Geschichte von Kloster Heilsbronn/Pfarrei Hirschau

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19. Hirschau,

in der Oberpfalz. Wie Kaiser Ludwig der Bayer, so waren auch die bayerischen Herzoge und Pfalzgrafen Ruprecht der Ältere und der Jüngere dem Kloster Heilsbronn sehr zugethan. Sie schenkten im J. 1346, wie oben beim 17. Abt Friedrich erwähnt wurde und unten Abschnitt VII, F berichtet werden wird, dem Kloster das Patronat von Hirschau. Im Nachstehenden soll über die dortigen Vorgänge im Reformationsjahrhundert und über den Verlust der Errungenschaft berichtet werden.

Die in der Zeit unmittelbar vor dem Reformationsanfang von den Äbten ernannten und den Bischöfen von Regensburg präsentirten dortigen Pfarrer hießen Loher (oder Lehner), Sighart (zuvor Benefiziat in Regensburg), Joh. von Redwitz (1521) und Jak. Jäger, zu dessen Zeit die Reformation in Hirschau bereits Eingang gefunden hatte. Er resignirte 1524 und wurde Dechant in Feuchtwangen. Ihm folgte Gg. Neidecker, welcher ohne Widerspruch des Herzogs Friedrich vom Abt Wenk ernannt und dem Bischof zur Investitur präsentirt wurde. Doch verbot der Herzog die Zahlung von jährlichen 80 Pfund nach Heilsbronn. Der Abt remonstrirte vergebens sowohl beim Pfarrer, als auch beim Herzog. Auf Vorstellung des Markgrafen Kasimir nahm der Herzog das Verbot zurück, doch nur eine Zeit lang. 1541 starb Neidecker nach 17jähriger Amtsführung. Bürgermeister und Rath baten den Abt Wagner, einem gewissen Sim. Spatz, „welcher gelehrt, gottesfürchtig und das Wort Gottes lauter und rein zu predigen geschickt sei“, die Pfarrstelle zu verleihen. Der Abt erfüllte den Wunsch. Gleichwohl erscheint noch in demselben Jahre ein Anderer, Joh. Poß, als Pfarrer, vom Abt ernannt und dem Bischof Pangratius präsentirt. Nach kaum dreijährigem Weilen zeigte Poß nicht seinem Lehensherrn in Heilsbronn, sondern dem Bürgermeister und Rath in Hirschau an, daß er, und zwar schon nach wenig Tagen wegziehen werde. Bürgermeister und Rath notifizirten dieses nach Heilsbronn und erhielten darauf die Weisung: Poß nicht eher abziehen zu lassen, als bis er einen Andern ausfindig gemacht habe, den man präsentiren könne; binnen [92] acht Tagen könne das Kloster keinen Pfarrer auftreiben. Poß war dem Protestantismus nicht geneigt, daher legte die protestantisch gesinnte Gemeinde seinem Abzuge nichts in den Weg. Auf Empfehlung des strenglutherischen Predigers Andr. Osiander in Nürnberg bot der Abt die erledigte Stelle dem Pfarrer Dürr in Maria Kapell an, welcher aber ablehnte mit dem Bemerken: „man habe in Hirschau noch nicht die rechte christliche Kirchenordnung aufgerichtet und vollkommen angenommen, und man fordere vielleicht gar, auf des Herzogs Befehl, Messe, Vigilien und andere unchristliche Ceremonien.“ Der Abt theilte dieses Schreiben dem Bürgermeister und Rath zur Äußerung mit, worauf diese den Pfarrer Schmucker in Floß vorschlugen, „welcher ihnen das Evangelium lauter und rein verkündigen und die Sakramente nach Christi Einsetzung verwalten werde.“ Der Abt sendete diese Äußerung durch Osiander an den Vorgeschlagenen, welcher aber ablehnte, worauf 1544 Singer die Stelle erhielt. Dieser kam in Konflikt mit der Gemeinde, weil man ihm die Verköstigung des Schulmeisters aufbürden wollte. Dieses gab der Gemeinde und dem Herzog und Kurfürsten zu Neumarkt erwünschte Veranlassung, Singer zu entfernen und an seine Stelle einen Pfarrverweser zu setzen. Sie thaten es eigenmächtig, ohne Wissen des Abts. Singer zeigte das eigenmächtige Verfahren dem Abt Wirsing an, worauf dieser auf Wiedereinsetzung Singer’s drang. Singer wurde wirklich wiedereingesetzt, aber fortwährend von seiner Gemeinde und von seinem Kaplan chikanirt, bald wegen des Genusses von einer Fischgrube oder von einem Grundstück, bald weil er gegen Ehebruch, Hurerei, Schinderei, Betrug und Wucher predigte, „welche Laster bei den Hirschauern ein Gottesdienst seien.“ Der Abt Heberlein machte deßhalb dem Bürgermeister und Rath Vorhalt und erklärte ihnen: „Seien sie mit ihrem Pfarrer nicht zufrieden, so sollten sie das Warum angeben; würde der Pfarrer schuldig befunden, so werde er ihnen einen andern Pfarrer geben.“ Singer starb 1555, worauf der Abt die Stelle dem M. Grindlinger verlieh, für den sich sowohl die Stadt, als auch der Herzog Wolfgang, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog in Bayern, Graf zu Veldenz, [93] der oberen churfürstlichen Pfalz Statthalter, beim Abt verwendet hatten. Der Neuernannte wurde aufgefordert, in Heilsbronn eine Probepredigt zu halten und seines Gotteshauses Einkünfte anzuzeigen. Grindlinger resignirte schon 1558 und zog nach Österreich. Der Abt setzte an seine Stelle den Kaplan Kasp. Modler von Amberg, ihm von mehreren Seiten empfohlen: vom abziehenden Grindlinger, vom Prediger Pet. Katzmann in Amberg und vom Pfalzgrafen Friedrich, Grafen zu Sponheim und Statthalter der obern churfürstlichen Pfalz. Modler’s 11jährige Amtsführung in Hirschau fiel in die Regierungszeit des Herzogs Friedrich III., welcher das Lutherthum mit dem Calvinismus vertauschte und, nach damaligem Brauche, seine Konfession auch seinen Unterthanen aufoktroyirte. In welch stürmischer Weise er es that, zeigt folgendes Mandat, welches er für seine Lande am 20. Dez. 1568 aus seiner Residenzstadt Amberg erließ: „Wir Friedrich, von Gottes Gnaden Pfalzgraf bei Rhein, des h. röm. Reichs Erztruchseß, Kurfürst und Herzog in Bayern. Unsern Gruß zuvor. Liebe und Getreue. Was wir unterm 15. Jan. 1567 wegen des noch übrigen Götzenwerkes, so von dem leidigen Papstthum wider den klaren Befehl göttlichen Wortes sammt anderem Greuel in der Kirche des Herrn eingeführt ist, befohlen haben, wisset ihr euch wohl noch zu erinnern. Wir erfahren aber, daß dem nicht allerdinge nachgekommen wird. Da wir aber solches als die hohe Obrigkeit in unserem Fürstenthum nicht dulden können als Götzenwerk und Abgötterei, wodurch der Lauf des reinen seligmachenden Wortes aufgehalten wird: so soll, wie unser christlicher Befehl bereits in Amberg, unserer Residenz und Hauptstadt in Bayern, in Lehr und Ceremonien ins Werk gerichtet ist, es auch in allen Orten unseres Fürstenthums gehalten werden. Daher befehlen wir euch, wenn das Götzenwerk nicht allerdinge weggethan und zerbrochen ist, daß es binnen acht Tagen gänzlich weggeräumt und zerschlagen werde, es seien erhabene oder flache Gemäldewerke in Kirchen oder an andern Orten. Deßgleichen ist Taufstein und Götzenhäuslein wegzuthun, der Chorrock nicht mehr zu gebrauchen, sondern eine andere ehrliche gewöhnliche Kleidung. [94] Den Kommunikanten ist kein Tüchlein mehr unterzuhalten. Die Einsetzungsworte sind nicht mehr zu singen, sondern zu sprechen. Der Exorzismus ist bei der Taufe nicht mehr zu gestatten. Die 10 Gebote sind genau wie im 2. und 5. Buch Mosis der Gemeinde und Jugend vorzutragen. Der lateinische Gesang, das Ave Maria, Angst Christi und Tenebräläuten sind abzuschaffen. Über den Vollzug habt ihr binnen 14 Tagen an unsere Kanzlei in Amberg zu berichten.“ Modler vollzog das Mandat, „stürmte in seiner Kirche zu Hirschau alle Altäre und Kirchenzier“ und stellte sich unter den Schutz der calvinistischen Stadt Amberg, zum großen Mißfallen seines lutherischen Lehensherrn, des Abts Wunder in Heilsbronn. Dem wiederholten Befehl des Abts: sich in Heilsbronn zu stellen, um sein Jurament zu thun und das Verzeichniß über seine Einkünfte vorzulegen, folgte Modler nicht. Der Abt bat den Markgrafen Georg Friedrich, beim Herzog in Amberg zu erwirken: „daß in Hirschau der calvinistische Greuel abgeschafft und das dortige Pfarrlehen dem Kloster Heilsbronn erhalten werde.“ Der Abt erhielt vom Markgrafen zur Antwort: „Wir haben mit höchster Beschwerung gehört, daß die calvinistische Secte in der Oberpfalz mit Gewalt aufgedrungen wird; können aber unsern lieben Oheim, Schwager und Bruder, den Kurfürsten Friedrich, in seinem Lande nicht daran hindern, soweit es Lehre und Ceremonie betrifft, sondern müssen es Gott befehlen. Aber wegen Schmälerung der Einkünfte und Gerechtigkeiten werden wir uns bei ihm beschweren.“ Pfarrer Modler zog von Hirschau weg. Der Markgraf beschwerte sich versprochenermassen beim Kurfürsten und erhielt von diesem unterm 30. Juli 1569 aus Heidelberg folgende Antwort: „Was wir Liebes und Gutes vermögen, allezeit zuvor. Hochgeborener Fürst, freundlich lieber Oheim, Schwager und Bruder. Wir hätten auf das Schreiben, Hirschau und Thumbach betreffend, vor dieser Zeit geantwortet, haben aber zuvor Bericht einholen müssen. In den Pfarren Hirschau und Thumbach haben wir das jus nominandi et praesentandi, wie denn auch in den Jahren 1547 und 58 die Pfarrer Modler und Knüttel von uns dem Abt präsentirt, aber vom Abt [95] als Lehensherrn belehnt wurden, aber uns, dem Landesherrn, schwören mußten. Beide Pfarren sind gegenwärtig durch Modlers Wegzug und Knüttels Tod zugleich erledigt. Daß wir die Pfarreinkünfte zum Nutzen unserer Kammer eingezogen und den Pfarrern nur eine geringe Besoldung gegeben haben sollen, ist nicht wahr; wir haben nur in der gegenwärtigen schweren Zeit keine qualifizirte Pastoren finden können, haben daher einstweilen zwei junge Männer versuchsweise angestellt, nämlich zu Hirschau Joh. Maier und zu Thumbach Joh. Fleischmann, natürlich nicht mit der vollen Pfarrbesoldung. Wenn sich die zwei Verweser bewähren, so werden wir sie mit der Zeit nominiren und dem Abt zur Belehnung präsentiren. Die Einkünfte haben wir zu milden Zwecken, nämlich zur Unterhaltung von Kaplänen und Schulmeistern und zu Baulichkeiten verwendet, welche eigentlich der Lehensherr (in Heilsbronn) hätte bestreiten sollen. Auch ist es besser, die Pfarrgüter verwalten zu lassen, damit nicht die Pfarrer durch die Bebauung derselben von den Studien abgehalten werden, und ihnen eine fixe Kompetenz zu reichen.“ Der Markgraf schickte dieses kurfürstliche Schreiben zur Erklärung an den Abt Wunder, welcher darauf erklärte: „Die Pfarren Hirschau und Thumbach wurden 1568 von der Regierung zu Amberg eingezogen. Wir remonstrirten dagegen, worauf jene seltsame Antwort d. d. Heidelberg, 30. Juli 1569 erfolgte, worin sich der Kurfürst das jus nominandi et praesentandi anmaßt, weil sie in seiner Gerichtsbarkeit liegen. Die dortigen Pfarrer haben allezeit bloß dem Kloster Pflicht gethan, bis man dieses von Amberg aus durch geheime Praktiken, gegen die wir protestiren, verhindert hat. Die weiteren Angaben über Verwendung der Pfarreinkünfte zu milden Zwecken für Kirchen und Schulen sind leere Vorwände, bloß um sich in Posseß zu setzen. Ebenso ist es auch mit dem Vorgeben der einstweiligen Regulirung einer Besoldung für die neuen versuchsweise angenommenen beiden Männer. Ebenso ist es mit dem Vorgeben: man müsse die Pfarrer von den Feldarbeiten entheben. Arbeiten dieser Art sind für wohlgesinnte Pfarrer ein angenehmes Exerzitium und lassen sie weniger auf Faulheit [96] und böse verführerische Gedanken kommen, haben auch das Exempel Pauli für sich. Ebenso ungeeignet ist die Beschwerde des Kurfürsten über den von uns dem Pfarrer ertheilten Lehensbrief, der gestellt ist, wie von Alters her, nur daß darin auf die Lehre der augsburger Konfession verpflichtet wird, was aber eben der Stein des Anstoßes ist wegen des dort herrschenden Calvinismus. Wäre dieser nicht dazwischen gekommen, so würde die Belehnung eben so wenig beanstandet worden sein, wie zur Zeit des Papstthums und auch nach der Zeit Lutheri unverhindert geschehen ist. Der Kurfürst hat es bloß darauf abgesehen, uns die Pfarren Hirschau und Thumbach zu entreißen und sie, dem Religionsfrieden zuwider, calvinistisch zu machen. Erst mit Anfang dieser verführerischen neuen Sekte fing diese Neuerung an. Wir bitten daher um Schutz gegen diese neuen Eingriffe des Kurfürsten.“ Als nach Jahresfrist noch keine Antwort erfolgt war, bat der Abt den Markgrafen, den Kurfürsten zu erinnern und erbot sich zugleich, einem Calvinisten die Pfarrstelle zu verleihen, nur möge der Kurfürst das Belehnungsrecht dem Kloster nicht nehmen. Allein es erfolgte abermals keine Antwort; der Kurfürst besetzte die beiden Pfarren Hirschau und Thumbach, ohne dem Abt Kenntniß davon zu geben. Das Patronat war dem Kloster für immer entrissen und somit das Band zwischen Heilsbronn und Hirschau für immer gelöst. Darum finden sich in den heilsbronner Aufzeichnungen keine Nachrichten über die späteren Vorgänge in Hirschau während des Reformationsjahrhunderts. Durch anderweitige Aufzeichnungen ist aber bekannt, wie damals die pfalz-bayerischen Landesherren in Hirschau und anderwärts bald Lutherthum, bald Calvinismus, bald Katholizismus eingeführt haben.

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