BLKÖ:Weiß, Eduard
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Weiß von Finkenau, Ferdinand Freiherr (Verweis) | ||
Band: 54 (1886), ab Seite: 100. (Quelle) | |||
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[101] Sonderlingsnatur, was sich sowohl in seinem Verkehr als in seinen Kunstbestrebungen kundgab. Er löste daher sein Verhältniß mit der Hofoper und trat zur Josephstädter Bühne über, welche damals unter Franz Pokorny’s Leitung stand. Es war in den Dreißiger-Jahren, als Weiß, der sich gerade in voller Manneskraft befand und eine wunderbar belle volltönende Stimme besaß, der erklärte Liebling des Publicums war. Er schuf sich manche ganz originelle Charakterrolle und zeichnete sich besonders in Darstellung Raimund’scher Charaktere aus, die er nicht schablonenhaft nach seinem ersten Muster copirte, sondern ganz im Geiste des Dichters, doch aber in seiner eigenen Weise und immer mit großem Erfolge durchführte. Nur hatte er die üble Gewohnheit, seine Rollen schlecht zu memoriren und wurde dadurch der Schöpfer eines geflügelten Wortes, welches jahrelang in Wien üblich war, dessen Ursprung aber allmälig in Vergessenheit gerieth. Weiß spielte nämlich eines Abends in Bäuerle’s Posse: „Wien in einem anderen Welttheile“. In derselben erscheint die Heldin des Stückes in Begleitung zweier Mohren. Weiß hat die Dame anzusprechen, kann sich aber nicht mehr auf den Text seiner Rolle besinnen und tritt daher an sie mit der Frage heran: „Warum denn zwei Mohren?“ Das Publicum lachte, die Schauspielerin gerieth in Verlegenheit, und „Zwei Mohren, so ein Luxus!“ brummend, verließ Weiß die Bühne. Jahrelang hörte man dann in Wien, wenn Jemand sich einen kleinen Luxus erlaubte, das geflügelte Wort: „Warum denn zwei Mohren?“ Aber bei der Beliebtheit, welcher der Komiker im Publicum sich erfreute, sah man über sein schlechtes Memoriren hinweg. Da er ebenso als Komiker wie als Charakterdarsteller Vorzügliches leistete, wurde er von Pokorny, nachdem derselbe 1845 das Theater an der Wien angekauft hatte, auch auf der neuerworbenen Bühne beschäftigt, wo er sich ebenso bald die Gunst des Publicums zu erringen verstand und sich dieselbe bewahrte, auch als Pokorny den köstlichen Beckmann als neue Zugkraft gewonnen hatte. Letzterer und Weiß waren im Grunde nur Rivalen in der Gunst des Publicums, aber nicht im Spiele, denn jeder besaß eine ganz eigenartige Darstellungsweise, mit welcher sie, ohne sich gegenseitig zu schädigen, ganz gut nebeneinander wirken konnten, indem jeder die seinige gleichmäßig zur Geltung brachte. Erst als 1847 Rott als Dritter zu den Beiden sich gesellte. sah Weiß in seinem Wirken sich gefährdet. Dabei war Rott damals jugendlicher, in seiner Darstellungsweise frischer und wußte seine Rollen immer vortrefflich. Kein Wunder, daß sich Weiß mit einem Male zurückgesetzt zu fühlen begann, daß es, wenn auch nicht zu stürmischen, doch zuweilen zu unangenehmen Mißhelligkeiten zwischen den Mitgliedern kam und Weiß zuletzt seine Stellung an dieser Bühne aufgab. Indessen hatte seine erste Frau Josepha, die berühmte Balletmeisterin, das sogenannte Kinderballet organisirt und mit demselben in den nordamerikanischen Staaten eine reiche Ernte gemacht. Weiß, dem nun kein Engagement im Wege stand, unternahm wiederholt die Reise in die neue Welt, um seine Gattin in New-York zu besuchen, obwohl ihre Ehe nicht eben als eine glückliche bezeichnet wurde. Nach seiner Rückkehr auf den Continent und nach Wien nahm er bei Johann Hoffmann, der mittlerweile [102] das Josephstädter Theater gepachtet hatte, Engagement. Da er von seiner Frau, die 1852 starb, ein nicht unbeträchtliches Vermögen und ein Landgut in Wiens nächster Nähe, den sogenannten Wälsch’schen Hof, unweit Brunn im Gebirge ererbte, so nahm er es mit der Eincassirung der Gage, welche bei der wenig geordneten Wirthschaft Hoffmann’s oft genug ausblieb, nicht sehr genau. Zudem liebte er es, im Besitze des Landhauses, den Gutsherrn zu spielen, verwendete zur Erhaltung des Hofes, der wenig eintrug, unverhältnißmäßig große Summen, verwickelte sich in gewagte Speculationen und entfaltete, indem er gern Collegen und Freunde bewirthete, eine große Gastfreundschaft, bis Alles zusammengenommen ihn endlich gänzlich zu Grunde richtete. Auf Zureden Pohl’s [Bd. XXIII, S. 34, Nr. 8], eines speculativen: Schauspielers, hatte er sich bereden lassen, Hoffmann bei der Pachtung des Josephstädter Theaters mit einem großen Theile seines Vermögens beizuspringen, welches, als der Director bei seiner Mißwirthschaft zu Grunde ging, auch Weiß ganz verlor. Die rückständigen Gagen wurden ihm auch nicht ausgezahlt, und ein Gleiches war bei Hoffmann’s Nachfolgern Fürst und Kottaun der Fall, welche nacheinander abwirthschafteten. Um sein Leben zu fristen, sah sich Weiß schließlich genöthigt, bei Sallmayer, als dieser das Josephstädter Theater 1867 übernahm, einzutreten. Dieser bot ihm für jedesmaliges Auftreten ein Spielhonorar von acht Gulden, welches wohl ausgereicht haben würde, wenn Weiß entsprechend beschäftigt worden wäre. So aber kam er nur in einem Stücke zur Verwendung, da Sallmayer, um die acht Gulden für den Abend zu sparen, alle Rollen, die von den Dichtern für Weiß bestimmt waren, Episodenspielern übertrug, und dieser blieb infolge dessen unbeschäftigt und bettelarm. Am 4. October 1867 trat er in Friedrich Kaiser’s Posse „Neu-Jerusalem“ zum letzten Male auf und spielte, obgleich bereits ein 67jähriger, die Rolle des alten Rabbi Ephraim mit staunenswerther Kraft und Lebenswahrheit. Merkwürdigerweise schließt diese Rolle mit den Worten: „Ich finde mich nicht mehr in die Zeit, ich geh’, um mir zu bestellen einen Platz am „guten Ort““ (bekanntlich wird von den Juden der Friedhof „der gute Ort“ genannt). Nun verkümmerte der arme Künstler immer mehr und mehr, und als er das „Versorgungshaus“, in welchem er zuletzt noch erblindete, beziehen mußte, vollendete sich wie üblich Künstlers Erdenwallen. Der Einzige, der des Verlassenen letzte Lebenstage einigermaßen zu mildern suchte, war der Possendichter O. F. Berg, welcher dem aller Erwerbsquellen Beraubten vielseitige Unterstützung angedeihen ließ. Wenige Wochen vor seinem Hinscheiden bot Weiß einem Bekannten, der ihm im Versorgungshause zufällig begegnete, seine goldene Uhr, ein theures Andenken aus dem Schiffbruche seines Vermögens, für ein – Stück Cyankali!!! Im Versorgungshause schloß der Ausgleicher Tod des lebensmüden Künstlers Augen, der einst der Liebling des Wiener Publicums und nach Raimund der trefflichste Darsteller der Rollen desselben war. Weiß hatte noch in seinen späteren Jahren eine Schwester der einst so beliebten Hofschauspielerin Gräfenberg geheiratet. Seine Gattin überlebte ihn.
Weiß, Eduard (Schauspieler, geb. in Wien 1800, gest. im Versorgungshause daselbst am 22. November 1869). Ueber seine Jugend sind wir völlig in Unkenntniß. In musicalischer Hinsicht besaß er eine so gute Ausbildung, daß er als Bassist an der k. k. Hofoper angestellt wurde. Im Kreise der Hofsänger schien er sich jedoch wenig behaglich zu finden, überhaupt war er immer eine- Neues Wiener Tagblatt, 26. November 1869, Nr. 326: „Eduard Weiß“, Nekrolog von J. H. M(irani). – Morgenpost [103] (Wiener polit. Blatt) 1869, Nr. 326 im Feuilleton: „Nekrolog von Friedrich Kaiser“. – Neue Freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1869, Nr. 1883 in den „Theater- und Kunstnachrichten“. – Unter fünfzehn Theaterdirectoren. Bunte Bilder aus der Bühnenwelt. Von Friedrich Kaiser (Wien 1870, 12°.) S. 137, 138, 140, 149, 174.
- Costumbild. Weiß als Werther in der Parodie „Werther’s Leiden“, Costumbild der „Theater-Zeitung“ Nr. 41.