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BLKÖ:Kürnberger, Ferdinand

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 13 (1865), ab Seite: 330. (Quelle)
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Kürnberger, Ferdinand (Schriftsteller, geb. zu Wien 3. Juli 1823). In sehr dürftigen Verhältnissen aufgewachsen, brachte er sich frühzeitig mit seinen eigenen, durch Unterrichtertheilen u. dgl. erworbenen kärglichen Mitteln mühselig fort, und während der Körper oft am Nöthigsten Mangel litt, trieb und blühte der Geist in schöpferischer Fülle. So beendete K. in Wien die philosophischen Studien und die Sorge, den Kampf um die Existenz, wenn er die Studienzeit verlängerte, ohne befriedigendes Resultat fortzusetzen, mochte ihn bewogen haben, die positiven Studien aufzugeben und in der Hochschule des Lebens: in der Journalistik und Publicistik, sich ferner auszubilden. Die Sonntagsblätter, 1842, von Dr. Ludw. Aug. Frankl begründet, das bei verhältnißmäßig sehr kleinem Umfange doch inhaltvollste Journal der vormärzlichen Periode, waren, wenn Herausgeber nicht irrt, das erste Blatt, bei welchem K. seine literarischen Sporen verdiente. Im Jahre 1847 arbeitete er bereits an demselben, im Jahre 1848 machte er sich schon durch kleinere anregende Artikel, reformatorische Studien, in denen er von dem breitgetretenen Geleise alltäglicher Referate abweicht, in weiteren Kreisen bemerkbar. So war es denn ein „Votum über die Literatur der Dorfgeschichten“, in welchem K. gegen dieses hysterische Genre der Poesie zu Felde zog, ohne jedoch anzustehen, dem Erfinder desselben, Auerbach, den Preis in der sogenannten „Dorfpoesie“ zuzuerkennen. Ein andermal trat er gegen das usurpatorische Verfahren des Theater-Directors Pokorny energisch auf, welcher die Wirren des achtundvierziger Jahres benützte, um sein Theater, für das er nie etwas gethan, zum National-Theater umzutaufen und durch einen usurpirten Titel, auf dem er sich nie Ansprüche erworben, Jagd auf ein Publicum zu machen, das in seiner Vergnügungssucht sich durch Grübeln und kopfbrecherisches Nachdenken nicht gern beirren läßt. Nach dem Jahre 1848 verließ K. Wien und begab sich nach Deutschland, wo er einige Jahre für die Oeffentlichkeit verschollen verlebte, bis sein Name bei der Novellenconcurrenz, welche eine Preisausschreibung des illustrirten Familienbuches[WS 1] des österreichischen Lloyd veranlaßt hatte, wieder an die Oberfläche trat und seither sich auf derselben erhalten hat. Damals war es, wenn Herausgeber sich richtig entsinnt, eine Novelle K.’s, welcher der Preis zuerkannt wurde. Nun erschienen nacheinander in den besten belletristischen Journalen Novellen und Erzählungen aus seiner Feder, von denen ein Theil gesammelt unt. d. Tit.: „Ausgewählte Novellen“ (Prag 1857, Bellmann) erschien, denen dann bei der steigenden Beliebtheit des Autors eine größere Sammlung unter dem einfachen Titel: „Novellen“, in 2 Bänden (München 1861) folgte. Nun betrat K. das dramatische Gebiet und ließ seinen „Catilina, Drama in fünf Acten“ (Hamburg 1855, Hoffmann u. Campe) erscheinen, in welchem der bisherige lammfrohe Novellist seine Löwenpranken wies, [331] und die Kritik – nicht die Zweigroschenrecension der Gegenwart, sondern die ästhetische, feinfühlende und berechtigte Kritik – zur Anerkennung zwang. Uebrigens war K. kein Neuling mehr auf dramatischem Gebiete, denn er hatte lange früher schon, als Holbein noch Director des Hofburg-Theaters war, ein Künstlerdrama: „Quintin Messis“, eingereicht, welches angenommen, wie Einige wissen wollen, honorirt, aber nicht aufgeführt wurde. Auch soll K., wie uns von Freundesseite mitgetheilt wird, seit Jahren den persischen Dichter Firdusi dramatisch behandelt und vier Acte dieses Stückes fertig liegen, für dem fünften und letzten aber noch nicht die Stimmung gefunden haben, welche ihm nöthig erscheint, um einen der bisherigen Arbeit entsprechenden harmonischen Schluß anzufügen. War K. bisher schon vielgenannt und vielbekannt, bei weitem mehr wurde er es, als sein Roman: „Der Amerikamüde. Amerikanisches Culturbild“ (Frankfurt 1856) erschien, welcher den 7. Band der seiner Zeit so beliebten Meidinger’schen „Deutschen Bibliothek“ bildet. Das Buch bot außer seinen stylistischen Schönheiten und den künstlerischen Vorzügen der Mache zwei wichtige Momente dar, welche das Interesse dafür rege erhielten. Vorerst ist der Held des Romans, freilich unter der Hülle eines anderen Namens, ein großer österreichischer Poet, der unglückliche Lenau, wodurch dem Buche vorhinein eine ungewöhnliche Theilnahme gewonnen war; dann aber fesselt das Buch durch die Plastik seiner Darstellung, die uns um so interessanter erscheint, wenn wir erfahren, daß der Dichter, der die neue Welt mit solcher Anschaulichkeit schildert, den Continent mit keinem Schritte verlassen und die neue Welt nie gesehen hat. Jedoch ließen diese Vorzüge den Mangel künstlerischer Einheit nicht vergessen. In den letzteren Jahren lebte K. längere Zeit in München, wo er viel in Künstlerkreisen, namentlich in Kaulbach’s Atelier verkehrte. Im Jahre 1864 kehrte er nach Oesterreich zurück und lebt zur Zeit, mit schriftstellerischen Arbeiten beschäftigt und als Correspondent von einigen der größeren Wiener Blätter, zu Gratz in Steiermark. Außer den bisher angeführten Schriften sind dem Herausgeber dieses Lexikons, der auch K.’s kleinere Arbeiten mit größerem Interesse verfolgte, noch bekannt die selbstständig erschienenen: „Das Goldmärchen“ (Wien 1857); – „Aufruf für Schleswig-Holstein. Epistel an den Kaiser von Oesterreich“ (München 1864, 8°.), eine poetische Ansprache, welche im Lärm der Zeit verhallte; von seinen erzählenden Arbeiten sind erschienen in der von Waldheim in Wien herausgegebenen trefflichen Unterhaltungsschrift: Mußestunden, im Jahrgange 1859: „Eine Schlittschuhgeschichte“ (S. 6); – „Das Orakel“ (S. 13); – „Der Kuß“ (S. 41, 49, 57, 67); – „Das Räthsel in Erz“ (S. 91); – „Der Dichter des Don Juan“ (S. 161, 170, 177, 185, 202); – „Der Murmelsee“ (S. 387); – im Jahrg. 1860: „Der Bildstock am Rhein“ (S. 5); – „Witwentreue“ (S. 97, 111); – im Jahrg. 1861: „Gideon Weiser“ (S. 16); – „Amor im Felde“ (S. 54, 64, 78); – im Jahrg. 1862: „Der Mann und die Kunst“ (S. 5); in neuester Zeit aber in dem von F. Menk-Dittmarsch herausgegebenen „Illustrirten Kalender und Novellen-Almanach für 1865“ die Novelle: „Adulis“, eine reizende novellistische Composition. Kürnberger, der zu den Jüngeren zählt, ist, wie einer seiner Kritiker treffend bemerkt, reifer als mancher von den Alten und einer von den [332] Wenigen, die allen widrigen Umständen zum Trotz sich behaupten, und Hieronymus Lorm sagt über K.: „In seinen Novellen ist K. Jäger, Schmid, Soldat, Bergmann; er ist es nicht als Maske, sondern durch seine Vertrautheit mit den verschiedensten Thätigkeiten. Was ihn aber antrieb, sie kennen zu lernen, ist Liebe zu den Menschen und Vertiefung in die ethischen Zwecke ihres Schaffens ...“.

Scheyrer (Ludwig), Die Schriftsteller Oesterreichs in Reim und Prosa auf dem Gebiete der schönen Literatur (Wien 1858, 8°.) S. 568. – Schütze (Karl Dr.), Deutschlands Dichter und Dichterinen von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart (Berlin 1862, Bach, 8°.) S. 190. – Zur Kritik Kürnberger’s. Gottschall (Rudolph), Die deutsche National-Literatur in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts. Zweite verm. u. verb. Aufl. (Breslau 1861, Trewendt, 8°.) Bd. III, S. 344. – Ueber sein Drama „Catilina“: Oesterreichische Blätter für Literatur und Kunst, herausg. von Dr. Ad. Schmidl. Beilage der amtlichen „Wiener Zeitung“ (Wien, 4°.) Jahrg. 1856, S. 195; – Die Donau. Redigirt von Ernst Schwarzer. Jahrgang 1855, im literarischen Beiblatt, S. 139; – Novellen-Zeitung (Leipzig, Giesecke), Jahrg. 1856, Nr. 13, S. 207. – Ueber seinen Roman „Der Amerikamüde“: Abendblatt zur Neuen Münchener Zeitung 1856, Nr. 84 u. 85. – Ueber seine Novellen (1861): Wiener Zeitung 1861, Abendblatt Nr. 281, S. 2022, von H.(ieronymus) L.(orm). – Ueber sein Gedicht „Aufruf für Schleswig-Holstein“: Blätter für literarische Unterhaltung (Leipzig, Brockhaus, 4°.) Jahrgang 1864, S. 588. –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Famimilienbuches.