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BLKÖ:Sonnleithner, Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 36 (1878), ab Seite: 9. (Quelle)
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Sonnleithner, Joseph (Gründer des Wiener Musik-Vereines, geb. in Wien 3. März 1766, gest. ebenda 26. December 1835). Ein Sohn Christophs S. [s. diesen S. 1], und Bruder des Ignaz [s. diesen S. 5]. Nachdem er die Studien in Wien beendet, übernahm er zunächst die Leitung einer von ihm selbst errichteten Buchdruckerei, welche er durch zwei Jahre führte, dann aber erhielt er bei dem Kreisamte im V. u. W. W., damals zu Traiskirchen, eine Anstellung. Im Jahre 1787 zog ihn Kaiser Joseph II., der schon seinem Vater Christoph wohlgesinnt war, und seine Huld auch Josephs Bruder Ignaz durch Verleihung eines Stiftplatzes in der Theresianischen Ritter-Akademie hatte angedeihen lassen, aus persönlicher Gewogenheit in sein geheimes Cabinet. Nach dem Tode des Kaisers wurde Joseph S. als Hofconcipist in der k. k. Hofkanzlei, später in gleicher Eigenschaft bei der k. k. Hofkammer angestellt. Im Jahre 1790 unternahm er im Auftrage des Kaisers Franz I. eine größere Reise nach Deutschland, Dänemark und der Schweiz, wie unsere Quellen melden, zu wissenschaftlichen Zwecken, und habe er dieser Aufgabe zur größten Zufriedenheit sich entledigt. Nach Kotzebue’s Abgang, der von 1798 bis 1804 als Theatersecretär oder vielmehr Director in Wien gewirkt, wurde Sonnleithner als k. k. Hoftheater-Secretär angestellt, und bekleidete diesen Posten bis 1814 durch elf Jahre, worauf er denselben mit dem eines Secretärs der Gesellschaft adeliger Frauen in Wien vertauschte. Unter dem Schilde der eigentlich von ihm errichteten Gesellschaft adeliger Frauen zur Beförderung des Guten und Nützlichen veranlaßte er die erste große Oratorien-Aufführung „Timotheus“ von Händel am 11, und 14. November 1813 in der k. k. Winterreitschule, und in Folge derselben den bleibenden Verband der hiezu vereinten Kunstfreunde, welcher damals schon zu einer Höhe von 600 Mitgliedern angewachsen war; er entwarf die ersten Statuten und erwirkte die Genehmigung und Ausführung derselben, und so war aus der oben genannten Gesellschaft adeliger Frauen die Gesellschaft der Musikfreunde des österreichischen Kaiserstaates entstanden, und Joseph Sonnleithner war die eigentliche Seele dieser Schöpfung, welche mit der Aufführung des Oratorium „Samson“ von Händel unter von Mosel’s Direction am 16. October 1814 zum ersten Male als selbständige Gesellschaft öffentlich auftrat. Durch zwanzig Jahre, bis an sein 1835 im Alter von 69 Jahren erfolgtes Lebensende war S. als unbesoldeter perpetuirlicher Secretär, als welcher er der Gesellschaft seine Kräfte gewidmet und das Wohl derselben nach allen Seiten hin zu fördern bemüht gewesen, thätig geblieben. Als einzelne Momente seiner Thätigkeit seien genannt: Die Errichtung des Conservatoriums, das ist nämlich die musikalische Bildungsanstalt der Gesellschaft, in welcher Zöglinge beiderlei Geschlechtes aus sämmtlichen Kronländern der Monarchie, in Declamation, auf Instrumenten, in Generalbaß und Tonsatz, in Sprachen und allen nöthigen Nebengegenständen gebildet werden sollten; ferner die mit vielen persönlichen Opfern erzielte Anlegung der reichhaltigen Kunstsammlungen, Ankauf und Umbau des alten Gesellschaftshauses, nebst Anschaffung der inneren Einrichtung desselben, [10] und die bis an sein Ableben ohne Gehalt geführte Besorgung der vielverzweigten Secretariatsgeschäfte. Auch als belletristischer Schriftsteller war S. thätig: so gab er im Jahre 1812 zu Wien die gesammelten Lustspiele von Philipp Hafner [Bd. VII, S. 188] in 3 Bänden heraus, und fügte denselben Bemerkungen über den österreichischen Dialekt bei, welche nach dem heutigen Stande der Dialektforschung wohl mancher Berichtigung bedürfen; ferner redigirte er die drei Jahrgänge des in Wien zuerst bei Kurzböck, dann bei Camesina verlegten „Wiener Theater-Almanachs für 1794, 1795 und 1796“ (12°.), die allem Anscheine nach auch zum größten Theile von ihm geschrieben sind, und neben Gedichten und statistischen Mittheilungen über die Wiener Theater die Biographien Mozart’s, Salieri’s und Flor. Leop. Gaßmann’s, ferner sehr werthvolle Mittheilungen über den Zustand der Musik in Wien, und die Bildnisse der Tänzerin Venturini, des Schauspielers Jos. Lange, der Anna Adamberger und Katharina Jaquet enthalten; dann das im Jahre 1815 bei Wallishausser in Wien erschienene „Taschenbuch für deutsche Schaubühnen und Liebhabertheater“ (16°.), welches folgende Stücke enthält: „Der Gönner“, Lustspiel in 1 Act; – „Teniers“, Lustsp. in 1 Act; – „Die Ueberraschung“, Lustsp. in 1 Act; – „Die Zurechtweisung“, Lustsp. in 1 Act, in Versen; – „Manuela Razemba oder die Trauringe“, Posse in 1 Act. Die nun folgenden Oratorien, Opern und Theaterstücke werden einem Ignaz Ferdinand Sonnleithner zugeschrieben. Ich glaube aber und nicht ohne Grund annehmen zu dürfen, daß der obige Joseph, der ja so viele Jahre Wiener Hoftheater-Secretär gewesen, der Uebersetzer und Bearbeiter dieser Stücke ist. Es sind folgende: „Agnes Sorel. Oper in 2 Aufzügen. Nach dem Französischen“ (Wien o. J., Wallishausser); – „Der Botaniker, Lustsp. in 2 Aufz. Nach Dupaty“ (Wien 1805, Pichler, 8°.); – „Dießmal meint er’s so. Lustsp. in 3 Aufz.“ (ebd. 1805); – „Fidelio. Große Oper in 2 Aufz. Musik von Beethoven“ (ebd. 1805); – „Die Gartenmauer. Lustsp. in 1 Aufz.“ (ebd. 1805); – „Die Wette. Lustsp. in 1 Aufz.“ (ebd. 1805); – „Die kurze Ehe. Lustsp. in 1 Aufz. (ebd. 1805, Wallishausser); – „Faniska. Große Oper in 3 Aufz. Musik von Cherubini“ (ebd. 1806, Pichler); – „Liebe und Geheimniß. Lustsp. in 1 Aufz. Nach dem Französischen“ (Wien 1807, Wallishausser); – „Emerike oder die Zurechtweisung. Oper“ (ebd. 1808); – „Die Pagen des Herrn von Vendôme. Operette in 1 Aufz. Nach Dieux la Foi’s dramatisirter Anecdote“ (ebd. 1808); – „Die vier letzten Dinge. Oratorium in 3 Acten“ (ebd. 1810); – „Dir wie mir. Kleinigkeit in 1 Act“ (ebd. 2. Auflage, 1820). Auf der oben erwähnten Reise hatte S. Materialien zu einer Geschichte der Musik gesammelt, und dieselben später in 41 Quartbänden der Bibliothek der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien zum Geschenke gemacht, welche er sonst auch noch mit verschiedenen Schenkungen an Bildnissen, Druckschriften, Compositionen, unter anderen mit einer nahezu vollständigen Sammlung aller Trios, Quatuors und Quintuors für Streich-Instrumente, welche jemals in Druck erschienen oder in Abschrift vorhanden waren, aus Molitor’s Nachlaß angekauft, u. dgl. m. bereichert hatte. Joseph Sonnleithner war, wie sein Vater, sein Bruder und sein Neffe, ein [11] Förderer der Musik, ein Priester der Humanität, und die Inschrift auf seinem Grabstein: „Humanität war die Seele seiner Gesinnung wie seiner That“ würdigt sein Thun mit den richtigsten Worten.

Oesterreichischer Zuschauer, herausg. von J. S. Ebersberg (Wien 1838, gr. 8°.) Bd. I, S. 272. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Franz Köhler, Lex.-8°.) S. 791. – Oesterreichische Zeitschrift für Geschichtskunde, herausg. von Kaltenbäck (Wien, 4°.), Jahrg. 1836, Nr. 28 und 29. – Pohl (C. F.), Die Gesellschaft der Musikfreunde des österreichischen Kaiserstaates und ihr Conservatorium (Wien 1871, Braumüller, gr. 4°.) S. 4 u. f.