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Ein Traktat Peters von Dresden

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Dresdens Bedeutung in der Geschichte Ein Traktat Peters von Dresden (1907) von Otto Meltzer
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908)
Eine höfische Festordnung aus Kurfürst Augusts Tagen (1572)
  Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
[193]
Ein Traktat Peters von Dresden.
Eingeleitet und herausgegeben von Otto Meltzer.

Peter von Dresden ist, wenn sein Beiname den Geburtsort bezeichnet, die älteste bekannte Persönlichkeit bürgerlicher Abkunft aus unserer Stadt, die eine geschichtliche Bedeutung erlangt hat.

Die Verfasser früherer Darlegungen, die sich auf ihn bezogen, hatten in der Hauptsache mit einer recht dürftigen und wenig zuverlässigen Überlieferung arbeiten müssen, und nur einer unter ihnen, J. Thomasius (De Petro Dresdensi, Leipzig 1678), hatte sich bemüht, an dieser eine für jene Zeit immerhin bemerkenswerte Kritik zu üben. Im Hinblick darauf stellte ich im 7. Hefte der Mitteilungen unseres Vereins (Die Kreuzschule zu Dresden bis zur Einführung der Reformation[1], Dresden 1886, S. 54-59, vgl. 33 f.) von dem mittlerweile bekanntgewordenen besseren Material in der Hauptsache zusammen, was mir damals zugänglich war und, wenn auch in verschiedenem Grade, beanspruchen durfte als Geschichtsquelle benutzt zu werden. Und seitdem hat dieses Material eine erfreuliche Vermehrung erfahren.

Zunächst – wenn wir der Zeitfolge der Ereignisse in Peters Leben nachgehen – ist durch V. Hantzsch im 19. Hefte der Mitteilungen unseres Vereins (Dresdner auf Universitäten vom 14. bis zum 17. Jahrhundert, Dresden 1906, S. 10) die von mir seinerzeit übersehene Tatsache ans Licht gestellt worden, daß ein Petrus de Dreste zu Prag im Winterhalbjahre 1373/74, und zwar feria 2. post Reminiscere (= 27. Februar 1374), baccalaureus artium geworden ist[2]. Es ist hiernach anzunehmen, daß dieser Baccalaureus um die Mitte des 14. Jahrhunderts geboren war, und als mindestens sehr wahrscheinlich darf betrachtet werden, daß er mit dem historischen Peter von Dresden identisch war. Ist es doch kaum glaublich, daß aus der kleinen, in jeder Hinsicht unbedeutenden Stadt Dresden in jenem Zeitabschnitte mehrere junge Leute, obendrein gleichen Namens, des Studiums halber in Prag geweilt haben sollten. Auch die nachweislichen späteren Beziehungen Peters zu Prag und der böhmischen Bewegung weisen nach der bezeichneten Richtung hin. Es entfiel damit die Möglichkeit, die früher offengelassen werden mußte, daß die Benennung „von Dresden“ dem später, im Jahre 1412/13, von hier nach Prag Gewichenen und seinen Begleitern erst dort beigelegt worden und an ihnen haften geblieben wäre, wie man dies nach der Art ihrer Bezeichnung in den böhmischen Quellen (Petrus Theutonicus de Drazdian, Theutunici de Draždan, magistri Theutonicorum de Drazdyan und dergleichen mehr) wohl auch annehmen konnte. Desgleichen wird der unter der anderen Voraussetzung früher noch von mir gemachte Vorbehalt aufzugeben sein, daß Peters Geburtsort vielleicht nicht Dresden selbst, sondern ein kleinerer Ort der Umgegend[3] gewesen sei. Zwar ist damals und weiterhin noch lange so manche Persönlichkeit in solcher Weise beibenannt worden. Doch sehen wir, daß gerade hier in Dresden Herkunft aus der Umgegend in sehr weitem Umfange genau bezeichnet worden ist[4].

Der geschichtliche Peter von Dresden wird uns zuerst sicher vor Augen gestellt in der von jeher bekannten und benutzten Mitteilung des Äneas Sylvius (Hist. Bohem., c. 35), daß er 1409 im Zusammenhange mit den an der Universität zu Prag hervorgerufenen Mißhelligkeiten diese Stadt mit anderen Deutschen verlassen habe. Näheres über seinen Anteil an diesen Vorgängen wie über die Dauer seines vorherigen Aufenthalts in Prag und seine damalige Stellung dort ist mir bisher noch nicht bekannt geworden; vielleicht ergibt sich aus Archiven und Bibliotheken [194] Böhmens noch Aufklärung darüber. Noch fehlen auch urkundliche Unterlagen über Peters weitere Schicksale zunächst nach dem Auszuge aus Prag, insbesondere über seine angebliche Wirksamkeit an den Schulen zu Chemnitz und Zwickau.

Dagegen hat für den nächsten Abschnitt in seinem Leben unsere sichere Kenntnis seit meiner oben angeführten[WS 1] Zusammenstellung infolge der Auffindung von zwei wichtigen Urkunden durch H. Ermisch eine wesentliche Bereicherung erfahren.

Es handelt sich einerseits um eine Schulordnung der Kreuzschule, die aus einem erst infolge der Ablieferung vom hiesigen Königl. Amtsgericht an das Königl. Hauptstaatsarchiv wissenschaftlich benutzbar gewordenen Stadtbuche von Dresden durch den Entdecker im 13. Bande des Neuen Archivs für sächsische Geschichte (1892, S. 346 f.) veröffentlicht ward, – die älteste bis jetzt bekannte aus dem Bereiche des Königreichs Sachsen.

Sie ist niedergeschrieben von Peters Nachfolger im Amte an der Dresdener Stadtschule, Magister Nicolaus Thirman, der nachweislich im Verlauf des Jahres 1413 auch Stadtschreiber geworden ist[5]. Daß er sie zugleich mit der Erlangung dieser Würde oder wenigstens sehr bald darnach in das Stadtbuch eingetragen hat, darauf weisen alle Verhältnisse hin.

Durch dieses Schriftstück wurde nun zunächst sicher, daß Peter hier wirklich Schulmeister gewesen ist, nicht bloß Lokat, wie man dies früher als möglich zugeben mußte.

Ferner ergab sich daraus eine sehr willkommene Bereicherung unserer Kenntnis von dem Zustande der Schule, obwohl der Eintrag keineswegs durch pädagogische oder sonst dem innern Schulbetriebe entsprungene Rücksichten veranlaßt worden ist, sondern nur durch den Wunsch, einmal in amtlicher Form die pekuniären Anforderungen festgelegt zu sehen, zu denen der Schulmeister und seine Gesellen gegenüber den Schülern berechtigt waren. Doch ist hier nicht der Ort, nochmals näher darauf einzugehen[6]. Hervorgehoben sei nur, daß die Lehrziele der Anstalt, wie sie Nicolaus Thirman übernahm[7], über diejenigen einer Trivialschule gewöhnlicher Art entschieden hinausgingen. Im grammatischen Unterricht wurden nach Durchnahme der allgemein gebräuchlichen Elementarbücher über den Donat und den ersten und zweiten Teil des Doctrinale Alexandri hinaus noch „andere große und kleine Grammaticalia“ getrieben, und an den üblichen Unterricht in der Dialektik schloß sich in der obersten Klasse noch ein solcher in der eigentlichen „Philosophie“ an. Ich erwähne dies im Hinblick darauf, was sich aus der weiter unten folgenden Schrift Peters über die Art seines Unterrichts an der Schule erkennen läßt, die er später in Prag leitete.

Der andere bedeutsame Fund besteht in einem vom 18. Oktober 1411 datierten Erlaß des Meißner Bischofs Rudolf (III., von der Planitz), der demnächst von H. Ermisch im Codex diplomaticus Saxoniae regiae. Abt. IB, Bd. 3, Nr. 220 veröffentlicht werden wird. Es ist mir freundlichst gestattet worden, schon hier mitzuteilen, daß durch denselben bei scharfer geistlicher Strafe allen Lehrern an Partikularschulen innerhalb der Meißner Diözese, insbesondere in Dresden, verboten wird, in ihren Schulen oder an anderen Orten, mit Ausnahme der Universitäten, öffentlich oder insgeheim die Bücher der Heiligen Schrift und des kanonischen Rechts zu lesen und zu erklären.

Hiernach muß Peter mindestens schon einige Zeit vor jenem Datum Schulmeister hier geworden sein. Denn ohne jeden Zweifel ist die Verordnung insbesondere auf die vom Standpunkte der herrschenden Kirche aus in religiöser und kirchenpolitischer Hinsicht bedenkliche Tätigkeit abgezielt, der sich Peter und seine Gesinnungsgenossen hier hingaben.

Dagegen möchte ich nicht glauben, daß die Verdächtigen schon durch diesen Erlaß zur Auswanderung von hier nach Prag getrieben worden seien. Nicht deswegen, weil böhmische Quellen von einer förmlichen Verweisung derselben durch den Bischof sprechen. Und wenn die einzige unter jenen Quellen[8], die eine greifbare Jahresangabe für die ihrem späteren Prager Aufenthalt vorangegangene Zeit gibt, sie „um das Jahr 1412“ ihre verfängliche Tätigkeit in Dresden ausüben und daraufhin vertrieben werden läßt, so wäre daraus auch noch kein haltbarer Gegengrund gegen eine solche Datierung ihrer Auswanderung abzuleiten. Wohl aber scheint mir die Erwägung den Ausschlag zu geben, daß das Amt des Schulmeisters hier nach [195] Peters Verdrängung aus ihm im kirchlichen Interesse gewiß möglichst rasch wieder besetzt worden ist. Daß nun Nicolaus Thirman mit diesem Amte zugleich[9] oder wenigstens nur kurze Zeit darauf dasjenige des Stadtschreibers angetreten hat, darf nach dem, was sonst über entsprechende Verhältnisse bekannt ist, als sehr wahrscheinlich betrachtet werden. Wir werden also annehmen dürfen, daß Peter und seine Genossen sich durch den bischöflichen Erlaß eine Zeit lang zu größerer Vorsicht mahnen ließen, weiterhin aber wieder offener hervortraten und sich dadurch, etwa im letzten Teile des Jahres 1412 oder vielleicht noch wahrscheinlicher im ersten Teile des Jahres 1413[10], den Ausweisungsbefehl zuzogen. Vielleicht findet sich auch dafür noch einmal ein urkundlicher Beleg. Welche Umstände es herbeigeführt haben mögen, daß der Bischof sich nicht bewogen fand noch schärfer zuzugreifen, muß dahingestellt bleiben.

Wie weit Peter, als er hier in Dresden wirkte, in der Abweichung von den Lehren der herrschenden Kirche vorgeschritten war, läßt sich nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit aus Äußerungen seines Schülers Johannes Drändorff, der am 17. Februar 1425 in Heidelberg[11] auf dem Scheiterhaufen gestorben ist, und sonstiger Quellen erschließen. Im allgemeinen werden wir uns seinen Entwicklungsgang ähnlich denken dürfen wie denjenigen Drändorffs, der sich nach dessen Aussagen vor dem Inquisitionsgericht in seiner vollen Ausdehnung von waldensischer Grundlage mit wiklifitischem Einschlag bis zu nächster Verwandtschaft mit dem radikalen Husitismus hinreichend deutlich überblicken läßt[12]. Nur daß sich bei Drändorff, der als erheblich Jüngerer in bereits wesentlich erregtere Zeiten hineintrat, der Prozeß wohl entsprechend rascher vollzogen hat.

Schon einige Jahrzehnte vorher waren einmal Lehren im Sinne jener Waldensergemeinden, die sich während des 13. und 14. Jahrhunderts trotz aller Gegenanstrengungen der kirchlichen Inquisition in der Stille über weite Strecken des Deutschen Reichs verbreitet hatten, hier in Dresden verkündet und vom Landesherrn verfolgt worden[13]. Unentschieden muß freilich bleiben, ob sich etwa trotzdem insgeheim ein Kreis ihrer Anhänger hier erhalten hatte und Peter dadurch veranlaßt worden war, sich hierher zu wenden, oder ob er das Werk der Begründung einer solchen Gemeinde neu in Angriff genommen hat. Fußend auf der Heiligen Schrift als alleiniger Norm des Glaubens und Lebens standen jene Kreise in scharfem Gegensatz ebenso zu einer Reihe von Lehren der bestehenden Kirche wie zu ihren Einrichtungen, insbesondere ihrem Verhalten gegenüber den Gütern dieser Welt und dessen Folgeerscheinungen. Verstärkt wurde die Opposition noch durch Wiklifs Lehren, die kennen zu lernen sich für Peter bei seinem früheren Aufenthalt in Prag reichlich Gelegenheit geboten hatte.

Drändorff nennt den Magister Friedrich, Peters Gesellen an der Dresdner Schule, dem er sich für die von ihm empfangene religiöse Anregung zu besonderem Danke verpflichtet fühlte, einen demütigen und frommen Mann, mit Ausdrücken, die so recht auf den Gedankenkreis der Waldenser hinweisen. Auch versichert er, Friedrich sei weder von der Sekte der Husiten, noch sei er es gewesen; und mit dem Namen Husit wurde damals, als er dies sagte, ein ganz bestimmter, entschieden über das Waldensertum hinausgehender Begriff [196] verbunden. Desgleichen nennt Äneas Sylvius bei der Erwähnung von Peters unfreiwilliger Übersiedelung aus Dresden nach Prag ihn noch nicht anders als „einen vom waldensischen Aussatz Angesteckten“. Allerdings deutet er zugleich darauf hin, und eine unter den böhmischen Quellen[14], die auf Peters Dresdner Tätigkeit näher eingeht, spricht ausdrücklich davon, daß er bereits hier für die Austeilung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt eingetreten sei, eine andere berichtet, daß er und seine Genossen es auch wirklich insgeheim unter beiderlei Gestalt ausgeteilt hätten. Für die Glaubwürdigkeit dieser Angaben scheint mir namentlich auch die neuerdings von O. Richter (Gesch. von Dresden, Bd. 1, S. 56) nachgewiesene Tatsache zu sprechen, daß der Rat zu Dresden um jene Zeit der kirchlichen Bewegung besonderes Interesse gewidmet hat, wobei u. a. auch Vergehungen wider die von der herrschenden Kirche durchgesetzte Lehre von der Handhabung des Altarsakraments in Betracht gekommen sind. Widerspruch gegen diese Lehre war bekanntlich seit ihrer Festlegung nie verstummt und ist nicht erst in Böhmen im Verlauf der husitischen Bewegung aufgekommen, wenn er auch erst durch sie zu höherer Bedeutung gelangte und den weitesten Kreisen eindringlich vor Augen geführt ward.

Was die „Gesellen“, die Lokaten, Meister Peters an der Dresdner Schule anlangt, so wird Magister Friedrich überhaupt nur von Drändorff erwähnt, und zwar ohne jeden weiteren auf seine Herkunft bezüglichen Zusatz. Es ist ganz wohl möglich, daß er identisch ist mit dem Fridericus de Dresden, der am 11. September 1400 in Prag baccalaureus artium ward und am 2. Oktober auf Ansuchen dimissionem bursarum secundum formam statuti erhielt, doch läßt sich mehr nicht sagen[15].

Andrerseits wird in einer böhmischen Quelle Magister Nicolaus als gleichzeitig mit Peter am Unterricht von Knaben in Dresden beteiligt und als vom Ausweisungsbefehl des Meißner Bischofs mitbetroffen bezeichnet, und eine andere[16] nennt einen „Nicolaus Lorizes“ – doch wohl dieselbe Persönlichkeit – nicht nur unter diesem Gesichtspunkte, sondern auch als Mitarbeiter Peters an der weiterhin in Prag eröffneten Schule und als beteiligt an der Gewinnung des Jakob(ellus) von Mies dafür, das Abendmahl dort – im Jahre 1414 – unter beiderlei Gestalt auszuspenden[17]. In den übrigen Quellen, soweit sie sich mit der Einführung dieser Neuerung in Prag beschäftigen, wird Peter allein als derjenige bezeichnet, der den Anstoß dazu gegeben habe.

Die Dresdner Magister mußten also, wie erwähnt, mit ihren Anhängern unsere Stadt und die Meißner Diözese überhaupt verlassen. Unter den Schülern, die sie begleiteten, ist sicher Drändorff gewesen. Sie begaben sich nach Prag als dem unter den obwaltenden Verhältnissen naturgemäßen Zufluchtsorte, dem asylum haereticorum, wie Äneas Sylvius sagt. Von ihren Volksgenossen wurden sie hinausgestoßen: so blieb nicht wohl etwas anderes übrig, als sich dahin zu wenden, von wo wenige Jahre vorher ihr Haupt vor tschechischem Andrang gewichen war.

In Prag haben sie unter Peters Leitung in der Neustadt am Graben nahe dem Hause zur Schwarzen Rose eine Schule (Burse) gehalten, und augenscheinlich um als Unterlage für den Unterricht in dieser, vielleicht als Diktat, zu dienen, ist von Peter das weiter unten folgende Schriftchen verfaßt worden.

Auch von ihren dortigen Schülern lernen wir einen mit Namen kennen, Bartholomäus Rautenstock. Im Jahre 1417, um dieselbe Zeit wie Drändorff, empfing er dann von demselben Prager Weihbischof die Priesterweihe, entsagte aber bald dem Priesterstande, verheiratete sich und wirkte von ungefähr 1420 an reichlich zwei [197] Jahrzehnte in dem heimatlichen Oberfranken, erst längere Zeit dort wohnhaft, dann von Böhmen aus, wohin er zurückgekehrt war, zeitweilig dort erscheinend, für die Bewegung, für die er seinen eigenen Aussagen nach einst in Prag von den Magistern Peter und Niklas gewonnen worden war[18].

Die Klärung der Frage, wie hoch speziell Peters Anteil daran zu bemessen sei, daß der Utraquismus in der von der Überlieferung berichteten Weise in die böhmische Bewegung hineingetragen wurde[19] muß Berufeneren vorbehalten bleiben. Hier kann ich einerseits nur auf das verweisen, was oben über die von jener Gruppe von Männern bereits in Dresden eingenommene Stellung zu der Frage gesagt ward und wohl geeignet wäre, die Glaublichkeit der betreffenden Überlieferung zu erhöhen. Andrerseits ist es allerdings merkwürdig, daß von theologischer und kirchenpolitisch-sozialer Schriftstellerei Peters bisher noch durchaus nichts an den Tag gekommen ist, während sich Nicolaus von Dresden – (der Beiname: de Drazna, bez. de Drážd’an, wird ihm dabei ständig beigelegt) – in dieser Hinsicht lebhaft betätigt hat. In den Handschriften der K. K. öffentlichen und Universitätsbibliothek zu Prag ist eine Anzahl von Traktaten und Predigten erhalten, die ihm sicher oder mit Wahrscheinlichkeit zugeschrieben werden und eine eingehende Untersuchung ebenso verdienen, wie gewiß verlohnen[20]; vielleicht sind auch anderwärts noch solche vorhanden. Einigermaßen auffällig ist es auch, daß Drändorff, wo er von der in Dresden erhaltenen Ausbildung und religiösen Anregung spricht, das eine Mal nur auf Magister Friedrich ausdrücklich als auf seinen Lehrer Bezug nimmt, das andere Mal ihn wenigstens an erster Stelle vor Peter als solchen nennt. Fast möchte man den Eindruck gewinnen, als habe Peter sich mehr nach der wissenschaftlichen, unterrichtlichen Seite hin zu betätigen Neigung gehabt und sei vielleicht nur, weil er an Alter und Würde den anderen Gliedern der Gruppe voranstand, in der Überlieferung über die Aufrollung der Abendmahlsfrage in Prag so in den Vordergrund gestellt worden, wie es überwiegend geschieht[WS 2].

Jedenfalls sind Peter und seine Genossen in Prag auf der betretenen Bahn weiter vorwärtsgeschritten[21] bis zu den Anschauungen des Husitismus schärfster Richtung, etwa die spezifisch tschechisch-nationalen Begehrlichkeiten ausgeschlossen. Wenigstens bei Drändorff sehen wir diesen Prozeß vollständig und folgerichtig zum Abschluß kommen.

Von Peter selbst erfahren wir nichts weiter, als was seinen Tod anlangt. Denn es kann nicht wohl mehr ein Zweifel dagegen aufkommen, daß er identisch ist mit dem „Magister Petrus de Dräsen“, den 1421 der Bischof von Regensburg in dieser Stadt als Ketzer verbrennen ließ[22]. Er wird sich aus Böhmen aufgemacht [198] haben hinaus „ins Reich“, um dort, zunächst Fühlung suchend mit den von der herrschenden Kirche schon abgewandten, waldensisch beeinflußten Kreisen, für die weiter entwickelten Ideen der böhmischen Bewegung in ihnen und womöglich noch in breiteren Schichten der Bevölkerung Propaganda zu machen, wie dies wenig später Drändorff getan hat, dessen Aussagen einen so tiefen Einblick in die einschlägigen Verhältnisse gewähren. Und auch Magister Friedrich hat allem Anscheine nach das Gleiche getan und, wie sie, den Feuertod erlitten[23], nur daß wir bis jetzt nicht sagen können, wo und wann dies geschehen sein mag, außer daß es vor Drändorffs Verhör (13. Februar 1425) geschehen sein muß.

Zündstoff war draußen im Reich, insbesondere in den unteren Schichten der städtischen Bevölkerung und in der Bauernschaft, an vielen Stellen und reichlich genug vorhanden, um eine solche Propaganda nicht aussichtslos erscheinen zu lassen und die Hoffnung zu nähren, daß auch dort sich eine gewaltsame Erhebung gegen die derzeitigen Machthaber und überkommenen Zustände in Kirche und Staat werde herbeiführen lassen. Doch ist hier nicht der Ort, darauf von neuem näher einzugehen[24].

*               *
*

Die von mehreren Händen des 15. Jahrhunderts geschriebene Miszellanhandschrift der K. K. öffentlichen und Universitätsbibliothek zu Prag, die den nachstehend abgedruckten Traktat Peters als elften unter vierzehn verschiedenen, doch mit Ausnahme eines Tractatus de musica durchgängig auf – selbstverständlich lateinische – Grammatik und Verslehre bezügliche Bestandteile enthält, ist nicht erst neuerdings aufgefunden worden. Aber das Schriftchen, das unauffällig oben auf der Rückseite von Blatt 166 anhebt, diese Seite und die Vorderseite von Blatt 167 ausfüllt und mit vier Zeilen oben auf der Rückseite desselben Blattes ausläuft, war früher übersehen worden. So ist sein Vorhandensein erst seit 1905 durch die von J. Truhlář ebenso umsichtig wie sorgfältig durchgeführte Katalogisierung der lateinischen Handschriften jener Bibliothek bekannt geworden[25]. Der Hinweis darauf ist Herrn Dr. Viktor Hantzsch zu verdanken, der das wertvolle Werk auf Materialien für Geschichte Dresdens hin durchgesehen hat. Herrn Ratsarchivar Professor Dr. Richter bin ich zu aufrichtigem Danke dafür verpflichtet, daß er mir die Möglichkeit verschaffte, die Handschrift auf der hiesigen Stadtbibliothek zu benutzen. Nicht minder schulde ich ihm und den Herren Oberschulrat D. Dr. Buddensieg und Archivar Dr. Beutel Dank für freundlichen Beirat in mancherlei Schwierigkeiten, die sich bei der Feststellung des Textes boten.

Die Abhandlung, wie sie vorliegt, ist nicht von Peter selbst niedergeschrieben; das lehrt ein Blick auf die Art und Zusammensetzung des Sammelbandes ohne weiteres. Aber von der an ihrem Ende angegebenen Zeit der Abfassung[26] liegt die der Abschrift kaum sehr entfernt. Der Abschreiber hat übrigens anscheinend, wie dies des öfteren vorkommt, seine Vorlage nicht überall richtig gelesen oder verstanden[27]. Seine eigene Schrift bietet insbesondere mit den überaus zahlreichen und kühnen Abkürzungen einer sicheren Lesung die mancherlei Schwierigkeiten, die der Buchschrift jener Zeit eigen sind, und in den vorhandenen Hilfsmitteln zur Auflösung solcher wird aus naheliegenden Gründen gerade die hier einschlägige Literaturgattung nicht speziell berücksichtigt. Auch finden sich, obwohl der Schreiber im ganzen dem zeitüblichen System der Abkürzung folgte, hier und da nicht nur verschiedene Abbreviaturen für dasselbe Wort, sondern auch solche von besonderer [199] Eigentümlichkeit an und für sich[28]. Erwünschte Sicherheit gegenüber so manchem Zweifel ergab sich durch Beobachtung der auf diesem Gebiete bis zur Humanistenzeit herab durchgängig feststehenden Terminologie in anderen grammatischen Schriften jenes Zeitabschnittes[29].

Inhaltlich bringt die kleine Schrift nichts, woraus sich eine wesentliche Bereicherung unserer Kenntnis auf dem einschlägigen Wissensgebiete ergäbe. Immerhin ließ es das besondere Interesse, das gerade wir in Dresden an Peters Persönlichkeit haben, angebracht erscheinen, dieses einzige nachweisbare Produkt seiner Tätigkeit an dieser Stelle zu veröffentlichen.

Es ist, von unserem Standtpunkte aus bemessen, ein ganz eigentümlicher Gedankenkreis, in dem sich seine Ausführungen bewegen. Ihn des näheren zu kennzeichnen, ist allerdings hier nicht der Ort. Nur einige Bemerkungen auf Grund dankbarer Benutzung eingehender Darstellungen dieses Literaturgebiets seien gestattet[30].

Auch die Behandlung der Grammatik war schließlich gleich derjenigen der übrigen profanen Wissenschaften unter die Herrschaft der scholastischen Philosophie gekommen und zu einer rein spekulativen Wissenschaft geworden. Sie sah ihre Aufgabe nicht sowohl mehr darin, die Regeln und Gesetze der Sprache auf Grund der Autoren als Tatsache hinzustellen, als vielmehr ihre Ursachen nach den Grundprinzipien des Denkens zu erforschen, beziehentlich zu verbessern und umzugestalten, dabei ausgehend von der Voraussetzung, daß die Sprachen durch Reflexion entstanden und ausgebildet seien. Die Grundlage bildeten ja nach wie vor Donat und Priscian, aber das von ihnen übernommene Material wurde nun unter solche Gesichtspunkte gestellt und in fein verästelten Untersuchungen, bei denen es freilich nicht ohne mannigfache Spitzfindigkeiten und Haarspaltereien abging, klassifiziert und besonders nach der Richtung der Syntax hin erweitert. Zu hoher Bedeutung war dabei seit dem 13. Jahrhundert die Betrachtung sprachlicher Erscheinungen unter dem Gesichtspunkte der modi significandi gekommen, eine Betrachtungsweise, die ihren Vertretern die Bezeichnung modistae eintrug und später von den Humanisten besonders lebhaft angegriffen wurde.

Das maßgebende, vielfach auch von Amts wegen ausdrücklich vorgeschriebene Lehrbuch an Universitäten und Schulen, sofern sich diese nicht auf den elementarsten Unterricht beschränkten, wurde das bald nach Beginn des 13. Jahrhunderts verfaßte Doctrinale des Alexander de Villa-Dei. Auch in Prag ist nach Ausweis einer im Jahre 1390 geschriebenen Handschrift darüber gelesen worden[31], und an der Kreuzschule war es, wie oben erwähnt ward, wenigstens mit seinen zwei ersten Teilen[32] schon in Gebrauch, als Nicolaus Thirman 1413 ihre Leitung übernahm.

Peter verweist in seiner kurzen Darlegung nicht weniger als viermal ausdrücklich auf den zweiten Teil des Doctrinale und bewegt sich in der Hauptsache durchaus auf dem Gebiete, das in diesem behandelt wird.

Von einer Übersetzung der kleinen Schrift hatte ich aus naheliegenden Gründen abzusehen. Für solche unter ihren etwaigen Lesern, denen bei sonstiger Bekanntschaft mit mittelalterlichem Latein doch die von unserer gegenwärtigen Terminologie zum Teil weitabliegenden grammatischen Ausdrücke nicht geläufig sein sollten, habe ich einige erläuternde Bemerkungen beigefügt. Die von Peter in seine Erörterung eingefügten, übrigens in entsprechender Form auch anderwärts vorkommenden Beispiele sind kursiv gedruckt.


[200] Congruitas grammaticalis consistit in debita
proporcione modorum significandi constructibilium.


Constructibilia sunt multiplicia. Alia sunt
adiectivum et substantivum, et illa debent convenire
5
in numero, genere et in casu, ut: homo albus.
Alia sunt suppositum et appositum
[33], et illa inquantum
talia dupliciter inquantum talia
[34] ad
excludendum regimen debent convenire in numero
et in persona et secundum antiquos in rectitudine;
10
et secundum hoc ibi duplex est regimen, scilicet
suppositum et appositum, regens et rectum, ut:
homo currit. Alia sunt antecedens et suum relativum
[35],
et illa debent convenire in numero, in
genere et in persona, ut: ego sum, qui sum. Alia

15
sunt quesitum et responsum, que, si sint casualia,
debent convenire in casu, ut: quis currit? Petrus.
Alia sunt regens et rectum, que debent proporcionari
in aptitudine casuali; et sic patet, quod nihil regitur,
nisi casus.


20
Casus est diccio significans in rectitudine vel
in obliquitate, et sic habetur duplex casus, scilicet
rectus et obliquus.


Rectus significat per modum rectitudinis et
est duplex, scilicet nominativus et vocativus.
25
Nominativus significat simpliciter per modum rectitudinis.
Sed quia omnis casus regitur ex vi
modi sui significandi proprii, consequens est, quod
omnis nominativus regitur ex vi rectitudinis, et
hoc dupliciter a parte ante
[36], et hoc modo specialiori
30
regitur a verbis personalibus ex vi persone,
id est ex vi suppositi; persona enim ut hic nominativus
(?)
supponit casualiter duobus modis: uno
modo pro accidente parcium oracionis, ut supra
dictum est de supposito et apposito, alio modo
35
autem pro supposito vel saltem pro diccione
significante rem per se vel tamquam per se existentem,
ut hoc et in Secunda Parte dicitur ibi
[37]:
‘personam dum pertineant ad eandem’. Et eciam
ibi
[38] construccio personarum. Hinc dicitur verbum
40
personale et impersonale, que sic differunt, quia verbum
personale est, per quod dicimus vel exprimimus
accionem vel passionem seu modum significandi
ipsius verbi, prout procedit ab aliqua persona, id
est a supposito. Sed verbum impersonale est, per
45
quod exprimimus significatum verbi non habendo
respectum ad aliquam personam, id est ad suppositum,
ut: legitur leccionem
[39]; et patet manifeste
per Priscianum
[40], qui loquens de construccione verbi
impersonalis obliquos omnes ponit post verbum, ut:
50
oportet me currere; sed a parte post regitur ex vi
nature
[41], id est ex vi copulacionis. Et sic patet,
quod nominativus modo generali regitur ex vi modi
significandi, modo speciali regitur ex vi modi
casualis, modo autem specialiori regitur ex vi
55
rectitudinis, modo autem specialissimo regitur a
parte ante ex vi persone, a parte post ex vi nature.
Vocativus significat per modum rectitudinis sub
racione imperii seu excitacionis, ideo regitur a verbis
imperativi modi a parte ante ex vi rectitudinis sub
60
racione imperii seu excitacionis, ut: Petre, lege!
eodem modo regitur a verbis imperativi modi a
parte ante ex vi rectitudinis, ut supra.


Obliquus significat per modum obliquitatis et
est quadruplex: scilicet genitivus, qui significat
65
per modum ‘ut cuius’; et sic omnis diccio significans
sub racione ‘ut ipsum est alterius’' regit genitivum
significantem ‘cuius’ ex vi (modi)
[42] significandi
‘ut alterius’, ut: liber Nicolai. Sed dativus significat
per modum ‘ut cui’; igitur omnis diccio significans
70
sub racione modi significandi ‘ut alteri’ regit dativum
significantem ‘cui’ ex vi modi significandi
‘ut alteri’, ut: similis tibi
[43]. Sed accusativus
significat per modum ‘ut quem’; ideo omnis diccio
significans sub racione ‘ut alterum’ regit accusativum
75
casum significantem ‘quem’ ex vi modi significandi
‘ut alterum’. Ablativus significat per modum
‘ut quo’; omnis ergo diccio significans sub racione
‘ut altero’ regit ablativum casum significantem
‘quo’ ex vi modi significandi ‘ut altero’, ut: scribo
80
penna. Modo igitur generali obliqui reguntur ex
vi modi significandi, sed modo speciali reguntur
[201] ex vi modi significandi casuali, sed modo significandi[44]
specialiori reguntur ex vi modi significandi
obliquitatis, modo autem specialissimo quilibet obliquus
85
regitur ex suo modo proprio significandi;
que tamen subdividuntur, ut patet in Secunda Parte
[45].


Absolvere autem casum est ipsum ponere
circa diccionem, cum qua non proporcionatur in
modo significandi casuali.


90
Alia constructibilia sunt verbum finitum cum
verbo infinitivi modi, que debent proporcionari in
modo significandi verbi finiti et infiniti, scilicet quod
verbum finitum significet modo generali, quem infinitivus
determinat; et sunt verba talia scilicet
95
proheretica[46], id est elleccionem (so!) importancia,
ut: volo legere. Alia sunt constructibilia verbum
et adverbium, et illa debent proporcionari in modo
significandi adverbiali. Alia sunt coniunccio et
coniungibilia, que debent proporcionari in modo
100
significandi coniungibili. Alia sunt verbum et preposicio,
que debent proporcionari in modo significandi
retorquibili. Alia sunt interieccio cum verbo,
ut: heu, morior! que debent proporcionari in modo
significandi determinantis (?) afficientis[47] (?) animum
105
gaudium vel dolorem, etcetera.


Circa ordinacionem constructibilium est prima
regula ista: casus rectus intransitive debet precedere
suum regens exceptis casibus rectis intransitive a parte
post a verbis substantivis, vocativis, vel eorum vim

110
habentibus[48]. Secunda regula: casus rectus transitive
debet sequi suum regens exceptis obliquis
istorum: ‘quis’, ‘qualis’, etcetera. Tercia regula:
determinacio debet poni circa suum determinabile
,
inquantum propinquius potest. Quarta regula: quando
115
adiectivum est magis commune, quam substantivum,
tunc ipsum debet precedere, quando autem est
minus commune, debet sequi; si autem habet se

indifferenter, potest se ordinare indifferenter. Quinta
regula: quando sunt plures determinaciones et
120
unum determinabile tantum et iste determinaciones
non possunt se mutuo determinare, tunc non refert
unam ponere ante aliam[49]; si autem mutuo interse
una possit determinare aliam, tunc multum refert
eas ponere taliter vel taliter. Exemplum primi:
125
lego tibi bene leccionem; exemplum secundi: lego
bene legenti leccionem
. Regule alie plures ponuntur
in Secunda Parte[50], etcetera.


Construccio est constructibilium unio ad exprimendum

mentis conceptum adinventa, et est
130
duplex: transitiva, alia intransitiva.


Transitiva est, in qua constructibilia significant

diversa vel tamquam diversa, et est duplex: transitiva
simplex, et est, in qua constructibilia significant
diversa vel tamquam diversa simpliciter, alia
135
retransitiva, in qua coniunguntur due transitive per
coniunccionem ‘quod’ vel ‘quatenus’ vel ipsis
similem ita, quod nominativus in prima mutatur in
obliquum in secunda, et obliquus in prima in nominativum
in secunda, ut: Sortes[51] diligit Platonems
140
ut Plato instruat ipsum.


Intransitiva est, in qua constructibilia significant
idem vel tamquam idem, et est duplex: alia intransitiva
simplex, et est, in qua constructibilia significant
idem simpliciter, ut: homo est animal, alia
145
est reciproca, et est, in qua simpliciter actus vel
persona reciprocatur in obliquum reciprocum suppositi,
ut: Sortes diligit se.


Alia est transitiva actuum, in qua obliquus
regitur a verbo transitive vel ab eius proprio cum
150
preposicione vel sine preposicione, quocunque modo
contingit; alia transitiva personarum, in qua obliquus
regitur ab aliis partibus oracionis. Et eodem modo
intransitiva est duplex, scilicet intransitiva actuum,
in qua verbum adiectivum vel eius proprium construitur
155
sine obliquo; et intransitiva personarum
est, ubi verbum substantivum etc. vel eorum vim
habens construitur cum similibus casibus a parte
post, etcetera
.


[202] Item ‘perfectum’ dicitur a ‘perficere’, quod
160
componitur a ‘per’ et ‘facio’; ‘facere’ autem est
formam in materiam introducere, sed ‘perficere’
est totam formam in totam materiam introducere.
Inde ‘oracio perfecta’, in qua tota forma est introducta
in totam materiam, id est, ubi nihil deficit
165
nec de forma neque de materia.


Et forma oracionis est copula, que est duplex,
scilicet verbalis, que est sic precipua, quod sine
ea nulla oracio est perfecta; alia coniunccionalis,
que est minus precipua, quia sine ea oracio potest
170
esse perfecta. Alie autem partes oracionis sunt
materiales. Copula verbalis est unica tantum, que iungit
duo extrema ad standum pro eodem. Sed coniunccionalis
copula est multiplex, ut patet per Donatum
[52];
175
quandocunque tamen in aliqua oracione plures
reperiuntur copule, quarum una est principalis,
scilicet illa, que coniungit duo extrema continencia
totam oracionem, alia est minus principalis, scilicet
que coniungit partes parcium principalium
.
180
Est eciam regula: quando plures determinaciones
determinant idem determinabile diversimode,
debent poni sine coniunccione, ut: leget cras bene;
sed quando determinant idem determinabile eodem
modo, debent poni cum coniunccione, ut: leget
185
hoc die et cras, etcetera.


Et sic est finis tractatuli grammaticalis magistri
Petri de Dresden anno XV0.

Facsimile der Schlußzeilen des Traktats.


  1. = Kr. in den folgenden Ausführungen. Auf dem a. a. O. gegebenen Materiale beruht im wesentlichen der Artikel von P. Pfotenhauer über Peter von Dresden in der Allgemeinen deutschen Biographie, Bd. 25 (1887), S. 474f.
  2. Monumenta hist. univ. Carolo-Ferd. Pragensis, Bd. 1, Prag 1830, S. 159. Allerdings hat V. Hantzsch in die angezogene Darlegung auch einige, wie sich aus dem Nachstehenden ergeben dürfte, irrige Angaben aus seinen Vorlagen herübergenommen.
  3. Mehr müßte auch aus der Angabe bei Äneas Sylvius „patria pulsus“ nicht unbedingt abgeleitet werden.
  4. Richter, O., Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Stadt Dresden, Bd. 1 (Dresden 1885), S. 207f. (lehrreich in dieser Hinsicht ist z. B. besonders die Bürgerliste vom Jahre 1396, ebenda S. 372 ff.); derselbe, Geschichte von Dresden, Bd. 1 (Dresden 1900), S. 125.
  5. Richter, O., Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Stadt Dresden, Bd. 1, S. 378. In welchen Teil des Jahres 1413 Thirmans Antritt als Stadtschreiber fällt, läßt sich aus den städtischen Archivalien nicht feststellen.
  6. Ausführlich habe ich darüber gehandelt im Neuen Archiv für sächsische Geschichte, Bd. 14 (1893), S. 291–311. Es sei gestattet, hier zwei störende Druckfehler zu berichtigen, die dort untergelaufen sind: S. 299, Z. 33 I. electionis (statt lectionis) und S. 300, Anm. 23, Z. 3 I. Renzi (statt Benzi).
  7. Die Überschrift der Schulordnung lautet: „Also pflegit man is zu halden in der Schule zu Dresden“, und zu Beginn des Abschnitts über den „Past“, eben desjenigen, welcher Aufschlüsse über den Unterrichtsbetrieb als solchen gibt, heißt es: „als man is ouch bie Meister Peter und andern gehalden had“.
  8. Der von C. Höfler, Geschichtschreiber der husitischen Bewegung in Böhmen, Teil 3, herausgegebene Traktat (Fontes rer. Austr., Abt. 1, Bd. 7, Wien 1866, S. 156 f.; vgl. den Auszug daraus Kr. S. 57). Die Angabe bei Laur. de Brschezowa. ausgezogen Kr. S. 57 (bei Höfler, a. a. O., Teil 1 = Font. rer. Austr., Abt. 1, Bd. 2. Wien 1856, S. 324): Petro de Drazdyan tunc – (d. i. 1414) – antea multis annis in civitate Pragensi moram trahenti könnte wohl auch Peters früheren Aufenthalt in Prag mit in Betracht ziehen.
  9. Daß er schon am 15. August 1413 Schulmeister hier gewesen sei, dürfte vielleicht angenommen werden im Hinblick auf die Angabe der Schulordnung: „Item Meteheller, der had man nicht genomen bie Magistro Nicolao Thirman“. Derartige Abgaben der Schüler waren in der Regel an bestimmte kirchliche Feste gebunden, und nach der Bautzner Schulordnung vom Jahre 1418, allerdings meines Wissen der einzigen, die außerdem noch eine solche Abgabe an den Schulmeister erwähnt, wurde sie erlegt „zu unser lieben Frowen Worzwey“ (= Mariä Himmelfahrt). Ich möchte übrigens glauben, daß Nic. Thirman gerade als Vertrauensperson des Bischofs, dem sein Verhältnis zur Schule (vgl. Kr. S. 3. 38. 51f.) dies nahelegte und ermöglichte, und durch dessen Einfluß als zuverlässig rechtgläubiger Mann in das Amt befördert worden sei. Sein Anteil an der am 10. Februar 1412 zu Meißen ausgestellten Urkunde (Cod. dipl. Sax. r. II, 2, Nr. 839, S. 384) könnte wohl darauf hindeuten.
  10. Bemerkenswerterweise stimmt der 15. Artikel der vom Bischof Rudolf unter dem 16. Oktober 1413 promulgierten Beschlüsse der Meißner Diözesansynode (Concilia Germ., ed. J. Hartzhem, Bd. 5, Köln 1763, S. 38) zwar sonst in allen wesentlichen Punkten mit dem Erlaß vom 18. Oktober 1411 überein, enthält aber nicht mehr die besondere Bezugnahme auf Dresden, doch wohl deswegen, weil die Irrlehrer eben nicht mehr hier waren.
  11. Nicht in Worms, wie Kr. S. 34 versehentlich angegeben ist (richtig S. 55 Heidelberg). Das – leider unvollständig erhaltene – Verhörsprotokoll ist abgedruckt bei Kapp, J. E., Kleine Nachlese einiger ... zur Erläuterung der Reformationsgeschichte nützlicher Urkunden usw., Bd. 3, Leipzig 1730, S. 33 ff., die auf Drändorffs Aufenthalt als Kreuzschüler in Dresden bezüglichen Stellen finden sich auf S. 38 f. und 58 f. (vgl. Kr. S. 55).
  12. Von grundlegender Bedeutung für die Erkenntnis dieser Verhältnisse sind die Veröffentlichungen von H. Haupt: Waldenserthum und Inquisition im südöstlichen Deutschland seit der Mitte des 14. Jahrhunderts, in der Deutschen Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Bd. 3 (1890), S. 337–411 (auch gesondert erschienen: Freiburg i. Br. 1890); ferner mit besonderem Bezug auf Drändorff in der Realenzyklopädie für protest. Theologie u. Kirche, 3. Aufl., herausg. von A. Hauck, Bd. 5, Leipzig 1898, S. 17 f. und in der Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins, neue F. 15, Karlsruhe 1900, S. 479 ff. Mit dankbarer Benutzung derselben habe ich in den Dresdner Geschichtsblättern, Jahrgang 10 (1901), S. 21–28 einen Überblick über die Geschicke dieses ersten mit Namen bekannten Kreuzschülers gegeben.
  13. H. Haupt in der Deutschen Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Bd. 3 (1890), S. 354, bez. Weck, A., Der .. Residentz- und Hauptvestung Dresden Beschreib- und Vorstellung, Nürnberg 1680, S. 305 (zum Jahre 1366).
  14. S. den oben in Anm. 8 an erster Stelle angezogenen Traktat (vgl. Kr. S. 57), der weiterhin auch über ihre entsprechende Betätigung in Prag berichtet, und J. Jungmanns Auszug aus den von Palacky im 3. Bande der Scriptores rer. Bohem. herausgegebenen tschechischen Annalen bei Höfler, C., Geschichtschr. d. hus. Beweg. usw., Teil 3, S. 234. Was der Traktat sie in Prag außer der Forderung des Laienkelches u. a. vertreten läßt: die Ablehnung der Kirchenlehre vom Fegefeuer und von der Fürbitte der Heiligen, sowie die Gleichsetzung des Papstes samt seinem Klerus mit dem Antichrist, gehört zu dem längst vorhandenen Bestande waldensischer Anschauungen.
  15. H. Haupt hat ihm unter dem Stichworte „Friedrich von Dresden“ in der Allgemeinen deutschen Biographie, Bd. 49 (1904), S. 139 einen Artikel gewidmet. Auch V. Hantzsch, a. a. O., S. 12 unter Nr. 12 nimmt die Identität beider Persönlichkeiten als sicher an, irrt jedoch in Bezug auf Zeit und Ort des Todes Friedrichs.
  16. Es sind die beiden oben in Anm. 14 bezeichneten Schriften.
  17. Ob er, wie V. Hantzsch, a. a. O., S. 12 unter Nr. 13 annimmt, mit einem „Nicolaus Babinberg de Dresen“ zusammenfällt, der im Winterhalbjahre 1400/1401 zu Erfurt inskribiert ward (ddt. 5 gr.), muß dahingestellt bleiben. Der Beiname Babinberg ist aus dem damaligen Dresden sonst nicht bekannt. Da nach der Bezeichnung des Nicolaus in der an zweiter Stelle benutzten böhmischen Quelle zu vermuten ist, daß sein Vater Lorenz hieß, so kann er wenigstens nicht mit dem bei V. Hantzsch a. a. O. unter Nr. 15 erwähnten Nycolaus Pistoris de Dresen identisch sein. – Bemerkenswert ist, daß die oben in Anm. 14 an zweiter Stelle genannte Quelle gleich nach Peter und noch vor Nicolaus Lorizes einen „Nicolaus Englisch“ nennt; er sei mit jenen wegen der heimlichen Austeilung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt aus Dresden ausgewiesen worden, mit ihnen an der Schule in Prag tätig und an der Gewinnung zunächst des Magisters Giczin und durch diesen des Jakob(ellus) von Mies für den Utraquismus beteiligt gewesen. So bedeutsam diese Nachricht im Verein mit anderen für die Erkenntnis der Einwirkung der englischen religiösen Bewegung auf die deutsche ist, so wenig läßt sich doch aus ihr völlige Sicherheit dafür entnehmen, daß dieser Magister Nicolaus auch schon in Dresden wirklich mit tätig gewesen ist.
  18. S. Näheres bei H. Haupt in der Deutschen Zeitschr. für Geschichtswissenschaft, Bd. 3 (1890), S. 351 f. 359. Vgl. Döllinger, J., Beiträge zur Sektengeschichte des Mittelalters, Bd. 2, München 1890, S. 626 ff.; hier S. 628 f. die Aussage: „daß er zu Prag in die Schule gegangen sei, aber nicht in das Collegium, sondern in einen Hof dabei; da sei Meister Peter von Dreßen und einer Meister Niklas, ein halber Meister, Schulmeister und Lehrer geweßt, von denen er den Unglauben und Ketzerei gelernt habe“. Welcher von den beiden Lokaten namens Nicolaus dabei gemeint sein mag, läßt sich freilich nicht erkennen.
  19. In nicht recht sachgemäße Beleuchtung wird die Angelegenheit gestellt von F. Cohrs in der Realenzyklopädie f. protest. Theologie usw., 3. Aufl., Bd. 15 (1904), S 221 f., der auch sonst mehrfach unzuverlässiges und veraltetes Material benutzt.
  20. Truhlář, J., Catalogus codicum manu scriptorum Latinorum, qui in c. r. bibliotheca publica atque universitatis Pragensis asservantur, 2 Bde., (Prag 1905. 06): Tractatus de communione sub utraque, Nr. 534; Sermo de communione sub utraque, Nr. 553. 747. 944. 971; Tractatus varii, Nr. 747; De oblationibus, Nr. 553; De usura, Nr. 534. 1537. 1889; De virtutibus theologicis, Nr. 553. – Den erstgenannten Traktat erwähnt schon C. Höfler, Geschichtschr. der husit. Bewegung usw., Teil 3, S. 156, unter Bezugnahme auf dieselbe Handschrift und unter richtiger Nennung des Nicolaus de Drazna als des Verfassers. Es ist ein offenkundiges Versehen, wenn F. Cohrs, a. a. O., unter Berufung auf dieselbe Stelle bei Höfler Peter von Dresden den Verfasser eines Traktats über den Laienkelch sein läßt.
  21. Dahin gehört, was im Chron. Procopii notarii Prag. (bei Höfler, Geschichtschr. der hus. Bew., Teil 1, S. 72) über demonstrativ antikirchliches öffentliches Auftreten derselben berichtet wird: Tunc – (vorher war schon von Hus’ und Hieronymus’ Verbrennung die Rede) – Theutunici de Draždan habentes scolam in Nova Civitate penes Nigram Rosam, specialiter Petrus, qui suasit Jacobello communionem calicis, portaverunt tabulas contra apostolicum scriptas et pictas, qualiter Christus in asello et apostoli nudipedes eum secuntur, et papa cum cardinalibus in mulis et in vestibus pomposi incedunt, dicentes: Ecce vita dissimilis! et alias plures tabulas, et sic populum ab oboedientia abstraxerunt et suas sectas multiplicabant, legitimis sacerdotibus tunc exclusis. Die Glaubwürdigkeit dieses Berichts an sich wird nicht wohl bezweifelt werden können, obschon der Wert der Quelle im ganzen nicht hoch angeschlagen wird (Lorenz, O., Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter usw., 3. Aufl., Bd. 1, S. 321) und auch die zeitliche Einreihung in den Gang der Ereignisse sich nicht hinreichend genau vollziehen läßt (vgl. z. B. den Irrtum über die Zeit, wo Jakob(ellus) von Mies mit der Ausspendung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt begonnen habe, in der Appendix a. a. O., S. 77). An die Jahre 1416/17 wird schon zu denken sein.
  22. Vgl. die Farrago hist. rer. Ratisponensium eines Ungenannten (i. d. Scriptores rerum Boicarum, ed. A. F. Öfele, Bd. 2, Augsburg 1763, S. 511) zum Jahre 1421: H(oc) a(ano) Joannes de Streitperg episcopus Ratisponensis praeficitur. . . Sub eodem degradatus est et iudicio seculari traditus ad comburendum quidam magister Petrus de Dräsen pertinaciter defendens novem articulos Wicleff haeretici. Der Gleichsetzung scheinen zunächst so, wie sie jetzt gedruckt dastehen, die Worte zu widersprechen, deren sich Drändorff bei der ersten Erwähnung seines Dresdner Aufenthalts mit Bezug auf Peter und Friedrich bedient (bei Kapp, S. 38 f., vgl. Kr. S. 55): „et ambo obierint Prage“, doch auch so nicht unbedingt. Drändorff könnte sich in seiner bedrängten Lage versprochen oder den Sachverhalt unklar ausgedrückt haben; denn daran ist ja nicht zu denken, daß er gerade hier absichtlich etwas habe verschleiern wollen, wie er es bei all seiner sonstigen mannhaften Offenheit wiederholt tut, um noch lebenden Gesinnungsgenossen nicht durch seine Aussagen zu schaden. Oder der Protokollant könnte richtig Gesagtes falsch aufgefaßt haben. Am wahrscheinlichsten aber löst sich die Schwierigkeit auf folgende Weise. In dem Abdruck bei Kapp finden sich außer Druckfehlern hier und da auch offensichtliche Lesefehler. Man würde dies, denkt man an die zu vermutende Schriftart der handschriftlichen Vorlage, nicht verwunderlich finden, auch wenn der Herausgeber nicht ausdrücklich über die schwere Lesbarkeit derselben klagte und im voraus um Nachsicht für etwa daraus sich ergebende Fehler bäte (S. 5. 32). Wie nun, wenn im Original zu lesen war: „et ambo abierint Pragam“? Dann ist der Zusammenhang an dieser Stelle in bester Ordnung, und die andere Stelle, wo der beiden Männer von Drändorff gedacht wird (s. d. folgende Anm.), steht damit in keinerlei Widerspruch.
  23. Wenn Drändorff im Angesicht des ihm sicher vor Augen stehenden Märtyrertodes bei der zweiten Erwähnung seiner Lehrer Friedrich und Peter, denen er nächst dem Heiligen Geist seine religiöse Überzeugung zu verdanken habe, sagt: eorum doctrinam esse sacram et veram, et esse mortuos in via et fide Christi, et utinam ipse sic mori posset (bei Kapp S. 58 f., vgl. Kr. S. 55, wo aber leider durch ein Versehen die Worte via et weggeblieben sind), so glaube ich dies auch mit Bezug auf Friedrich nicht anders als in dem oben angegebenen Sinne gemeint auslegen zu können, zumal da mit Bezug auf Peter, wenn ich richtig sehe, die Sache in der Tat stimmt.
  24. Vgl. die oben in Anm. 12 angeführten Schriften.
  25. Truhlář, J., Catalogus usw. (s. oben Anm. 20), Nr. 998 (Bd. 1, S. 415), wo der Band bibliographisch bestimmt und sein Inhalt angegeben wird.
  26. Eine andere Auffassung der Angabe kann nach Lage der Sache wohl nicht in Betracht kommen.
  27. Gewiß ist dies der Fall Z. 117 mit minus, das durch den Zusammenhang gefordert und durch genau entsprechende Redewendungen in anderen Schriften dieser Literaturgattung gesichert wird, während die Schriftzüge selbst eher auf eine andere Lesung hinweisen. Ähnlich steht es mit Transitiva Z. 131 und reperiuntur Z. 176, vielleicht auch mit einer oder der anderen von den Lesungen, zu denen ich ein Fragezeichen setzen mußte.
  28. Ganz eigentümlich ist z. B. das Zeichen für die so häufig vorkommenden Worte ex vi. Auffällig ist ferner, daß, während a parte post stets und a parte ante zweimal (Z. 59 und 60/61) ganz rationell abgekürzt wird, dies mit dem letzteren Ausdrucke sonst überall in geradezu irrationeller und selbst unorthographischer Weise geschieht. Der Sinn dieser Abbreviatur würde in der Tat rätselhaft bleiben, wenn sie nicht an einer Stelle, und zwar sogar auf einer und derselben Zeile der Handschrift (Z. 55/56 des Abdrucks: a parte ante ex vi persone, a parte post ex vi nature) vorkäme, und wenn nicht gerade dieser Ausdruck für die Sache in der einschlägigen Literatur stehend gebraucht würde. So aber behebt sich jede Schwierigkeit, und der Sinn wird auch an den übrigen Stellen mit entsprechender Abkürzung klar. Ich bemerke dies, um die Nachprüfung zu erleichtern, falls jemand sie an der Handschrift selbst oder an der in der hiesigen Stadtbibliothek aufbewahrten Photographie des Textes vorzunehmen wünscht. Eine Nachbildung der letzten vier Zeilen, die übrigens der Lesung nicht eben besondere Schwierigkeiten bieten, ist unten beigefügt im Hinblick darauf, daß gerade in ihnen der Name des Verfassers und die Jahreszahl enthalten ist.
  29. Unter ihnen sei als besonders förderlich in dieser Hinsicht die Glosa notabilis zum Doctrinale Alexandri genannt.
  30. Vgl. u. a. Bäbler, J. J., Beiträge zu einer Geschichte der lateinischen Grammatik im Mittelalter, Halle 1885 (besonders vom vierten Abschnitt an, die Anhänge eingeschlossen) und die vortreffliche Einleitung von Dietrich Reichling zu seiner kritisch-exegetischen Ausgabe des Doctrinale des Alexander de Villa-Dei (Monumenta Germaniae paedagogica, Bd. 12, Berlin 1893), bei denen auch reichliche Literaturnachweise zu finden sind. An sie lehne ich mich in dem, was oben zunächst folgt, in der Hauptsache wörtlich an.
  31. Reichling, D., a. a. O., S.XLIX und CXXXV unter Nr. 51.
  32. Das Proömium und die Kapitel 1–7 (V. 1–1073; Vorwort und Formenlehre betreffend) wurden als erster, die Kapitel 8 und 9 (V. 1074–1549; Syntax oder vielleicht richtiger Syntaktisches betreffend) als zweite, Kapitel 10 (V. 1550–2280; Prosodisches) als dritter, die Kapitel 11 und 12 (V. 2281–2645; Akzente und Redefiguren betreffend, nebst kurzem Schlußwort) als vierter Teil des Doctrinale bezeichnet.
  33. Suppositum = Subjekt; appositum = Prädikat; supponere (Z.32) = Subjekt sein, das Subjekt abgeben.
  34. Diese beiden Worte hat der Schreiber augenscheinlich nur aus Versehen wiederholt.
  35. Der Begriff des pronomen relativum wurde damals erheblich weiter gefaßt als jetzt; doch liegt hier kein Anlaß vor, näher darauf einzugehen, weil das als Beleg angefügte Beispiel sich innerhalb des Bereichs bewegt, auf den wir jetzt nur noch jene Bezeichnung anwenden.
  36. A parte ante steht nach damaliger Bezeichnung zum Verbum (Prädikatsverbum bez. Kopula) in Bezng, was ihm vorangeht, a parte post, was ihm nachfolgt.
  37. S. V. 1080 des Doctrinale Alexandri.
  38. Im ersten Abschnitte der Secunda Pars, dem auch die vorhergehende wörtliche Anführung entnommen ist.
  39. Über diese tatsächlich unlateinische, aber in jenem Kreise als sprachrichtig angenommene und vielbehandelte Konstruktion vgl. z. B. das Doctrinale Alexandri V. 1262 ff. and Reichling zu der Stelle, sowie Bäbler, a. a. O., S. 161.
  40. Instit. gramm. 18, 5, 51 ff., S. 229f. im 2. Bande der Ausgabe von M. Hertz (= Bd. 3 der Grammatici Latini ex rec. H. Keilii, Lipsiae 1859).
  41. So hier und Z 56 in abgekürzter Form. Bei anderen heißt es in der Regel vollständig: ex vi natur(a)e verbi.
  42. Sichere Ergänzung des vom Schreiber versehentlich weggelassenen Wortes.
  43. Hinter similis war erst mihi geschrieben, ist aber ausgestrichen.
  44. Dieses Wort hat der Schreiber über der Zeile nachgetragen.
  45. Vgl. z. B. die überaus zahlreichen Untereinteilungen unter dem Gesichtspunkte ‘ex vi’, die D. Reichling in den Anmerkungen zu dem Abschnitte des Doctrinale Alexandri über die casus obliqui (V. 1131ff.) anführt. Für einen engeren Bereich geben auch die Anführungen bei Bäbler, a. a. O., S. 202 eine Anschauung von der Sache.
  46. Verba prohaeretica= Zeitwörter mit der Bedeutung des Wollens und Wünschens: volo, nolo, malo, cupio u. dergl. m.
  47. Wie die Worte dastehen, vermag ich sie nicht anders zu lesen, doch ist mir die Konstruktion dunkel.
  48. Als „verbum substantivum“ bezeichnen wir auch jetzt noch sum, als ihm entsprechend, ihm verwandt wurden ihm angereiht fio, exsisto u. dergl. m.; als „verba vocativa“ wurden im eigentlichen Sinne bezeichnet vocor, appellor, dicor u. dergl. m., denen als „eorum vim habentia“ eine große Anzahl von Zeitwörtern angereiht wurde, die eine prädikative Konstruktion zulassen oder wenigstens nach der Ausdrucksweise jener Zeit zuließen, z. B. ego incedo rectus, Petrus ordinatur presbyter, sedet primus, creatur notarius, ambulat rectus u. dergl. m. Alle übrigen Zeitwörter, also die Hauptmasse derselben, wurden unter der Bezeichnung „verba adiectiva“ zusammengefaßt, insofern sie dem Begriff des Seins an sich noch einen weiteren hinzufügen, wie z. B. lego=sum legens, audio=sum audiens usw.
  49. Zwischen der Interpunktion hinter aliam und si steht ein ausgestrichenes q. Nebenbei sei noch erwähnt, daß vor den Worten et sic auf Z. 51 und indifferenter auf Z. 118 je eine mißlungene und deswegen durchstrichene abgekürzte Niederschrift derselben steht.
  50. V. 1390 ff. des Doctrinale Alexandri.
  51. In Grammatikbeispielen damals überaus häufig gebrauchte Verstümmelung des Namens Socrates.
  52. In dem Abschnitt De coniunctione der sogenanntenArs minor (S. 364f. der Ausgabe von H. Keil, im 4. Bande der Grammatici Latini ex rec. H. Keilii, Lipsiae 1864) sowie der ausführlicheren Ars grammatica (II, 15, ebenda S. 388 f.).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: angegeführten
  2. Vorlage: gegeschieht