BLKÖ:Reviczky von Revisnye, Adam Graf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Révész, Valentin
Band: 25 (1873), ab Seite: 389. (Quelle)
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Reviczky von Revisnye, Adam Graf (Staatsmann, geb. in Ungarn 23. Mai 1786, gest. zu Heiligenkreuz nächst Baden bei Wien 21. April 1862) . Ein Sohn des Joseph Reviczky [s. d. S. 393, Nr. 2] aus dessen Ehe mit Anna Laczkovich. Entstammt einer alten ungarischen Adelsfamilie, [390] über welche in den Quellen S. 392 nähere Nachrichten folgen. Adam kam in die Theresianische Ritter-Akademie nach Wien, aus welcher er nach beendeten Studien zur kais. Hof- und Kammerprocuratur in Galizien kam, worauf er im Jahre 1807 bei dem galizischen Gubernium und im folgenden Jahre bei der k. k. vereinigten Hofkanzlei in Wien als Concipist angestellt wurde. Als dann im Jahre 1809 die kriegerischen Ereignisse Viele zu den Fahnen riefen, trat auch R. als Lieutenant im Infanterie-Regimente Graf Sztaray ein, in welchem er mit Auszeichnung in den Schlachten bei Regensburg, Aspern und Wagram focht und nach dem Abschlusse des Friedens in den Staatsdienst zurückkehrte. Er wurde nun im Jahre 1811 Assessor bei der königlich ungarischen Gerichtstafel und im nämlichen Jahre k. k. Kämmerer. Im Jahre 1814 zum wirklichen Gubernialrath in Venedig ernannt, wurde er im folgenden Jahre als Proviant-Commissär der kaiserlichen und sardinischen Armee nach Frankreich beordert, wo er in den Departements Montblanc, Isère und Rhone die Verwaltung in so ausgezeichneter Weise führte, daß er mit dem Ritterkreuze des Leopold-Ordens decorirt wurde. Nun kam er seiner einnehmenden und gewandten Manieren wegen als Kammerherr zu dem damaligen Vicekönig der Lombardei, Erzherzog Rainer. Der Graf erfreute sich bald der Gunst des Erzherzogs, durch einen unglücklichen Sprung aber, den er gethan, brach er den Fuß, und ungeachtet der sorgsamsten Pflege blieb er doch nach der Genesung lahm. Mit diesem Leibesgebrechen konnte er nicht in seinem Dienste als Kammerherr verbleiben, und so empfahl der Erzherzog den lahmen Grafen der Gnade des Kaisers, der ihm sofort eine Verwendung im politischen Dienste gab. Im J. 1822 wurde er Vice-Präsident des galizischen Guberniums, kam dann in gleicher Eigenschaft, nachdem er noch vorher wirklicher geheimer Rath geworden, zu der damaligen „Kammer“ (allgemeinen Hofkammer), wo er sich durch seine Umsicht und Kenntnisse so hervorthat, daß der Kaiser dem noch im blühendsten Alter stehenden Grafen die Würde eines obersten Hofkanzlers des Königreichs Ungarn verlieh. Auf diesem Posten erwarb er sich bald so sehr das Vertrauen des sonst schwer zugänglichen Kaisers Franz, daß ihm dieser in Schönbrunn ein eigenes Gebäude anwies, von wo aus ein gedeckter Gang unmittelbar in die Gemächer des Monarchen führte, bei dem der Graf zu jeder Stunde des Tages freien Zutritt hatte, und der zuletzt nichts unternahm, ohne vorher den Rath seines bewährten Grafen R. eingeholt zu haben. Graf Adam war prunkliebend und erzählt man sich nach dieser Richtung manchen Zug aus seinem Leben, der ebenso die Liebenswürdigkeit als Dankbarkeit des ungarischen Magnaten kennzeichnet, der Alles, nur nicht hauszuhalten verstand, und in seinen pecuniären Verhältnissen ganz zerrüttet war. Sein Gönner, der Kaiser Franz, soll mehrmals mit nicht unbedeutenden Summen ihm beigesprungen sein, nichtsdestoweniger kam er zeitlebens nicht aus der Sequestration heraus, und der Tag, an welchem er endlich in den vollen Genuß seines gesammten Einkommens gelangen sollte, war sein – Sterbetag. Hatte ihn schon in seinen jungen Jahren ein unglücklicher Sprung lahm gemacht, so sollte er durch einen anderen Unglücksfall noch schlimmer beschädigt werden. Der Graf begleitete den Kaiser öfter auf seinen Spazierfahrten. Eines Tages wurden [391] die Pferde des kaiserlichen Wagens scheu, rannten, keinem Zügel mehr gehorchend, davon und die Gefahr wuchs von Secunde zu Secunde. Graf Reviczky, der neben dem Kaiser im Wagen saß, sprang nun, ohne sich langer zu besinnen, aus dem Wagen und faßte die Pferde, um sie aufzuhalten. Wohl war ihm die That gelungen, aber eines der Pferde hatte ihn mit dem Hufe so heftig in die Seite geschlagen, daß er zeitlebens daran litt. Eine der wichtigsten Handlungen, wodurch er sich den Kaiser Franz zu lebenslänglichem Danke verpflichtete, ist aber die folgende, die ebenso ein Zeichen seiner staatsmännischen Genialität wie seiner Geistesgegenwart ist. Graf Reviczky hatte auf dem ungarischen Landtage bei den Verhandlungen an Stelle der bisherigen lateinischen Sprache die ungarische eingeführt; zudem wollte sich der Landtag nicht herbeilassen, mehr als die üblichen zwölf Regimenter zu votiren. Als der Landtag wieder sich versammelte, gelangte eine Cabinetsordre an den Grafen Reviczky, worin eine Erhöhung des Militäretats und die Wiedereinführung der lateinischen Sprache bei den Verhandlungen befohlen ward. Der Graf hatte diese königliche Ordre gerade während der Sitzung erhalten. Nachdem er sie gelesen, erhob er sich und theilte mit, daß er sich freue, einen der hochherzigsten Acte Sr. Majestät der Versammlung zur Kenntniß zu bringen, nämlich, daß Se. Majestät weder auf der Vermehrung der ungarischen Regimenter, noch auf der Wiedereinführung der lateinischen Sprache bei den Landtagsverhandlungen bestehen. Ein donnerndes Eljen ertönte und der Jubel nahm kein Ende. Graf Reviczky aber reiste ohne Verweilen von Preßburg nach Wien und stellte sich dem Monarchen mit den Worten vor: Majestät, ich habe den Kopf verwirkt, ich lege mein Haupt zu Ihren Füßen“. Darauf setzte er klar seine Handlungsweise auseinander, gab auch die Motive derselben an und der Kaiser Franz gab ihm in seiner Gemüthlichkeit zur Antwort: „Recht hast’s gemacht, mein lieber Adam“. – In seiner Stellung als ungarischer Hofkanzler gerieth er mit dem obersten Kanzler, dem Fürsten Metternich, in manchen Conflict, und die feindselige Stimmung, welche zwischen beiden Männern herrschte, mochte bei dem vorwaltenden Einflusse, den Fürst Metternich nach dem Tode des Kaisers Franz in allen Dingen nahm, wohl die nächste Ursache gewesen sein, daß Graf R. nicht mehr bei Hofe erschien, obwohl man die Ursache darin wissen wollte, daß vornehmlich er dahin agitirt habe, an Stelle des Kronprinzen Ferdinand den Erzherzog Franz Karl auf den Thron zu bringen. Später erhielt er einen Gesandtschaftsposten an den italienischen Höfen in Florenz, Parma und Modena. Aus dieser Periode, in welche eben die Umtriebe der Carbonari fallen, erzählt man sich, daß der Graf sich in eine Art Verschwörung verwickelt habe und später in Venedig längere Zeit von der geheimen Polizei förmlich überwacht worden sei. – Der Graf wird als ein großer Freund der Künste und Wissenschaften, als geistvoller, vielseitig gebildeter Staatsmann geschildert, der durch sein humanes, herablassendes Benehmen sich die Zuneigung Aller, die mit ihm verkehrten, namentlich aber der Ungarn gewann; doch auch seines excentrischen Charakters, der ihn zu allerlei Sonderbarkeiten verleitete, geschieht Erwähnung. Mit Diplom ddo. Wien 9. September 1825 ist R. vom einfachen Edelmann in den Grafenstand erhoben worden. Außer der ungarischen [392] Hofkanzlerschaft bekleidete er die Würden des Obersthofmeisters des Königreichs Ungarn und Obergespans des Borsoder Comitates. Ueberdieß war er noch Großkreuz und Kanzler des ungarischen St. Stephan-Ordens und Großkreuz des kön. sardinischen St. Mauriz-und Lazarus-Ordens, Mitglied und Ehrenmitglied mehrerer gemeinnützigen Gesellschaften. Im Alter von 50 Jahren, am 24. Mai 1836, vermälte er sich mit einer 18jährigen Polin, Sidonie Sumlanszka (geb. 1818), der Tochter eines emigrirten Obersten, aus welcher Ehe eine Tochter Ada (geb. 1838) und ein Sohn Alexis (geb. 1849) entstammen. Erstere trat in das Kloster der Salesianerinen in Wien, in welchem sie noch lebt.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 381; Bd. VI, Suppl. S. 586. – Oesterreichs Ehrenspiegel. Von Blasius Höfel, Bohr und Alexander Reitze (Wien, 4°.). – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1871, Nr. 2555, in der „Kleinen Chronik“: „Wie man Concipist wird“. – Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1862, Nr. 114. – Springer (Anton), Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden 1809 (Leipzig 1864 u. 1865, S. Hirzel, gr. 8°.) Bd. I, S. 361. – Pesti Hirnök 1862, Nr. 244: „Des Grafen Adam Reviczky Grafen-Diplom“. – Porträte. 1) Holzschnitt von F. Cosandier. Schönes Blatt; – 2) Unterschrift: Adam Graf Reviczky, königl. ungar. Hofkanzler. F. Jos. Sürch sc., Kupferst.; – 3) in Höfel und Bohr’s „Ehrenspiegel“, in Guillochirmanier.