BLKÖ:Märzroth, Dr.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 16 (1867), ab Seite: 252. (Quelle) | |||
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Märzroth, Dr. (Dichter und Schriftsteller, geb. zu Wien am 21. März 1818). Ueber diesen Schriftsteller, dessen wahrer Name Moriz Barach ist, der aber den Pseudonym [253] Märzroth seit dem Jahre 1838 angenommen und beibehalten hat, ist bereits im I. Bande dieses „Biographischen Lexikons“ unter dem Namen Barach (S. 148) Erwähnung geschehen. Die Angaben des bezeichneten Artikels hat Herausgeber innerhalb des Jahrzehends, in welchem sein Lexikon erscheint, theils zu berichtigen, theils zu ergänzen Gelegenheit gehabt, so daß hier ein neuer Artikel folgt, der ausführliche und genaue Mittheilungen über das literarische Wirken dieses Schriftstellers enthält. In Wien hat Märzroth das Gymnasium und die philosophischen Studien beendet und, erst 18 Jahre alt, sich seit dieser Zeit mit lyrischen Gedichten, Novellen, Erzählungen u. dgl. m. an der Wiener Journalistik betheiligt. Anfänglich schrieb er unter seinem wahren Namen Moriz Barach. Im Jahre 1838 vertauschte er aber denselben mit dem Pseudonym Dr. Märzroth, den er seit dieser Zeit beibehielt. Sein frisches, namentlich für das Satyrische sich entwickelnde Talent gewann ihm die Theilnahme M. G. Saphir’s und des bekannten Gelehrten und Aesthetikers Dr. Ignaz Jeitteles [Bd. X, S. 122], die ihn beide freundlich förderten und unterstützten. Zehn Jahre lang arbeitete M. an Bäuerle’s „Theater-Zeitung“, an Saphir’s „Humorist“, an der „Gegenwart“ und noch an vielen anderen in- und ausländischen Journalen mit. In den Jahren 1846 und 1847 gab M. unter dem Titel „Brausepulver“ zwei Bände eines humoristischen Albums heraus, in welchem er der Erste in Wien der Caricatur einen Boden schuf, auf dem sie später in den verschiedensten Farben und Schattirungen sich breit machte und in der Gegenwart einen Hauptfactor der Journalistik bildet. Außer dieser illustrirten humoristischen Zeitschrift rief er noch zwei andere, „Der Komet“ und „Die komische Welt“, in’s Leben, welche beide, wie auch die erste „Brausepulver“, M. meistens selbst schrieb, denn damals war Wien noch sehr arm an satyrischen und humoristischen Schriftstellern, insbesondere wagte es nicht leicht Jemand, Saphir sein Terrain streitig zu machen, es wäre denn, wie oben bei Märzroth, unter seiner Aegide geschehen. Neben dieser journalistischen Richtung schlug M. auch noch eine zweite, die dramatische, ein, und er schrieb die Lustspiele „Nur Raffinement“; – „Compromittirt“; – „Bittschriften“; – „Eine unruhige Nacht“; – „Lucretia Borgia“, dieses letztere in Gemeinschaft mit Otto Prechtler; – die Parodie auf die durch Auerbach in’s Leben gerufene Dorfgeschichten-Manie „Der Biberhof“ und das komische Genrebild „Eine Million für einen Erben“, bei welch letzteren beiden der Lustspieldichter Feldmann [Bd. IV, S. 169] sein Mitarbeiter war. Einen stehenden Artikel für ein großes auswärtiges illustrirtes Blatt, nämlich für Hallberger’s „Ueber Land und Meer“, bildeten mehrere Jahre lang M.’s „Wiener Croquis“. welche eine fortlaufende Chronik des geistigen und literarischen Lebens der Metropole an der Donau gestalten. Und in den beliebten Münchener „Fliegenden Blättern“ pflegte M. ein eigenes Genre pikanter poetischer Erzählungen, welche gesammelt, wohl einen stattlichen Band ausmachen würden. Selbstständig erschienen aber von ihm: „Bilder, Lieder und Geschichten, Gedichte in niederösterreichischer Mundart“ (Berlin 1854, Otto Janke, 8°.); – „Liederbuch ohne Goldschnitt“ (Dresden 1856, Schefer, 16°.); – „Satans Leier“ (Prag 1860, Kober und Markgraf, 16°.); – „Spottvögel, Eulenspiegeleien, Falstaffiaden und demokratische Launen“ (Prag 1864, [254] Kober und Markgraf), welches Büchlein auch den IV. Band der „Unterhaltungs-Bibliothek für Eisenbahn-Reisende“ bildet. Der Vollständigkeit wegen sei noch bemerkt, daß von M. in den letzten Jahren auch mehrere größere Romane in Wiener Blättern sind veröffentlicht worden; daß er auch im Volkskalenderwesen sein Schärflein beigesteuert, so z. B. im Jahre 1849 einen komischen Volkskalender unter dem Titel „Der Schalksnarr“ herausgegeben; im Jahre 1862 im Verein mit E. M. Oettinger „Saphir’s Volkskalender“ fortgesetzt und für das Jahr 1862 auf 1863 den „Lustigen Luach. Humoristisch-satyrischer Kalender auf das Jahr 5625“. Von Maier David Purimspieler. Mit Illustrationen (Wien, Markgraf, 8°.) veröffentlicht habe. Seit 1864 besorgt nun M. allein eine Fortsetzung des Saphir’schen Kalenders. In früheren Jahren richtete M. auch auf das Volksschulwesen sein Augenmerk und brachte seine Ansichten nach dieser Seite in einem größeren Aufsatze, der in der Zeitschrift „Austria“ abgedruckt war, dann aber abgesondert unter dem Titel: „Zur Reorganisation des Erziehungswesens“ erschien, zum Ausdrucke. M. lebt seit Jahren in dem Curorte Baden bei Wien und hat als Mitglied der dortigen Gemeindevertretung auch nach dieser Seite eine gemeinnützige Thätigkeit zu entfalten verstanden. Ueber seinen Antrag ehrte sich die Gemeinde durch Aufnahme Grillparzer’s, der sich seit vielen Jahren Baden zur Sommerfrische wählte, in die Zahl ihrer Ehrenbürger; auf seinen Antrag erhielt Beethoven im Helenenthale ein Erinnerungszeichen, und wurde der um Baden verdiente Arzt und Schriftsteller Dr. Schenk durch eine auf dem dortigen Friedhofe ihm errichtete Gedenktafel der Vergessenheit entrissen. Was Märzroth’s schriftstellerische Bedeutung betrifft, so ist bei der Menge und Verschiedenartigkeit seiner Arbeiten jetzt kaum ein endgiltiges Urtheil festzustellen. Als Dichter auf komischem Gebiete spricht sich ein geachtetes Fachblatt „Die Blätter für literarische Unterhaltung“, gelegenheitlich der Beurtheilung seines Büchleins „Satans Leier“ folgendermaßen aus: „Die guten Eigenschaften, die wir M.’s „Liederbuche“ nachrühmten, frische kecke Zuversichtlichkeit, deutsche Herzlichkeit, aufrichtige Feindschaft gegen Mittelmäßigkeit und Egoismus und gegen die Form ohne Geist, wir finden sie in „Satan’s Leier“ wieder. Dazu ist der Blick und Gesichtspunct des Dichters freier geworden, er selbst ist mehr entwickelt, sein Geschmack ist ausgebildeter, sein Humor naturwüchsiger und die Gedanken reicher. Wir haben seit langer Zeit kein Buch zu beurtheilen gehabt, das wie dieses, so durchgängig ein frisches, freies, lachendes Gesicht zeigte; wie auch alles in demselben gährt und sprudelt, doch ist überall Maß und jene Beschränkung zu erkennen, die den Humor allein zu einem ästhetischen macht. Keine Seite seiner Leier ist verstimmt, fast jedes Lied ist frisch, froh, frei und kerngesund.“
- Humorist. Herausgegeben von M. G. Saphir (Wien, kl. Fol.) XXII. Jahrg. (1855), Nr. 32. – Blätter für literar. Unterhaltung (Leipzig, Brockhaus, 4°.) Jahrg. 1861, S. 262; Jahrg. 1863, S. 844.