in Tirol, 6 in Steiermark, 21 in Mailand, 27 im Venetianischen, 10 in Siebenbürgen, 9 in Kärnthen und Krain, 2 in der Militärgrenze, 2 in Krakau, 4 in Dalmatien, 20 in Galizien, den Rest der Auflage, 160 Exemplare, aber nachträglich an böhmische Dorfschulen vertheilt. Schließlich sei noch bemerkt, daß er seit einer langen Reihe von Jahren den astronomischen Theil des Leitmeritzer Kalenders bearbeitet hat. K. war ein trefflicher und passionirter Schachspieler, ein Freund der Musik und trotz seines Lieblingsfaches lange nicht jener trockene Ziffermensch, in welche abnorme Species bei Beschäftigung dieser Art menschliche Naturen sich zu verwandeln pflegen. Mit Dr. Exner [s. d. Bd. IV, S. 115], Jandera [Bd. X, S. 66] und Dr. Wydra verband ihn, so lange sie lebten, ein inniges Freundschaftsband. Aus seiner Ehe mit Katharina Degl, der Tochter eines wohlhabenden Lemberger Bürgers, entsprangen zwei Kinder, ein Sohn Justin (geb. 1837), Doctor der Rechte und Advocaturs-Candidat, und Angela (geb. 1841), Gemalin des Prager Universitäts-Professors Dr. Randa. K. hatte das 70. Lebensjahr erreicht. Er wurde auf dem Kirchhofe nächst Koschirz bestattet.

Leitmeritzer Kalender für das Jahr 1864 (Leitmeritz, bei Medau, 4°.) S. 77: „Original-Lebensskizze Kulik’s“. – Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1858, J. A. Barth, gr. 8°.) Sp. 1328. – Wiener Zeitung 1862, Nr. 173 des Tagesberichtes; – dieselbe 1863, Nr. 50, [359] S. 648. – Bohemia (Prager Journal, 4°.) 1863, Nr. 52, S. 534. – Kulik’s Porträt befindet sich im Jahrg. 1864 des Leitmeritzer Kalenders. –