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Geschichte von Kloster Heilsbronn/Der 26. Abt Johann Wenk

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Der 26. Abt Johann Wenk[1] (1518–29)

regierte 11 Jahre lang, vom 14. Juli 1518 bis 6. Sept. 1529, an welchem Tage er resignirte. Seine Erwählung[2] erfolgte schon am fünften Tage nach dem Tode seines Amtsvorgängers. [239] Seiner eigenhändigen Aufschreibung zufolge war er bei seinem Amtsantritt 39 Jahre alt. Er stammte aus einer Bürgerfamilie in Ansbach. Seiner dortigen Verwandten gedenkt er mehrmals in seinen Aufschreibungen. Seinem Vater, der 1529 noch in Ansbach lebte, zahlte er in Gegenwart seines Bruders Georg Wenk, Bürgers zu Onolzbach, 30 fl. zur Aushändigung an einen gewissen Johannes Pfalzgraf. Dieser, ein Schreinerssohn aus Ansbach, war als Noviz in Heilsbronn eingetreten, kehrte aber, wie die meisten dortigen Klösterlinge, beim Ausbruch des Bauernkrieges zu den Seinigen zurück und beschloß, nicht wieder in Heilsbronn einzutreten, sondern Schreiner zu werden. Unser Abt sprach ihn in einem Entlaßschein von allen Verbindlichkeiten gegen das Kloster los, da er zu priesterlichen Würden noch nicht gelangt sei, und ertheilte ihm ein gutes Sittenzeugniß. Der Entlassene erhielt die gedachten 30 fl. vermuthlich zur Betreibung seines Handwerks. Späterhin wurde er Kirchner beim Stift zu Onolzbach. Bei der Verheirathung der Tochter eines Arnold Wenk schenkte der Abt 4 fl. zur Hochzeit. Seine höheren Studien machte er um 1503 in Heidelberg, wo er auch promovirte. Nach seiner Rückkehr in das Kloster bekleidete er daselbst verschiedene Ämter.

Das Jahr 1517 war, wie bereits erwähnt, ein Mißjahr und daher beim Regierungsantritt unseres Abts im Juli 1518 Leere allenthalben. Daher sein Klageruf: „O quanta miseria! Nihil in cellare, nihil in vinetis, nihil in bursis! O Elend! et conventus isto anno 1517 coactus fuit bibere cerevisiam de mane!“ Beim vorigen Abt ist berichtet worden, daß in jenem Mißjahr die Mönche kleinere Brote und Bier anstatt Wein erhielten. Doch stand eine reiche Getreide- und Weinernte in Aussicht. Der Nothstand wurde beseitigt. Der Abt klagte nicht mehr und rechnete voll Zuversicht auf eine lange, thatenreiche Regierungszeit. Daß dieses seine Gedanken waren, beweist ein Buch welches er in seinem ersten Regierungsjahre anfertigen ließ und überschrieb, wie folgt: Anno 1518 14. Julii fuit electus in abbatem frater Johannes, dictus Wenk, annum aetatis suae agens trigesimum nonum. Hunc incepit librum, ut posteritas, [240] quod per ipsum aut tempore sui reguminis sit factum, agnoscat. Er hatte beim Schreiben dieser Worte keine Ahnung von den Ereignissen, welche schon nach wenig Jahren seine Plane durchkreuzten und ihn bewogen, den Krummstab niederzulegen. Das Buch sollte ihm als Jahrbuch dienen, worin er zur Notiz für die Nachwelt und zur Erinnerung an seinen Namen einschreiben wollte, was er zum Besten seines Mönchsstaates überhaupt und zum Schmuck seines Klostersitzes insonderheit thun würde. Allein schon nach wenigen Jahren mußte er, in Folge der Reformation und des Bauernkrieges, seine Einschreibungen beschließen. Der 1. Abschnitt in seinem Buche handelt vom Ertrag der Weinberge; der 2., 3. und 4. von seinen Ausgaben für Güter, Pretiosen, Bücher und Bilder; im 5. und letzten registrirt er einige seiner Ausfertigungen in Betreff gemachter Acquisitionen. Er überschrieb diese fünf Abschnitte wie folgt: I. Potus conventus. II. Bona emta tempore Abbatis 26. III. Libri emti. IV. Edificia diversa erecta et reformata. V. Littere cum sigillo abbaciali et conventuali sigillate. Diese fünf Abschnitte des Buches sollen hier näher besprochen werden, da sie klar nachweisen, was der Abt beabsichtigt und ausgeführt hat.

I. Potus conventus. Das Jahr 1517/18 war, wie erwähnt, ein Mißjahr. Die Weinberge bei Neuhof ertrugen nichts, die bei Heilsbronn und Bonhof nur 18 Eimer, die bei Randersacker nur 5 Fuder. Überdieß war das sonst so renomirte randersackerer Gewächs dießmal von so geringer Qualität, daß der Bursarius Wenk (nachmals unser Abt), welcher die Ausgaben für den dortigen Weinbau zu bestreiten hatte, seiner Rechnung die Randbemerkung beischrieb: Fuit isto anno miseria, permixta acito, felle et absinthio. Gleichwohl sind „die Kalterherren von Heilsbronn nach Randersacker hinabgefahren.“ Um so ergiebiger war die Weinernte des folgenden Jahres 1518. Randersacker lieferte 32 Fuder „eigenes Gewächs“, wozu noch 16 Fuder in Iphofen, 16 in Bullenheim gekauft wurden. Noch ergiebiger war die Weinernte i. J. 1519, so daß die Maas Wein wieder für 7–8 Pfg. ausgeschenkt wurde; zwei Jahre vorher [241] zahlte man das Doppelte. Die Weinberge bei Heilsbronn lieferten 9 Fuder, die bei Bonhof 15, die bei Randersacker 34. Dazu wurden in Reusch, Willanzheim und Kitzingen 79 Fuder, a 6 bis 9 auch 18 Gulden gekauft. 1520 war ein geringes Weinjahr, daher wieder die Randbemerkung unseres Abts: „O Elend!“ 1521 ertrugen die Weinberge sehr reichlich: bei Heilsbronn 5, bei Bonhof 19, bei Neuhof 10, bei Randersacker 51 Fuder; dazu wurden 203 Fuder gekauft in Oberndorf, Rüdisbronn, Humbrechtsau, Westheim, Urfersheim, Tief, Reusch, Ippesheim, Bullenheim, Hüttenheim und Willanzheim. 1522 und 23 waren gleichfalls gute Weinjahre. Dieses war der letzte Eintrag des Abts im ersten Kapitel seines Buches. Seine plötzliche Übersiedlung nach Ansbach beim Herannahen des Bauernkrieges hinderte ihn an der Fortsetzung; und auch nach seiner Rückkehr in das Kloster nach Beendigung des Krieges trug er nichts weiter hier ein. Er sah seine Plane vereitelt und eine trübe Wolke nach der andern heraufziehen.

II. Bona empta tempore Johannis abbatis 26. Auch in diesem Kapitel enden die Aufschreibungen des Abts schon nach fünf Jahren. Daß er unter „gekauften Gütern“ nicht bloß Liegenschaften und Gefälle, sondern auch, und zwar vorzugsweise Kostbarkeiten verstand, beweist der Inhalt seiner Aufschreibungen. Auf jene verwendete er nur kleine, auf diese aber große Summen. 20 Gulden zahlte er für 6 Morgen Acker und Holz, erkauft in Conz. Reißners Gut zu Burk, d. h. 1 fl. jährliche Gült; 25 fl. für 2 Tgw. Wiese in Gehren, d. h. der Besitzer Holzschneider hatte jährlich 10 Talente zu entrichten; 5 fl. für eine jährliche Rente von einem Acker bei der obern Mühle zu Tauchenroth. Auf Güter und Gefälle verwendete er in diesen fünf Jahren nur 80 Gulden, auf Kostbarkeiten hingegen über 600 Goldgulden. Im Jahr seines Amtsantritts herrschten Theurung und Hungersnoth; daher seine vorhin mitgetheilten bittern Klagen. Gleichwohl lautet sein erster Eintrag hier in diesem zweiten Kapitel seines Buches: „1518 im Anfang meiner Erwählung kaufte ich 12 Becher mit Untersätzen (picaria cum credentia), oben mit dem Bilde des [242] h. Johannes, 13 Mark, 11 Loth, 3 Quent, die Mark um 12 fl., thut 163 fl., 5 Schill. 3 Heller.“ Dann schreibt er weiter: „Ein Paten mit Edelsteinen, eine goldene Kette, ein Saphir, ein Amethyst, ein Hyacinth, 6 Ringe, ein Saphir mit einem Angesicht 125 fl.; ein Missal zu illuminiren und zu beschlagen 53 fl.; 24 Becher, und zwar 6 für Neuhof, 6 für Nördlingen, 6 für Merkendorf und 6 für Weizendorf zu renoviren 20 fl.; für Monstranzen und ein Kreuz 131 fl.“

III. Libri empti. Für Bücher gab Wenk in den bezeichneten fünf Jahren 100 fl. aus, 31 fl. für ein Corpus juris, 12 fl. für ein Missale ordinis in pergameno. Die übrigen gekauften Bücher sind nicht näher bezeichnet.

IV. Edificia diversa erecta et reformata tempore Johannis abbatis 26. Auch in diesem Kapitel schließt der Abt schon nach fünf Jahren seine Inskriptionen. Diese betreffen zur Hälfte nicht Baulichkeiten, sondern Kunstgegenstände, besonders Bilder. Über Beides soll nun Näheres berichtet werden.


A. Bauten, welche der Abt Wenk ausgeführt hat.

1) Im Jahr 1519 Reparatur und Erweiterung der in den Beiträgen S. 30 u. 31 besprochenen Röhrenfahrt.

2) In demselben Jahr Erweiterung und Verschönerung der neuen Abtei.[3] Diese wurde, wie wir oben gesehen haben, vom 21. Abt Waibler erbaut und vom 24. Abt Haunolt in südlicher Richtung erweitert. Der thurmartige Anbau an der Westseite wurde 1519 durch unsern Abt vollzogen. Dieser Anbau ist massiv, das Dach ausgenommen, ohne Holzwerk, daher feuerfest, auch die gewölbten Zwischendecken sind von Stein, die beiden Thüren zu ebener Erde am Eingang und am Wandschrank von Eisen. Ohne Zweifel ließ der Abt den Bau feuerfest konstruiren zur Sicherung wichtiger Urkunden und seiner Pretiosen. An der westlichen Außenmauer ließ er die Jahrzahl 1519 und am steinernen Dachgesimse das Cisterzienserwappen mit dem roth und weiß gefärbten Bande anbringen. Im Hauptbau der neuen [243] Abtei ließ er gleichzeitig die „Scharstube“ und die „Gesellenstube“ renoviren mit einem Aufwand von 330 fl. Fast ebensoviel verausgabte er zwei Jahre später für die Ausschmückung des obern Stockwerks. In seiner Rechnung heißt es: „Das neu Gemach ob der Scharstuben zu machen mit aller Zubehörung ob 300 fl.“

3) Umbau des Schlößchens zu Waizendorf i. J. 1520 mit einem Aufwand von 800 fl. Siehe Abschn. VII bei Waizendorf.

4) Verlegung des St. Jakobskollegiums in Heidelberg.[4] Die heilsbronner Äbte ließen, wie schon bemerkt, ihre fähigsten Mönche in Paris, später in Prag und Wien studiren, vorzugsweise aber in Heidelberg. In dem dortigen, von Heilsbronn aus gestifteten und fortwährend unterhaltenen St. Jakobskollegium lebten die heilsbronner Studenten beisammen, bedient durch einen Famulus. Auch unser Abt hatte vormals dort gewohnt, studirt und promovirt. 1521 sendete er einen seiner Mönche, den nachmaligen Abt Schopper, nach Heidelberg mit dem Auftrag, das alte Lokale des Jakobskollegiums zu verkaufen. Es wurde verkauft und ein neues gekauft. Unter seinen Bauausgaben verrechnet unser Abt noch 241 fl. für allerlei Bauveränderungen am heilsbronner Hofe in Nürnberg.


B. Gemälde und Schnitzwerke, welche der Abt Wenk fertigen ließ.

1) Ölgemälde auf der Außenseite des Philippi-Jakobialtars: Christus am Kreuz. Der Abt zahlte dafür 25 Goldgulden. Die Schnitzbilder im Innern des Altargehäuses, Philippus und Jakobus, früher (1379) gefertigt, sind defekt und wurden daher nicht restaurirt.

2) Ölbilder auf den Flügeln des St. Laurenzaltars[5], vom Abt mit 26 fl. bezahlt, wurden 1854 restaurirt. Die Schnitzbilder im Innern, Lorenz und Stephanus, sind älter. Siehe Grundplan Nr. 97.

[244] 3) „Um ein Misericordia und unserer lieben Frauen Bild mit sieben Schwertern zu schneiden und zu malen 24 fl.“, schreibt unser Abt im J. 1519. Es ist der bei Nr. 142 noch vorhandene Marienaltar gemeint. Innen Skulpturen: Maria, Ottilia, Lucia. Außen[6] in vier gemalten Feldern Maria bei ihrer Geburt, bei ihrer Einführung in den Tempel durch ihre Eltern und bei ihrer Trauung mit Joseph. Im vierten Felde erscheint sie als Beschützerin der Christenheit. Gott Vater will mit gezücktem Schwert die Menschheit strafen, aber der Sohn greift in das Schwert, auf welchem sich der heilige Geist, eine Taube, niedergelassen hat. Maria breitet schützend ihren Mantel aus, damit die hinter ihr stehenden Bischöfe, Kardinäle und der Papst nicht vom Schwert getroffen werden. In dieser Weise wird hier das Erbarmen Gottes, „Misericordia“. illustrirt. Auf der Rückseite dieser vier Ölbilder war vermuthlich die weitere Darstellung: „Maria mit sieben Schwertern“, entweder Basrelief, oder Malerei; jedenfalls werthvoll und deßhalb von einem lüsternen Kunstfreunde aus Heilsbronn entführt. Wann und wohin? ist nicht bekannt. Die beiden Engel (auf einem Spruchbande: Mater amata etc.) unter den Altarflügeln wurden neuerlich in der Kunstschule zu Nürnberg gemalt.

4) „Die Tafeln Gregorii zu malen 22 fl.“ Dieser Altar steht jetzt bei Nr. 145.

5) „Zu malen 17 Fastentücher zu den Altären 34 fl.“

6) „3 fl. von St. Bernhardi Bild bei dem Altar St. Petri und Pauli zu schneiden und 6 fl. zu malen.“

So weit die Einträge des Abts in diesem Kapitel während seiner zwei ersten Regierungsjahre. In den zwei folgenden Jahren 1520 u. 21 verwendete er viel auf die vorhin bei A besprochenen Bauten, aber nichts auf Skulpturen und Bilder. Desto mehr im folgenden Jahre 1522, laut folgender Einträge:

7) „Um die Bild in die Tafeln 191 fl.“ Bestrebt, [245] nur seines Namens Gedächtniß zu stiften, nennt er auch hier keinen Verfertiger; er bezeichnet nicht einmal die dargestellten Gegenstände. Der hohe Anschaffungspreis läßt auf sehr werthvolle Bilder schließen. Ohne Zweifel sind es Bilder an den Flügeln des Dreikönigsaltars[7], über dessen Stiftung durch den Burggrafen Friedrich V. im J. 1366 oben Seite 130 beim 19. Abt berichtet wurde. Unter den in Heilsbronn noch vorhandenen Altären ist dieser der schönste. Die Schnitzbilder, die Weisen aus Morgenland, im Innern des Altars, wurden (wie auch das oben S. 182 beim 23. Abt besprochene schöne Kruzifix) angeblich von Veit Stoß gefertigt. Jedenfalls sind sie den schönsten Arbeiten dieses Künstlers an die Seite zu stellen. Der Maler der Ölbilder auf den innern Altarflügeln ist unbekannt. Eben so unbekannt ist der Künstler, durch welchen unser Abt die äußern Flügel bemalen ließ. Die Darstellungen auf der Außenseite sind: links Christus am Kreuz, Maria, Johannes, Joseph von Arimathia, der Hauptmann; rechts ein Papst, kniend, ein Bischof, ministrirende Kardinäle, unten links und rechts der Markgraf Friedrich von Ansbach mit seinen Söhnen, die Markgräfin Sophia mit ihren Töchtern, Alle kniend. Bei dem innigen Verhältniß zwischen dem Markgrafen Kasimir und unserem Abt lag diesem der Gedanke sehr nahe, den Markgrafen mit seinen Eltern und Geschwistern portraitiren zu lassen. Ein im J. 1525 geborener und gestorbener Sohn Kasimirs wurde von unserem Abt aus der Taufe gehoben. Der Abt verausgabte bei dieser Taufe 51 fl.; obendrein zahlte er an die Hebammen und Thürhüter (obstetricibus et janitoribus) 9 fl. Am Rande neben diesen Ausgabspositionen stehen die Worte: Baptisatus marchio filius Casimiri et dominus Johannes abbas 26 fuit compater. An den Kleidern von fünfen der auf dem Familienbilde dargestellten Personen stehen 19 Buchstaben, deren Deutung noch nicht gelungen ist. Wolgemut (geb. 1434, gest. 1519) war bereits todt, als unser Abt diese Bilder malen ließ. Von [246] Dürer sind sie nicht gemalt worden, vielleicht von Matthäus Grunewald, dessen Name aber in den heilsbronner Aufschreibungen nicht vorkommt. Dieser Altar, gewöhnlich „Dürersaltar“ genannt, wurde neuerlich in der Kunstschule zu Nürnberg restaurirt, eine Zeitlang dort im großen Rathhaussaale zur Beschauung aufgestellt und dann wieder nach Heilsbronn zurückgebracht, jedoch nicht auf seine ursprüngliche Stelle zwischen Nr. 72 u. 93. Die Rückwand des Altars ist ganz bedeckt mit schönen Ölbildern, welche ohne Zweifel ursprünglich an dem einen und andern der ehemals in der Kirche vorhandenen 28 Altäre angebracht waren und ihren gegenwärtigen Standort erst erhielten, als man die Altäre, welchen sie ursprünglich angehörten, abtrug. Sie sind in mehreren Feldern vertheilt und stellen sehr Verschiedenes dar: die Trinität; St. Emeran mit einer Kirche auf der Hand; St. Eustach mit Kriegsknechten; Maria mit dem Kinde; ihr zur Seite Dorothea, Margaretha, Barbara, Apollonia, Rosa de Milano, Kolumba; Maria mit sechs Frauen, hinter ihnen ein Papst und Bischöfe; links unten ein Greif und eine Chiffer, vielleicht die des Malers. Der Altar steht jetzt bei Nr. 140.

8) Der Hochaltar. „Die neuen Coertafeln (Chortafeln) zu machen, dem Bildhauer, Schreiner, Schlosser etc. 268 fl.“ Der Abt nennt die bei Nr. 157, 159, 160, 162, 165, 166 noch vorhandenen, fast lebensgroßen Holzstatuen „Coertafeln“, weil er sie für den Hochaltar im östlichen Chor fertigen ließ: Gott Vater auf der Weltkugel, Jakobus, Heinrich und Kunigunda, zwei Heilige im bischöflichen Ornat etc. Die Figuren waren in Etagen übereinander gestellt, so daß die Gruppe fast bis zur Decke des Chors reichte: oben der Erzengel Michael mit dem Schwert. Abschn. XIV. beim 26. Altar wird berichtet werden, wie diese Statuen im J. 1711 herabgenommen, neuerlich aber da und dort in der Kirche wieder aufgestellt worden sind. Im Altarstein, auf welchem kein Altarschrein mit Gemälden, sondern lediglich diese Gruppe von Holzstatuen angebracht war, fand sich im Jahr 1853 der oben beim 13. Abt besprochen Reliquienkasten. Der Altarstein wurde um 1863 ganz abgetragen und hinter demselben [247] der eben beschriebene Dreikönigsaltar aufgestellt. Unser Abt nennt zwar den Schneidermeister, dem er von wegen des Meßgewandes vom Markgrafen Kasimir 2 fl. zahlte, aber den oder die Künstler, welche den 268 fl. kostenden Altar schnitzten, nennt er nicht. Von den vielen Künstlern, die für ihn arbeiteten, nennt er nur einen einzigen, und auch diesen nur gelegentlich einer Korrespondenz von 1524, in welcher er bemerkt, daß der Maler Jakob Elmstetter von Nürnberg von ihm zur Nothdurft angenommen worden sei. Die Korrespondenz betraf 35 fl., welche Elmstetter von der Gemeinde Osternohe für ein geliefertes Bild zu fordern hatte. Eben so erwähnt auch der vorige Abt nur nebenbei, daß 1491 die Maler Erhard und Johann Wagner (vielleicht Erhard Schön und Hans von Kulmbach) für Heilsbronn arbeiteten.

Stellt man die unter B 1–8 notirten Ausgaben zusammen, so ergibt sich, daß unser Abt in seinen fünf ersten Regierungsjahren für Gemälde und Skulpturen 600 fl. ausgegeben hat. In Folge der Reformation und des Bauernkrieges konnte Wenk nichts mehr auf Kunstgegenstände verwenden. Schopper, sein unmittelbarer Nachfolger, schaffte nichts Derartiges an, sein eigenes nach vorhandenes Portrait ausgenommen, welches er aber nicht für die Kirche, sondern für sein Wohnzimmer bestimmte. Die auf den Kirchengemälden abgebildeten Äbte sind Friedrich von Hirschlach, † 1350, Haunolt, † 1498, Bamberger, † 1518, und unser Abt Wenk, nicht Schopper. Das die Ausführung nach Golgatha darstellende Bild[8] ließ der 1552 gestorbene Abt Wirsing für die Katharinenkirche malen. Beim Abtragen dieser Kirche im J. 1771 transferirte man das Bild in die Klosterkirche. Der letzte, 1578 gestorbene Abt Wunder ließ, wie Schopper, sein Portrait malen, aber kein Kirchenbild. Die in Heilsbronn noch vorhandenen Porträts der Markgrafen und ihrer Frauen aus späterer Zeit wurden auf Anordnung der Markgrafen und auf Kosten des Klosterfonds gefertigt. Die von den Äbten angeschafften Gemälde und plastischen Arbeiten kamen in späterer Zeit [248] großentheils von Heilsbronn weg, z. B. nach Prag die S. 229 besprochenen von Dürer gemalten Altarbilder. Den Altar St. Johannis Evangelistä und Andreä (Jesus mit den Aposteln beim Abendmahl) schenkten die Markgrafen Christian von Bayreuth und Joachim Ernst von Ansbach im J. 1621 ihrem Kanzler Urban Kaspar Feilitz in seine neuerbaute Kirche zu Förbau in Oberfranken. Den Altar in der Sakristei der Katharinenkirche schenkte 1617 der Markgraf Joachim Ernst der Spitalkirche zu Neustadt a. d. Aisch.

Bemerkenswerth sind noch folgende Ausgabspositionen in dem Gedenkbuche unseres Abts v. J. 1521: „41 fl. unsere Privilegia zu Wurms zu confirmiren; 20 fl. ad confirmandum privilegia nostra a Caesarea Majestate; 4 fl. Johanni Hartung pro expensis in via.“ Wir haben oben gesehen, daß sich die heilsbronner Äbte insgesammt eng an die Kaiser, ihre alleinigen Schirmvögte anschlossen, daß Jahrhunderte hindurch die Kaiser bis auf Maximilian I. herab im Burggrafenhause zu Heilsbronn beherbergt wurden, und daß jeder Abt sofort nach der Thronbesteigung eines Kaisers durch diesen die Klosterprivilegien bestätigen ließ. Letzteres that denn auch unser Abt im J. 1521. Der Kaiser Karl V. war eben auf dem durch Luthers Anwesenheit besonders denkwürdigen Reichstag in Worms. Unser Abt kam nicht nach Worms, er sendete aber Abgeordnete dahin, darunter den ebengenannten Johann Hartung, welcher von unserem Abt als oberster Klosterrichter angestellt wurde und nach Heilsbronn übersiedelte. Wir werden den wohlgesinnten kundigen Mann bald näher kennen lernen. Zweck der Mission nach Worms war: die Klosterprivilegien dem Kaiser zur Bestätigung vorzulegen. Der Kaiser entsprach gerne, wie jeder frühere Kaiser, der Bitte des Abts. Sein weitläufiges, deutsch verabfaßtes Bestätigungsdiplom enthält Folgendes: „Wir Karl V. etc. thun kund: Wiewohl wir geneigt sind, allen unsern Unterthanen unsere Gnade und Mildigkeit mitzutheilen, so ist doch unser Gemüth mehr begehrlich, den Personen, so der Welt Üppigkeit zurückgelegt, Gott in einem geistlichen Leben dienen und für unserer [249] Seelen Seligkeit bitten, gnädige Fürderung zu beweisen und sie bei ihren Privilegien zu schützen. Wenn uns nun die ehrsamen Geistlichen, unser lieb andächtig Johannes Abt und Konvent zu Haylsprunn durch ihre ehrbare Botschaft ein glaublich Vidimus eines Briefes von König Ruprecht haben fürgebracht, der also lautet: (hier ist der oben beim 20. Abt Stromer besprochene Bestätigungsbrief des Kaisers Ruprecht von 1401 wörtlich eingeschaltet). Diese und alle andere Privilegia, von unseren Vorfahren und Anderen ihnen ertheilt, erneuern und konfirmiren wir, ansehend ihre demüthige Bitte und den löblichen Gottesdienst, der in ihrem Gotteshaus täglich ohne Unterlaß vollbracht wird. Die sie bei ihren Freiheiten nicht bleiben lassen, verfallen in eine Strafe von 50 Mark Goldes. Gegeben in Wurmbs am 7. Mai 1521, unser Reiche des römischen im andern Jahr und der andern aller im sechsten. Carol. Ad mandatum Dni. Imperatoris proprium Albertus Card. Mogg. Archicancellarius sst.“ Dieses kaiserliche Diplom wurde am 7. Mai in Worms ausgefertigt und dann vom Richter Hartung nach Heilsbronn gebracht. Luther hatte 11 Tage zuvor die Stadt bereits verlassen. Hätte Hartung, den wir als überaus fleißigen Berichterstatter kennen lernen werden, Luthers persönliche Bekanntschaft in Worms gemacht, so würde sich in seinen vielen Aufschreibungen eine Notiz darüber finden. Daß er mit Luthers Lehre frühzeitig Bekanntschaft machte, werden wir nachher sehen.

V. Littere cum sigillo abbaciali sigillate tempore Johannis abbatis 26. In dieser fünften und letzten Abtheilung seines Notizbuches registrirt unser Abt 27 während seiner Regierung in der Klosterkanzlei ausgefertigte und besiegelte Schriftstücke. Davon wurden 19 vor dem Bauernkriege ausgefertigt, 8 nachher. Das letzte ist von 1528. Im folgenden Jahr resignirte der Abt, schmerzlich getäuscht in den Erwartungen, mit welchen er sein Regiment angetreten und sein Gedenkbuch angelegt hatte. In den meisten dieser Schriftstücke handelt sich’s um Zuschreibungen, Verpachtungen etc. von Gütern an verschiedenen Orten des Klostergebietes. Beispielsweise folge hier eine [250] dieser Ausfertigungen: „Wir Johannes Abt und der Convent bekennen mit diesem Brief, daß wir unserem lieben getreuen Hans Hefelein zu Wilhelmskreuth und seiner Hausfrau und allen ihren rechten Erben unsern eigenen Hof zu W. zu rechtem Erb wie Erblehen nach unseres Gottshaus Gebrauch zu Dorf und Feld verliehen haben mit der Bescheidenheit und Geding von jährlicher Gilt 10 Malter Korn an den Kornschreiber, 5 Pfund 2 dl. an den Burschner, 91 Käse a 31/2 Pfennig, 6 Pfund von einer Wiese, dem Diener in der Abtei eine Fastnachtshenne. Alles in gutem Bau zu halten. Nichts zu verkaufen ohne unsern Willen. Verkauf nur an Leute, die uns fügsam sind. Entrichtung des gewöhnlichen Handlohns. Bei unsern Gerichten Recht zu suchen. d. d. dritten Tag des Weinmonats. Siegel des Abts und des Convents.“ Die heilsbronnischen Unterthanen in Volkersgau hatten bisher das Besthaupt in Natura zu entrichten, erhielten aber nun vom Abt und Konvent die Erlaubniß, anstatt des Besthaupts das in den Klosterdörfern übliche Handlohn, den dreizehnten Gulden, zu zahlen.

Im Jahr 1522 entlehnte das Kloster bei der Stadtkommune Nürnberg unter Verpfändung des dortigen heilsbronner Hofes 1000 fl. 1527 bei einer Vormundschaft in Nürnberg 1000 fl. und bei Sebald Staiber daselbst 1000 fl. zu 5 Prozent. Diese Anleihen wurden meist für den Markgrafen Kasimir gemacht. Zu den Schuldscheinen, welche der Abt in seinem Gedenkbuche registrirt, bemerkt eine spätere Hand: „Auf Nimmerwiedergeben geliehen zwei Jahre vor dem Bauernkrieg an M. Kasimir 1000 fl. in Nürnberg geborgt gegen Versatz der jährlichen 50 fl. vom Rathhaus. Demselben im Bauernkrieg bei seiner Einnahme des Klosters 1000 baar, 600 Sra. Korn, 300 Sra. Haber, 50 Fuder Wein. Item hat man ihm 3000 Kirchenkleinodien und Kelche willig dargestreckt.“

Eine von unserem Abt im J. 1523 registrirte Ausfertigung betraf die Rehabilitation einer Klosterfrau in Seligenpforten. Diese hieß Katharina von Bayern. In den fränkischen Cisterzienserklöstern hatten sich einige Ordenspersonen, darunter [251] auch Katharina, mit schwerlichen ungebührlichen Übertretungen vergessen. Nähere Angaben über die Reate und über den Strafvollzug fehlen. Nach Austrag der Sache gab der Abt von Cisterz unserem Abt den Auftrag, den Delinquenten Indult zu ertheilen und sie zu rehabilitiren, worauf Wenk nach Seligenpforten schrieb wie folgt: „Nachdem die Äbtissin zu Seligenpforten (Magdalena Sazenhoverin) der Klosterfrau Katharina das Zeugniß aufrichtiger Reue und Buße gegeben hat, so geben wir dieser hiermit wiederum ihre alte Würdigkeit und ganz gut Gerücht mit der Bescheidenheit, daß sie hinfür zu allen ordentlichen Würdigkeiten bequem geachtet werden soll. Über das verbieten wir, ihr die bestrafte Übertretung vorzuwerfen.“ Überbringer dieses Erlasses war Wenk selbst. Er visitirte bei dieser Gelegenheit das Kloster Seligenpforten. Bei Revision der Rechnungen über die zwei Jahre 1521/23 ergab sich u. A.: „Jährliche Einnahme an Geld 10,000 Pfund; an Korn 700 Sra.; an Haber 500 Sra. Nachdem das Kloster schwerlich in Kriegsläuften verderbt ist und etlich Geld und Gült nicht gereicht wird, ist es 1250 fl. schuldig, hat dagegen 600 fl. zu fordern. Es hat zum täglichen Gebrauch 20 Wagenpferde, 21 Pferde in der Stut, 44 Rinder, 8 Neerschweine, 29 Mastschweine, 3 Zentner Schmalz, zum täglichen Gebrauch nichts Übriges.“

Beachtenswerth ist ferner eine im J. 1521 von unserem Abt in seinem Gedenkbuch registrirte Ausfertigung, die über den metallenen schweren Staiber’schen Rundschild[9] in der heilsbronner Kirche, jetzt bei Nr. 11, Aufschluß gibt. Die Ausfertigung lautet: „Wir Johannes Abt und Convent bekennen mit diesem Brief. Nachdem der gestreng ehrbar und vest Herr Lorenz Stayber, Ritter, aus freiem Willen von seiner, seiner Hausfrau Magdalena Vater, Mutter, Brüder ihrer Seelen Nutz und Heil willen, uns gegeben haben ein Kleinod von Korallen, Silber und Edelsteinen, 300 fl. werth, an welchen wir ihm 100 fl. hinausgegeben haben, so daß Herr Lorenz dem Kloster 200 fl. [252] zugeeignet hat für einen Jahrtag zu Trost aller gläubigen Seelen, und er auch mit seiner Frau und seinen Leibeserben den jüngsten Tag bei uns in unserem Kloster zu erwarten begehrt und wir uns dankbar beweisen wollen für die von ihm uns erwiesenen und zu erweisenden Wohlthaten: so versprechen wir ihm, alle Jahr seiner und der Seinigen an einem Jahrtag zu gedenken am Tag Margaretha bei seiner Begräbnuß, die er sich in unserer Kirche vor St. Nikolaus Altar (der Altar stand bei Nr. 134) erwählt hat, dazu ein Leichentuch aufzulegen, vier Kerzen aufzustecken, die Vigilg und Seelenamt in unserem Chor zu halten. Die Priesterschaft, die auf diesen Tag die Meß lesen, sollen der gemelten Seelen mit einer besondern Collecte gedenken. Auch sollen ihre Namen in unser Todtenbuch geschrieben und im Capitol jährlich verkündet werden. Auch wollen wir an diesem Jahrtag zum Dienst geben einem Jeglichen zwei Stück Fisch, ein schön Semmel, eine Maas Wein, besser als der Pfründwein, ongeverde. Wir geben dem Herrn Lorenz diesen Brief versiegelt mit unserem, der Abtei und des Convents Siegeln, der gegeben ist....“ Hier fehlen die Schlußworte und das ganze Aktenstück ist kreuzweise durchstrichen, da die Verordnung nicht vollzogen wurde, ohne Zweifel in Folge der reformatorischen Lehre, durch welche Lorenz Staiber eine andere Anschauung von dergleichen Stiftungen gewann. Der Abt hatte bereits an der projektirten Grabstätte den Metallschild aufhängen und im Vigilienbuche beim Margarethentage (13. Juli) im Voraus Folgendes eintragen lassen: De domino Laurencio Stayber milite et Magdalena uxore sua de Nurnberga, officia dant pis. pa. vi. Dedit monasterio bonum quoddam de argento et corall. factum, quod cum reliquiis ecclesie reservatur. Über den weitern Verlauf der rückgängig gewordenen Sache berichten die Jahrbücher und Mönchsrechnungen Folgendes: Lorenz Staiber, Ritter, kaiserlicher und königlicher Majestät Diener, ließ seine Frau, welche im vierten Jahre nach der gemachten Schenkung starb, nicht in Heilsbronn begraben und forderte dann das von ihm dem Kloster geschenkte kostbare Kleinod zurück. Der Abt lieferte ihm das [253] Verlangte aus, forderte aber dagegen in gereiztem Tone die bei der Schenkung des Kleinods an Staiber hinausgezahlten 100 fl. zurück. Staiber verweigerte die Rückzahlung, vermuthlich, weil er Gegenforderungen an das Kloster zu machen hatte. Erst im Jahre 1527, nach wiederholten Mahnungen durch Zuschriften und Emissäre, erhielt der Abt seine 100 fl. zurück, und zwar in Staibers Abwesenheit durch dessen Bruder Sebald Staiber. Niemand von der Familie Staiber wurde in Heilsbronn begraben. Es findet sich daher in der dortigen Kirche kein Staibersches Grabdenkmal, sondern lediglich der gedachte Metallschild mit dem Familienwappen: ein ausschreitender Löwe im blauen Felde, darunter ein halb goldenes, halb schwarzes Hündchen (Stöber, Stäuber, ein Jagdhund), darüber Helmschmuck mit goldener Krone, über derselben zwei Büffelhörner, zwischen welchen ein goldener Löwe sitzt. Durch das Wappen schlingt sich eine zierlich gearbeitete Ordenskette, an welcher ein Medaillon mit zwei gekrönten Vögeln hängt. Die Rundschrift um den Schild lautet: „Des erbarn und vesten Lorenzen Staibers Wapen und Begrebnus.“ Selbstverständlich fehlt die Angabe des Todestages, da Lorenz Staiber anderwärts begraben wurde. Aus den heilsbronner Aufzeichnungen erhellt, daß er dem nürnberger Adel angehörte, daß er für 3 Sra. Haber ein Klavikord an das Kloster verkaufte, daß sein Bruder Sebald Staiber dem Kloster Spezereien und Tücher lieferte und mehrmals Geld vorschoß. Wie das gute Vernehmen zwischen ihm und unserem Abt gestört wurde, haben wir eben gesehen. Den nachmaligen, lutherisch gesinnten Abt Schopper, mit welchem er auf freundschaftlichem Fuße lebte, lud er zu seines Bruders Hochzeit ein. Bei einem Hans Staiber machte das Kloster schon um 1509 wiederholt Anlehen.

So viel über das reichhaltige Gedenkbuch unseres Abts. Auf den von ihm im Voraus linirten, aber nicht mehr beschriebenen Blättern notirten seine Nachfolger Einiges über Einkünfte, Baulichkeiten, Anschaffungen, Ausgaben etc. Von größeren Acquisitionen ist keine Rede mehr. Die Reformation führte allmälig zur Auflösung des Mönchsstaates.

[254]
Die Reformation

hatte am 31. Oktober 1517 in Wittenberg begonnen. Acht Monate darauf trat unser Abt die Regierung an, wahrscheinlich noch unbekannt mit den Vorgängen in Wittenberg. Und wenn er auch Kenntniß davon hatte, so nahm ihn doch die in seiner Nähe damals herrschende materielle Noth mehr in Anspruch, als das, was dort in der Ferne vorging. Die reformatorischen Ideen kamen nicht von Wittenberg, sondern von Heidelberg her nach Heilsbronn. Zur Zeit unseres Abts studirte kein heilsbronner Mönch in Wittenberg; die Schule für höhere Studien war noch immer vorzugsweise Heidelberg. namentlich für die beiden Mönche Joh. Werkmann und Joh. Schopper, welche dort studirten und 1519 und 20 promovirten. Unser Abt verausgabte zu ihrer Promotion 14 fl. und 20 fl. Den von Heidelberg damals Zurückkehrenden war Luther, welcher 1518 einem Konvent daselbst beigewohnt und großes Aufsehen gemacht hatte, zuverlässig bekannt geworden. Daß Joh. Schopper, Wenk’s Nachfolger, Luthers Lehre genau kannte und sich zu derselben bekannte, werden wir nachher sehen. Als Schopper 1520 in Heidelberg Doktor der Theologie geworden war und nach seiner Rückkehr in das Kloster zum Prior gewählt wurde, hatten bereits viele seiner lutherisch gesinnten Mitmönche das Kloster verlassen und bürgerlichen Handthierungen sich zugewendet. Bei Einigen derselben war es, wie unser Abt schreibt, Muthwille, Freiheitssucht und Unzufriedenheit mit dem klösterlichen Zwang, was sie zum Austritt bewog. Wenk hielt, wie alle seine Vorgänger, die strenge Klosterzucht aufrecht. Bald war von den 72 Mönchen die größere Hälfte ausgetreten und die Majorität der im Kloster Zurückgebliebenen – meist ältere und zur Erlernung bürgerlicher Gewerbe nicht mehr geschickt – lutherisch gesinnt. An der Spitze der antilutherischen Minorität stand Wenk. Er sah mit richtigem Blicke voraus, daß Luthers Lehre und der dadurch herbeigeführte Austritt so vieler Mönche zur Auflösung des Mönchsstaates führen werde. Daher sein Bemühen, die noch vorhandenen Elemente zusammen zu halten, die gelockerten Bande wieder zu befestigen, vor Allem aber [255] die Entlaufenen wieder zur Stelle zu bringen. Daher seine Bitte an den Markgrafen Kasimir, den Einen und Andern der Flüchtlinge aufgreifen und in das Kloster zurückbringen zu lassen. Er schrieb an den Markgrafen: „Etliche Mönche sind muthwillig aus dem hiesigen Kloster entlaufen aus Verdruß über die klösterliche Stille, um fleischlicher Freiheit und weltlicher Begierde zu leben. Darunter Einer, Sohn des Schusters Stenglein zu Onoltzbach, welcher sich angeblich bei seinem Vater aufhält, um das Schuhmacherhandwerk zu erlernen. Bitte daher, den Stenglein aufgreifen und ins Kloster hieher zurückliefern zu lassen.“ Kasimir entsprach der Bitte; er hatte bereits mündlich über die Sache mit unserem Abt verhandelt und um Strafmilderung gebeten. Der Abt zeigte dankend dem Markgrafen die Wiedereinlieferung an, versprach Strafmilderung, bat aber zugleich um Einlieferung eines nach Schwabach Entwichenen. Die meisten Flüchtlinge hatten sich nach Nürnberg und an andere Orte außerhalb des Fürstenthums Ansbach begeben, wo sie vom Markgrafen nicht aufgegriffen werden konnten. Beim Magistrat Nürnberg versuchte es der Abt nicht, um Einlieferung der Entwichenen zu bitten. Wohl aber reichte er dort folgende Anzeige und Beschwerde ein: „Etliche meiner Ordenspersonen sind allein aus Fürwitz, Buberei und Verdruß wegen klösterlicher Ruhe nach Nürnberg gegangen, um Handwerke zu erlernen. Während meiner letzten Anwesenheit in Nürnberg hat auf dem Lorenzer Kirchhof vor dem heilsbronner Hofe (jetzt Bank) Einer der Entwichenen mit noch 4 bis 5 Andern Zweien meiner Diener zugerufen: sie sollten ihren Abt herausrufen, sie hätten etwas mit ihm zu theilen. Den Diener des Schaffners im heilsbronner Hof haben sie einen verrätherischen Bösewicht gescholten.“ Einer der Flüchtlinge begab sich 1524 nach Würzburg und bat den Bischof Konrad um Verwendung in der Seelsorge. Unser Abt bat den Bischof, den Flüchtling verhaften und zurückliefern zu lassen, was aber der Bischof verweigerte. Bald darauf wurde der Bischof andern Sinnes und erbot sich zur Auslieferung seines Schützlings, welcher wegen einer „Mißhandlung“ ins Gefängniß gekommen war. Allein nunmehr [256] wurde auch unser Abt andern Sinnes; er erklärte dem Bischof: „Als ich euch bat, den Flüchtling zu verhaften, da habt ihr es mir verweigert. Und nun, da ihr ihn wegen schlechter Aufführung verhaftet habt, soll ich ihn abholen lassen, was ich aber nicht zu thun gesonnen bin. Ich trage vielmehr darauf an, daß der Flüchtling verpflichtet werde, von Würzburg und Heilsbronn 40 Meilen fern zu bleiben. Nach Heilsbronn nehme ich ihn nicht wieder. Ich will seinetwegen keinen Schaden leiden. Straft ihn öffentlich. Schont meinen Orden nicht. Datum Mittwoch nach Wilhelm (10. Febr.).“

Aus folgender Mittheilung unseres Abts geht hervor, wie bereits im Anfang des Jahres 1523 der Personalstand im Kloster vermindert war. Der Pfalzgraf und Kurfürst Ludwig forderte den Abt auf, Studirende in das oben besprochene St. Jakobskollegium in Heidelberg zu senden zur Kompletirung der sonst üblichen Zahl. Darauf antwortete Wenk: „Wir finden in unserem Kloster keine junge Leute mehr zu diesem Studium wegen der argen lutherischen Bewegung und Empörung. Und diejenigen, so wir bisher zu diesem Studium enthalten, laufen freventlich hinweg, so daß wir aus Mangel an Personen unsern geistlichen Tagzeiten in unsern Gotteshäusern mit Mühe und Noth kaum genugthun können.“ Dieses Antwortsschreiben ist nicht nur von unserm Abt, sondern auch von den Äbten zu Ebrach, Langheim, Kaisheim, Schönthal, Bildhausen und Brumbach unterzeichnet, da sie gleichfalls berechtigt waren, Mönche aus ihren Klöstern nach Heidelberg in das heilsbronnische St. Jakobskollegium zu schicken.

Inmitten der freiheitlichen Strömung hielt Wenk auf strenge Klosterzucht nicht nur an Ort und Stelle, sondern auch in Seligenpforten. Wie er daselbst bei Gelegenheit der vorjährigen Visitation eine Nonne rehabilitirte, ist vorhin berichtet worden. Bei der dießjährigen Visitation am 2. Okt. 1524 fand er ungefähr denselben Status und nichts dagegen zu erinnern. Aber bezüglich der Klosterzucht fand er Vieles zu erinnern und zu rügen. Einer seiner Vorgänger, der 22. Abt Kötzler, rügte schon [257] im J. 1459 manche Übelstände, z. B. außerhalb des Klosters umherzuschweifen, ungeziemende Kleider zu tragen, einander unedle Geburt vorzuwerfen, mit Laien zu verkehren. Inzwischen war es noch schlimmer geworden. Wenk fand die Klosterzucht verfallen, überhaupt viel Anstößiges, den Vorschriften Benedikts und der Päpste nicht Entsprechendes. Er bemerkte daher in seinem, der Aebtissin zugesendeten Visitationsbescheid (Cartha): „Säumige beim Gottesdienst sind mit der Ordenspön zu bestrafen. Alle Klosterfrauen, Kranke ausgenommen, sollen sich, nach unserer Ordensregel, in jeder Nacht beim Gesang des Salve Regina einfinden, nachher sich miteinander in das Schlafhaus begeben. Zuwiderhandelnde sind disziplinarisch zu bestrafen. Unter gleicher Strafandrohung verbieten wir, nach dem Ave Maria in der Abtei, im Siechhaus, im Pfortenhaus oder anderswo zu sitzen. Nach dem Ave Maria sind alle Gäste, Männer, Frauen, Richter, Beamte und Knechte fortzuweisen. Da alle ordentliche Zucht geistlichen Personen großen Lohn bei Gott mehret und bei allen Creaturen ehrwürdig macht: so gebieten wir, daß Alle als Verschmäherinnen der Welt und Liebhaberinnen Gottes die drei wesentlichen Stücke wahrer Geistlichkeit: Ablegung aller Eigenschaft, Keuschheit und Gehorsam halten und allen Regeln des heiligen Benedikt nachkommen sollen. Die sprechen, wann und wo Schweigen geboten ist, oder den Vorsteherinnen widersprechen, sollen einen Tag auf der Erde Wasser und Brot genießen und denselben Tag den Weyl (Schleier) ablegen. Vorsteherinnen, welche diese Stücke an Verfehlenden nicht vollziehen, sollen gleichfalls einen Tag mit Wasser und Brot bestraft werden. Bei gleicher Strafe verbieten wir unordentliche Schleier und Hauben, besonders die mit goldenen oder silbernen Leisten gewirkt sind. Die Schlafzimmer sollen nicht verhängt sein, die Betten nicht zu hoch, damit die Vorsteherinnen klar sehen können, wer in der Zelle ist oder nicht. Die Frauen dürfen nach der Konstitution des Papstes Bonifacius VIII. nur nach genauer Angabe des Orts und Termins ausgehen. Überschreitung des Termins wird mit der poena fugitivorum bestraft. Immer sollen zwei miteinander [258] ausgehen. Böse Nachreden gegen einander werden mit der Strafe talionis bestraft. Vorstehenden Bescheid soll die Gesangmeisterin viermal jährlich in Gegenwart unserer zwei Kapläne (Beichtväter von Heilsbronn) verlesen.“ Wenige Monate nach diesem Erlasse verließen die Äbtissin von Seligenpforten und ihre Nonnen, eben so unser Abt und seine Mönche, ihre Klöster beim Herannahen des Bauernkrieges, um anderwärts im Kreise ihrer Angehörigen den Sturm abzuwarten.

Vor dem Ausbruche des Bauernkrieges hatte aber unser Abt einen andern Sturm zu bestehen. Es war der erste dieser Art: der Mönchsstaat erlitt in Folge der Reformation den ersten Gebietsverlust, und zwar in Nördlingen.[10] Oben beim 13. Abt wurde der ersten Acquisitionen des Klosters Heilsbronn innerhalb der Stadt Nördlingen gedacht; im VII. Abschn. wird noch Näheres darüber berichtet werden. Die Stadt war gleich bei der ersten Acquisition ungehalten über die im Weichbilde der Stadt sich ansiedelnden Eindringlinge, opponirte gegen diese fortwährend und suchte jede Besitzerweiterung zu hindern. Ein Hauptgegenstand des Haders war das Pfarrpatronat. Einem Bericht unseres Abts zufolge waren die (damals 14) Pfarreien von gemeiner Stadt Nördlingen gestiftet und aufgerichtet worden. Gleichwohl schenkte der Kaiser Heinrich VII. i. J. 1310 (1309) das Patronat dem Kloster Heilsbronn; daher 200 Jahre lang „Stöß und Zwietracht“ und Erbitterung der Bürgerschaft gegen das Kloster. Durch die Reformation kam der Sturm zum Ausbruch. Die Besoldung der Geistlichen, welche an den 14 Altären fungirten, war meist sehr gering, daher ein beständiger Stellenwechsel; dazu erwiesen sich Viele der Geringbesoldeten als untüchtig in ihrem Berufe. Sehr einträglich war dagegen die Stelle des Parochus oder Oberpfarrers. Allein gerade bei der Besetzung dieser Stelle ergaben sich große Mißbräuche, da sie oft mit Männern besetzt wurde, die zwar die Einkünfte, aber nicht die Stelle bezogen und sich durch untaugliche, geringbesoldete Individuen [259] vertreten ließen. Gegen die Zeit des Reformationsanfangs hatte der Abt Bamberger diese Sinekure auf Empfehlung des Kaisers Maximilian I. einem kaiserlichen Günstling, Georg Kirchmüller, verliehen, welcher als Sekretär des Kaisers mit diesem im Reiche herumzog, niemals nach Nördlingen kam und seine Pfründe daselbst Jahre lang durch ungeschickte, stets wechselnde Priester versehen ließ. Die Stadt murrte und bat unsern Abt um Abhilfe; noch dringender und gereizter, nachdem die Gemüther durch die Reformation aufgeregt waren. Wenk erkannte sehr wohl, daß die Stadt gegründete Ursache zur Beschwerdeführung hatte und schrieb daher i. J. 1522 „an den würdigen und ehrbaren Georg Kirchmüller, Pfarrherrn zu Nördlingen, kaiserlicher Majestät Secretarius,“ und erinnerte ihn daran, „daß er mit des vorigen Abts Bewilligung die Pfarrei überkommen und bei der Übernahme versprochen habe: entweder die Pfarrei selbst zu beziehen, oder, wenn er dieses des kaiserlicher Majestät Dienstes halben nicht thun könne, die Stelle durch einen tapfern und ehrbaren Mann versehen zu lassen; der gegenwärtige Verweser, Meister Ulrich, habe den Dienst aufgekündigt.“ Kirchmüller versprach zwar, selbst nach Nördlingen zu kommen und für einen Verweser zu sorgen, that aber weder das Eine noch das Andere. Inzwischen nahte Lichtmeß 1523, der Tag, an welchem der Verweser Ulrich abzog, um anderwärts eine Pfarrstelle zu übernehmen. Kirchmüller war damals beim Kaiser Karl V. in Köln. Wenk sandte an ihn einen Expressen mit einem Schreiben, worin er das Mißliche und Dringende der Umstände und die drohende Gefahr darstellte und den Zauderer beschwor, zu kommen, oder einen Stellvertreter zu ernennen. In der Rückantwort durch den Expressen versprach Kirchmüller, er werde bis Lichtmeß selbst kommen und die Sache ordnen. Die Stadt Nördlingen, welcher diese Antwort von unserem Abt zugeschlossen wurde, ließ sich für jetzt dadurch beschwichtigen. Lichtmeß kam, aber Kirchmüller blieb aus, der bisherige Verweser zog ab und die Stelle blieb unbesetzt. Da schrieb Wenk an Kirchmüller: „er möge Angesichts Dieses Abhilfe schaffen oder resigniren, widrigenfalls werde er (der Abt) die Stelle anderweitig [260] vergeben zur Verhütung merklichen Unraths und Empörung, welche sich in Nördlingen schon durch die lutherische Bewegnuß ereignet habe.“ Gleichzeitig ließ Wenk durch den Markgrafen Kasimir den Bischof zu Augsburg bitten, den Kirchmüller peremptorisch vorzuladen und allen Ernstes gegen ihn einzuschreiten, da die Pfarrei jetzt gar leer stehe. Kirchmüller erklärte, daß er in der Woche nach Quasimodogeniti nach Heilsbronn kommen werde, um über die Sache zu verhandeln, hielt aber wieder nicht Wort. Das Maß seiner Treulosigkeit floß über. Die Aufregung in Nördlingen wurde immer größer und drohender. Der Abt war außer Stand, einen Geistlichen für die vakante Stelle aufzutreiben. Seine noch vorhandenen wenigen Mönche waren im Kloster selbst unentbehrlich. Er fügte sich in das Unabänderliche. „Zwar zum Nachtheil des Klosters, aber zur Vermeidung des täglichen Gezänks zwischen der Geistlichkeit und Gemeinde und Aufruhrs“ trat er sofort das Patronat an die Stadt ab und ließ am 7. März 1523 die Abtretungsurkunde durch den Landschreiber Joh. Tetelbach zu Ansbach ausfertigen. Der Abt handelte nicht eigenmächtig; er entschloß sich zur Abtretung „nach reiflicher Berathung des Klosters in einem mächtigen Capitel, zu Latein peremtorium genannt, nach altem Herkommen und Satzungen unseres Ordens zu mehreren Malen darum gehalten.“ Inhaltlich der Urkunde traten Abt und Konvent nicht nur die Lehenschaft, jus patronatus und Collation der Pfarrkirche sammt den 14 Kaplaneien und den zu diesen Pfründen gehörigen 62 Maltern Getreide, Zinsen, Zehnten, Hühnern etc. an die Stadt ab, sondern auch die Kapelle am Weinmarkt mit den ihr zustehenden Gülten, dann die vom Rathhause jährlich an das Kloster zu zahlenden 50 fl. Erbzins. Dazu machte sich das Kloster verbindlich, alle treffenden Urkunden an die Stadt auszuliefern und die Abtretungsurkunde vom Abt in Cisterz und vom Papst bestätigen zu lassen. Die Stadt verlangte diese zweifache Bestätigung zur Sicherstellung gegen etwaige Vexationen in späterer Zeit. Unser Abt, zwar grundsätzlich antilutherisch, aber ein ehrenhafter Charakter, gab sich alle Mühe, sein gegebenes Wort zu lösen und die verlangten Bestätigungen [261] in Cisterz und Rom zu erwirken; allein in Rom war man andern Sinnes. Der Abt bat in Rom um die verlangte Bestätigung, erhielt aber keine Antwort, auch nicht auf seine wiederholte Bitte. Unt. 10. Dez. 1523 wendete er sich an die beiden brandenburgischen Markgrafen Johann Albrecht, Coadjutor von Halberstadt, und Gumbrecht, welche sich eben in Rom aufhielten, zugleich an den päpstlichen Prokurator oder Syndikus Johann Büren mit der Bitte, die Sache zu betreiben und die päpstliche Bestätigung durch den ersten nach Deutschland abgesendeten Kurier zu überschicken; allein es kam abermals keine Antwort vom apostolischen Stuhl, auch nicht vom Prokurator Büren, obwohl er schon im Voraus 10 fl. für seine Mühewaltung erhalten hatte. Inzwischen verlangten Bürgermeister und Rath noch dringender die versprochene Bestätigung. Da wendete sich i. J. 1524 der Abt an den beim Reichstage in Nürnberg anwesenden Kardinallegaten Campegius und zwar in der Art, daß er den Richter Hartung nach Nürnberg sandte, um mit Johann Cochläus, dem Ceremonienmeister des Legaten, zu verhandeln. Cochläus legte die Sache dem Legaten vor, worauf dieser den Bescheid gab: „Man müsse solchen Handel in Rom austragen.“ Wenk sendete abermals seinen Richter Hartung nach Nürnberg an Cochläus mit einem Geschenk von 5 fl. und mit der Bitte: „Dem Herrn Johann Büren in Rom die Sache nochmals an’s Herz zu legen und bei ihm anzufragen, für welche Summe man wohl die ersehnte Bewilligung von Rom werde erlangen können.“ In seinem lateinischen Antwortsschreiben sagte Cochläus: „Kirchengüter sollen nach den bestehenden Gesetzen nicht verkauft, nicht abgetreten werden, am allerwenigsten in gegenwärtiger Zeit; da soll der Hirte beim Eindringen so vieler Wölfe seine Schafe nicht verlassen, noch weniger sie den Wölfen überliefern. Die nördlinger Bürger sind Erzlutheraner (Lutheranissimi); die lutherische Ketzerei würde in ihrer Stadt durch Abtretung des Patronats befördert. Der Papst kann nicht einwilligen. Mein Rath ist daher: die gegebene Zusicherung der Abtretung des Patronats zu widerrufen. Darein wird der Papst gern willigen; dann habt ihr freie Hand, katholische [262] Pastores anzustellen und die ketzerischen abzusetzen. Reskribirt mir, was ich in eurem Namen weiter thun soll, entweder beim Legaten, oder beim Papst. Aber schreibt eiligst, denn nach vier Tagen reisen wir von hier (Nürnberg) ab. Euer Richter hat mir 5 fl. eingehändigt. Kann ich diese nicht verdienen, so gebe ich sie euch zurück. Eure alte Humanität gegen mich ist bei mir unvergessen. Grüßt in meinem Namen den Richter (Hartung), den Prior (Schopper) und den Granarius. Ex Nurenberga, 22. Apr. 1524. Vestrae reverendae paternitati deditissimus, Johannes Cochleus.“ Ein Postskript besagt: „Ich lege hier bei zwei meiner jüngst in Rom und Straßburg erschienenen Schriften: 1) De auctoritate ecclesiae et scripturae, de fomite peccati contra tertium Lutheri articulum in bulla apostolica damnatum; 2) Ad semper victricem Germaniam. Iterum me recommendo.“ Schon am folgenden Tage beantwortete Wenk dieses Schreiben, aber nicht in Cochläus Sinn. Obgleich wie dieser dem Lutherthum abgeneigt, ging er doch auf den Vorschlag, sein den Ketzern gegebenes Wort zu brechen, nicht ein. Er antwortete: „Ich habe in die Abtretung des Patronats gewilligt nach reiflicher Berathung nicht nur mit meinen Senioren, sondern auch mit dem Abt von Kaisheim. Ich werde mein einmal gegebenes Wort halten und Alles aufbieten, um die versprochene Bewilligung in Rom zu erwirken.“ Er sendete daher abermals ein vom Markgrafen Kasimir befürwortetes Schreiben an den noch in Rom weilenden Markgrafen Johann Albrecht und gleichzeitig ein abermaliges Schreiben an Johann Büren. Allein Rom blieb stumm wie zuvor. Bürgermeister und Rath mahnten unsern Abt aufs Neue durch den Abt von Kaisheim: „Seit der Abtretung sei nun Jahr und Tag vergangen, aber die verheißene päpstliche Konfirmation noch nicht beigebracht, woraus der Stadt Unruhe und Schaden erwachse.“ Wenk erklärte hierauf, daß er alle nur erdenklichen Schritte gethan, aber nichts erwirkt habe; er sei bereit, in Nördlingen, Kaisheim oder Heilsbronn mündlich über die Sache weiter zu verhandeln. Den Bürgermeister Anton Forner lud er auf Freitag nach Laurenzi [263] 1524 zu sich nach Heilsbronn zu einer Besprechung ein und in Folge derselben sendete Wenk unter Vermittelung des Dechants Verber zu Ansbach durch einen nach Rom abgeordneten Kurier eine nochmalige Bitte an den apostolischen Stuhl. Allein Rom beharrte im Schweigen.

Traktabler erwies sich Cisterz. Wenk hatte versprochen, auch dort die Genehmigung der Abtretung des nördlinger Patronats zu erwirken. Er sendete daher zum Generalkapitel nach Cisterz einen seiner Mönche, Sebastian Wagner (nachmals der 28. Abt), welchem er an den dortigen Abt einen lateinischen Brief mitgab. Darin bittet er, sein Nichterscheinen beim Generalkapitel zu entschuldigen in Erwägung, quod tanta apud nos perturbatio et rerum confusio est foedissima Lutheri opinione. Dann schildert er den Stand der Dinge in Nördlingen und bittet um Genehmigung der Abtretung des Patronats. Der Abt von Cisterz gewährte die Bitte, übertrug die weitern Verhandlungen dem Abt von Kaisheim und bevollmächtigte ihn, die Abtretung des Patronats zu bestätigen. Nunmehr beruhigte man sich in Nördlingen und verlangte nur noch, daß die Einwilligung von Cisterz auch vom Bischof zu Augsburg bestätigt und besiegelt werden sollte. Man sah in Nördlingen wohl ein, daß unser Abt Alles versucht hatte, um die päpstliche Genehmigung zu erwirken. Die Stadt übernahm es nun selbst, deßhalb weitere Schritte in Rom zu thun, und sie erhielt, wie es scheint, schließlich eine zustimmende Antwort, da der 35. und letzte Abt in den Jahren 1562 und 67 versichert: „Das Patronatsrecht in Nördlingen sei nicht allein mit Bewilligung des Ordensobersten, sondern auch nach Ratifikation päpstlicher Heiligkeit, auch Consens kaiserlicher Majestät der Stadt Nördlingen übergeben worden.“ Unser Abt hatte sich bei der Übergabe vorbehalten, daß ihm oder seinem Nachfolger bei der nächsten Pfarrerledigung gestattet sein sollte, noch einmal zu präsentiren. Die nächste Erledigung ergab sich bald nach Wenk’s Resignation und sein Nachfolger Schopper präsentirte i. J. 1530 einen nördlinger Bürgerssohn, Baptist [264] Rumel, den er als „wohlgeschickt zum Predigen und zu christlicher Lehr“ charakterisirt.

Während dieser Verhandlungen mit Nördlingen verhandelte unser Abt auch mit dem Markgrafen und Hochmeister Albrecht (Bruder der Markgrafen Kasimir und Georg), welcher um ein Darlehen von 3000 Goldgulden nachgesucht hatte. Der Abt antwortete nach vorausgegangener Berathung mit seinen Altherren: „Unser Kloster ist also belastet, daß wir selbst 2000 fl. verzinsen müssen. Dazu die täglichen großen Ausgaben für Gastung und Anderes, während die Einkünfte sich mindern, indem bei der jetzigen lutherischen Bewegnuß sich an Gülten, Zinsen und Zehnten ein Ausfall ergibt, da die Unterthanen vielfach erklären, sie seien diese Reichnisse nicht mehr schuldig. Überdieß haben wir vor Kurzem E. F. G. Herrn Bruder Kasimir ein Darlehen gegeben. Wir sind daher außer Stand, dem Ansinnen E. F. G. zu entsprechen. E. F. G. wollen dieses nicht für eine Beschönigung halten. Bitte also, uns gnädig zu dispensiren, bis der Allmächtige unser Abnehmen wiederum zu glücklichem Aufnehmen ordnet. Datum, Heylsbronn, Montag nach Jubilate 1524.“

Man ersieht aus diesem Schreiben Wenks, daß die Klosterunterthanen „vielfach“ der lutherischen Bewegung Beifall gaben, weil sie dadurch Befreiung von Gülten etc. erwarteten. Die meisten Unterthanen auf dem Klostergebiete waren aber der Bewegung abgeneigt, weil sie die beim Reformationsanfang herrschende Theuerung und Hungersnoth für ein Strafgericht hielten, welches Gott wegen dieser kirchlichen Neuerungen verhängt habe, und weil man nicht mehr wisse, woran man sich in kirchlichen Dingen zu halten habe. Bis 1526 waren in der Nähe von Heilsbronn nur zwei Orte, Vestenberg und Kleinhaslach, wo man auf Anregen der dort fungirenden Kapläne sich lebhafter an der Bewegung betheiligte. Die Jahrbücher unseres Abts geben darüber folgende Auskunft:

Zum Pfarrsprengel Petersaurach gehörte Vestenberg, wo damals noch kein selbstständiger Pfarrer, sondern ein vom Parochus in Petersaurach abhängiger Kaplan oder Frühmesser [265] fungirte. Das Jahrbuch nennt den damals dort fungirenden Kaplan nicht, beschreibt aber genau sein reformatorisches Verfahren. Er las die Messe deutsch, ließ bei der Taufe das geweihte Öl weg, hielt Beichtvermahnungen anstatt der Ohrenbeichte und reichte beim Abendmahle auch den Kelch. Die Bewohner des Ortes und der Gutsherr desselben, Sebastian von Eib zu Vestenberg und Neuendettelsau, hatten Gefallen an diesen Neuerungen, nicht aber der Pfarrer Johann Hofmann zu Petersaurach. Dieser reichte daher eine Beschwerdeschrift bei dem Markgrafen Kasimir ein, nicht bei unserem Abt, da das Pfarrpatronat von Petersaurach damals nach nicht vom Kloster erworben war. Die Beschwerdeschrift enthielt Folgendes: „Es ist bekannt, wie seit zwei oder mehr Jahren viele Geistliche unter dem Schein des heiligen Evangeliums sich frevelhaft Ungebührliches erlauben, besonders in der Lehre, welche ungegründet und unverständlich den armen elenden Bauer verführt und neue Gebräuche einführt. So thut der Kaplan des Ritters Sebastian von Eib zu Vestenberg, der auf der Kanzel Geistliche schmäht, auch mich feindlich und schriftlich angetastet hat. Ich habe seine feindselige Zuschrift neulich bei Gelegenheit meiner Steuerzahlung den Amtmann Simon von Zedwitz in Windsbach lesen lassen, welcher auch dem Kaplan deßhalb Vorhalt gemacht hat. Gleichwohl fährt dieser fort wie bisher, indem er in allen Sachen mein Pfarrlehen verringert, wider den alten Kirchengebrauch mit schlechtem ungesegnetem Wasser ohne Chrysam und andere Zugehörung und nicht tempore necessitatis, sondern allewege aus unreinem Geschirr tauft, deutsche Messe liest, das Volk ungebeichtet und unter beiderlei Gestalten kommunizirt. Dadurch thut er mir und meiner gestifteten Pfarrei und ihrer Jurisdiktion trefflichen Abbruch, nachdem jetzt fast alles Volk zu solchem neuem Gebrauch geneigt ist und zulauft. Daher meine Bitte, ihm zu befehlen, daß er mich mit solchem Schänden und lästerlichem Zuschreiben unbekümmert lasse und von seinem Vornehmen gegen den alten Kirchengebrauch bei meinem Pfarrvolk abstehe. Denn zu Vestenberg ist keine Pfarrkirche und ist dort von mir Niemand beim Reichen des Sakraments [266] so wie mit dem Predigen des h. Evangeliums versäumt worden.“

Gleichzeitig (1526) reformirte in derselben Weise der Kaplan oder Frühmesser in dem damals noch nach Großhaslach gepfarrten Filialdorfe Kleinhaslach. Dieses veranlaßte seinen Parochus, den Pfarrer Michael Preuß in Großhaslach, bei seinem Pfarrpatron, unserem Abt, eine Beschwerdeschrift und Bitte folgenden Inhalts einzureichen: „Die beiden Kapläne zu Kleinhaslach und Vestenberg ändern kirchliche Handlungen in lutherischer Weise, was zwar dem Volk gefällt, aber mir dem Parochus Abbruch thut. Da dieses in unseres Herrn Landen noch nicht beschlossen ist und nur aus Vermessenheit und Trutz und dem gemeinen Mann zu gefallen geschieht, ich auch Alles selbst bei meinem Pfarrvolk zu besorgen im Stande bin; so bitte ich, jenem Verfahren Einhalt zu thun und mich in meinen pfarrlichen Rechten zu schützen.“ Der Abt schickte die Beschwerdeschrift an Statthalter und Räthe nach Ansbach. Die Jahrbücher melden nicht, wie dort die Sache entschieden wurde. Anderweitigen Aufschreibungen zufolge soll der Kaplan zu Kleinhaslach, Laurentius Hiller, als Ketzer zum Tode verurtheilt, aber durch den Markgrafen Georg gerettet worden sein. Bei genauer Prüfung der treffenden Untersuchungsakten dürfte sich aber wohl ergeben, daß das angebliche Todesurtheil gar nicht gefällt worden ist. In den beiden Beschwerdeschriften der Pfarrer von Petersaurach und Großhaslach liest man augenfällig zwischen den Zeilen, daß es den Beschwerdeführern nicht sowohl um die alte oder neue Lehre, als um den Entgang von Opfergeldern etc. zu thun war. Das Landvolk war sehr bereit, dergleichen Gaben nicht mehr zu reichen; es ging aber bald weiter und verweigerte, nicht bloß in den Pfarreien Petersaurach und Großhaslach, sondern auch an vielen andern Orten auf dem Klostergebiete die dem Kloster oder den Klosterpfarrern schuldigen Zehnten, Gülten etc., z. B. in Weißenbronn, Bürglein, Ammerndorf, Ulsenheim, Uttenhofen, Weigenheim, Dambach, im Ries und in der Maingegend. Unser Abt und seine Stellvertreter sahen sich daher oft veranlaßt, den Markgrafen Kasimir und dessen [267] Beamte, oder den Bürgermeister und Rath zu Dinkelsbühl, oder den Ritter Veit von Vestenberg zum Fürstenforst um Beistand gegen die Renitenten zu bitten mit dem Bemerken: „In dieser gefährlichen aufrührerischen Zeit sei strenges Einschreiten höchst nöthig; ehedem seien diese jetzt verweigerten Reichnisse willig entrichtet worden.“ Auf der andern Seite wurde den Bezugsberechtigten Nachsicht angerathen, z. B. (1525) dem Pfarrer Bernbeck in Bürglein, welcher mit einem seiner zehntpflichtigen Bauern im Streit lebte. Man stellte dem Pfarrer den Haß des Volkes gegen die Geistlichkeit vor und bewog ihn endlich zu einem Zehntnachlaß, worauf der Pfarrer und der Bauer zur definitiven Regelung der Sache nach Heilsbronn einberufen wurden. Allein der Bauer vereitelte die ganze Verhandlung, indem er auf nichts einging, die Vermittler verhöhnte, die Versammlung verließ und durch das Klosterthor hinauslief. Die Kommission beschloß hierauf, den Renitenten nach Ansbach transportiren zu lassen. In Großhaslach kam es schon früher zu Untersuchungen und Bestrafungen wegen aufrührerischer Reden und wegen Zehntverweigerung. Der Wirth und einige Andere wurden nach Ansbach zur Haft gebracht, aber wieder freigelassen, nachdem unser Abt Fürbitte eingelegt und vorgestellt hatte, daß die Verhafteten nunmehr hinreichend bestraft seien. Die heilsbronnischen Unterthanen in Sommer- und Winterhausen verweigerten ihre dem Kloster schuldigen Weinzinse, und dieß um so beharrlicher, da ihr Gutsherr, der kaiserliche Erbschenk Götz (oder Karl) von Limburg ihnen befohlen hatte: „weder den Mönchen zu Heilsbronn, noch andern Mönchen und Pfaffen etwas zu verabreichen.“ Der Junker Burkhard von Seckendorf, von dessen Feldern bei Triesdorf der halbe Zehnte dem Kloster Heilsbronn zustand, verweigerte das Reichniß und wurde daher von unserem Abt verklagt. In der Nähe von Heilsbronn selbst war es besonders der vorhin als Agitator in Vestenberg genannte Sebastian von Eib, welcher das Volk aufforderte, Opfergelder etc. nicht mehr zu entrichten. Ulrich Odenberger, ein Insasse im Pfarrsprengel Großhaslach, hatte für die Kirche zu Großhaslach einen Jahrtag gestiftet [268] und für die Abhaltung desselben dem dortigen Pfarrer ein alljährliches Reichniß stipulirt. Allein der Ritter Sebastian verbot die Abhaltung des Jahrtages und die Entrichtung des Reichnisses an den ebengenannten Pfarrer Preuß, welcher aber das Reichniß reklamirte, als der Markgraf Kasimir, kurz vor seinem Tode, befahl, daß alle Stiftungen wieder gehalten werden sollten. Der Ritter Sebastian lag mit seinen Nachbarn fortwährend im Streit wegen Schaftrieb etc. Daß er seinem eigenen Hause nicht gut vorstand, werden wir später sehen. Sein ganzes Verhalten zeigt, daß sein Eifer für die Reformation aus keiner lautern Quelle floß.

Aus den vorstehenden Mittheilungen erhellt, daß sich die Reformation unserem Abt schon frühzeitig recht empfindlich fühlbar gemacht hat. In seiner mißlichen und bedrängten Lage suchte er einen redlichen, rechts- und geschäftskundigen Mann, der ihm rathend und helfend stets zur Seite stehen und daher in Heilsbronn selbst wohnen sollte. Seine Wahl fiel auf den wiederholt genannten Johann Hartung. Wenk kannte bereits die Brauchbarkeit des Mannes, welcher schon in früheren Jahren „dem Kloster in weltlichen Händeln treu gedient hatte.“ Es ist oben berichtet worden, daß ihn der Abt im J. 1521 nach Worms sandte, um die Klosterprivilegien vom Kaiser Karl V. bestätigen zu lassen. Im Jahre 1523 nahm er ihn völlig in seinen Dienst, räumte ihm in Heilsbronn ein eigenes Wohnhaus ein und verlieh ihm den Titel „eines Richters zu Bonhof und zugleich obersten Richters über die sämmtlichen Klostergerichte.“ Vor Hartung war der jeweilige Richter zu Bonhof ein Mönch, welcher mit den ihm beigeordneten „Urtheilssprechern“ an bestimmten Wochentagen Gericht hielt, und zwar in Bonhof, nicht in Heilsbronn, wo die klösterliche Stille nicht durch Gerichtshändel gestört werden sollte. Der Gerichtsbezirk hieß daher nicht Amt Heilsbronn, sondern „Amt Bonhof“. Auch deßwegen übertrug unser Abt das Richteramt nicht wieder einem Mönch, weil die wenigen im Kloster noch vorhandenen Mönche meist schon in Jahren vorgerückt und für das Richteramt nicht geeignet waren.

[269] Hartung war aus Ansbach, wo sein Schwiegervater Hans Weigenast, Bürger daselbst, im J. 1525 starb. Sein Neffe Georg Weigenast übernahm 1550 die Wirthschaft zum Steinhof in Heilsbronn. Hartung war weltlichen Standes; sein jüngerer Bruder, gleichfalls Hans, Beamter in Wülzburg; sein Bruder Valentin Dechant in Feuchtwangen; sein Bruder Hieronymus erst Kammerschreiber, dann Kammermeister beim Markgrafen Albrecht Alcibiades (Beitr. S. 159 u. 161); sein Bruder Bartholomäus Kriegskommissär bei demselben Markgrafen und noch bei ihm am Sterbebett in Pforzheim. (Beitr. S. 164, 165, 170.) Der Richter Hartung war auch kaiserlicher Notarius publikus. Seine bald deutsch bald lateinisch ausgefertigten notariellen Schriftstücke unterzeichnete er in folgender Weise: „Et ego Johannes Hartung, laicus, herbipolensis dioceseos, publicus imperiali auctoritate notarius, hoc instrumentum confeci signoque et nominibus meis in fidem signavi. Und ich J. Hartung von Onolzbach, würzburger Bisthums, aus kaiserlicher Macht ein offenbar Schreiber, habe dieses instrumentirte Vidimus darüber gemacht, unterschrieben und mit meinem Siegel versehen.“ Das Siegel zeigt einen auf zwei viereckigen Sockeln senkrecht stehenden Stab, an dessen Spitze das Hartung’sche Wappen (ein goldener Stern im blauen Felde), an den zwei Sockeln die Worte: „Signet Joh. Hartungs.“ Hartung war, obgleich kein Geistlicher, ein Freund und Kenner des geistlichen Gesanges. Die von ihm geschriebenen mehrstimmigen kirchlichen Gesänge füllten sechs Bände, von welchen vier mit über tausend Blättern noch in Erlangen aufbewahrt werden. Sie enthalten Meß- und andere liturgische Gesänge, auch Melodien aus der Reformationszeit mit Angabe der Tonsetzer, darunter z. B. M. Kaspar Othmayr, dessen Name noch mehrmals genannt werden wird, insonderheit beim 29. Abt Greulich. Der Rath des kundigen und wohlgesinnten Hartung wurde auch außerhalb des Klosters bei Landtagen und andern wichtigen Verhandlungen oft gesucht. Er sprach sich entschieden für Luthers Lehre aus; demungeachtet behielt unser entschieden antilutherischer Abt den ihm unentbehrlichen Mann in seinem [270] Dienste. Besonders verdient machte sich Hartung dadurch, daß er 1523 die Jahrbücher anlegte und bis zu seinem Tode fortsetzte. (Beitr. S. VIII.) Sie enthalten Abschriften von den Ausfertigungen und Einläufen in der Klosterkanzlei während seiner vieljährigen Amtsführung, schätzbare Urkundenabschriften, um so schätzbarer, weil die Originalien, in Schachteln und Truhen geworfen, späterhin großentheils abhanden gekommen sind. Neben diesen amtlichen Kopialbüchern führte Hartung privatim Tagebücher, in welche er seine täglichen Verrichtungen und Erlebnisse, auch die Namen der im Burggrafenhause und in der Abtei ein- und ausgehenden geistlichen und weltlichen, adeligen und fürstlichen Gäste beiderlei Geschlechts verzeichnete, über Krieg, Weinlese, Fischerei und Anderes berichtete. Auch notirte er, wann er kommunizirt, einer Hochzeit beigewohnt, zu Ader gelassen u. dgl. Aus den letztgedachten Inskriptionen ersieht man, daß er seine Tagebücher lediglich zum Hausgebrauch führte, nicht ahnend, daß manche seiner Aufzeichnungen dereinst über Vorgänge zu seiner Zeit sichern Aufschluß geben und bei der Geschichtsschreibung dankbar benützt werden würden. Die Mittheilungen in den Beitr. S. 129 bis 166 sind großentheils seinen Aufzeichnungen entnommen. Er starb 61 Jahre alt und wurde an der Südseite des östlichen Chors in der Klosterkirche begraben, wo man nach Wegnahme der Pflasterung seinen Grabstein und darauf folgende Inschrift finden wird: „Anno 1554 den 15. Okt. nach 10 Uhr Vormittag ist verschieden in Christo der ehrbar und achtbar Hans Hartung der Elter, dieses Klosters bis in die 37 Jahr gewesener Richter, seines Alters im 61. Jahr, welchen Gott verleihen woll ein fröhlich Auferstehung und das ewig Leben. Amen.“ Seine Frau starb 44 Jahre alt 3 Jahre vor ihm, noch ein Jahr früher sein einziger Sohn. Es überlebten ihn zwei Töchter, von welchen Eine den vorhingenannten M. Othmayr heirathete. Er war von 1523 an 31 Jahre lang Richter in Heilsbronn, hatte aber schon vorher 6 Jahre lang dem Kloster viele Dienste geleistet. Zum Nachweis, wie fleißig bis ins kleinste Detail er seine [271] Tagebücher führte, sollen hier einige Inskriptionen mitgetheilt werden.

Im Jahre 1551, sonach im dritten Jahr vor seinem Tode, schrieb er: „Januar: Nechten ist ein böhmischer Herr angekommen, königlicher Majestät oberster Kämmerer, sammt Etlichen, dem Erzherzog von Österreich zugehörig; ist heute wieder weggeritten. Landgraf Georg von Leuchtenberg ist spät angekommen mit 10 bis 12 Pferden, über Nacht geblieben; hat am andern Morgen um 7 Meß gehört, um 8 zu Morgen gegessen, dann weiter geritten. Kanzler auf dem Gebirg (Chph. Straß), auch der Henneberger Kanzler, sind spät angekommen, übernachtet, auch Doctor Weigel. Haben am andern Morgen zeitlich mit dem Herrn Abt zu Morgen gegessen und sind auf Frauenaurach zugefahren. Februar: Herzog Friedrich, Pfalzgraf zum Hundsrück, übernachtet mit 4 Pferden. März: Markgräfin Emilie übernachtet mit etlichen Wägen Frauenzimmer und vielen Pferden; sind Tags darauf mit allem Gesinde wieder weggefahren und geritten. Sie ließ in diesen Tagen ihre Ochsen abholen. Bin ich auf die Wolfsjagd gegangen; haben zwei Wölfe gefangen. Markgraf Albrecht bittet um 100 Sra. Haber. April: G. von Zedwitz und Chph. von Eib Leichenbegängniß. Mai: Gottfried von Berlechingen hat den Herrn Abt um 40 Bäume zu seinem Bau in Illesheim gebeten. Juni: Prediger Schilling dahier will mit dem Pfarrer in Markterlbach tauschen; wird vom Herrn Abt nicht genehmigt, da der Pfarrer von Erlbach die Bedingung stellt, bei der brandenburgischen Kirchenordnung bleiben zu dürfen. Zwei Jungen von Königshofen und Schwabach haben Lust, Mönche zu werden. Wegen des Prozesses gegen Würzburg war ich vier Tage lang beim Congreß in Rothenburg mit den würzburger Räthen und dem Herrn Regenten und Statthalter von Onolzbach. Die onolzbacher Räthe wurden von den würzburgern zum Nachtmahl geladen. Die Verhandlungen waren auf der Trinkstube. Pfarrer von Weißenburg ist mit seinem Weib hier angekommen und bei mir eingezogen. Juli: Doctor Tetelbach und Rentmeister von Onolzbach sind hier fürgefahren auf Nürnberg, hab ich ihnen im [272] Gasthaus Gesellschaft geleistet. August: Auf Georg Mukasens Tochter Hochzeit bin ich mit meinen beiden Töchtern erschienen; hab ich einen Thaler geschenkt, meine Tochter die Othmeierin auch einen Thaler und mein Margarethlein 1/4 Thaler. Ich hab das Erstmal gegessen, bin darnach heimgegangen. Abt zu Castl, des Herrn Abts Bruder, ist gegen Abend hier angenommen, pflog hier eine Verhandlung wegen des Pfarrers Georg Gebhard in Hohenkemmathen bei Castl. September: Prior von Ebrach und Herr Fabri, Schaffner des Klosterhofes zu Nürnberg, hier angekommen, zu visitiren. Haben Tags darauf beschreiben lassen, wie es fernerhin im Kloster Heilsbronn soll gehalten werden. Herr Fabri hat Thomas Arnold von Gleizendorf einen Gaul abgekauft um 40 fl. und einen halben Gulden Leihkauf; hab ich ihm dargeliehen. Kaspar Bruschius ist zum Morgenmahl angekommen; dem hab ich Gesellschaft geleistet; ist Nachmittags wieder weggeritten. Kanzler auf dem Gebirg ist recht spät angekommen mit Weib und Kindern und etlichen Pferden; sind heute nach Weißenburg gefahren. Kaspar Bruschius hat dem Schulmeister und mir geschrieben; darauf haben wir dem Herrn Abt seine erste Centuriam offerirt; dieser hat ihm zwei Thaler geschenkt. Oktober: Georg Gries von Eschenbach ist aus dem Kloster gezogen; er und Theophilus haben einander mit Kandeln geschlagen. Am 8. Oktober begann die Weinlese in Neuhof. Am 8., 9. und 10. Okt. war Weinlese in Bonhof, hat neun Kufen Beeren gegeben. Am 12. und 13. Oktober war Weinlese am Pfefferberg (Heilsbronn), hat 8 Kufen gegeben. Hans Stromer von Nürnberg brachte an den Herrn Abt eine kaiserliche Commission, Zeugen zu verhören. Nach ihnen sind angekommen Engelhard von Ehenheim und der Kammermeister. November: Wolf Schönher, Kantor zu Neustadt, hat mich mit einem Gesang 7 vocum seines Componirens verehrt. Die Herren Räthe Heinr. von Mußloe und Andr. Junius von Onolzbach sind gegen Abend angekommen. December 5. moritur fidelissima uxor mea. Am 6. nach der Meß ist meine liebe Hausfrau begraben worden mit vorgehenden ehrlichen und christlichen Ceremonien. Kaiserlicher [273] Majestät Commissarius in der Irrung zwischen dem Herrn Markgrafen und Nürnberg ist necht sammt etlichen Notariis angekommen und heute wieder verritten.“

In dieser Weise schrieb Hartung seine Tagebücher. Viele derselben enthalten weit denkwürdigere Mittheilungen, als das von 1551; allein gerade aus diesem sollte etwas mitgetheilt werden, weil Hartung hier des Poeta laureatus und Klosterbeschreibers Kaspar Bruschius gedenkt, welcher in seinem bekannten Buche auch das Kloster Heilsbronn beschrieben und mehrere, unten mitzutheilende lateinische Gedichte zur Erinnerung an in Heilsbronn Verstorbene verfaßt hat. Hartung nennt ihn oft unter den Gästen in Heilsbronn. In sein Tagebuch von 1549 schrieb er: „Dinstag nach Lätare hat Bruschius dem Herrn Abt ein Opus geschickt und geschenkt, item mir vier Partes neue Gesänge, lamentationes Jeremiae.“ Im Todesjahre Hartungs arbeitete Bruschius an einer neuen Auflage seines Buches über deutsche Klöster und bat den damaligen Abt Schörner um Notizen über den eben verstorbenen Abt Wirsing und über andere heilsbronner Äbte. Schörner schickte ihm das Gewünschte, dazu zwei Goldgulden und das von Hocker (Antiq. S. 132) mitgetheilte Begleitschreiben. In 16 lateinischen Gedenkzeilen auf einer um 1600 noch vorhandenen Tafel am Grabe Hartungs wurde dieser charakterisirt wie folgt: „Gerecht und verständig als Richter, bieder und ohne Falsch als Mensch, wahrhaft religiös, treu als Freund, Freund der Künste des Friedens, insonderheit der Musik, 61 Jahre alt von den Parzen entführt.“ Die 16 Anfangsbuchstaben der 16 Zeilen geben den Namen JOANNES HARTVNGVS. Voran ist bemerkt: Scriptum per Conradum Praetorium R. Dem Gedichte sind noch zwei andere von 18 und 4 Zeilen beigefügt mit dem Bemerken, daß sie von demselben Verfasser herrühren. Bruschius starb fünf Jahre nach Hartung, angeblich ermordet im Walde Schlingenbach, zwischen Rothenburg und Windsheim, ob von Adeligen, gegen die er zu schreiben beabsichtigte, oder von gemeinen Raubmördern, ist unentschieden. Sein Leichnam ruht [274] angeblich in der Kirche zu Steinach an der Ens, Bezirksamts Rothenburg.

Im Jahr (1523) der Übersiedlung Hartungs nach Heilsbronn waren die meisten Mönche bereits lutherisch gesinnt, theilweise aus dem Kloster getreten, theilweise aber, wie vorhin berichtet wurde, auf Betrieb unseres Abts und durch Vermittelung des Markgrafen Kasimir wieder in das Kloster zurückgekehrt. Die nun zu besprechenden Vorgänge im folgenden Jahr 1524 zeigen, daß sich die Majorität im Kloster zu Luthers Lehre hinneigte.

Um Martini 1524 sollte bei einer Reichsversammlung in Speier auch über die jetzt strittige Lehre verhandelt werden. Der Markgraf Kasimir, welcher zwar reformatorisch gesinnt war, aber um des Kaisers willen nicht mit dem Katholizismus brechen wollte, ließ die strittigen Lehrmeinungen zusammenstellen und den Prälaten und andern Schriftverständigen in seinem Bereiche zur gutachtlichen Äußerung zuschließen. So erhielt denn auch unser Abt unterm 24. Aug. den Auftrag, ein Gutachten[11] über 23 strittige Lehrmeinungen abzufassen und am 21. Sept. in Ansbach bei einer aus geistlichen und weltlichen Abgeordneten bestehenden Versammlung zur Berathung vorzulegen. Auch sollte er einen oder zwei der heiligen Schrift Kundige aus seinem Kloster zur Berathung mitbringen. Das von den Versammelten zu verabfassende Gesammtgutachten wolle der Markgraf in Speier vorlegen, „damit man dort sehe, daß bei uns kein Anderes erfunden werde, als daß wir Alles zu fördern und zu thun geneigt sind, was uns als einem christlichen Gott liebenden Fürsten gebührt. Unsere Berathung wird deutsch sein, da nicht alle unsere Räthe lateinisch verstehen. Bei dieser Zusammenkunft wollet ihr Red und Antwort geben, gegründet auf das heilige, klare, lautere und unwidersprechliche Wort Gottes.“ Die zur Begutachtung vorgelegten 23 strittigen Lehrmeinungen betrafen Folgendes: 1) Die Sakramente. 2) Die österliche und die Ohrenbeichte. 3) Lossprechung von gewissen Sünden durch Päpste und Bischöfe. 4) Ablaß. [275] 5) Entziehung des Abendmahlskelchs. 6) Aufbewahrung der Hostien in Monstranzen und Herumtragen derselben. 7) Meßopfer und Seelenmessen. 8) Ob bei der Messe und 9) bei der Taufe lateinisch oder deutsch gesprochen werden soll. 10) Ehelosigkeit der Geistlichen. 11) Heirathen unter Verwandten ohne päpstliche Erlaubniß. 12) Ob Ordenspersonen austreten und heirathen dürfen. 13) Priester, wer solche sind. 14) Seligkeit allein durch den Glauben. 15) Freiheit des Willens. 16) Anrufen der Heiligen. 17) Bilder in den Kirchen. 18) Ceremonien daselbst. 19) Fast- und Feiertage. 20) Verbotene Speisen. 21) Untrüglichkeit und Inspiration der Konzilien, der Kirche und des Oberhaupts derselben. 22) Verbindlichkeit päpstlicher Satzungen, welche die Seele und das Gewissen betreffen, aber nicht auf Gottes Wort gegründet sind. 23) Auslegung der hl. Schrift durch die Geistlichen und durch Konzilien.

Unser Abt legte diese 23 Fragpunkte seinem Konvent zur Besprechung vor, zugleich auch sein Gutachten, welches dahin ging: „Über die vorgelegten 23 Artikel, welche eines Jeden Seele und Gewissen betreffen, waren die Ansichten allezeit zwiespältig. Etliche und die meisten derselben sind im hl. Evangelium weder geboten noch verboten. Die Entscheidung darüber übersteigt meinen Verstand und Vernunft. Ich bitte daher, mir die Abgabe eines Gutachtens darüber zu erlassen und dieses Verständigeren aufzutragen, auch mich mit meinem Orden bis zur Anstellung eines gemeinen freien Konzils bei meinem schlechten und einfältigen Glauben, darin alle meine Vorältern christlich verschieden sind, zu belassen. Was nachmals in solchem (Concil) und durch gemeine Christenheit beschlossen, aufgerichtet oder abgethan wird, dem will ich keinen Beschwerd haben, mein Irrsal demüthiglich zu erkennen und dasselbige auch zu halten und nachzufolgen.“

Dieses ausweichende, kurze, auf die vorgelegten Fragen gar nicht eingehende Gutachten unseres Abts war nicht im Sinne der Majorität und wurde daher lediglich ad Acta gelegt. Hartung registrirte es im Jahrbuche mit der Randbemerkung: „Ist nit geantwurt [276] worden,“ d. h. es kam weder beim Markgrafen, noch bei der Versammlung am 21. Septbr. zur Vorlage. Dagegen wurde im Sinne der Majorität ein anderes Gutachten verabfaßt und darin über die 28 Fragpunkte Folgendes bemerkt:

„Zu 1. Die römische Kirche verordnet sieben Sakramente. Einige alte Lehrer sprechen von zweien, Andere von dreien. Wo Christus hat aufgesetzt ein Sakrament, hat er dabei Verheißung und Zeichen gegeben, in welchen ein jeglich Sakrament bestehen muß. Wir finden daher nur zwei Sakramente in der Schrift, aufgesetzt von Christo; die fünf andern rühren, den Zeugnissen der Kirchenväter zufolge, von den Päpsten Sylvester und Leo her; mögen wohl schöne, nicht zu verachtende Gebräuche sein, sind aber den zwei von Gott verordneten nicht gleich.

Zu 2. Die römische Kirche verordnet, wenigstens einmal um Ostern zu beichten und das Sakrament zu empfangen, und dabei seine wissentlichen Sünden seinem Pfarrherrn zu beichten. Die Andern achten dieses für unnöthig und für unbillig. Die jetzt gebräuchliche Beichte ist in der Schrift nicht mit hellen Worten ausgedrückt, wohl aber das Beichten überhaupt, z. B. Jak. 5, 10. Solches Beichten ist im Geist Christi, und wir sollen froh sein, einen solchen Gebrauch in der Kirche zu haben. Aber daß die Beichte an Zeit und Ort vom Papst geboten ist, lasse sich ein frommer Christ nicht anfechten; denn wo Beichte geschieht wegen des päpstlichen Gebotes, da ist ein gezwungener Geist, welcher Gott nicht gefällt, denn Gott will einen fröhlichen Geist haben, 2. Cor. 9, 7.

Zu 3. Ob Päpste oder Bischöfe in etlichen Fällen Sünde vorbehalten, oder davon absolviren können? Im neuen Testament sind die Schlüssel allen Christgläubigen gegeben, wo ein bestellter Priester nicht da ist. Die Zusage Christi Matth. 16, 19 galt nicht dem Apostel Petrus allein, sondern Allen. Matth. 18, 18. Da redet Christus zur ganzen Christenheit und zu einem Jeglichen insonderheit, woraus folgt, daß [277] Einem von Keinem eine Sünde vorbehalten werden kann noch werden soll.

Zu 4. Der Ablaß, wie er von den Vätern, Päpsten und Konzilien gelehrt wird, ist wider die Schrift, nichts nütz in der Kirche, hat nichts Gutes geschafft, macht die Christen faul und abwendig von Christo. Die alten heiligen Lehrer und Märtyrer kennen den Ablaß nicht.

Zu 5. Die Entziehung des Kelchs beim Abendmahl ist wider Christum.

Zu 6. Ob das Sakrament des Leibes Christi in Monstranzen aufbewahrt und herumgetragen werden soll? Dieser Artikel gibt und nimmt dem Glauben nichts. Das nicht unziemliche Aufbewahren der Hostien in Sakramenthäuschen wurde vom nicäner Concil um der Kranken willen verordnet. Das Herumtragen der Hostie in der Monstranz am Frohnleichnamstag ist nicht unnütz, wenn das Volk belehrt wird, daß wir aus dergleichen Ceremonien mit unsern Herzen in die Betrachtung der unsichtbaren Dinge aufsteigen sollen.

Zu 7. Meßopfer und Seelenmessen für Lebende und Verstorbene werden gegenwärtig nicht allein für unnütz, sondern auch für unchristlich gehalten. Das Sakrament, welches der Priester am Altar nimmt im Glauben und Vertrauen an die göttlichen Zusagungen, ist ein Pfand des Heils und ein Zeichen der göttlichen Versöhnung und ein Gedächtniß des Opfers Christi am Kreuz zu einem Lob und Danksagung seiner Liebe gegen uns. Solches Gebet des Priesters ist ein gutes Werk, welches er für Andere opfern mag, laut Jac. 5, 16 und 1. Tim. 2, 1. Das werden auch Die bekennen müssen, welche sagen, das Sakrament sei kein Opfer. Daß wir nicht allein für Lebende, sondern auch für Verstorbene in der Messe bitten mögen, beweist schon, daß es Christus nicht verboten hat, und das Vorbild 2. Makkab. 12, 42. 46. Dieses Buch ist zwar kein kanonisches, aber vom nicäner Concil und von Augustinus für glaubwürdig angenommen worden. Dazu schreibt der h. Dionisius, daß die Apostel selbst gelehrt haben, daß Fürbitten für die Seelen Verstorbener nutz und [278] gut sein mag. Das ist wahrlich, meines Bedünkens, nicht gering zu achten.

Zu 8. Ob die Messe deutsch gelesen werden soll und mit offenen Worten, so daß es die Umstehenden hören und verstehen? In den ersten Zeiten haben die Diener der christlichen Kirche Alles mit offenen und verständlichen Worten gethan, welchen Brauch auch der h. Paulus begehrt, 1. Cor. 14. Jedoch ist solcher Gebrauch abgelegt worden durch Concilia etlicher Mißbräuche wegen, die daraus entstanden. Würde der Gebrauch wieder aufgerichtet, so ist zu besorgen, daß es von Vielen verspottet würde, wie es leider jetzt schon geschieht. Aber Epistel und Evangelien möchte ein Pfarrherr allewege seinem Volk mit deutscher Zunge vor der Messe an einem besondern Ort wohl erklären.

Zu 9. Ob die Taufe in deutscher Sprache geschehen soll? Ja! wegen 1. Cor. 14, 16. Doch daß es mit keiner Verachtung oder Verspottung geschehe.

Zu 10. Ehelosigkeit der Geistlichen. Gott hat die Ehe selbst verordnet; darum soll sie Niemanden verboten werden. Das vom Papst Calixt herstammende Eheverbot nennt Paulus 1. Tim. 4 eine Teufelslehre.

Zu 11. Ehen unter Verwandten ohne päpstliche Erlaubniß. Welche Ehen unter Verwandten verboten sind, ist 3. Mos. 18 zu lesen. Was die römische Kirche sonst hierüber verbietet und verordnet, ist von Geldes wegen erdacht; die göttliche Schrift weiß nichts davon.

Zu 12. Ob Ordenspersonen aus den Klöstern gehen und sich verehelichen dürfen? Das Gelübde: wider sein eigen Fleisch, die Welt und den Teufel zu fechten, thut jeder Mensch in der Taufe; ein weiteres Ordensgelübde ist nicht nöthig. Auch ist zu befürchten, daß sich Viele mit solchen Gelübden wiederum unter das Joch des Gesetzes begeben und sich ihrer Freiheit des Geistes berauben, welche allein steht im Geist Gottes, laut 2. Cor. 3, 17, durch welchen Geist jeder Christ Gott dienen soll. Doch loben Augustinus und Andere das Ordensgelübde. Daher ich [279] solchen Artikel mit allen Andern (meinen Mitmönchen) zu einem künftigen Concilio stelle.

Zu 13. Priester, wer solche sind? Nach Christi und der Apostel Ausspruch Marci 6, 15 u. 1. Cor. 4, 1 ist der Priester vornehmstes Amt, das Wort Gottes zu lehren und die Sakramente zu reichen. Wer solches nicht thun will oder nicht kann, soll kein Priester genannt werden.

Zu 14. Daß rechter Glaube und Vertrauen in Christo allein zur Seligkeit genug sei, entnehmen wir klärlich aus Joh. 14, 6, Apostelg. 4, 12 und viel andern Sprüchen der göttlichen Schrift. Doch daß dieser Glaube nicht falsch sei und besonders geziert mit Werken göttlicher Gebote und niemals träge, Gottes Gebote zu erfüllen.

Zu 15. Ob der menschliche Wille frei sei, oder nicht, Gutes oder Böses zu wirken? Darüber haben die Lehrer allezeit gestritten. Augustin und Bernhard blieben sich in der Lehre über den freien Willen nicht gleich. Viele lehrten, daß der freie Wille Gutes zu wirken vermöge, daraus aber, meines Bedünkens, in der christlichen Kirche viel Übles entstanden ist. Die Schrift lehrt, daß durch den Sündenfall der Mensch gar verderbt ist und durch allein natürliche Kraft nichts vermag als sündigen, 2. Cor. 3, 5, Philip. 2, 13, daraus wir klärlich vernehmen, daß menschlicher Wille aus ihm nichts Gutes vermag. Der Wille mag aber wieder frei werden, Gutes zu wirken, durch die Gnade Gottes, Joh. 8, 36. Der Sohn Gottes hat uns wiederum den Geist Gottes und die Gnade erworben. So wir glauben, mögen wir wieder Gutes thun, doch allein durch Gottes Kraft.

Zu 16. Ob es nöthig sei, Maria und andere Heilige um Fürbitte und Hilfe bei Gott anzurufen? Nach Art. 14 genügt zur Seligkeit rechter Glaube an Christum; ein anderer Mittler oder Fürbitter ist daher nicht nöthig, 1. Tim. 2, 5. Röm. 8, 34. Gott allein ist anzurufen. In der ersten Kirche rief man die Heiligen nicht an. Daraus folgt aber nicht, daß wir die lieben Heiligen verachten sollen, sondern wir sollen [280] Gott preisen, der solche Gnade einem sündigen Menschen gegeben hat.

Zu 17. Ob Bilder in den Kirchen geduldet werden sollen? Die Schrift verbietet alle Götzenbilder. Aber gefährlich und von üblen Folgen ist, die Bilder aus den Kirchen zu nehmen und zu verbrennen. Ärgerniß soll nicht mit Fäusten weggethan werden, sondern durch Gottes Wort. Wenn die Prediger fleißig lehren, wie die Bilder der Heiligen zu gebrauchen sind, so werden die Bilder den Menschen nicht irren.

Zu 18. Welche Ceremonien in den Kirchen ziemlich seien oder nicht? Wird das Volk über ihre Bedeutung belehrt, so sind sie nicht böse. An sich aber haben sie keinen Werth. Sie sind meist aus dem alten Testament genommen. Welche abgethan werden sollen und welche nicht, kann ich für jetzt nicht sagen wegen der kurzen Zeit, die mir zu diesem Artikel verliehen ist.

Zu 19. Etliche Fast- und Feiertage gebietet die römische Kirche bei Strafe des Bannes. Ob dieses Gebot auch bindend sei? Das rechte Fasten ist stete Nüchternheit und Mäßigkeit, auf daß der alt Esel nicht zu muthwillig werde, sondern geh im Zaum und folg dem Geist. Das vom Papst bei Straf gebotene Fasten zu gewissen Zeiten ist nicht schriftgemäß. An Sonn- und Feiertagen mag Jeder, nachdem er mit dem Haufen einhellig gebetet und das Wort Gottes gehört hat, arbeiten und sein Brot im Schweiß seines Angesichts gewinnen, wie man zur Zeit Hieronymi am Sonntag gethan hat. Warum will man uns nöthigen, einen Faultag zu begehen zum Schaden für Leib und Seele und Gut? Denn augenscheinlich ist, daß man an keinem Tag mehr thut wider Gottes Gebot, als am Feiertag, an welchem geschieht Völlerei, Fressen, Spielen und Todtschlag. Solche Sünden hat der Papst zu verbieten bei dem Bann, aber nicht jenes Feiern zu gebieten. So wurde der Bann Matth. 18, 17 von Christo befohlen und 1. Cor. 15 von Paulo gebraucht.

Zu 20. Ob es Sünde gegen Gott und sträflich sei, an den von der römischen Kirche gebotenen Fasttagen [281] Fleisch, Eier, Käse, Milch oder Schmalz zu genießen? Speiseverbote finden sich zwar im alten, aber nicht im neuen Testament. Matth. 15, 11. Tit. 1, 15. Es steht nicht in des Papstes Macht, einzelne Speisen zu verbieten bei dem Bann.

Zu 21. Ob die römische Kirche oder auch die Concilien die heilige Gemeinde oder die christliche Kirche seien, die durch den heiligen Geist regiert wird und nicht irren kann; oder ob die christliche Kirche an keine Statt oder Person gebunden sei und alle im Geist und Glauben stehen und nicht den Papst, sondern Christum zum Haupt haben, dessen Leib seine Braut und Kirche ist? Die christliche Kirche ist an keine Statt oder Person gebunden, Matth. 24, 23. Das Haupt der Kirche ist Christus, Ephes. 5, 23. Nicht die Concilien sind die gemeine Kirche Christi, sondern alle Gläubigen. Sie ist unsichtbar und wird regiert durch den heiligen Geist mit dem göttlichen Wort. Sie ist der Leib Christi, und ein Leib kann nur Ein Haupt haben, welches ist Christus, nicht der Papst. Daß der Papst mit den Seinen irren kann, probirt Spr. Sal. 24, 16, wo es heißt: „Siebenmal fällt der Gerechte.“ Wie viel mehr fällt der Papst, welcher sich ja als einen sündigen Menschen bekennen soll. Der Papst und die Seinen sind Glieder der christlichen Kirche, wenn sie glauben. Glaublich ist, daß der Papst, so er fromm ist, von Gott eine größere Gnadengabe als andere Glieder empfangen hat, darum er sich aber nicht über andere Glieder erheben soll, sondern zu Herzen nehmen Gal. 3, 28: „Ihr seid allzumal Einer in Christo,“ welches wahrlich etliche heilige Päpste gethan haben, wie ihre Schriften ausweisen.

Zu 22. Ob man schuldig sei, dem zu gehorchen, was Päpste, Bischöfe oder gemeine Concilien geboten haben, aber ohne daß es gegründet ist auf das lautere Wort Gottes? Was Päpste und Bischöfe gebieten nach Gottes Wort, das sollen wir annehmen und halten. Sind aber ihre Gebote aus eigener Vernunft und nicht in Gottes Wort gegründet, so sind wir solche zu halten nicht schuldig. Matth. 15, 9.

Zu 23. Ob es in der Gewalt der Geistlichen und [282] der Concilien stehe, bei Irrungen über den rechten Verstand göttlicher Schrift zu entscheiden? Es steht in keines Menschen Gewalt, die Schrift anders auszulegen, als einen Text durch den andern. Wir sollen dabei zu dem Worte Gottes nichts hinzu thun und nichts davon, auch keinem menschlichen Verständniß trauen.“

Die meisten dieser 23 Fragbeantwortungen sind in Luthers Sinn geschrieben. Daß Luthers Name darin nicht genannt wird, ist selbstverständlich, da unser Abt grundsätzlich der Lehre Luthers abgeneigt war. Der Konzipient der mitgetheilten 23 Fragbeantwortungen, der kenntnißreiche Prior und nachmalige Abt Schopper, sprach bei der einen und andern Fragbeantwortung sein Bedauern darüber aus, daß er wegen Mangels an Zeit Manches nicht weiter ausführen konnte; denn sein Elaborat sollte schon am 21. September in Ansbach vorgelegt werden. Jedoch später führte er Einiges noch weiter aus, und Hartung nahm auch dieses spätere Elaborat in sein Jahrbuch auf. Schopper bespricht hier näher die oben bei Nr. 1, 2, 7 und 21 bezeichneten Fragpunkte. Über die Ohrenbeichte sagt er: „Sie ist zwar in der Schrift nicht klar gelehrt, aber nicht zu verachten. Der Fromme wird sie suchen, nicht wegen des päpstlichen Gebotes, sondern dem Drang seines Herzens folgend. Sie hat viel schlimme Folgen gehabt, weil die Bischöfe, nicht nach Kunst sondern nach Gunst, grobe, unverständige, nicht verschwiegene, der Schrift nicht kundige Priester ordinirten und anstellten, welche den armen Sünder überrumpeln wie ein Metzler das Kalb, Sünde aus etwas machen, was keine ist, oder sich durch den Beichtpfennig bestimmen lassen. Sie kann bei rechtem Gebrauch mehr nützen als die Predigt. Solches ist mein Judicium von der Beicht nach meiner kleinen Verständnuß.“ Die allgemeine, öffentliche Beichte wird besonders empfohlen. Die Messe betreffend sagt Schopper: „Sie ist kein Opfer; denn Christus hat sich einmal geopfert und kann nicht öfter geopfert werden. Auch sprach er bei der Einsetzung des heiligen Abendmahls nicht von einem Opfer, sondern davon, daß dieses gehalten werden soll zum Gedächtniß seiner Liebe und Leiden [283] und daß er uns vom ewigen Tode erlöst hat. Aber deßwegen ist die Messe nicht zu verachten, wie Etliche meinen, sie seien gut evangelisch, wenn sie dieselbe verachten. Man soll vielmehr ohne alles Pochen die Leute darüber unterrichten, was die Messe sei. Mit dem Pochen, Schreien und Lästern richtet man bei dem gemeinen Haufen nichts aus; wohl aber werden die Prediger durch göttliche Lehre und christliches Leben etwas ausrichten. So viel hab ich wollen anzeigen von der Messe zu einer Besserung, nicht Böserung des Gewissens.“ Über die Kirche bemerkt Schopper: „Der äußerlichen sichtbaren Kirche möchte wohl noch gestattet werden, ein sichtbares Oberhaupt zu haben, das der Kirche vorginge mit der Lehre Christi, aber nicht mit materiellen Waffen herrsche, wie die weltlichen Fürsten. Petrus sollte das Schwert einstecken und nicht damit streiten. Darin hat er seinen Nachkommen ein Exempel gegeben, weltliche Gewalt zu meiden. Es ist wissentlich, daß Päpste, Kardinäle und Bischöfe viel Makel gehabt, oft schwer gesündigt haben, auch noch täglich in Sünden fallen. Solche sind kein Theil der Kirche. Die Päpste mit den Ihrigen können irren und haben geirrt, auch offenkundig im Glauben. Die sagen, der Papst könne nicht irren, erheben ihn über Petrus und alle Apostel, die gestrauchelt haben im Glauben. Er soll sich nicht zulegen das Wort Sanctissimus, der Allerheiligste; etliche Päpste haben auch nicht gelitten, ihnen diesen Titel zuzulegen.“ Auch diese Zusätze zu den 23 Fragbeantwortungen sind meist im Sinne Luthers geschrieben. Schopper hielt sich fern von der trivialen Derbheit, mit welcher damals die Streitenden in beiden Lagern ihre Sache zu verfechten pflegten. Wie von Heilsbronn, so wurde auch von Onolzbach eine umfassende Beantwortung der 23 Fragen eingereicht, wahrscheinlich verfaßt von den Predigern Rurer zu Ansbach und Weiß zu Krailsheim.

Am 21. September fand sich unser Abt Wenk mit den vom Markgrafen gleichfalls geladenen Räthen, Prälaten, Äbten und Pfarrherren in Onolzbach zur Besprechung ein. Gleich von vornherein traten die beiden Parteien einander schroff gegenüber. Aus [284] jeder von beiden wurde ein Ausschuß gewählt zur Fertigung des vom Markgrafen verlangten Gutachtens oder Rathschlags. Der lutherisch gesinnte Ausschuß hielt sich an die von Heilsbronn und Onolzbach vorgelegten Gutachten, während der aus sechs Individuen bestehende antilutherische Ausschuß ein Gutachten im entgegengesetzten Sinne verabfaßte. Auch dieses registrirte Hartung in seinem Jahrbuche, und zwar in folgender Weise: „Dieß nachfolgende Judicium auf obgemelte (23) Artikel ist durch die sechs Ausgeschossenen, so von den Prälaten elegirt, gemacht worden. Und werden die letzten drei Artikel zuerst judicirt wie folgt: Zu 21. Die römische Kirche und die Concilien wurden vom heiligen Geist regiert; also ist der Geist der Wahrheit bei ihnen gewesen. Der Kirche allein ist zu glauben. Nach Jesu Befehl an Petrum soll auch die irdische Kirche ein Haupt haben; kein Leib darf ohne Haupt sein. Nicht alle Lehren und Geschichten Jesu sind in der Schrift beschrieben, sondern dieselben sind auch aus andern Offenbarungen und Belehrungen zu entnehmen, und zwar durch die heiligen Concilien. Zu 22. Die Gebote der Päpste und Bischöfe sollen wir halten nach dem Spruch Luc. 10, 16: Wer euch hört, der hört mich. Zu 23. Die Apostel haben bei Streitigkeiten und Irrungen in Glaubenssachen in Apostelversammlungen entschieden. Erzbischöfe und Bischöfe sind Statthalter der Apostel und haben daher dieselbe Gewalt. Die Auslegung der Schrift kann nicht durch den Buchstaben geschehen, sondern durch den Geist; denn der Buchstabe tödtet, aber der Geist macht lebendig. Auslegung über die Schrift hinaus wird Gott reichlich belohnen, wie Christus selbst zu dem Stallknecht Luc. 10, 35 gesagt hat: „Da hast du zwei Pfennige und warte des Verwundeten; wann ich wiederkomme, will ich dir wiedergeben, was du darüber aus hast gegeben.“ Zu 1. Nicht bloß die zwei Sakramente hat Christus eingesetzt, sondern auch die Firmung, da er den Kindern die Hände segnend auflegte und Joh. 20, 22 sprach: „Nehmet hin den h. Geist.“ Auch die Apostel legten die Hände auf. Apostelg. 8, 17. Das Sakrament der Buße wird in der Schrift angezeigt Matth. 3, 2. 8. und Christus selbst [285] sagt: „Wirket Buße.“ Das Sakrament der Weihung zeigt Christus an, indem er sprach: „Nehmet hin den heiligen Geist!“ und indem er Petro die Schlüssel des Himmelreichs zu geben verhieß; auch in den Worten: „Das thut in meiner Gedächtniß, als oft ihr das thun werdet“, in welchen Worten Christus seine Jünger zu Bischöfen und Priestern gemacht hat. Das Sakrament der Ehe zeigt Gott 1[.] Mos. 1 an und Christus Matth. 19, 6; und zum Preis dieses Sakraments erschien er in Canna. 1. Cor. 7 und Ephes. 5, 32 heißt es: „Das ist ein groß Sakrament.“ Das Sakrament der heiligen Ölung ist von Christo eingesetzt. Marc. 6, 13; und Jac. 5, 14 heißt es: „So einer unter euch krank wird, so führe er ein die Priester der Kirche, daß sie über ihn beten und salben ihn mit Öl im Namen des Herrn, und das Gebet des Glaubens wird selig machen den Kranken und der Herr wird ihn leichtern, und so er in Sünden würde sein, würden sie ihm vergeben.“ Zu 2. Ohrenbeichte. Christus gab seinen Aposteln die Gewalt des Gerichts über die Gewissen. Wem aber Gewalt gegeben ist, über die Gewissen zu richten, dem wird auch Gewalt gegeben, die Sache zu verhören. Darum schickt Christus die zehn Aussätzigen zu den Priestern. Soll nach Hebr. 13, 17 der Seelsorger Rechenschaft geben für die Seelen, so ist nöthig, daß er die Seelen kenne, was nur geschehen kann, indem er ihr Bekenntniß hört. Zu 3. Petrus ist durch Christum zum Fürsten der andern Apostel gemacht. Sein Nachkomme ist jeder Papst und hat von Christo insonderheit die Gewalt zu entbinden und zu binden. Aber auch jeder Priester kann in Nothfällen einem Sünder alle Sünden vergeben. Zu 4. Den Ablaß hat Christus angeordnet, indem er Petro des Himmelreichs Schlüssel gab. Zu 5. Die Austheilung des heiligen Abendmahles unter Einer Gestalt ist von der heiligen Kirche aus trefflichen Ursachen angeordnet worden. Haben ja schon die Apostel ähnliche Änderungen gemacht, indem sie bloß auf den Namen des Sohnes tauften, und nicht nach Christi Verordnung auf den Namen des Vaters, Sohnes und Geistes. Zu 6. Das Aufbewahren und Herumtragen der Hostie. (Mit dem gegnerischen [286] Gutachten fast wörtlich übereinstimmend.) Zu 7. Die Messe ist ein Opfer. Die Liebe fordert, auch für Verstorbene zu beten. Zu 8 und 9. Die Bekehrer der heidnischen Deutschen lasen die Messe lateinisch und tauften auch in dieser Sprache. Darum, und auch um Gespött zu vermeiden, soll die lateinische Sprache in der Kirche bleiben. (Wieder meist übereinstimmend mit dem heilsbronner Gutachten.) Zu 10 und 12. Die Ehelosigkeit der Geistlichen ist von der Kirche weislich angeordnet worden. Zu 11. (Bloß Hinweisung auf die Eheverbote 3 Mos. 18.) Zu 13. Priester sollen nicht bloß lehren und die Sakramente austheilen, es gibt auch Priester zum Singen und Lesen. Zu 14. Glaube und Liebe machen selig. Zu 15. Freiheit des Willens. (Konform mit dem heilsbronner Gutachten.) Zu 16. Zwar können wir auch ohne Anrufen der Heiligen selig werden, aber es ist nützlich und gut, sie anzurufen. Schon während ihres Lebens auf der Erde vermochten ihre Fürbitten viel bei Gott, z. B. die Fürbitten Mosis und Eliä, auch Pauli für seine 146 Gefährten beim Schiffbruch. Wie viel mehr vermag ihre Fürbitte nach ihrem Tode. Zu 17. Bildnisse aufzurichten ist schriftgemäß. Das beweisen die zwei Cherub auf der Bundeslade und die Aufrichtung der ehernen Schlange in der Wüste. (Wieder meist konform mit dem andern Gutachten.) Zu 18. Die Ceremonien in den Kirchen sind in der Schrift geboten, z. B. Segensprechen, Palmzweige, Processionen. (Auch hier wieder Manches konform.) Zu 19 und 20. Fast- und Feiertage sind in der Schrift geboten.“ Über verbotene Speisen erklärt sich das Gutachten nicht. Dieses geht auch auf manche der 23 Fragen nicht näher ein. Dem Gutachten ist ein an den Markgrafen gerichtetes Begleitschreiben vorangestellt, worin es u. A. heißt: „Indem wir das verlangte Gutachten vorlegen, sind wir gefaßt auf neue Schmähungen und Injurien von der Gegenpartei, wie wir es bereits bei dem Gespräch zu Onolzbach selbst haben erfahren müssen. Wir bitten um Schutz für unsere Person, für das Land und für den christlichen Glauben in dieser aufrührerischen Zeit. Schon beim Gespräch selbst haben wir von der Gegenpartei Bitteres [287] hören müssen, obgleich vom Kaiser verboten worden ist, über die lutherische Lehre zu disputiren und ihr anzuhangen, so namentlich auf den Reichstagen zu Worms (1521) und zu Nürnberg (1524). Die in den 23 Artikeln enthaltenen Lehren sind auf vielen Concilien, namentlich auf dem costnitzer, als unchristlich bereits verdammt worden. Dennoch gehorchen wir dem Befehl, unser Gutachten darüber abzugeben auf Grund der Schrift und Kirchenlehre. Doch bitten wir E. F. G., dieses Gutachten bei sich selbst zu behalten, nicht weil wir uns scheuen, mit der Gegenpartei darüber zu disputiren, sondern weil wir uns nicht mit ihr in Disputation einlassen mögen ohne Bewilligung des Papstes, des Kaisers und unserer geistlichen Obrigkeit.“

Acht Tage lang währte die Besprechung in Ansbach; allein bei dem schroffen Gegensatz der Ansichten war ein Übereinkommen unmöglich. Der Markgraf Kasimir beschloß: „Die auseinandergehenden Gutachten zu seinen Handen zu nehmen, durch gelehrte ehrbare Männer nochmals prüfen zu lassen und dann im November beim speierer Reichstag zur Beschlußfassung vorzulegen. Bis dahin solle Jedermann sich gedulden, nichts Neues vornehmen und das Wort Gottes nach rechtem Verstand lauter und rein und nichts dawider gepredigt werden. Auch solle man überhaupt nicht schmähend, zänkisch und aufrührerisch auf den Gassen und in Wirthshäusern reden, sondern zur Förderung der Ehre Gottes und des Seelenheils der Menschen, damit das Volk nicht in Irrung und Ärgerniß gerathe. Die Beamten sollen zur Erhaltung des Friedens über dem Vollzug wachen und die Übertreter anzeigen und bestrafen. Der Markgraf werde beschließen und thun, wie es einem christlichen gottliebenden Fürsten gebühre.“ Allein der Markgraf konnte die zu seinen Handen genommenen Gutachten in Speier nicht vorlegen, da der projektirte Reichstag nicht zu Stande kam.

Wir haben vorhin gesehen, daß unser Abt mit seinem lediglich zu den Akten gelegten Minoritätsgutachten gegen die überwiegend lutherischgesinnte Majorität in seinem Kloster nicht aufkommen konnte. Viele seiner reformatorischgesinnten Mönche hatten [288] bereits das Kloster verlassen, 14 derselben zu gleicher Zeit, laut eines Briefes, in welchem unser Abt unt. 4. Jan. 1525 an seinen Freund, den Abt Erhard in Schönthal, schrieb: „Vierzehn Confratres sind kopfverrückt (animo satis perturbato) heimlich und unwürdig (nequiter) aus dem Kloster entflohen, und allenthalben ist bei uns, insonderheit bei unsern Grenznachbarn in Nürnberg, die lutherische Lehre so verbreitet, daß man täglich nur von Empörungen und Zänkereien hört.“ Einer der „trünnigen und entlaufenen Mönche“, Namens Schaller, der sich nach Waldsassen begeben und dort das Ordenskleid ganz abgelegt hatte, reklamirte von dort aus seine in Heilsbronn zurückgelassenen Effekten. Was unsern Abt veranlaßte, den ebengedachten Brief zu schreiben, war Folgendes: Wegen der lutherischen Bewegung außer Stand, in diesem Jahr dem Generalkapitel in Cisterz beizuwohnen, sendete er einen seiner Mönche, Sebast. Wagner (nachmals 28. Abt), dahin mit dem für das Mutterkloster gesammelten Jahresbeitrage von 35 Goldgulden und mit dem Auftrage, beim Abt von Cisterz die Genehmigung der Abtretung des nördlinger Pfarrpatronats zu erwirken. Wagner hatte in Cisterz einen an den Abt von Schönthal adressirten Brief zur Bestellung erhalten; diesen sendete nun unser Abt an den Adressaten mit dem erwähnten lateinischen Begleitbriefe und mit der Doppelbitte: „die wegen Mangels an Botengelegenheit (ob tabellariorum raritatem) etwas verspätete Zusendung zu entschuldigen, und gleichfalls Mittheilung zu machen über die jenseitigen Erlebnisse.“ Noch gedenkt unser Abt in seinem Begleitschreiben zweier verbrecherischer Raubanfälle in Nürnberg und Birklingen, welche aber mit der lutherischen Bewegung in keiner Verbindung standen, und schließt mit den Worten: „Dergleichen Gefahren drohen bei uns den Geistlichen und mehren sich von Tag zu Tag.“ Dieses schrieb er am 4. Januar 1525, und wirklich erfuhr er im Laufe des Jahres viel Bitteres durch


den Bauernkrieg[12],

wenn gleich nicht durch Raubanfälle. Um Ostern des Jahres [289] schrieb ihm die Äbtissin Magdalena Sazenhoferin von Seligenpforten: „daß Elend, Angst und Betrübniß in ihrem Konvent herrsche.“ Wenk antwortete innig theilnehmend, aber zugleich versichernd: „daß er weder Rath noch Hilfe wisse und dieses Unraths mit seinem Konvent auch täglich gewärtig sein müsse.“ Dann fährt er fort: „So wissen wir denn, gleich euch, nicht – wohin, weil solch gefährliche Handlung an vielen Orten geistlichen Manns- und Weibspersonen, sonderlich der Aebtissin und Convent zu Kirchheim und Zimmern begegnete. Wir wollen euch nicht abschlagen, um Spott und Schande zu verhüten, eure Conventsschwestern zu ihren Eltern, Geschwistern und Freunden zu schicken, wo sie sich bis zu anderer Zeit aufhalten mögen.“ Er bietet der Äbtissin und ihrem Convent Geldhilfe an und empfiehlt sie Gottes Schutz. Schon im folgenden Monat befolgte er selbst den ertheilten Rath, indem er beim Herannahen des Bauernaufruhrs nach Ansbach übersiedelte und seinen Konventualen den Aufenthalt bei ihren Verwandten gestattete.

Schon früher waren in verschiedenen Gegenden Deutschlands Bauernrevolten vorgekommen, namentlich in Schwaben, wo das Kloster Heilsbronn schon frühzeitig Güter erworben hatte. Es ist oben beim 25. Abt Bamberger berichtet worden, wie dort die durch Auflagen und Frohndienste gedrückten Landleute um Erbarmen flehten, aber kein Gehör fanden. Daraus folgte, daß die Bedrängten gegen ihre Bedränger, den Adel und den höheren Klerus, auch gegen die Klöster, die Waffen ergriffen. Luthers Lehre über die evangelische Freiheit wurde von den Empörern in ihrem Sinne ausgebeutet, um ihrer Predigt über politische Freiheit und Gleichheit, über Befreiung von Abgaben, über Freigebung der Jagd und Fischerei eine biblische Unterlage und ihrer Empörung einen Schein des Rechts zu geben. Daher wurde von den Gegnern Luthers die Reformation als Ursache des Bauernkrieges bezeichnet. So auch von unserem Abt, welcher schrieb: „Leider sind alle Ordensleute, die ihr Ordenskleid tragen, seitdem die lutherische und andere dergleichen ketzerische Lehren und Sekten im heiligen Reich entstanden und weit ausgebreitet sind, den gemeinen [290] Laien höchst verhaßt und durch diese Leib und Leben gefährdet. So geht es auch mir und meinem Konvent.“ Zwar hatte er für sich und seinen Konvent von seinen eigenen Unterthanen weniger zu fürchten, da sein und aller seiner Vorgänger Regiment immer etwas Väterliches und Volksfreundliches hatte; aber er sah sich und sein Kloster von fremden Bauernschaaren bedroht, welche in der Nähe seines Klostergebietes, in Schwaben und in der Tauber- und Maingegend gegen Adel und Geistlichkeit grausam verfuhren. Er bat daher den Markgrafen Kasimir, welcher sich gegen die Aufrührer rüstete, um Schutz. Kasimir kam selbst nach Heilsbronn, versprach dem Kloster Schutz, wies die Mönche an, bis auf ruhigere Zeiten sich auswärts aufzuhalten, und anstatt der den Bauern verhaßten weißen Mönchskutte ein schwarzes Priesterkleid zu tragen. Auch gestattete er, nach Gefallen sich anderwärts niederzulassen, und Jedem, der etwa auswärts heirathen würde, versprach er eine Aussteuer. Darauf verließen alle Konventualen das Kloster, um anderwärts den Kriegssturm abzuwarten. Nur drei derselben blieben im Kloster zurück: der Prior Schopper (nachmals Abt), der Bursarius und der Granarius. Unser Abt erhielt sein Asyl in Ansbach und zugleich die Versicherung, daß er, wenn Ansbach gefährdet oder Heilsbronn zerstört werden würde, den heilsbronner Hof in Nürnberg als Asyl und Eigenthum erhalten sollte. Durch ein mit dem Klostersiegel versehenes Dokument wurde ihm am Sonntag Jubilate 1525 der Klosterhof in Nürnberg von seinem Konvent förmlich als Eigenthum zugeschrieben. Die Verwaltung der Klostergüter übernahm der Markgraf selbst; die Einkünfte verwendete er beliebig zu seinen Zwecken, vorerst zur Führung des Krieges gegen die Empörer. Als Administratoren bestellte er einen markgräflichen Beamten, Sebastian Funk, den Richter Hartung und den Prior Schopper. Funk wird von seinen beiden Mitadministratoren als markgräflicher Spion und Zuträger charakterisirt. Seine Funktion in Heilsbronn war von kurzer Dauer; er wurde markgräflicher Kastner in Neustadt. Auch dort fuhr er fort, gegen das Kloster zu intriguiren. Nach Beendigung des Krieges und [291] nach der Rückkehr der Mönche verbreitete er über das Leben und Treiben derselben böse Gerüchte, so daß sich Kasimir und seine Räthe veranlaßt sahen, folgende Weisung[13] an die Administratoren des Klosters ergehen zu lassen: „Uns hat glaublich angelangt, daß die Konventualen zu Hailsbronn ein unordentlich Wesen hatten mit Saufen, Spielen, Hemdentragen, so mit schwarzer Seide oder Gold belegt sind, und daß sie auch die Horas nicht singen, sondern schlechts beten, und daß ihnen ohne redliche Ursach täglich aus dem Kloster hin und wieder zu gehen erlaubt wird. Das tragen wir merklich Mißfallen, und sonderlich, daß ihr, Prior (Schopper), ein solches Wesen gestattet. Unser ernstlicher Befehl ist, daß ihr solch Wesen abstellt und daran seid, daß sich die Konventualen laut unserer vorigen Ordnung eines ehrbaren, züchtigen, priesterlichen, christlichen Wesens halten. Welche sich dem nicht gehorsamlich halten, denen soll ferner keine Pfründ gegeben und sollen dazu ernstlich gestraft werden.“ In Folge dieses Erlasses schrieben die Administratoren und der ganze Konvent an den Kastner Funk in Neustadt: „er möge seines Amtes warten, anstatt beim Markgrafen den Spion und Zuträger zu machen.“ Zugleich schickten sie ihm seinen Sohn Lorenz zurück mit dem Zeugniß, daß er mehr vergessen als gelernt habe. Funk hatte seinen Sohn mit nach Heilsbronn gebracht, um ihn daselbst unterrichten zu lassen.

Am Sonnabend vor Jubilate 1525 ließ sich Kasimir feierlich huldigen; der Richter Hartung, die übrigen Klosterbedienten und die Klosterunterthanen thaten ihm Eidespflicht. Mit Ausnahme von zwei „Menen“ mußten die sämmtlichen Klosterpferde seinem Kriegszuge folgen. Seine Truppen erhielten, namentlich im Lager bei Markterlbach, Proviant vom Kloster. Die Kirchenkleinodien wurden großentheils zur Bestreitung von Kriegskosten verwendet, z. B. sieben Monstranzen und 24 Abendmahlskelche. Das Kloster mußte den ihm vom Markgrafen gewährten Schutz theuer bezahlen. Dabei schrieb der Schutzherr eine knauserische [292] Hausordnung vor. Nach derselben sollte im Viehhofe Einer der beiden Hirten abgeschafft werden, auch der Hirtenbube; eben so von den beiden Müllern und Bäckern je Einer; ingleichen der Thorwart, dessen Dienst der in der Küche verwendete Laienbruder Konrad mitversehen könne etc. etc. Darauf stellten die Administratoren dem Markgrafen vor, daß die Einhaltung dieser Hausordnung unmöglich, die Beibehaltung des bezeichneten Personals durchaus nöthig sei, wie der in Ansbach weilende Abt Wenk bezeugen könne. Ohne markgräfliche Genehmigung durften die Administratoren keinen Stecken Holz abreichen, ihrem Knecht Dotzer kein Winterkleid schaffen. Kasimir hatte „alle vorhandene Wehr an Harnisch, Haken, Handbüchsen, Armbrusten, Hellebarden, auch etliche lederne Löscheimer“ aus dem Kloster nach Ansbach bringen lassen. Im November baten die Administratoren: „da der Aufruhr einigermassen gestillt und in Heilsbronn vom Markgrafen eine Ordnung aufgerichtet sei, so möchten wenigstens einige Puchsen und Hellebarden zurückgegeben werden, besonders aber die Feuereimer, wegen möglicher Aufläufe im Kloster oder im Wirthshause, und wegen möglicher Feuersnoth im nahen Winter.“ Da keine Antwort erfolgte, so wendeten sich die Administratoren an unsern in Ansbach weilenden Abt mit der Bitte, das Petitum bei der markgräflichen Kanzlei in Erinnerung zu bringen.

Wie sich während der einjährigen Abwesenheit unseres Abts Alles im Kloster dem unumschränkten markgräflichen Willen fügen mußte, erhellt aus zwei im Namen Kasimirs und seines Bruders Georg am 25. August und 21. September 1525 erlassenen Verordnungen. In der ersten hieß es: „Nachdem die durchlauchtigen Fürsten, Herr Kasimir und Herr Georg, das Kloster Heilsbronn und andere Klöster und Stifter in diesen Läuften aus redlichen guten Ursachen zu ihren Handen eingenommen und noch inne haben, auch bis auf fernere Handlung künftigen Reichstags in Händen zu behalten gedenken, ist ihrer fürstlich Gnaden Gemüth und Meinung, daß es bis künftige Ostern in Heilsbronn gehalten werde, wie folgt: Alle Conventuales, so noch im Kloster sind, sollen darin bleiben, und diejenigen, so jüngst mit Erlaubniß [293] meiner gedachten gnädigen Herren herausgekommen sind, sollen, sofern sie wollen, wieder hinein kommen, doch ohne Kutten, und bis auf weitern Bescheid mit Essen und Trinken enthalten werden. Auch sollen gemeldter Zeit Jeglichem für Kleider und andere Zubuß 12 fl. gegeben werden. Jeglicher soll den äußerlichen Gottesdienst laut der Ordnung, auch hierneben verzeichnet, und was der Prior (Schopper) derhalb weiter für gut ansehen wird, getreulich verwesen, auch dem Prior in allen Dingen gehorsam sein, um Verweisung des Klosters und andere ernstliche Strafe nach Willen und Gefallen meiner gnädigen Herren, der Markgrafen, zu vermeiden. Der Prior soll das heilige Wort Gottes lauter und rein predigen und nichts dawider, wie solches meiner gnädigen Herren zu zweien Malen ausgegangene ernstliche Befehle wollen. Dazu soll er die Woche etliche Tage seinen Brüdern im Kloster die heilige Schrift lesen, dazu alle Conventuales gehen und ihn fleißig hören sollen, damit sie in dem reinen Wort Gottes unterrichtet und geschickt werden, auch zur Versehung etlicher Pfarren sich gebrauchen zu lassen, wie dann der und keiner andern Meinung die Klöster anfänglich fundirt sind.“ Im zweiten Erlaß wurde verordnet, was unser Abt während seiner voraussichtlich einjährigen Abwesenheit vom Kloster zum Lebensunterhalt erhalten und was er den Markgrafen leisten sollte. Es war ein gegenseitiger Vertrag; darin hieß es: „Wir Kasimir und Georg etc. Nachdem wir in der Unterthanen Empörung, so noch nicht endlich gestillt ist, unser Kloster Hailsprunn mit aller seiner Eingehörung zu unsern Handen genommen haben, auch bis auf künftigen Reichstag zu behalten gedenken, inmassen dann derhalben vergangener Tage durch uns eine Ordnung zur Unterhaltung des Klosters und der Personen darin gemacht ist: thun wir kund mit diesem Brief, daß wir dem würdigen, unserem Gevatter, Rath und lieben getreuen Herrn Johannsen (Wenk) Abt unseres Klosters zu seiner Unterhaltung bis auf unsern weitern Bescheid gegeben haben wie folgt: Nämlich, daß er Waizendorf, den Sitz und das Amt mit all seiner Eingehörung, vogtsweis von unsererwegen und an unserer Statt innehaben soll, außer dem Zehnten und [294] der Schäferei; die soll er uns lassen und dazu jährlich von den Weihern, in das Amt Waizendorf gehörig, geben 20 Zentner guter Karpfen, nicht die besten und nicht die ärgsten, und uns dieselben auf seine Kosten gen Onoltzbach in unsere Haushaltung antworten; sich auch sein Lebenlang zu unsern Rechnungen und andern Sachen als unser Rath und Diener gutwillig lassen gebrauchen, auch unsere Geheim verschweigen bis in seinen Tod, laut seiner vorgethanen Rathspflicht. Dagegen wollen wir ihm auch dieses Jahr den Wein, so auf den vier Morgen Weingarten zu Eibelstadt wächst, zu der Abtei gehörig, sammt einem Fuder Weins von des Klosters Wein zu Randersacker folgen lassen, dazu jährlich ein oder zwei Fuder von dem bonhofer Wein, wie er wohl oder übel geräth. Und ob sich begebe, daß wir das Kloster über kurz oder lang in vorigen oder andern dergleichen Stand kommen lassen wollten, so soll unser Gevatter und Rath, der Abt, der Oberste im Kloster sein, auch des Orts seinen ehrlichen Stand und Unterhalt haben, oder wie wir uns derhalb sonst weiter miteinander vertragen. Und wenn dasselbige geschieht, so soll alsdann dieser Vertrag keinen Theil binden. Deß zu Urkund haben wir diesen Brief mit unserem anhangenden Insiegel besiegelt, der gegeben ist zu Onoltzbach am Dinstag nach Matthäi Apostoli 1525.“ Unser Abt fügte dann die Worte bei: „Wir bekennen für uns, all unsere Erben und Nachkommen, daß wir obberührten Vertrag und Ordnung mit freiem Willen und gutem Begnügen angenommen haben. Wir versprechen, uns demgemäß, auch so es hinfüro wieder zu anderer Handlung komme, gegen genannte unsere gnädigen Herren unterthäniglich und gutwillig zu halten. Zu Urkund haben wir diesen Brief mit eigener Hand unterschrieben und mit unserer Abtei anhangendem Insiegel besiegelt.“ Der Abt hatte alle Ursache, für seine Person mit diesen Stipulationen zufrieden zu sein. Die Markgrafen hatten ihn recht wohl bedacht, am Besten aber sich selbst. Ihre Munifizenz erinnert an St. Crispin.

Während unser Abt unberührt vom Bauernkriege in Ansbach und auf seinem Schlößchen Waizendorf (s. Abschn. VII) [295] wohnte, bekämpfte sein Beschützer Kasimir die aus der Nachbarschaft herandringenden Heereshaufen, so daß es keinem derselben gelang, bis Heilsbronn vorzudringen. Der Bauernaufruhr verbreitete sich nur über diejenigen Theile des Klostergebietes, welche dem Herde der Bewegung näher lagen. Nur die in der Gegend von Nördlingen, Oettingen, Uffenheim, Rothenburg, Windsheim und Würzburg wohnenden heilsbronner Unterthanen wurden in den Krieg verwickelt. In Altheim, Baldingen, Ehringen, Grosselfingen, Herkheim, Nähermemmingen, Reimlingen, Sorheim, Trochtelfingen und Utzlingen schlossen sich die dortigen heilsbronner Unterthanen in größerer Zahl den Empörern an. Der Graf Ludwig von Oettingen schrieb daher an unsern Abt und veranlaßte ihn, in der Woche vor Ostern 1525 seinen Unterthanen im Ries Folgendes zu eröffnen: „Dem Gerücht nach habt ihr neben anderer Herrschaft Unterthanen der Grafschaft Oettingen euch der Empörung zugethan. Die löbliche Versammlung des Bundes Schwaben und mehr andere Obrigkeit haben bereits beschlossen, gegen euch einzuschreiten. Daher warnen wir euch. Denkt an den Verlust von Ehre, Leib und Gut. Kehrt Angesichts dieses zurück zu Weib, Kindern und Habe und leistet Niemand Beistand zu solch aufrührerischer Handlung. Habt ihr Beschwerde, so beklagt euch bei euren Herrschaften und erwartet Bescheid hierauf. Wir werden euch dabei nach unserem Vermögen Rath, Hilfe und Beistand thun.“ Diese Mahnung wirkte beschwichtigend, wenigstens spricht das Jahrbuch nicht von weitern Exzessen in jener Gegend. In Sontheim, Ikelheim, Westheim, Urfersheim (bei Windsheim) und Ohrenbach (bei Rothenburg) wurden dortige heilsbronner Unterthanen von den aus Schwaben vorgedrungenen Bauern gezwungen, sich an diese anzuschließen. Nach dem unglücklichen Ausgang ihrer Sache suchten sie, die Strafe und Rache Kasimirs fürchtend, Rath und Hilfe in Heilsbronn. Der Richter Hartung rieth ihnen, geradezu nach Ansbach zu ziehen und, unter offener Darlegung des Herganges, auf Gnade und Ungnade sich dem Markgrafen zu unterwerfen, der sie, wie Andere in gleichem Falle, begnadigen werde. Sie befolgten den Rath und wurden [296] von Kasimir nicht an Leib und Gut gestraft. Der Richter Hartung erscheint wiederholt als Konzipient von Begnadigungsgesuchen, welche nach Beendigung des Bauernkrieges beim Markgrafen eingereicht wurden.

Wegen einer Schädigung in Randersacker schrieb unser Abt an den Bischof Konrad zu Würzburg: „Im vergangenen Bauernaufruhr ist meines Klosters Hof und Behausung zu Randersacker von E. F. G. Unterthanen erbärmlich zerstört und zerrissen, die fahrende Hab darin von acht Eingesessenen zu Randersacker entwendet und verkauft worden. Bitte daher, diese anzuhalten, das Entwendete wieder zurückzustellen.“ Der Bischof entsprach dieser Bitte, verfügte Restitution des Geplünderten durch die Gemeinde Randersacker und forderte den Schultheiß zum Vollzug auf. Die von den Aufrührern verbrannten Zins- und Gültbücher konnten freilich nicht restituirt, wohl aber durch andere Aufschreibungen ersetzt und die Pflichtigen zur Zahlung ihrer Zins- und Gültrückstände gezwungen werden. In Ohrenbach wurde Hans Ickelheimer, ein dortiger heilsbronner Hintersasse, von den Aufrührern gezwungen, Hab und Gut zu verlassen und mit ihnen zu ziehen. Er zog zwar mit, beschädigte aber Niemand. Gleichwohl wurde er noch nach Jahren von Bürgermeister und Rath zu Rothenburg deßhalb angefochten und zur „Straf- und Brandsteuer“ angezogen, zugleich zur Zahlung von Umgeld. Er suchte Schutz bei seinem Lehensherrn, dem heilsbronner Abt Schopper, welcher dem Magistrate Rothenburg vorstellte: „Die Forderungen des Magistrats sind unbillig, da die innerhalb der Landwehr wohnenden Unterthanen geistlicher Stifter und Klöster von dergleichen Auflagen befreit sind. Überdieß hat Ickelheimer während des Bauernkrieges Niemand beschädigt und sich sonst immer wohl gehalten. Auch ist er beim Rathe anstatt eines Andern angezeigt worden.“ Anderwärts auf dem Klostergebiete verhielt sich das Landvolk während des Aufruhrs ziemlich ruhig, namentlich in der nächsten Umgebung des Klosters. Hier ergaben sich nur folgende Ausschreitungen:

Nachdem Kasimir in seinem Bereiche die Aufrührer besiegt [297] hatte, forderte er im Frühling 1526 die von ihm eingesetzten obengenannten Administratoren in Heilsbronn auf: „Etliche der Hauptaufrührer, welche um Heilsbronn gesessen und noch nicht bestraft worden seien, anzuzeigen.“ Die Anzeige lautete: „Zwei Fälle ausgenommen hat sich Niemand in der Umgegend von Heilsbronn besonders an der Empörung betheiligt.“ Bei dem einen dieser beiden Ausnahmsfälle war der Hergang folgender: Der Probst Forchtenberger von Bonhof beabsichtigte, verschiedene dem Kloster und dem Richter Hartung zugehörige Effekten in einem verschlossenen Schranke nach Schwabach zu flüchten. Der Fuhrmann übernachtete in Gottmannsdorf. Dort wurden jene Effekten in der Nacht gestohlen. Die Söhne und Töchter und der Knecht des dortigen Schäfers Kraft wurden verhaftet und verhört. Ihre Aussage lautete: „Sie hätten vernommen, daß in dieser aufrührerischen Zeit gewisse Leute sich verabredet hätten, jenen Effekten unter Wegs aufzulauern; diesen diebischen Leuten seien sie zuvorgekommen.“ Der Schäfer Kraft machte sich verbindlich, das Gestohlene zu restituiren. Damit war die Sache abgethan. Der andere Exzeß ereignete sich im Herbste 1525 zu Großhaslach. In einem dem Kloster zugehörigen Weiher daselbst hatte der Bursarius einige Zentner Fische. Die vom damaligen Kommunismus gleichfalls beseelten Weiber des Dorfes, die Wirthin und die Schmiedin an der Spitze, zogen eines Tages, da eben die meisten Männer abwesend waren, mit ihren Kindern hinaus zum Fischzug. Die Schmiedsfrau stieg in den Weiher und zog den Schlägel, worauf die Fische bald auf dem Trockenen und in den Händen der Frauen und Kinder waren. Nach Beendigung des Bauernkrieges befahl der Markgraf, die Sache zu untersuchen und die Schuldigen zu bestrafen. Der Untersuchungsrichter Hartung zitirte vorerst 21 Männer. Einige derselben sagten aus: „sie seien eben nicht daheim gewesen;“ Andere: „sie hätten ihre Frauen und Kinder zum Hause hinaus gejagt mit dem Befehl, die Fische wieder an ihren Ort zu tragen.“ Darauf zitirte der Richter 27 Frauen. Einige derselben wollten von dem ganzen Vorfall nichts wissen. Andere schoben [298] Alles auf ihre Kinder: „die Fische seien von diesen heimgebracht und dann von ihnen gemeinschaftlich verzehrt worden.“ Wieder Andere schoben die Schuld auf schwangere Frauen, welche nach Fischen gelüstet habe etc. Das Weitere wurde in Ansbach verhandelt. Der ganze Hergang trägt nicht das Gepräge des Kriminellen, sondern des Muthwilligen und Komischen. Dasselbe gilt von folgendem Exzeß im heilsbronner Amt Waizendorf. Die heilsbronner Unterthanen in jener Gegend verhielten sich während des Bauernkrieges ruhig, „verließen nicht Weib und Kind und schlossen sich nicht an die Aufrührer an.“ Doch regte sich bei einigen lustig beisammen sitzenden Bauern die Lust, dem edlen und vesten Madern von Haldermanstetten, genannt Stettner zu Wiesethbruck, in sein dortiges Wäldchen zu dringen, um sich ein Essen Vögel, die man Ruchen nennt, zu holen. Nach dem Kriege wurden die Thäter dem Markgrafen angezeigt und zu einer Geldstrafe verurtheilt. Möchten die Scenen während des Bauernkrieges überall so unblutig gewesen sein, wie die eben mitgetheilten. Späterhin wurden dem Markgrafen noch einige Bewohner von Großhaslach und Wattenbach angezeigt, welche während des Krieges Wild erlegt hatten. Die vom Markgrafen über die Thäter ausgesprochenen Geld- oder Gefängnißstrafen wurden theils vollzogen, theils ermäßigt, besonders auf Fürsprache unseres Abts und des Richters Hartung.

Den vorstehenden Mittheilungen zufolge wurde das ausgedehnte Klostergebiet während des Bauernkrieges nur hier und da von fremden Schaaren heimgesucht. Die heilsbronnischen Unterthanen selbst waren zur Empörung wenig geneigt, da sie weniger gedrückt wurden, als die meisten Hintersassen der Adeligen und der Markgrafen. Keiner unter den heilsbronner Äbten mißbrauchte seine absolute, nur durch den Konvent beschränkte Gewalt; Keiner zehrte an dem Mark seiner Unterthanen. Einige (z. B. auch unser Abt) waren bis zu einem gewissen Grade luxuriös und geneigt, entweder durch Bauten, oder durch Anschaffung von Kunstgegenständen und Pretiosen ihres Namens Gedächtniß zu stiften; allein wir sahen auch, daß ihr Luxus nie ausschweifend [299] und den Unterthanen durch schwere Besteuerung und übermäßige Frohnen drückend wurde, daß sie insgesammt sparsam waren und die Ausgaben für ihre Liebhabereien lediglich aus ihrer Privatkasse bestritten. Riesige Bauten, deren Vollendung nicht abzusehen oder nur durch große Beschwerung der Unterthanen ermöglicht war, wurden von ihnen niemals aufgeführt. Sie unterschieden sich hierin vortheilhaft von manchen weltlichen und geistlichen Fürsten, die gleichfalls durch kirchliche Bau- und Kunstdenkmale ihres Namens Gedächtniß stiften wollten, aber dabei nicht verfuhren, wie die heilsbronner Äbte. Bekanntlich sprach der Kaiser Justinian bei der Einweihung der Sophienkirche in Konstantinopel: „Ehre sei Gott, der mich würdig erachtet hat, ein so großes Werk zu vollbringen. Ich habe dich besiegt, o Salomo.“ Zur Beschaffung der Baukosten hatte Justinian seinem Volke schwere Steuerlasten auferlegt. Bei Erbauung des Münsters zu Straßburg seufzten die bischöflichen Unterthanen gleichfalls unter schweren Steuerlasten. Ähnliche Erinnerungen knüpfen sich an so manche der vielbewunderten kirchlichen Prachtbauten Europas. Die heilsbronner Unterthanen erkannten es auch sehr wohl, daß sie weniger belastet waren als ihre Nachbarn; sie betrachteten es als ein Unglück, durch Tausch von Heilsbronn weg und unter eine andere Herrschaft zu kommen.

Nach Beendigung des Bauernkrieges kehrte unser Abt im Mai 1526 von Ansbach nach Heilsbronn zurück. Sein Kloster hatte während seiner fast einjährigen Abwesenheit durch Bauernschaaren nicht Schaden gelitten, wohl aber, wie wir gesehen haben, durch seinen Beschützer. Gleichzeitig mit dem Abt kehrten auch seine Konventualen nach Heilsbronn zurück. Nur Einer, Leonhard Eberhard von Unternzenn, kehrte nicht zurück. Weniger gelang es der Äbtissin von Seligenpforten, ihre Klosterfrauen wieder um sich zu versammeln. Sie schrieb an Jede derselben: „Der Andächtigen, unserer Professin und freundlich lieben Mitschwester N. N., jetzt zu N. in Handen. Unsern Gruß und Gebet zuvor. Freundlich liebe Schwester in Christo! Nachdem wir uns sämmtlich vergangenen Jahres in der bäuerlichen Empörung [300] und Verfolgung aller Geistlichkeit kümmerlich außerhalb unseres Klosters haben aufhalten müssen, haben wir dich zu deinen Eltern und Freundschaft geschickt. Nachdem nun durch alle geistliche und weltliche Obrigkeit Restitution beschlossen worden ist und wir unsere Verwaltung wieder inne haben und uns gebührt, unserer Stiftung mit Singen und Lesen wieder zu genügen, wozu wir auch Deiner bedürfen: so ist unsere Bitte, Dich wieder hieher zu verfügen. Da die Kutte ein so verdrießlich Kleid geworden ist, so wollen wir uns darüber berathen, wie wir es damit halten wollen und uns etwa mit einem andern ehrlichen Kleid bekleiden und unsere Stiftung und Ordnung halten, wobei uns unser gnädiger Herr (der Abt Wenk zu Heilsbronn) rathen und schirmen wird.“ Diese Zurückberufung hatte nicht allenthalben den gewünschten Erfolg, da es einigen Nonnen außer dem Kloster besser gefiel. Einige kehrten jedoch nach Seligenpforten zurück und das Kloster erhielt wieder, wie früherhin, heilsbronner Mönche als Beichtväter. Diese erschienen aber nicht mehr in der sonstigen weißen Ordenstracht, sondern in dem schwarzen Priesterkleide, welches ihnen beim Ausbruch des Bauernkrieges vom Markgrafen oktroyirt worden war, aber von den bayerischen Herzogen, in deren Gebiet Seligenpforten lag, nicht geduldet wurde. Den zwei Beichtvätern wurde daher die Alternative gestellt, entweder die weiße Ordenstracht wieder anzunehmen, oder nach Heilsbronn zurückzukehren. Die Folge war, daß unser Abt seine beiden Mönche zurückberief, so daß die Nonnen in Seligenpforten nun gar keine Beichtväter hatten. Da aber die dortigen Cisterziensernonnen nur Cisterziensermönche zu Beichtvätern haben durften oder haben wollten, so reichte die Äbtissin Margaretha unterm 19. Juni 1529 beim Hofmeister Georg von Heideck und andern Statthaltern und Räthen zu Neumarkt eine vom Richter Hartung in Heilsbronn verfaßte Beschwerdeschrift ein mit der Bitte: den Klosterfrauen zu gestatten, ihre Beichtväter wie bisher von Heilsbronn zu requiriren. Allein das Kloster Heilsbronn war, nachdem es in einem einzigen Jahr fünf Mönche durch den Tod verloren hatte, außer Stand, Beichtväter nach Seligenpforten zu [301] senden. Die wenigen noch vorhandenen Mönche waren an Ort und Stelle unentbehrlich. Das Einzige, was geschehen konnte und auch geschah, war, daß der Abt an hohen Festen den Einen und Andern seiner Mönche nach Seligenpforten abordnete zur Abhaltung von Messe, Predigt, Beichte und Abendmahl. Seligenpforten litt im Bauernkriege viel, so daß die Äbtissin Magdalena Satzenhofer sich genöthigt sah, Grundstücke zu Geld zu machen, um sich mit den Ihrigen zu ernähren.

Der Markgraf Kasimir hätte im Frühling 1526 nach der Rückkehr unseres Abts und seiner Mönche in das Kloster diesem sofort seine frühere Selbstständigkeit wiedergeben können, allein er behielt noch ein Jahr lang die Verwaltung des Klostergutes in seinen Händen. Erst im Frühling 1527 sendete er seinen Rath Simon von Zedwitz nach Heilsbronn mit dem Auftrag, die Diener und Unterthanen des Klosters von dem beim Ausbruch des Bauernkrieges dem Markgrafen geleisteten Huldigungseid zu entbinden und wieder dem Abt und Konvent Treue schwören zu lassen. Allein trotzdem erhielten Abt und Konvent die frühere Selbstständigkeit nicht wieder; Kasimir ließ ihnen nur noch einen Schein von Unabhängigkeit. Dieses erhellt insonderheit aus den weitläufigen Verhandlungen über die Ordenstracht.

Es ist oben berichtet worden, daß Kasimir beim Ausbruch des Bauernkrieges unsern Abt und seine Mönche anwies, das den Bauern verhaßte weiße Ordenskleid abzulegen und ein schwarzes Priesterkleid zu tragen. Unser Abt, bemüht, das Verlorene wiederzubringen, wollte nach seiner Rückkehr aus Ansbach die weiße Ordenstracht wieder einführen und verhandelte darüber am Charfreitag 1527 mit Kasimir. Dieser versprach, bis Pfingsten darüber Bescheid zu geben, hielt aber nicht Wort, so daß der Abt ihn am 18. Juli an sein Versprechen erinnern mußte. Mittlerweile zog Kasimir, dem Ruf des Kaisers folgend, in den Krieg nach Ungarn, und von hier aus erhielt der Abt d. d. Preßburg, 23. Juli 1527 folgenden Bescheid: „Dem würdigen, unserem Gevatter, Rath und lieben getreuen Herrn Johannsen, Abt zu Heilsbronn. Euer Schreiben, die von uns mit euch gehabte Abrede [302] über euer Kloster und dessen Ordnung betreffend, konnten wir wegen Geschäfte noch nicht bescheiden, soll aber ehestens beschieden werden.“ Der verheißene Finalbescheid erfolgte jedoch nicht, da Kasimir zwei Monate darauf in Ungarn starb. Über seine Bestattung in Heilsbronn siehe Beitr. S. 133. Vermuthlich war er bei seiner halb katholischen, halb lutherischen Richtung geneigt, dem Verlangen des Abts zu entsprechen. Andern Sinnes war sein Bruder und Nachfolger Georg, welcher auf das Petitum des Abts folgenden Bescheid ertheilte: „Weil Abt und Konvent ihrer Sicherheit wegen im Bauernkrieg die Kutten mit Wissen und Willen der Herrschaft selbst abgelegt hätten, so sollten sie dem Speierer Abschied zufolge bis auf weitern Bescheid keine Änderung darin machen.“ Der Abt fuhr jedoch fort, Alles aufzubieten, um zu erwirken, daß entweder die weiße Ordenstracht wieder eingeführt, oder daß mit päpstlicher Bewilligung das schwarze Kleid substituirt werde. Das Eine oder Andere mußte geschehen, wenn nicht das wegen seiner notorischen Hinneigung zu Luther ohnehin schon anrüchige Kloster noch stärker gravirt werden sollte. Zur Erreichung seines Zweckes wendete sich der Abt vorerst in einem Bittgesuche an den Bischof Balthasar zu Malten, Coadjutor des Stifts Constanz, kaiserlichen Vicekanzler und Generalkommissär im heiligen Reiche. Nach Darlegung des Herganges bei Ablegung der Ordenstracht bittet der Abt, beim Kaiser, dem das Kloster Heilsbronn unmittelbar untergeben sei, die in Rede stehende Bewilligung zu erwirken. Der Vicekanzler Balthasar versprach d. d. Ulm, 18. Febr. 1529, seine Mitwirkung. Gleichzeitig verhandelte der Abt wegen der Ordenstracht mit Rom. Der von ihm dahin abgeordnete Emissär war wieder Sebastian Wagner, den wir vorhin als Stellvertreter des Abts beim Generalkapitel in Cisterz kennen gelernt haben und als 28. Abt näher kennen lernen werden. Wagner reiste über Venedig, dahin empfohlen vom Losunger und Rathsherrn Kaspar Nützel in Nürnberg durch einen an den Bürger Georg Uttinger in Venedig adressirten Empfehlungsbrief. Wagners Mission hatte den gewünschten Erfolg. Durch einen in der Kanzlei des Papsts [303] Clemens VII. ausgefertigten Erlaß d. d. Rome 14. Kal. Aug. 1529 wurde unserem Abt und seinen Mönchen gestattet, pro cucullis in choro ecclesiae lintea veste, quam presbyteri seculares gestant, superindui, extra chorum vero vestibus honestis ac bireto. Zugleich wurde in dem Erlaß dem Markgrafen Friedrich von Brandenburg, Probst zu Würzburg, und den Äbten zu Heidenheim und Ahausen aufgetragen, dem Kloster Heilsbronn gegen Räuber und Rebellen beizustehen. Gleichwohl gelang es unserem Abt nicht, die weiße Ordenstracht wieder einzuführen, da der Markgraf die Wiedereinführung nicht gestattete. Er hatte mit dem Tode Kasimir’s seine Stütze verloren und mit dem Regierungsantritt Georg’s einen erklärten Gegner gefunden.

Der Markgraf Georg hielt bald nach seinem Regierungsantritt einen Landtag in Ansbach zur Berathung über die großen Staatsschulden und über die Gewährung einer Landeshilfe. Letztere wurde auch von den versammelten Ständen bewilligt. Unser Abt bewilligte 2374 fl. 4 Ort und zahlte die erste Rate am zweiten Januar 1529 durch seinen Richter Hartung, welcher folgende Empfangsbescheinigung zurückbrachte: „Ich Hieronymus Hartung (Bruder des Richters), Rentmeister, bekenne, daß mir der ehrwürdige Herr Abt zu Hailsbronn an der Landeshilf, die gemeine Landschaft meinem gnädigen Herrn Markgrafen Georg in Annehmung seines Regiments laut des Abschieds auf dem Landtag Invocavit (1528) bewilligt hat, heute 1187 fl. 2 Ort daran durch Hansen Hartung, Richter, hat bezahlen lassen. Der sag ich sein Gnad (unserem Abt) von meiner gnädigen Herren (Georg und Albrecht) wegen quitt ledig. Zu Urkund mit meinem Petschaft gesiegelt.“

Der andere vom Markgrafen dem Landtag vorgelegte Berathungsgegenstand betraf die Reformation. Im Landtagsabschied erklärte der Markgraf: „Daß er die widerwärtigen Pfarrer keineswegs zu leiden gedenke, sondern daß er sie abstellen werde.“ Laut Landtagsbeschluß sollte in den beiden Fürstenthümern eine allgemeine Visitation der Kirchen gehalten werden. Man [304] trat deßhalb mit Nürnberg in Unterhandlung und kam am Tage nach Frohnleichnam 1528 mit den Nürnberger Abgeordneten in Schwabach zusammen. Nach Vorlage der die gemeinsame Lehre enthaltenden Artikel besprach man sich über das bei den Kirchenvisitationen einzuhaltende Verfahren. Wenn unser Abt vom Markgrafen Georg oder von seinen Rathgebern eingeladen wurde, sich bei dem schwabacher Konvent oder gar bei der Kirchenvisitation zu betheiligen, so lag darin ein bitterer Hohn, da jene des Abts antilutherische Gesinnung genau kannten. Das Visitationswerk wurde sofort in Angriff genommen, und zwar nicht nur in den markgräflichen Pfarreien, sondern auch in den heilsbronnischen, wo das Patronat unserem Abt und nicht dem Markgrafen zustand. In Folge der Kirchenvisitation wurde der heilsbronnische Pfarrer Kaspar Bernbeck in Bürglein, welcher sich weigerte, die markgräfliche Kirchenordnung anzunehmen, abgesetzt und an seine Stelle Jodokus Stoll aus Windsheim gesetzt. Näheres über die Prozedur mit Bernbeck siehe Bd. II bei Bürglein.

Daß Wenk bei diesem Verfahren in den Klosterpfarreien kein müssiger Zuschauer, sondern daß er bemüht war, in seinem konservativen Sinne auf seine Klosterpfarrer einzuwirken, zeigte er bei Ammerndorf. Er hatte im Oktober 1526 die dortige Pfarrstelle nach dem Tode des Pfarrers Berthold Wagner dem würzburger Domvikar Johann Kopp verliehen und diesem gestattet, sein Domvikariat beizubehalten, in Würzburg zu wohnen und sich in Ammerndorf durch einen Andern vertreten zu lassen, – ein damals üblicher Mißbrauch. Kopp’s Vertreter in Ammerndorf war der heilsbronner Mönch Joh. Hegwein, welcher aber wegen des eingetretenen Mangels an Mönchen in das Kloster zurückberufen werden mußte. Unser Abt schrieb daher unterm 25. März 1527 an Kopp in Würzburg: „Nun besorgen wir, unsere Sache werde sich auf Befehl unseres gnädigen Herrn (Kasimir) ändern, so daß wir des Joh. Hegwein in unserem Kloster selbst bedürfen. Ihr wollet daher eure Pfarrei Ammerndorf entweder selbst beziehen, oder bis Ostern mit einem andern redlichen, [305] christlichen und keinem lutherischen Priester versehen lassen.“ Als aber Kopp sich nicht sofort schlüssig machte, der Markgraf Kasimir bald darauf starb und sein Nachfolger Georg in der eben berichteten Weise zu reformiren begann, da mahnte der Abt den Joh. Kopp, seine Pfarrei Ammerndorf eiligst zu beziehen, „weil Markgraf Georg anfange, stark zu reformiren.“

In welcher Weise man gleich nach Georg’s Regierungsantritt in den heilsbronnischen Pfarreien reformirte, ist eben berichtet worden. Zugleich richtete man in Onolzbach das Auge auf Alles, was im Kloster selbst nicht im reformatorischen Sinne geschah und unterließ nicht, zu kontroliren, zu rügen und zu befehlen, z. B. bei Gelegenheit der im Jahr 1528 abgehaltenen Frohnleichnamsfeier. Sie fand statt am Tage vor der vorhin besprochenen Zusammenkunft in Schwabach und veranlaßte folgende Depesche an das Kloster:[14] „Von Gottes Gnaden Georg etc. Andächtige, Liebe, Getreue. Wir sind glaublich berichtet, daß ihr am Donnerstag nächst verschienen das vermeinte Fest Corporis Christi mit einem Umgang und Umtragen des Sakraments, wie man es nennt, nach altem Gebrauch der römischen Kirche begangen habt, auch sonst noch in eurer Kirche alle in heiliger Schrift ungegründete und zum Theil gottlose Ceremonien haltet, darob sich nicht allein unseres Oheims und Bruders, des christlichen Kurfürsten zu Sachsen Räthe, als wir jüngst zu Heilsbronn gewesen sind, sondern auch andere gutherzige christliche Menschen schwerlich ärgern. Das hätten wir uns zu euch weniger denn zu Anderen versehen. Sonderlich dieweil ihr, der Prior (Schopper), selbst wisset und bekennt, daß solches Alles Gottes Worts Befehl und Christi unseres einigen Heilands Institution, auch unserer christlichen Ordnung, Visitation und Bescheid zum Höchsten entgegen und darum nicht allein als eine menschliche Satzung, ein vergeblicher Gottesdienst, sondern auch ein Greuel vor Gott ist. Wir halten auch dafür, daß solches ohne eures Abts Befehl, Wissen und Willen geschehen. Wir [306] begehren hiermit ernstlich, daß ihr uns in acht Tagen Grund und Ursach aus heiliger unwidersprechlicher Schrift, so ihr möget, anzeigen wollt, warum ihr wider unsere christliche Ordnung und Bescheid handelt, und daß ihr in eurem Anzeigen allen Menschentand dahinten lasset, uns mit weiterem Bescheid danach zu richten.“ Die Adressaten erkannten in diesem Erlaß nicht die Feder Georgs, sondern seiner ihn beherrschenden leidenschaftlichen Umgebung. Auch wußten sie, daß der Markgraf zur Zeit gar nicht anwesend war. Prior und Konvent schrieben daher an Statthalter und Räthe, daß sie sich gegen den Markgrafen, wann er anheim komme, mündlich verantworten wollten. Der Prior Schopper, gegen welchen der Erlaß vorzugsweise gerichtet war, obgleich aus Überzeugung ein eifriger Verfechter der Lehre Luthers im Allgemeinen, sprach sich in seinem oben mitgetheilten Gutachten über die 23 Artikel unter Nr. 6 dahin aus, daß die Frohnleichnamsfeier nicht unbedingt zu verwerfen sei.

Aus den vorstehenden Mittheilungen geht hervor, daß unser Abt in seiner näheren und nächsten Umgebung nun fast Alles gegen sich hatte: den lutherisch gesinnten Markgrafen Georg, dessen Rathgeber und seine eigenen, gleichfalls lutherisch gesinnten Klösterlinge, namentlich seinen Prior Schopper. In Folge der Reformation hatte er vom Papst keine Hilfe mehr zu erwarten. Auch nicht vom Kaiser, dem Schirmvogt seines Klosters. Wir haben gesehen, wie das Kloster von seiner Gründung an von allen Kaisern kräftig beschützt wurde. Allein in Folge der Reformation war der Kaiser nicht mehr im Stande, das Kloster zu schirmen. Der Kaiser Karl V. hatte zwar, wie oben berichtet wurde, auf Ansuchen unseres Abts die Klosterprivilegien i. J. 1521 zu Worms bestätigt; aber der nunmehrigen Bitte um Schutz konnte er nicht entsprechen. In dieser hilflosen Lage blieb dem Abt bei seiner konsequent antilutherischen Gesinnung nichts übrig, als der Gewalt zu weichen und aus dem Wege zu gehen. Sein Entschluß, den Krummstab niederzulegen, war schon im ersten Regierungsjahre des Markgrafen Georg gereift. Unt. 2. Jan. 1529 lud er durch den vorhin genannten Klosterbruder Hegwein [307] und durch Hartung den Abt von Ebrach als Visitator und den Abt von Langheim als Assistenten auf den 5. Februar zur Wahl eines andern Abts ein. Zugleich erbat er sich einen markgräflichen Geleitsbrief, welcher lautete, wie folgt: „Wir thun kund, daß wir Herrn Abt Johannsen von Ebrach frei und sicher Geleit zusagen zur Wahl eines andern Abts in Heilsbronn.“ Der Markgraf war eben abwesend. Gewöhnlich wurde seine Abwesenheit von seinen leidenschaftlichen Räthen, besonders vom Kanzler Vogler, zu einem Angriff gegen den Abt und sein Kloster benützt. Dießmal begehrten die Räthe Kundgabe des Tages der Abtswahl, „um altem Herkommen gemäß einen markgräflichen Kommissär dazu verordnen zu können.“ Wenk wies den Einmischungsversuch zurück. Er zeigte zwar den Tag der Wahl an, verbat sich aber jede weitere Einmischung und erklärte: „man habe ehedem nach dem Tode eines Abts in Onolzbach um Schutz gebeten, darauf seien von dorther, aus Furcht vor Curtisanen, Etliche von der gnädigen Herrschaft nach Heilsbronn abgeordnet und das Kloster bis zur Wahl eines andern Abts geschützt worden. Das sei aber gegenwärtig nicht nöthig, da der Abt nicht gestorben sei, sondern bloß resignire. Auch habe der Markgraf schriftlich erklärt, daß der neue Abt nach altem Brauch frei gewählt werden soll. Wir haben zwar gegen die Abordnung eines Kommissärs aus Eurer Mitte nichts einzuwenden, wollen aber, daß dieser uns nicht gegen unsere Ordensregel und gegen altes Herkommen in unserer freien Wahl beschränke. Solches vertrösten wir uns zu Euch.“ Am Tage dieser Ausfertigung traf der Abt von Langheim in Heilsbronn ein. Drei Tage darauf sollte die Wahl stattfinden. Allein es lief die Nachricht ein, daß der Abt von Ebrach wegen Krankheit nicht erscheinen könne. Die Wahl konnte daher erst am 6. September stattfinden, nachdem der Abt von Ebrach genesen und der Markgraf Georg von Speier zurückgekehrt war, wo er auf dem Reichstage mit den übrigen evangelischen Ständen am 19. April gegen den kaiserlichen Bescheid protestirt hatte, weßhalb man ihn und seine Gesinnungsgenossen „Protestanten“ nannte. In Betreff der Wahl [308] schrieb Wenk an seine Widersacher, den Markgrafen und dessen Kanzler, recht friedlich, wie folgt: „Euer fürstlich Gnaden kennen meinen Vorsatz, zu resigniren. Die erste Wahl wurde durch Krankheit des Abts von Ebrach vereitelt. Ich habe nun einen zweiten Termin bestimmt, die Äbte von Ebrach und Langheim nebst andern Herren und Freunden dazu eingeladen, bin aber mit keinem Wildpret versehen; bitte daher bis nächsten Samstag oder Sonntag um einen Hirsch.“ An seinen Dränger, den Kanzler Vogler, schrieb er: „Edler, vester, besonders guter Freund. In nächster Woche ist wegen meiner Resignation die Abtswahl. Dazu habe ich den Herrn Markgrafen um einen Hirsch gebeten und bitte nun, mir dazu zu verhelfen, damit wir gegen unsere Gäste desto ehrlicher bestehen mögen.“

Vor dem Beginn des Wahlakts eröffnete unser Abt dem Abt von Ebrach seinen Entschluß, zu resigniren, unter Darlegung seiner Beweggründe und unter Berufung auf sein Gewissen, welches ihm die Niederlegung seines Amtes zur Pflicht mache. Jede Gegenvorstellung wies er zurück; sein Entschluß war unabänderlich. Darauf versammelten sich im Kapitol die Betheiligten: unser Abt, seine sämmtlichen Konventualen, ein Notarius publicus (Hartung) und die die Wahl leitenden Aebte von Ebrach und Langheim mit ihren Kaplänen. Nachdem man Gott um seinen Beistand angerufen hatte, verlas der Notarius zwei Schriftstücke zum Nachweis, daß von Rom und Cisterz aus dem Abt zu resigniren gestattet war. Dann bat der Abt um seine Entlassung und zugleich um eine angemessene Pension. Beides wurde ihm von allen Anwesenden gewährt. Hierauf folgte Gebet, biblische Lektion, Verlesen einiger Kapitel aus der Ordensregel und aus den Bestimmungen des basler Konzils, worauf der Dirigent einen dreifachen Wahlmodus vorschlug. Prior, Subprior und Bursarius entschieden für die Wahl durch Stimmzettel und erhielten dann den Auftrag, 15 tüchtige (idoneos atque discretos) Wahlmänner zu wählen. Da außer diesen 15 auch die genannten Drei und der abtretende Abt Wahlmänner waren, so waren der Wähler 19, nämlich: der resignirende Abt, der Prior Schopper, [309] der Subprior Glaz, der Bursarius Frolich, die Mönche Forchtenberger, Kapp, Hegwein, Mendlein, Puckel, Seyler, Gerung, Vischer, Castner sen., Castner jun., Feigenputz, Wiedenmann, Wirsing (der 30. Abt), Sprenz und Greulich (der 29. Abt). Sodann wurden die übrigen Mönche nach kanonischer Vorschrift dreimal, und zum Überfluß noch zum vierten Mal aufgefordert, anzugeben, ob sie gegen die 19 Wähler etwas einzuwenden hätten. Nachdem von keiner Seite eine Erinnerung erfolgt war, zog man aus dem Kapitol in die Kirche. Der Abt von Ebrach celebrirte die Messe de spiritu sancto; die Wähler empfingen das h. Abendmahl, sangen kniend das Veni creator und begaben sich dann mit den beiden Kommissären und deren Kaplänen in die Sakristei, wo jeder Wähler seine Stimme in der vom basler Konzil vorgeschriebenen Form abgab, nachdem er zuvor, die h. Evangelien berührend, geschworen hatte. Die Wahl fiel auf den Prior Schopper, „Baccalaureus der Theologie, verständig, gelehrt, sittlich, im gesetzlichen Alter, ehelich geboren, umsichtig in geistlichen und weltlichen Dingen.“ Seine Erwählung wurde von den Wahlmännern einstimmig gutgeheißen, von den Kommissären als kanonisch und wie von Oben eingegeben anerkannt und bestätigt. Der Neugewählte sprach demüthig seine Unwürdigkeit aus, unterwarf sich jedoch endlich dem göttlichen Willen und nahm auf Zureden die Wahl an. Alle stimmten ein Te Deum laudamus an und führten den Neuerwählten in die Kirche, wo dieser den Hochaltar küßte und installirt wurde. In das Kapitolium zurückgeleitet, leistete er den Eid de non alienandis neque de novo feodandis aut impignorandis (nichts zu veräußern, noch zu verleihen, noch zu verpfänden). Die sämmtlichen Professen gelobten ihm Gehorsam. Darauf geleitete man ihn in die Abtswohnung und legte ihm die Leitung des ganzen Klosters an das Herz. Schließlich fertigte der Notar über den ganzen Akt ein Instrument, welchem die Siegel des Konvents Heilsbronn und der Äbte von Ebrach und Langheim angehängt wurden.

Zwei Tage nach diesem Akt wurde unter Vermittlung des Abts von Ebrach der jährliche Ruhegehalt für den quieszirten [310] Abt auf 300 fl. baar, 3 Fuder Randersackerer Wein etc. festgesetzt und zugleich bestimmt, daß sein Nachlaß dem Kloster zufallen sollte. Als Ruhesitz wurde ihm der heilsbronner Hof in Onolzbach angewiesen, und schon in den ersten Tagen nach seiner Resignation siedelte er dahin über. Dort finden wir ihn zur Zeit der Konfessionsübergabe in Augsburg i. J. 1530 und fortwährend bereit und bemüht, dem Kloster Heilsbronn zu dienen. Am 25. Juni erhielt er vom Kloster eine Vollmacht zu Verhandlungen mit dem Markgrafen. Ein Verhandlungsgegenstand war ein Bezug, welcher dem Kloster als Pfarrpatron von Kelheim zustand, aber wegen der lutherischen Richtung des Klosters verweigert wurde. Das Kloster bat den Markgrafen Georg, beim Herzog Ludwig von Bayern die Zahlung der Rückstände zu erwirken. Ein zweiter Verhandlungsgegenstand war die vom Markgrafen Georg anbefohlene Einlieferung von Kirchenkleinodien. Wie der Markgraf Kasimir über die Kirchenkleinodien des Klosters disponirte, ist bereits berichtet worden. Nun kamen auch die Klosterpfarreien an die Reihe. Unser Abt wohnte bereits in Ansbach, als sein Amtsnachfolger Schopper Befehl erhielt, auch von den Klosterpfarreien die Kirchenkleinodien einliefern zu lassen und daher unterm 8. Januar 1530 verfügte wie folgt: „Allgemeines Ausschreiben an die vom Kloster belehnten Pfarrherren, der Kelche und anderer Kleinodien halben. Auf Befehl unseres gnädigen Landesherrn ist unser Begehren, ihr wollet euch mit einem eurer Heiligenpfleger mit den Kelchen und andern silbernen Kirchenkleinodien, die hievor bei eurer Kirche verzeichnet und abgewogen wurden, künftigen Montag hieher verfügen, um zu vernehmen, was nach Seiner Fürstlichen Gnaden Befehl euch von solchen wieder zugestellt, und was E. F. G. überschickt werden soll.“ Daß den Markgrafen Kasimir und Georg ein gut Theil der Kirchenkleinodien überschickt wurde, erhellt aus einem lateinischen Briefe unseres quieszirten Abts vom 4. April, worin er an den Abt Johann zu Ebrach (er nennt ihn seinen praeceptor) schrieb: „Bekanntlich ist in Heilsbronn ein solcher Mangel an Kelchen eingetreten, daß ich nothgedrungen mir einen [311] eigenen Kelch anschaffen mußte. Damit ich diesen beim Gottesdienst gebrauchen kann, so übersende ich ihn hierbei mit der Bitte, ihn zu weihen und durch den Überbringer an mich zurückzusenden.“

Der ostensible Grund, warum man unserem Abt gerade Ansbach als Ruhesitz anwies, war: „weil der Markgraf auch ferner seines Rathes bedürfe.“ Allein aus den deßfallsigen Verhandlungen ergibt sich, daß der eigentliche Grund folgender war: Man wollte den der Reformation abgeneigten Mann in der Nähe behalten, um ihn zu überwachen. Als der einflußreichste Mann und als erster Prälat im Lande war er in manche Verhältnisse des Markgrafen eingeweiht, welche möglichst geheim gehalten werden sollten. Allerdings wurde Wenk während seiner Quiescenz in Ansbach oft vom Markgrafen Georg und noch öfter in dessen Abwesenheit von den markgräflichen Statthaltern und Räthen in Anspruch genommen, aber meist in einer Weise, die ein der Reformation abgeneigtes Gemüth peinlich berühren mußte. Um aus dieser peinlichen Lage zu kommen, bat der Abt wiederholt, anderwärts wohnen zu dürfen; aber vergebens. Er befand sich in einer Art von Staatsgefangenschaft. Um aus dieser zu kommen, verließ er Ansbach ohne vorherige An- und Umfrage zu einer Zeit, da sich der Markgraf in Schlesien aufhielt, und siedelte erst nach Heilsbronn, bald darauf aber nach Nürnberg über, wo ihm sein Nachfolger Schopper und der Konvent die Verwaltung des heilsbronner Hofes und die Fürsorge für die kranken Mönche übertrug. Statthalter und Räthe berichteten den Hergang nach Jägerndorf, worauf der Abt aufgefordert wurde, sich wegen seiner Übersiedlung zu verantworten. In seiner an den Markgrafen in Jägerndorf gerichteten Verantwortung schrieb Wenk am 20. Januar 1532 aus Nürnberg: „Ich weiß, daß E. F. G. und Markgraf Kasimir mir von der Last der Abtei geholfen und vergönnt haben, den Chorhof zu Onolzbach anzunehmen und zu bauen, und E. F. G. verließen sich darauf, daß ich dort bleiben und der Herrschaft ferner dienen würde. Wiederholt habe ich schon E. F. G. gebeten, mich nach Heilsbronn oder Nürnberg [312] ziehen zu lassen, woraus E. F. G. geschlossen haben: ich wünsche aus E. F. G. Gebiet zu kommen und mich der Herrschaft ganz zu entziehen. Dem ist aber nicht also. Die Gründe meines Wegziehens sind: Ich bin schwach an Leib, Gehör und Gedächtniß, habe noch andere Gebrechen (Steinbeschwerden), bin außer Stand, E. F. G. rathschlagen zu helfen, wozu ich so vielfach veranlaßt werde, was mir aber mehr Verdruß bereitet und mehr Mühe macht, als alle sonstigen Klostergeschäfte. Ich bezog daher ein in Heilsbronn für mich zugerichtetes Gemach, doch nicht auf lange Zeit. Denn es erledigte sich durch den Abzug des Hofverwalters in Nürnberg dessen Stelle, welche ich mir vom Abt und Konvent erbeten habe. Es ist dort des Klosters Spital, wo ich nun die kranken Konventualen pflege und Ruhe habe nebst Arzt und Apotheke. Was ich von der Herrschaft Geheimnissen weiß, werde ich verschweigen bis ins Grab.“ Der Markgraf, oder vielmehr seine leidenschaftliche Umgebung, ließ sich durch diese bescheidene, leidenschaftslose Darlegung nicht beschwichtigen. Denn sofort erschien in Nürnberg der markgräfliche Kammersekretär Anton Grober, beauftragt, dem Abt Folgendes zu eröffnen: Vorerst die Fragstellung: „Warum er sich, ohne von seiner Rathspflicht entbunden zu sein, von Onolzbach entfernt habe?“ Dann die weitere Insinuation: „Der Markgraf werde ihm, wenn er sich nicht mehr zu E. F. G. Geschäften gebrauchen ließe, seine Pension durch den nunmehrigen Abt Schopper vorenthalten lassen. Auch fordere der Markgraf gründliche Angabe der wahren Beweggründe seiner Entfernung aus Onolzbach.“ Dem Markgrafen war entfallen, daß er schon früherhin brieflich den Abt von seiner Rathspflicht entbunden hatte. Der Abt sandte ihm daher Abschrift von dem treffenden Briefe und sprach sich in seinem Begleitschreiben abermals bescheiden und leidenschaftslos dahin aus: „Er sei auf Grund jenes Briefes von Onolzbach weggezogen. Der Markgraf möge seinen Abgönnern nicht glauben, als habe er diesen Schritt gethan, dem Markgrafen und der Herrschaft zuwider, was ihm nie in den Sinn gekommen sei. Er werde als ein guter markgräflicher unterthäniger heilsbronner Konventual [313] ersterben und sei bereit, bei Mangel anderer Rechnungsräthe die Rechnungen zu verrichten, wenn ihn nicht Krankheit daran hindere. Die Beweggründe zu seiner Übersiedlung habe er bereits vollständig in seinem früheren Briefe angegeben. Schließlich bitte er um den Fortgenuß seiner Pension und um fernere Belassung in Nürnberg.“ Nach dieser Darlegung ruhte die Sache zwei Jahre lang, aber nicht für immer. Denn 1534 in der Woche vor Pfingsten erhielt der Abt Schopper den Befehl, dem Abt Wenk nichts mehr nach Nürnberg abzureichen und ihn zur Rückkehr nach Heilsbronn aufzufordern. Der Befehl war zwar im Namen des Markgrafen ausgefertigt, aber nicht von diesem, sondern von seinen Räthen ausgegangen, denn der Markgraf hielt sich damals wieder in Jägerndorf auf. Schopper kommunizirte den Befehl unserem Abt, welcher an den Markgrafen schrieb: „Es hat mir Herr Abt (Schopper) einen Brief mitgetheilt, welcher ihm von E. F. G. überschickt worden ist. Darin ist angezeigt, daß ich in das Kloster zurückgefordert werde und daß mir meine Kompetenz nicht nach Nürnberg verabreicht werden soll. Das habe ich mit Entsetzen und Verwunderung empfangen. E. F. G. haben bei Handen meine Angabe der Ursach meines Weggehens. Ich zog weg nach Heilsbronn mit Bewilligung E. F. G. und bald darauf von Heilsbronn nach Nürnberg mit Bewilligung des ganzen Konvents, welcher mir altem schwachen Mann den Klosterhof einräumte, den sie ohne mich mit einer andern Ordensperson als Verwalter hätten besetzen müssen. Ich gedenke hier, wie auch andern alten Ordensbrüdern vergönnt wurde, mein Leben in Ruhe zu beschließen, werde, wie ich E. F. G. zugesagt, alle der Herrschaft Geheim, so viel mir derselben wissend, bis in meinen Tod verschweigen, so oft es verlangt wird, der Rechnung wegen erscheinen und, so viel mir noch möglich ist, E. F. G. dienen zu der Herrschaft Nutz und Frommen. Ich bitte, mir nicht ungnädig zu sein, eingedenk meiner treuen Dienste gegen E. F. G. und gegen das Kloster durch Singen, Lesen, Sorgen und Angst von Jugend an bis in mein Alter, wofür ich die mir bewilligte Kompetenz wohl verdient habe. Und wiewohl ich mich zu E. F. G. [314] getröste und daran nicht zweifele, bitte ich dennoch aufs Demüthigste dieselben um gnädige Antwort.“ Weder der Markgraf noch seine Räthe gaben hierauf eine Antwort. Sie konnten auch nicht wohl antworten, ohne sich aufs Neue eine Blöße zu geben. Sie verirten den antilutherischen Abt Wenk; aber nicht minder, wie nachher gezeigt werden wird, den nachfolgenden lutherisch gesinnten Abt Schopper. Wenk wurde zu Rede gesetzt, weil er nach katholischem Brauche eine Frohnleichnamsprozession hielt; Schopper, weil er nach lutherischem Brauche Prediger des göttlichen Wortes anstellte. Man denkt hierbei unwillkürlich an die Fabel von Wolf und Lamm.

Wenk blieb im Genuß seiner Pension und fortwährend in Nürnberg, wo er auch starb. Sein Leichnam wurde nach Heilsbronn gebracht und im Querschiff der Kirche, nahe beim Eingang in die Heideckerkapelle begraben. Sein Grab deckte ein Leichenstein mit einer nicht mehr vorhandenen Messingtafel, darauf die Inschrift: A. D. 1538 die 18. Septembris obiit venerabilis pater Johannes Wenck, quondam abbas 26 heilsbrunnensis, cujus anima requiescat in pace. Der von ihm gestiftete Jahrtag ist beim 10. Sept. im Vigilienbuche mit den Worten eingetragen: Annivers. dni. et reverendi patris Johannis abbatis 26 et omnium regularium personarum hujus monasterii defunctarum. Celebrentur vigiliae defunctarum solemniter cum accensis candelis in presbiterio et ad sepulcrum. Omnes celebrare tenentur. Missam cantabit dns. abbas. Subcellarius dat pisces, offam conditam, pa. vi. mel et libetum.

Eingangs der vorstehenden Biographie wurde ein Notizbuch besprochen, welches unser Abt bei seinem Regierungsantritt anlegte, um in demselben seine Handlungen und Verhandlungen im Interesse seines Mönchsstaates und zum Schmuck seines Klostersitzes zu registriren, „damit die Nachwelt wisse, was durch ihn und während seiner Regierungszeit geschehen sei.“ Beim Schreiben dieser Worte hatte er keine Ahnung von den Ereignissen, welche so bald all seine Plane vereitelten. Noch im J. 1520 scheint er eine Störung seiner Pläne nicht geahnet zu haben. [315] Denn in diesem Jahre ließ er zu seines Namens Gedächtniß eine Münze prägen, sein Brustbild darstellend mit der Rundschrift: Johannes Wenck, abbas fontis salutis 26, aet. ann. 41. Die Münze ist abgebildet und beschrieben in den „Brandenburgischen historischen Münzbelustigungen, 13te Woche, Montag, 29. Juli 1771.“

In dem Jahrbuche von 1529, welches die mitgetheilten Verhandlungen über die Resignation des Abts enthält, findet sich ein Aktenstück ganz andern, und zwar folgenden abenteuerlichen Inhalts: „Antonius Kayßer, Priester und Frühmesser zu Dunzdorff bei Schwäbisch-Gmünd, saß dort eines Tages bei einigen seiner Freunde, um fröhlich miteinander zu essen und zu trinken. Da brachte Jeder zur Ergötzlichkeit einen guten Trinkschwank von allerlei Sachen, auch vom Gewitter vor, worauf Kayßer vorbrachte: Er habe gehört, daß nahe bei Heilsbronn ein Dorf liege, da habe es auf eine Zeit Grundeln geregnet. Der Erzähler wurde verspottet und ihm vorgeworfen: er habe diese lächerliche Geschichte selbst erdacht. Er kam daher nach Heilsbronn und bat den Abt um glaublich Urkund dieß Geschichts. Der Abt gewährte ihm die Bitte und bezeugte: Weil der allmächtige Gott in allen seinen natürlichen Wirkungen wunderlich, soll sich dieß Geschichts Niemand befremden. Denn solches zu Ketteldorf, nahe bei unserem Gottshaus Hailsbronn gelegen, zu unsern Zeiten geschehen, daß in einem jähen Platzregen Sommerszeit eine treffliche Anzahl obgemeldter Fische aus einer Wolke geregnet, daß die Inwohner des Orts, welche noch bei Leben zum Theil, dieselbigen in Gelten und Scheffer gelesen und verbraucht und zum Theil uns dieselben zu kaufen gegeben, die wir ihnen selbst mit eigenen Händen bezahlt und in unsere Weiher und Fischgruben eingeschütt haben. Hierum ist unser fleißig und freundlich Bitten an Alle, weß Würden und Standes die seien, denen solcher Brief fürgetragen wird, ihr wollet gedachtem Herrn Kayßer seiner gemeldten Aussag Glauben geben. Zu Urkund haben wir unser Secret unter diesen Brief thun drucken, der geben ist am Samstag nach Misericordia Domini 1529.“ Weder der Richter Hartung [316] welcher dieses Aktenstück im Jahrbuch registrirte, noch eine spätere Hand schrieb dieser Mystifikation eine Bemerkung bei.

In der vorstehenden Biographie ist gezeigt worden, daß unser Abt während seiner ersten Regierungsjahre seinen Mönchsstaat noch im Vollbesitz des im Laufe von vier Jahrhunderten Erworbenen sah, daß aber sein Mönchsstaat in Folge der Reformation große Verluste erlitt in Nördlingen und an andern Orten, besonders aber durch die Markgrafen. Daraus ergab sich Minderung der Einnahmen, Mehrung der Ausgaben und endlich die Nothwendigkeit, einige Liegenschaften und Gefälle zu verkaufen, namentlich in Nürnberg, worüber im VII. Abschn. bei Nürnberg Näheres berichtet werden wird. Bei diesen Verkäufen handelte unser Abt lediglich im Einverständniß mit seinem Konvent, ohne in Ebrach und Cisterz um Genehmigung nachzusuchen. Die folgenden Äbte hatten einzig und allein mit den Markgrafen, ihren nunmehrigen Oberherren, zu verhandeln und deren Genehmigung einzuholen, wenn sie sich zu Verkäufen veranlaßt oder gezwungen sahen.


  1. Vgl. Stillfried S. 45.
  2. Über seine Elektion und Benediktion wird im IV. Abschn. ausführlich berichtet werden.
  3. Vgl. Stillfried S. 86.
  4. Vgl. Stillfried S. 13.
  5. Vgl. Stillfried S. 71.
  6. Neuerlich wurden diese Bilder auf die Rückseite versetzt, so daß die Außenseite jetzt bilderlos ist. Vgl. Stillfried S. 71.
  7. Vgl. Stillfried S. 145.
  8. Grundriß Nr. 99.
  9. Vgl. Stillfried S. 212.
  10. Vgl. Stillfried S. 25.
  11. Vgl. Stillfried S. 25.
  12. Vgl. Stillfried S. 26.
  13. Vgl. Stillfried S. 27.
  14. Vgl. Stillfried S. 27.


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Der 27. Abt Johannes Schopper »
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