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BLKÖ:Stanig, Valentin

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Stańek, W.
Band: 37 (1878), ab Seite: 133. (Quelle)
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Stanig, Valentin (Schulmann, Naturforscher und Volksschriftsteller, geb. zu Bodrez im Görzischen 12. Februar 1774, gest. zu Görz 29. April 1847). Bauernsohn, machte er die ersten Studien an den Schulen seiner Heimat; später begab er sich nach Salzburg, wo er, von seinen Eltern auf das kümmerlichste unterstützt, frühzeitig auf den Selbsterwerb seines Lebensunterhaltes angewiesen war und dadurch seinen Thätigkeitsdrang, seine Energie steigerte und seine Selbständigkeit erwarb. Mit besonderem Eifer betrieb er in Salzburg Mathematik und Naturwissenschaft. Mit welcher Energie er in der Ausführung seiner selbstgewählten Entschlüsse vorging, dafür bietet ein Beleg seine Ersteigung des Großglockner. In der Meinung, der Großglockner sei vor ihm noch nicht erstiegen worden, schritt er an die Ausführung dieses Wagestückes. Wie bitter aber wurde er enttäuscht, als er auf der Spitze einen daselbst aufgepflanzten Tannenbaum gewahrte. Um aber doch noch höher als sein Vorgänger zu gelangen, erkletterte er die Spitze des Tannenbaumes. Dieser Zug nach dem Höheren, aber nicht bloß im Ersteigen von Bergen, sondern in der Pflege der höchsten, nämlich der geistigen Güter des Lebens, verließ ihn sein Lebelang nicht. Als Bergsteiger besaß S. einen ausgezeichneten Ruf. Es wird weiter unten seiner Erfolge in dieser Richtung noch näher gedacht. Am 6. Jänner 1802 wurde S. zum Priester geweiht, und nun trat er in die Seelsorge, und zwar zuerst als Aushilfspriester am Nonnberge in Salzburg, dann in Bainsiza, wo er unter einem baufälligen Strohdache siebenthalb Jahre sein Seelsorgeramt ausübte. Von dort kam er nach Ronzina, wo er zehn und ein halb Jahr verblieb. Seinen Hauptberuf – in Kirche und Schule – erfüllte er mit dem ganzen Pflichtgefühl des echten Priesters. Diese Jahre, 1803 bis 1819, seiner seelsorgerlichen Wirksamkeit haben sein Andenken lange noch, nachdem er bereits an anderen Orten wirkte, in jenen Gemeinden erhalten. [134] Aber auch sonst war er für das Gedeihen und die Wohlfahrt seiner kirchlichen Gemeinde unausgesetzt thätig. Interessant ist es, wie er im Görzer Kreise – der Erste – die Kuhpockenimpfung einführte. Er übertrug nämlich, um den Abscheu und den Widerwillen so vieler gegen die Procedur des Impfens zu überwinden, den Impfstoff mittelst Heckendörnern. Selbst ein geschickter Gärtner und Obstbaumzüchter. suchte er für Obstzucht wie für andere ländliche Culturzweige überall den Sinn zu wecken und dieselben in seinen Gemeinden nach Kräften zu fördern. Als gelegentlich der französischen Invasion die Isonzobrücke bei Canale abgetragen worden, war es Stanig, der den Bau einer Nothbrücke anregte und mit Rath und That ihre Herstellung vollenden half. Da er selbst in verschiedenen mechanischen Beschäftigungen, wie im Buchbinden. Holzarbeiten, Drechseln u. d. m. – Beschäftigungen, die er bis zu seinem Tode und im Alter zu seinem Nachtheile übte – sehr erfahren war, so zeigte er sich auch sonst noch als werkthätiger Rathgeber, der überall half und mit seinen Kenntnissen, wo es nöthig war, eintrat. In seinem ganzen Wesen gottesfürchtig, ja weise, aber dabei naiv, schloß er seinen amtlichen Bericht über die Hungersnoth, welche im Jahre 1817 jene Gegenden so schwer heimsuchte, welches Actenstück unmittelbar in die Hände des Monarchen gelangen mußte, mit den schlickten Versen: Uns drückt Noth | Franz! gib Brod | Sonst, o Gott | Schneller Tod! Und der Kaiser, von dieser eindringlichen Bitte gerührt, gab schnell Brod, und behielt den würdigen Priester im Gedächtnisse, denn schon zwei Jahre später. 1819, wurde der Ronziner Caplan zum Domherrn an der Görzer Kathedrale ernannt. Als Domherr bethätigte S. nicht weniger seinen humanen Sinn, wie vordem als einfacher Caplan. Im Jahre 1828 wurde er überdieß zum k. k. Schuloberaufseher ernannt. Nun befanden sich im Küstenlande in damaliger Zeit die Schulen in den primitivsten Verhältnissen und das ganze Schulwesen auf tiefster Stufe. Auch hier entfaltete S., soweit es in seinen Kräften lag, eine wohlthätige, freilich nur langsam Früchte tragende Thätigkeit. Ein besonderes Verdienst S.’s ist sein Antheil an der Gründung, Organisirung und Leitung des Görzer Taubstummen-Institutes, in welcher Angelegenheit er dem Görzer Fürstbischof Franz X. Luschin [Bd. XVI, S. 164] in förderndster Weise zur Seite stand. Das Institut trat mit Anfang November 1840 ins Leben und wurde bis 1842 blos durch Gaben der Privatwohlthätigkeit erhalten. Im Jahre 1842 bewilligte der Kaiser dem Institute eine jährliche Unterstützung von 2150 fl. Innerhalb der ersten sieben Jahre betrug die Anzahl der aufgenommenen Taubstummen 34 männliche, 19 weibliche, zusammen 53. Stanig widmete dem Institute seine ganze Thätigkeit, und um sich ihm ausschließend zuzuwenden, wollte der 73jährige Greis seine Schuloberaufseherstelle, die ihn doch stark in Anspruch nahm, niederlegen, als Director in das Taubstummen-Institut übersiedeln, als der Tod die Ausführung dieses Vorhabens vereitelte. Auch an der Gründung des Görzer Vereines gegen Thierquälerei im Jahre 1842 hatte er wesentlichen Antheil und war fortan dessen Seele als Vorstandsstellvertreter. In seinem Leben war er so schlicht, in seinen Genüssen so sparsam, daß er von seinem nicht eben hoch dotirten Domherrngehalte ein Capital [135] erübrigt hatte, dessen Interessen, wie er verfügte, eine jährliche Schulstipendienstiftung von 50 fl. bilden sollten. Wir haben bisher vornehmlich über den Priester und Humanisten Stanig berichtet. Wir haben noch einiges über den Freund der Natur und den Poeten zu erzählen. Stanig war ein vorzüglicher Botaniker, und schon zur Zeit, als er noch in Salzburg Theologie studirte und dann einige Zeit als Aushilfspriester am Nonnberg thätig war (1799 bis 1802), botanisirte er fleißig und hatte ein vollständiges Herbar der Flora von Salzburg gesammelt. Er hatte an dem Felsenabhange des Nonnberges eine terrassenförmige Anlage von Alpenpflanzen eingerichtet und mit besonderer Sorgfalt gepflegt. Der berühmte Botaniker Hoppe [Bd. IX, S. 260] berichtet über dieses Gärtchen und seinen Umgang mit Stanig (1800) in seiner zu Regensburg im Jahre 1849 von Fürnrohr herausgegebenen „Selbstbiographie“. Seiner Vorliebe für Wanderungen ins Gebirge, für Ersteigung von Bergesspitzen, die vor ihm niemand besucht, wurde bereits erwähnt. Auch über einige komische Zwischenfälle bei solchen Bergersteigungen weiß Hoppe am angezeigten Orte manches zu erzählen. Außer dem Großglockner erstieg aber S. auch noch im Jahre 1808 den berühmten, über 9000 Fuß hohen Berg Triglav in der Wochein; die in den Quellen angeführten Blätter aus Krain enthalten seine eigene Beschreibung dieser Ersteigung. Auch noch viele andere Gebirgsspitzen der Central- und der nördlichen und südlichen Kalkalpen hatte er erstiegen. Was nun seine oben erwähnte schriftstellerische Thätigkeit betrifft, so sprach sie sich zunächst in einer nicht geringen Anzahl von Gedichten in krainerischer und deutscher Sprache aus, welche in seinem Nachlasse, in Heften gesammelt, sich vorfanden. Vielleicht als Beitrag zu seiner Charakteristik und wie dieser sittenstrenge, echt humane, dieser Priester, wie er sein soll, unbefangen gegenüber dichterischen Schöpfungen war, möge die Thatsache dienen, daß er Bürger’s berühmte Ballade „Der Kaiser und der Abt“ ins Slovenische übertrug und drucken ließ. Viele seiner slovenischen Lieder – die bibliographischen Titel derselben folgen unten – waren Uebersetzungen aus dem Mildheimischen Liederbuche. Mehrere seiner religiösen Dichtungen haben Melodien erhalten und leben im Volksmunde fort. Die Titel der von Stanig in Druck erschienenen Schriften sind: „Pesme sa kmete ino mlade ljudi“, d. i. Lieder für das Landvolk und die Jugend (Görz 1822, 32 Seiten, 8°.); es sind 24 Lieder aus dem Mildheimer Liederbuche und zwei Originallieder; – „Zesar ino prelat is njemshkiga prestavie V. St***k“; – „Roshże na grob Marjane D***, ktera je v’eseni 1820 vmerla“, d. i. Der Kaiser und der Abt, aus dem Deutschen übersetzt; – Rose auf das Grab der Marianna D., die im Frühling 1820 gestorben, (s. l. et a. [1828]); – „Pristavik nekterih cerkvenih in drugih pesem“, d. i. Sammlung einiger kirchlicher und anderer Lieder (1826); – „Drugi pristavik starih in novih cerkven in druzih pesem“, d. i. Zweite Sammlung alter und neuer Kirchen- und anderer Lieder; – „Visha h’ s. mashi slushíti. Vezherna pesm fantizha“, d. i. Anleitung, die heilige Messe zu hören. Abendlied (gedruckt zwischen 1822–1830). Die oben erwähnte, in seinem Nachlasse vorgefundene handschriftliche Liedersammlung enthält neben originalen Dichtungen [136] meist Uebersetzungen aus Gellert, Bürger und anderen deutschen Dichtern. Šafařik bemerkt, was die schriftstellerischen Arbeiten Stanig’s betrifft, daß Stanig in den Görzer Gegenden, und wahrscheinlich im Triester Gubernium überhaupt, den Bischof Ravnikar [Bd. XXV, S. 43] ausgenommen, der Einzige war, der mit der krainischen Sprache sich befaßte; deßhalb verdienen seine Arbeiten, wie die eines Jarnik [Bd. X, S. 105] in Kärnten und eines Damko in Steiermark, um so mehr Anerkennung, wenn sie auch sonst auf einer mehr untergeordneten Stufe stehen. Die letzten Jahre des Greises wurden durch ein Augenübel getrübt, das er sich durch seine Hilfeleistung bei dem Brande einer Bauernhütte zugezogen, da ohnehin seine Sehkraft durch seine vielen Arbeiten bis in die tiefe Nacht – wovon er trotz aller Mahnungen, sich zu schonen, nicht abließ – sehr geschwächt war. Es wären ihm trotz seines hohen Alters vielleicht noch manche Jahre gegönnt gewesen, aber durch das Heben eines Bausteines führte er einen Blutsturz herbei, der ihn auf das Krankenlager warf und schon nach wenigen Tagen tödtete. Doch blieb er bis zu seinen letzten Augenblicken bei voller Geisteskraft; um sich die Sterbegebete vorlesen zu lassen, stand er noch selbst vom Bette auf, um das Gebetbuch aus dem Schranke zu holen; dann während des Betens fühlte er seinen Puls, zählte die Schläge und mit den Worten: „Nun sterbe ich“, hauchte er seine Seele aus. Die Trauer bei der Nachricht von dem Tode des würdigen Priesters, des unvergeßlichen Humanisten war eine allgemeine. Stanig würde sprachlich regelrecht Stanic oder Stanik geschrieben werden müssen, er selbst aber schrieb sich Stanig, deßhalb wurde diese Schreibweise seines Namens beibehalten.

Bleiweis (J. Dr.), Koledarcik slovenski za leto 1856 (Laibach, 12°.), S. 17. – Almanac di Gorizia... Compilad da Z. L. Filli (Görz 1858, Paternolli, 16°.) Anno IV, p. 27: Biografia di Valentin Stanig. – Kehrein (Jos.), Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhundert (Zürich, Stuttgart, Würzburg 1871, Leo Wörl, gr. 8°.), Bd. II, S. 168, – Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar 1849, B. F. Voigt, kl. 8°.) XXV. Jahrg. (1847), 1. Theil. Seite 297, Nr. 108. – Wiener Zeitung 1847, Nr. 190. – Brümmer (Franz), Deutsches Dichter-Lexikon. Biographische und bibliographische Mittheilungen über deutsche Dichter aller Zeiten (Eichstädt und Stuttgart 1817, Krüll, schm. 4°.), Band II, Seite 378. – Paul Joseph Šafárík’s Geschichte der südslavischen Literatur. Aus dessen handschriftlichem Nachlasse herausgegeben von Jos. Jireček (Prag 1864, Friedr. Tempsky, 8°.) I. Slovenisches und glagolitisches Schriftthum, S. 40, 81, 84 und 147. – Blätter aus Krain. Beilage zur Laibacher Zeitung (Laibach, 4°.), I. Jahrg. (1857), Nr. 19: „Zur Geschichte der Triglav-Ersteigungen“. – Storch (Franz Dr.), Skizzen zu einer naturhistorischen Topographie des Herzogthums Salzburg (Salzburg 1857, Mayr, 8°.), Bd. I, S. 13, im Aufsatze: „Geschichte der botanischen Forschungen in Salzburg“. Von H. Reitzenbeck[WS 1] [erscheint hier als Stanich].
Porträt. Unterschrift: Facsimile des Namenszuges Valentin Stanig. Holzschnitt [auch in BleiweisKoledarcik].

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: H. Reitzenbach.