Die Sächsische Maschinenbau-Werkstatt

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Titel: Die Sächsische Maschinenbau-Werkstatt
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aus: Album der Sächsischen Industrie Band 1, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 1, Seite 20–26
Herausgeber: Louis Oeser
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Maschinen-Fabrik von Louis Schönherr und Seidler in Chemnitz.

[20] Nach einigen nothwendigen Abschweifungen kehren wir wieder zur Kathedrale der sächsischen Industrie, unserm lieben, viel und mit Recht gefeierten Chemnitz, zurück und fassen da vorerst die sogenannte Sächsische Maschinenbau-Werkstatt, jene wahre Colonie von Fabrik-Etablissements, in’s Auge.




Die Sächsische Maschinenbau-Werkstatt.
(Mit Abbildung.)

Tönt uns das Hämmern und Pochen aus der Kesselschmiede von Richard Hartmann noch gewaltig in den Ohren, und bewegt sich der colossale Dampfhammer noch vor unsern Augen, so athmen wir frei auf, wenn wir gleich hinter der Fabrik den Schloßdamm, den angenehmsten Spaziergang der Chemnitzer, betreten. Ein sehr großer Teich, theilweise mit Schilf bewachsen, breitet seinen Spiegel vor uns aus, eine Zahl bunter Schiffchen bewegt sich auf dem Wasser, von rüstigen Ruderinnen eben so oft als von jungen Männern in Matrosenkleidung bewegt. Den Hintergrund bildet der Schloßberg, ein sich lang hinziehender Hügel, auf welchem die Gebäude des ehemaligen Benedictinerklosters, aus der letzten Zeit des Klosterlebens stammend, eine würdige Gruppe bilden, das eigentliche „Schloß Chemnitz“, welches den stolzen Namen eines Schlosses annahm, als die schön gelegenen Klostergebäude zur Sommerresidenz einer churfürstlichen Wittwe eingerichtet wurden, ohne jemals wirklich zur Residenz zu dienen. Verunstaltet wird leider die Parthie durch die geschmacklosen Neubauten des gleich neben dem alten Kloster befindlichen Schloßvorwerks. Wir ersteigen den Schloßberg, erfreuen uns in einem der daselbst befindlichen öffentlichen Gärten der Aussicht über den Teich, der größte Theil der Stadt mit dem neuen Bahnhofsgebäude liegt im Vordergrunde, mit den zahllosen Dampfessen, diesem Wahrzeichen der ausgebreiteten, leider fast thurmlosen Stadt. Aber unser Führer drängt uns, die Stufen des Berges herabzusteigen, und zwischen der Schloßmühle, einigen kleinen Häusern, wie sie um alte Schlösser zu stehen pflegen, und der wohlbekannten Hübner’schen Wachstuchfabrik hindurch, dem kleinen Schloßwasser entlang zu gehen, bis wir nach wenigen Minuten auf einen freien Platz gelangen, auf welchem wir den Chemnitzfluß wiederfinden, der theils den mäandrisch sich windenden Mühlgraben füllt, theils in dem tiefen Bette des alten Wassers regelmäßig sehr wenig Wasser enthält. Vor uns sehen wir die Gebäude der sächsischen Maschinenbau-Werkstatt. Nur die älteren Gebäude sind von hier aus sichtbar, da sie den größern Theil des ausgedehnten Grundstücks bedecken.

Diese Gebäude spielen eine Rolle in der Geschichte der sächsischen Industrie.

Ihr erster Ursprung geht zurück bis Anfang dieses Jahrhunderts, wo Wöhler die erste Mulespinnerei begründete, welche von C. G. Haubold erpachtet, dann gekauft und mit einer Maschinenbauwerkstatt verbunden wurde, die dann im Jahre 1836 an eine Actiengesellschaft überging, welche diesem Etablissement den [21] Namen „Sächs. Maschinenbau-Werkstatt“ verlieh; es war die sächsische Maschinenbau-Compagnie in Chemnitz, welche sich mit einem Capitale von einer halben Million Thaler constituirt hatte.

Man sagt, daß die eigentlichen Schöpfer der Idee dieses Unternehmens anfangs Riesa als den Platz sich gedacht hatten, wo, begünstigt durch die Elbe, die Leipzig-Dresdner und die erzgebirgische Eisenbahn, sich ein großartiges industrielles Atelier entfalten sollte. – Gewisse Verhältnisse aber brachten eine andere Disposition und die Begründung dieser wichtigen Werkstätte in Chemnitz zu Wege. Hier beschäftigte sich dieselbe anfangs mit dem Bau von Spinnmaschinen aller Art, Wasserrädern, treibendem Zeug, Dampfmaschinen und Papiermaschinen, wozu sie bereits von Haubold eingerichtet war. – Später erweiterte man den Complex durch mehrere Gebäulichkeiten, Kupolöfen, Eisenhämmer, Puddlingöfen, zum Bau von Locomotiven, wozu man allerdings eine Menge Hilfsmaschinen und Constructionswerkzeuge nöthig hatte, deren Ingangsetzung viel Zeit und Kosten in Anspruch nahm. –

Diese Maschinenwerkstätte war damals in Deutschland eine der am besten ausgerüstetsten und im Stande, jeglicher Forderung in Bezug auf technische Leistung zu genügen. – Da aber die Begründer dieses Unternehmens mehr von einem lokalen Chemnitzer Gesichtspunkte ausgingen, und deswegen ausschließlich die ganze Kraft auf Chemnitz und sein Industrie-Maschinenwesen beschränkten, so wurde, als das Maschinenwesen in Chemnitz fast ganz darniederlag, der Betrieb dieser Werkstatt sehr verringert und beschränkt. Es kamen dann später noch andere Umstände hinzu, welche bewirkten, daß diese Maschinenbau-Werkstatt immer mehr herabkam.

Obgleich diese Gesellschaft, wie hieraus hervorgeht, wenig prosperirte, so hat sie doch viel Gutes gewirkt und ist wohl nicht mit Unrecht die Mutter zu nennen von manchem andern ähnlichen Geschäft. – Im Jahr 1852 ging dieses große, damals mit circa 50,000 Thalern versicherte, in der herrlichsten Gegend nur einige Hundert Schritte von der Eisenbahn entfernt gelegene Etablissement an den jetzigen Besitzer, Herrn Kaufmann Louis Benndorf in Chemnitz, über, der es sich zunächst zur Aufgabe machte, die vorhandenen Wasserkräfte durch Aufstellung von 4 Turbinen gehörig auszunutzen, dann die Gebäude, die gegenwärtig über 80,000 Thaler in der Landesbrandkasse versichert sind, auszubauen und zu verbessern. Diese nehmen jetzt eine Fläche von 63,000 Quadratfuß ein. So groß diese Räume sind, so reichen solche doch nicht mehr aus und dürften binnen Kurzem mehrere Neubauten deshalb bevorstehen.

Von Herrn Benndorf muß der Wahrheit getreu noch bemerkt werden, daß er, nachdem er dieses Grundstück um sehr billigen Preis gekauft, bedeutende Capitalien aufgewendet hat, Alles in den besten Stand zu setzen und in die verödeten Räume eine ganze Colonie lebenskräftiger Industrie-Anstalten einzuführen.

So finden wir in diesem berühmten Gebäude-Complex in den von ihnen erpachteten Räumen folgende wichtige und berühmte Etablissements:

1) Die Maschinenfabrik von Louis Schönherr & Seidler, berühmt durch die Erfindung und Erbauung der sogenannten Schönherr’schen mechanischen Webestühle;

2) die Streichgarnspinnerei und mechanische Flanellweberei von Carl Moritz Fiedler, welcher das besondere Verdienst hat, die Flanellfabrikation auf Maschinenstühlen zuerst nach Chemnitz gebracht zu haben;

3) die Cylinderfabrikation und Erbauung von Nähmaschinen von Wilhelm Brunk, dessen Nähmaschinen wegen ihrer Leistungen sehr gerühmt werden;

4) die Baumwollspinnerei von Julius Walter, der den ersten Epurateur hier aufgestellt hat;

5) die Buntwaarenfabrik von Ufert & Eifler, wovon hier in diesen Gebäuden nur die mechanischen Webstühle gehen, die Handstühle befinden sich in ihrem eigenen Fabrikgebäude in der Zimmerstraße. Ufert ist berühmt und bekannt als der Erfinder einer nach ihm benannten Trittmaschine zur Jacquardweberei, wofür er auch von der Staatsregierung eine Belobung und Belohnung erhalten hat.

[22] Gewiß eine seltene Vereinigung wichtiger industrieller Kräfte, die nicht leicht irgendwo so nahe an einander gereihet zum zweiten Male angetroffen werden dürften.

Gehen wir auf die großartige Werkstätte selbst näher ein, so müssen wir noch bemerken, daß das ganze in Feldern, Wiesen und Hofräumen bestehende Areal circa 60 Dresdener Scheffel faßt und aus acht Hauptgebäuden mit einigen Schuppen und Nebengebäuden besteht.

Die Gebäude selbst bergen in ihren Räumen, wie auch zum Theil aus dem Vorhergehenden hervorgeht:

1) die Streichgarn-Spinnerei mit Wollwäsche und Färberei v. C. M. Fiedler;
2) die mechanische Flanellweberei mit Stühlen von Louis Schönherr & Seidler
3) die Cylinder-Fabrikation von Wilhelm Brunk;
4) die Nähmaschinen-Fabrikation
5) die Baumwollspinnerei von Julius Walter;
6) die mechanische Jaquardweberei von Ufert & Eilfler, mit patentirten Stühlen von Louis Schönherr & Seidler;
7) die Maschinenfabrik von L. Schönherr & Seidler; in derselben, die mit einer großen Schmiede zu 12 Feuern, Schleiferei und Eisengießerei verbunden ist, werden mechanische Webstühle nach eigenem patentirten System für Tuch, Croisé, Satin, Damaste, Leinen, Kattune und Kettenvorbereitungsapparate, Ketten- und Schuß-Spulmaschinen, sowie auch alle andern zur mechanischen Weberei erforderlichen Maschinen und Vorrichtungen gefertiget.

Wir werden später diese einzelnen Etablissements noch besonders in’s Auge fassen und jedem einzelnen davon einen besondern Abschnitt widmen. Das Etablissement der Herren Ufert & Eifler findet seine besondere Besprechung später bei Abbildung ihres eigenen Fabrikgebäudes in der Zimmerstraße. Für jetzt bleiben wir noch bei dem Ganzen stehen und haben wir noch Folgendes dem Erwähnten hinzuzufügen.

Die vorhandene Wasserkraft wird durch 4 Turbinen benutzt, die zusammen 42 Pferdekraft ausüben, außerdem ist noch vorhanden

eine Dampfmaschine von 35 Pferdekraft,
eine dergl. von 20 Pferdekraft und
eine dergl. von 25 Pferdekraft wurde vor Kurzem aufgestellt.

Daß die Lage des Benndorf’schen Besitzthums eine höchst günstige ist, fällt sogleich in die Augen wegen der großen Nähe der Eisenbahn, und beabsichtigt auch Herr Benndorf, seinen Gebäude-Complex durch ein eigens herzustellendes Gleis mit der Eisenbahn selbst in Verbindung zu bringen, wozu die Hohe Staatsregierung ihm hoffentlich die Genehmigung wohl nicht vorenthalten wird.

Unsere Abbildung führt die Unterschrift: „Maschinen-Fabrik von Louis Schönherr & Seidler“, weil dieses Etablissement eines der wichtigsten dieser Industrie-Colonie ist; doch sollte die Unterschrift eigentlich heißen: „Die Sächsische Maschinenbau-Werkstatt in Chemnitz,“ was wir gütigst zu beachten bitten.



[23] Den Reihen der verschiedenen Etablissements dieser hochwichtigen Industrie-Werkstätte eröffnen wir mit Fug und Recht mit einem der berühmtesten und wohlbekanntesten derselben, mit der


Maschinenfabrik von Louis Schönherr & Seidler.

Louis Schönherr, aus Plauen im Voigtlande gebürtig, unbestreitbar ein genialer Erfinder, wie ihn mit Recht schon Friedrich Georg Wieck nannte, baute seit 1837 in Gemeinschaft mit seinem Bruder Wilhelm Schönherr den von ihnen erfundenen und nach ihnen benannten mechanischen Webstuhl zu Nieder-Schlema bei Schneeberg, der in mehreren Ländern patentirt wurde. Wie es aber in Deutschland in der Regel Erfindern ergehet, konnten auch die Gebrüder Schönherr nicht nach Wunsche prosperiren, was seinen Grund hauptsächlich darin hatte, daß man in Deutschland mit der mechanischen Weberei nicht so recht fortgehen wollte. Die günstige Meinung für diese Stühle mußte sich erst nach und nach durcharbeiten und ihre Tauglichkeit sich unbestreitbar feststellen, ehe es gelingen konnte, die Concurrenz der englischen Maschinenwebstühle, die eine langjährige Erprobung für sich hatten, einigermaßen niederzuhalten.

Erst der großen Londoner Welt-Industrie-Ausstellung war es vorbehalten, bei vielen Deutschen, welche nicht allein diese Ausstellung, sondern bei ihrer Anwesenheit in England auch manche Fabrik besucht hatten, eine günstigere Meinung für den mechanischen Webstuhl zu erwecken und Platz greifen zu lassen, und man sah sich somit nun in Deutschland nach Maschinenbauern um, die im Baue solcher mechanischen Webstühle schon einigen Ruf erlangt hatten. Da richteten sich natürlich die Augen auf Louis Schönherr, der ja schon seit einer Reihe von Jahren nur mechanische Webstühle gebaut hatte, und er wurde jetzt von allen Seiten aufgefordert, seine Force geltend zu machen, was denn auch in Verbindung mit seinem jetzigen Associé, Herrn Ernst Seidler in Chemnitz, da jener die im Verein mit seinem Bruder, wie oben erwähnt, früher betriebene Maschinenwerkstatt schon vor mehreren Jahren verlassen hatte, in Ausführung gebracht wurde, indem Beide im Jahre 1852 gemeinschaftlich eine Werkstatt zur ausschließlichen Anfertigung von mechanischen Webstühlen in Chemnitz errichteten. Sie begannen das Geschäft zuerst mit 15 Arbeitern, welches aber stets in schnellem Wachsen begriffen war und noch ist, was schon durch die jetzige Zahl der Arbeiter, die über 160 Mann beträgt, bewiesen wird.

Der leitende Hauptgrundsatz dieses Etablissements ist, keinem anderen Constructeur oder Erfinder etwas nachzubauen, sondern nur Constructionen von Louis Schönherr’schen Erfindungen in Ausführung zu bringen, die übrigens bereits in England, Frankreich, Belgien, Oesterreich, Preußen, Schweden, Hannover und Sachsen patentirt sind.

Es bezweckt dasselbe daher einzig und allein den Maschinenbau, der aber nur, wie schon erwähnt, die Erbauung mechanischer Webstühle von Louis Schönherr’scher patentirter Erfindung und Herstellung anderer bei der mechanischen Weberei nöthigen Maschinen und Vorrichtungen in sich faßt.

Mit Erbauung anderer Maschinen befaßt sich dieses Etablissement grundsätzlich nicht, sondern widmet sich vielmehr nur einzig dieser Branche und verwendet darauf ausschließlich seine pecuniären und intellectuellen Kräfte, wodurch es in den Stand gesetzt wird, eine immer größere Vollkommenheit in diesem seinen besonderen Fache zu erlangen, welche nicht so leicht von der Concurrenz übertroffen werden kann; es steht das Schönherr’- und Seidler’sche auch als das einzige Etablissement dieser Art in Deutschland bis jetzt da, welches von Jahr zu Jahr an Blüthe und Berühmtheit zunimmt.

Obgleich diese Fabrik den feststehenden Grundsatz hat, Gewerbe- und Industrie-Ausstellungen mit ihren Maschinen nie zu beschicken, so ist sie doch seit ihrer Entstehung im Jahre 1852 stets so vollauf beschäftigt gewesen, daß sie, selbst bei den durch den Krieg eingetretenen allgemeinen Geschäftsstockungen in den Jahren 1854 und 1855, immer nur in Verlegenheit gewesen ist, wen sie von den vielen Bestellern zuerst bedienen [24] soll. – Ja, grade diese Kriegsjahre wirkten sogar mittelbar sehr wohlthätig für dieses Etablissement, da durch die Mobilmachung in den verschiedenen Staaten der Weberei sehr viele Arbeitskräfte entzogen wurden und daher viele Fabrikanten zur mechanischen Weberei übergehen mußten, die sich mit ihren Aufträgen nun hierher wendeten.

Das Geschäft selbst nimmt einen Theil der Fabrikgebäude ein, welche zu dem Complex der Benndorfschen Sächsischen-Maschinenbau-Werkstatt gehören und welche Räumlichkeiten von den Herren Schönherr und Seidler erpachtet sind. Ueber die günstige Lage dieser Industrie-Colonie und demnach auch des hier jetzt in Rede stehenden Etablissements ist schon oben das Nähere auseinander gesetzt worden.

Das von dieser Fabrik innegehabte Hauptgebäude ist 460 Fuß lang und befindet sich in der ersten Abtheilung die Eisengießerei mit einer Turbine von 8 Pferdekraft;

in einer zweiten Abtheilung finden wir Parterre zwei Turbinen, davon eine von 12, die andere von 8 Pferdekraft, welche zusammen arbeiten; es werden von diesen zwei Turbinen die in der Parterrelocalität aufgestellten Hilfsmaschinen, als Hobelmaschinen, Drehbänke, Bohrmaschinen, Cirkelsäge und noch andere in Activität gesetzt, während die Turbine in der Gießerei zum Betriebe von Ventilatoren und der Schleiferei dienen.

Im ersten Stock über der zweiten Abtheilung befindet sich die Schlosserei und der Raum zum Montiren der Maschinen

und im Dachsaale, der erst vor Kurzem etablirt worden ist, die Tischlerei.

In dem Nebengebäude seitwärts neben der oben erwähnten ersten Abtheilung des Hauptgebäudes treffen wir die Schmiede mit 12 Schmiedefeuern, die Schleiferei und die Polirapparate;

in dem Nebengebäude neben der zweiten Abtheilung des Hauptgebäudes sind die Comptoirlocalitäten und die Zeichnenzimmer, sowie die Niederlage fertiger Theile.

Die Haupterzeugnisse, welche aus dieser industriellen Anstalt hervorgehen, sind, noch einmal zusammengefaßt, demnach: die mechanischen Webestühle nach dem Schönherr’schen patentirten Systeme für Tuch, Croisé, Satin, Bukskin, Cassinet, Flanell, Thibet, Orleans, Damast, Drill, Leinen, Cattun u.s.w.; Kettenvorbereitungs-Apparate, Ketten- und Schuß-Spulmaschinen, sowie auch alle andern zur mechanischen Weberei erforderlichen Maschinen und Vorrichtungen.

Es sind die hieraus hervorgegangenen Maschinen bis jetzt gesandt worden: nach Oesterreich, Preußen, Rußland, Polen, Dänemark, Schweden, Norwegen, Belgien, Frankreich, Hannover, Baden, Württemberg, Baiern, Sachsen, nach der Schweiz und überhaupt nach allen Fabrikationsdistrikten, wo Weberei heimisch ist. Wegen Ausbeutung der Patente haben die Herren Schönherr & Seidler auch in Belgien ein und in Frankreich zwei Verkaufsetablissements oder Commanditen.

Die Zahl der Fabrikarbeiter beträgt gegenwärtig über 160 Mann, an Schmieden, Schlossern, Drehern, Tischlern, Eisenziehern, Webern und noch einigen andern Handarbeitern; hierzu kommen noch 4 Comptoiristen, ein Zeichner, zwei Reisende und ein Agent. Als Maschinenkräfte arbeiten darin: 52 Hilfsmaschinen, als: Hobelmaschinen, Drehbänke, Bohrmaschinen, Ventilatoren, Schleif- und Polir-Apparate etc. – Die Wasserkraft der vorhandenen drei Turbinen (zwei à 8 und eine à 12 Pferdekraft) beträgt zusammen 28 Pferdekraft. Diese reicht jedoch nicht mehr aus, und wird daher eine neue Dampfmaschine von 25 Pferdekraft gebaut, um damit die Triebkraft zu vermehren.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß dieses Etablissement ein sehr lebenskräftiges ist, dem noch eine sehr günstige und größere Zukunft bevorsteht, und gehört dasselbe unbestritten zu den wichtigsten und ruhmvollsten in ganz Deutschland, da es mit England kühn in Wettstreit getreten ist und namentlich bei einer Hauptforce desselben, der Maschinenweberei, durch seine Erfindungen mit großem Glück concurrirt!



[25] In denselben Gebäuden der ehemaligen Sächsischen Maschinenbau-Werkstatt, in welchen wir die Maschinen-Fabrik von Louis Schönherr und Seidler angetroffen haben, befindet sich auch


Die Cylinder- und Nähmaschinen-Fabrik von Wilhelm Brunk.


Herr Wilhelm Brunk, früher schon als selbstständiger Maschinenfabrikant etablirt, später fünfzehn Jahre lang in der F. G. Haubold’schen Fabrik, sowie hierauf bei der Sächsischen Maschinenbau-Compagnie als Werkmeister über die Cylinderfabrikation angestellt, gründete vor 4 Jahren dieses sein Etablissement, das sich des besten Fortganges erfreuet.

Die Haupt-Branche desselben ist die Fabrikation von gereifelten eisernen Cylindern zu allerhand Spinnmaschinen, und haben diese von Wilhelm Brunk gefertigten Cylinder sich in ganz Deutschland einen ausgebreiteten, vorzüglich guten Ruf erworben. Sie finden ihren vorzüglichsten Absatz in den Chemnitzer- und in den benachbarten Maschinenbau-Werkstätten.

Zu Anfange dieses Jahres (1856) verband Herr Wilhelm Brunk hiermit auch noch die Anfertigung neuer Nähmaschinen für Weiß-, Tuch- und Hutnäherei, deren Leistungen sehr gerühmt werden. Sie werden meistentheils nur auf vorgängige Bestellung angefertigt und gehen jederzeit vielfache Aufträge nicht nur aus dem Inlande, sondern auch namentlich aus dem Auslande darauf ein, so daß diesem Betriebszweige für die Folge wohl unbedingt noch eine ganz besondere Blüthe bevorsteht.

Dieses Etablissement beschäftigt 12 Hülfsmaschinen, als: Reifelmaschinen und Drehmaschinen, woran sich als hiervon unabhängig und gesondert noch die Schraubstöcke reihen; als Betriebskraft arbeitet hierselbst eine Turbine, und fünfzehn bis zwanzig Fabrikarbeiter sind fortwährend in dieser industriellen Anstalt beschäftigt, welche unter den vielen Chemnitzer Fabrik-Etablissements zwar keine der hervorragendsten Stellungen einnimmt, aber doch unbedingt würdig seinen Platz ausfüllt und sich einer allgemeinen Achtung erfreut. –




Setzen wir unsere Wanderung durch die weitläufigen Räume der Sächsischen Maschinenbau-Werkstatt fort, so treffen wir nun auf


Die Baumwollspinnerei von Julius Walter.


Der vor Kurzem noch jung verstorbene Gründer dieses Etablissements, Herr Julius Walter, hat theils ältere Maschinen neu angerichtet, theils ganz neue aufgestellt und hat namentlich das Verdienst, wie schon erwähnt, den ersten Epurateur in Chemnitz aufgestellt zu haben.

Der jetzige Besitzer, Herr C. G. Kirchner, betreibt die Baumwollspinnerei gegenwärtig mit 3500 Feinspindeln, welche durch eine zwanzig Pferdekraft enthaltende Dampfmaschine in Betrieb gesetzt und erhalten werden.


[26] Das Etablissement selbst besteht aus einem Hauptgebäude, worinnen die Vorrichtungs-Maschinen und die Feinspinn-Maschinen,

und aus einem angebauten Nebengebäude, worin sich die Schlosser-Werkstatt und die Dampfmaschine befinden.

Ausschließlich werden hierinnen Barchentgarn und Mule-Garne in den Sorten von Nr. 10 bis 20 gesponnen und finden diese unter Anderen vorzüglichen Absatz in Sachsen, Schlesien und Böhmen.

Es werden gegenwärtig hier fortwährend 80 Leute beschäftigt, darunter fünf Maschinisten und fünf Fabrikarbeiter, und steht das Ganze unter der Leitung eines Directors, des Herrn Theuerkorn aus Leipzig.

Diese in bester Blüthe stehende Industrie-Anstalt ist nach und nach immer mehr vergrößert und erweitert worden und steht ein Gleiches auch für die Folge noch in Aussicht.




Den Schluß unserer Rundschau durch die verschiedenen Industrie-Etablissements der Benndorf’schen sogenannten Sächsischen Maschinenbau-Werkstatt bildet


Die Streichgarnspinnerei und mechanische Flanellweberei von Carl Moritz Fiedler.


In dem einen Gebäude finden wir die Streichgarn-Spinnerei mit Wollwäsche und Färberei,

und in einem andern die mechanische Flanellweberei mit Stühlen von Louis Schönherr und Seidler.

Herr Fiedler hat, wie bereits erwähnt, das besondere Verdienst, die Flanellweberei auf Maschinenstühlen nach Chemnitz gebracht zu haben, da in Hainichen die Weber ganz gegen Einführung dieser Maschinenstühle eingenommen waren.

Wir bedauern sehr, hier nicht näher und ausführlicher auf dieses Etablissement eingehen zu können, da Herr Carl Moritz Fiedler es nicht für der Mühe werth gehalten hat, uns auf unser mehrmaliges Ersuchen die gewünschten nöthigen Angaben darüber zu geben, ja es hat derselbe jede weitere desfallsige Anfrage unsererseits durch Zurückschickung unseres Originalbriefes ganz abgeschnitten.

Obgleich wir nun wohl unbedingt auch im Stande wären, bis in das kleinste Detail dieses Etablissements einzugehen und uns darüber mehrere sehr schätzenswerthe Mittheilungen von andern Seiten vorliegen, so ziehen wir es doch vor, den stillschweigend ausgesprochenen Wunsch des Herrn Fiedler zu ehren und über seine Werkstätte außer dem oben Angeführten unsererseits ebenfalls das tiefste Stillschweigen zu beobachten.