Geschichte von Kloster Heilsbronn/Der 21. Abt Arnold Waibler

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Der 21. Abt Arnold Waibler[1] (1413–33)

regierte 20 Jahre lang. Er war von bürgerlicher oder bäuerlicher Herkunft. Sein Familienname kommt in den heilsbronner Aufschreibungen aus jener Zeit oft vor. Ein Heinrich Waibler war 1299 Bürgermeister in Würzburg. Über eine von diesem und dem ganzen Stadtrathe zu Gunsten Heilsbronns ausgestell[t]e Urkunde siehe unten Bd. II bei Würzburg. Der Inhalt eines heilsbronner Kaufbriefes ist: emtio 62 jugerum campestrium in der Aw (bei Randersacker) a Conrado Waibler. Im Vigilienbuche lautet beim 10. März der Eintrag eines Jahrtages: de Kunegundae Waiblerin de Ypphouen. Ohne Zweifel dieselbe Person, von welcher es in einer Urkunde von 1341 heißt: „Ein Geschäft (Vermächtniß) von Jungfrau Kunigund Waiblerin zu Iphofen, welche dem Kloster zu Heilsbronn ihr Haus und Weingarten daselbst nach ihrem Tode verschafft.“ Späterhin erscheint als Beständner dieses Weingartens ein Hans Waibler. Ein Brief von 1347 lautet: „Ich Götz Weybeler, Bürger zu Würzburg, gebe dem Abt und Convent zu Halsprunn um meiner und meiner Wirthin seligen und unserer Altvordern Sünden willen meine 5 Mgn. Weinwachs in der Goldgrube bei Rödelsee und 2 Mgn. am Grunoltsberg bei Iphofen. Zeugen: Bruder Conrad Waibeler, graues Ordens zu Halsprunn; Herr Ul. Waibeler, Engel Waibeler, Bürger zu Würzburg.“ In einem Kaufbriefe von 1349 heißt es: „Etliche Häuser und Weingärten zu Iphofen von Peter Waibler dem Kloster verkauft.“ Der ebengenannte Mönch Konrad Waibler war 1349 Probst in Bonhof. Für einen Bruder unseres Abts wurde am 15. September in Heilsbronn ein Jahrtag gefeiert, laut Eintrag im Vigilienbuche: De Ecken Weybler de Herbipoli de curia Wilmütt (?) 4 florenos, qui fuit frater domini Arnoldi abbatis 21. Augenfällig waren die genannten Waibler und Waiblerinnen Blutsverwandte unseres Abts und insgesammt nicht von Adel, sondern bürgerliche oder bäuerliche Leute in und um Würzburg, besonders [153] in Iphofen. Wahrscheinlich ist unser Abt in Iphofen geboren. Es kann nicht angegeben werden, wann er nach Heilsbronn kam, auch nicht, ob er seine höhere Ausbildung in Prag, Wien oder Heidelberg erhielt, oder noch in Paris; denn auch nach Errichtung der drei genannten deutschen Universitäten blieb Heilsbronn in Verbindung mit Paris. Im Jahre 1414 erhielt ein abgebranntes Kloster in Paris vom Kloster Heilsbronn einen Ornat zum Geschenk. Vor seiner Erwählung bekleidete unser Abt verschiedene Klosterämter; er fungirte z. B. als Probst von Bonhof, als Verwalter der heilsbronnischen Besitzungen in der Maingegend und als Bursarius.

Daß während seiner zwanzigjährigen Regierung stets ein reges Leben in Heilsbronn herrschte, zeigen die Mittheilungen in den Beiträgen Seite 87 bis 94. Die Eröffnung der Kirchenversammlung zu Konstanz am 5. Nov. 1414 fiel in sein zweites Regierungsjahr. Der Eröffnung des Konzils wohnte er nicht bei, vermuthlich weil er gerade damals einflußreiche Gäste daheim zu bewirthen hatte. Seine Gäste zwischen dem 29. Sept. 1414 und 22. Febr. 1415 werden in dieser Reihenfolge genannt: Der Burggraf Johann III., im Begriff, nach Konstanz zu reisen; die Kurfürstin Elisabeth (die schöne Else) mit Stallmeister und Köchen; die Kaiserin cum joculatoribus, und endlich der Kaiser Sigismund. Der Kurfürst Friedrich I. (damals aber noch nicht Kurfürst) wird unter den Gästen nicht genannt, vermuthlich weil er bereits in Konstanz war. Auch der Pfalzgraf Ludwig scheint bereits dort gewesen zu sein, da er zwar vor dem 29. September 1414, aber dann Monate lang nicht mehr unter den heilsbronner Gästen genannt wird. Wie er das Todesurtheil über Huß aussprach, ist in den Beiträgen berichtet worden. Zwischen dem 22. Febr. und 1. Mai 1415 reiste auch unser Abt nach Konstanz, kehrte aber bald wieder zurück; seine Ausgaben für Konstanz betrugen daher nur 62 fl. Am 6. Juli, an welchem Tage Huß verbrannt wurde, scheint er nicht mehr dort gewesen zu sein.

Die heilsbronner Äbte gehörten nicht zu den sogenannten [154] gefürsteten Äbten, welche bei den Kirchenversammlungen stimmberechtigt waren und zu diesen berufen werden mußten. Unser Abt reiste dahin lediglich im Interesse seines Klosters, besonders um Prozesse zu betreiben, namentlich einen schon seit Jahren geführten Prozeß gegen Kelheim. Siehe Bd. II bei Kelheim. Zwar hatte der Papst Gregor XI. schon im J. 1373 gegen Kelheim entschieden, allein dieses leistete keine Folge; unser Abt suchte daher Hilfe in Konstanz, und das Konzil entschied im Sinne Gregors zu Gunsten Heilsbronns, welches aber für die geleistete Hilfe manches Geldopfer bringen mußte. Noch im Jahre 1417 zahlte die Klosterkasse 115 Gulden oder 618 Talente Taxen an die apostolische Kammer in Konstanz. Der Sachwalter, welcher nach der Abreise unseres Abts von Konstanz zur Führung der Prozesse dort zurück blieb, war Friedrich Gleiser, ein sachkundiger heilsbronner Mönch, welcher wiederholt mit diplomatischen Missionen betraut wurde. Seine Ausgaben in Konstanz beliefen sich auf 235 Goldgulden. Auf einen Goldgulden gingen damals 5 Talente weniger 5 Pfennige. Gleiser starb im Jahre 1433. Sein Nachlaß bestand in 50 Gulden, welche, den Statuten gemäß, in die Privatkasse des Abts flossen. Gegen den Schluß der Kirchenversammlung wurde ein anderer Mönch nach Konstanz gesendet, Ulrich Kötzler, nachmals Abt. Über ihn und seine Reisen zu der Kirchenversammlung in Basel Mehreres hernach. Zur Reise nach Konstanz stellte das Kloster den Burggrafen ein Kontingent von Wägen, und während des Konzils bestritt es die Ausgaben für zwei Wagenladungen, durch welche dem Kurfürsten Friedrich I. Roggen und Waizen nach Konstanz geliefert wurden.

Die Kirchenversammlung zu Konstanz gab das Signal zu dem langen und blutigen Hussitenkriege. Das Kloster erlitt in demselben keine Zerstörung, geschützt besonders durch den nunmehrigen Kurfürsten Friedrich I., welcher von 1419 an in den Mönchsrechnungen nicht mehr wie vormals Burggravius, sondern Marchio, und seine Gemahlin (conthoralis sua) Else nicht mehr Burggravia, sondern Marggravia oder Marchionissa genannt [155] wird. In Folge dieses Krieges (Hussenrais) hatte das Kloster fortwährend Ausgaben durch Lieferungen von Geld, Naturalien, Fuhren und Waffen, namentlich für „Pulver, Bumbarden und Haken“ (Hakenbüchsen). Ausgaben für Pulver und Feuergewehre zum Kriegsgebrauche kommen in den Rechnungen vom Jahre 1350 an vor. Aber auch die früheren Waffengattungen blieben im Gebrauche. Daher im Hussitenkriege in den Rechnungen von 1421 fortwährend Ausgaben für Reparatur und Neuanschaffung von „Balisten, Pfeilen, Brustblechen, Panzern, Eisenhüten, Pavesen und Spießen.“ Zur Zahlung der Hussitensteuer beschaffte das Kloster im J. 1427, ohne die Unterthanen in Anspruch zu nehmen, 1230 Goldgulden durch Anleihen. Im folgenden Jahre 1428 gestattete unser Abt und Konvent dem Kurfürsten Friedrich I. die Erhebung einer Steuer (den zehnten Pfennig) von den Klosterunterthanen. Die hierüber vom Kurfürsten in Gemeinschaft mit seiner Frau und seinen Söhnen dem Abt eingehändigte Urkunde ist in den Beitr. S. 94 und 105 mitgetheilt und besprochen worden. Der Bursarius verausgabt in seiner am 1. Mai 1430 gelegten Rechnung 218 Talente pro expeditione Hussitarum et expensis ipsorum transeuncium. Die Hussiten kamen nur bis in die Nähe von Heilsbronn.

Trotz der gedachten großen Ausgaben schloß der Bursarius seine Rechnung im J. 1430 mit 604 Talenten Mehreinnahme ab und mit einem: Laus Deo in aeternum. Diesem Rechnungsabschlusse folgt eine besondere Rechnung, welche unser Abt gelegentlich der dießjährigen Visitation dem visitirenden Abt von Ebrach vorlegte, zum Nachweis über die Verwendung der Ersparnisse in seiner Privatkasse. In diese flossen, wie beim 19. Abt berichtet wurde, gewisse jährliche Renten, über deren Verwendung jeder Abt beliebig verfügen konnte. Aus der Rechnung unseres Abts ergab sich nun, daß er während seines bisherigen sechzehnjährigen Regimentes 6028 Talente erspart hatte, z. B. jährlich 100 Talente, sonach in 16 Jahren 1600 an Weißbrot, welches er von der Bäckerei etatsmäßig anzusprechen, aber nicht konsumirt, sonach sich abgespart hatte. Vom Ertrag des Abtsweihers [156] und des Abtsweinberges hatte er in 16 Jahren 2700 Talente erspart. Sodann gab er in seiner Rechnung einen spezifizirten Nachweis über die Verwendung seiner ersparten 6028 Talente. Davon hatte er verwendet: 500 Talente zur Deckung eines Defizits in der Rechnung des Probsts von Bonhof; 1100 T. zur Heimzahlung eines Darlehens; 113 T. zu einem Hausbau in Rotenbach; 126 T. = 28 fl. zum Ankauf eines Pferdes; 162 T. = 36 fl. zur Anschaffung einer Inful; 36 T. = 8 fl. für einen Pelz; 82 T. für den Arzt und Apotheker; 3860 T. zur Erbauung der neuen Abtei und zur Anschaffung von „Federwat“ für dieselbe. Nach Bestreitung aller dieser Ausgaben verblieben ihm 100 T. in seiner Kasse.

Anderweitige Ausgaben bestritt die Klosterkasse. Außergewöhnliche Ausgaben waren im J. 1418 Lieferungen bei der Verehelichung einer Tochter des Kurfürsten Friedrich I. (ad coquinam domini Margkravii in nuptiis filiae (Elisabeth) copulatae duci de Priga 37 fl.); 1420 bei der Grablegung des Burggrafen Johann III.; 1422 an den Kaiser Sigismund für die Bestätigung der Klosterprivilegien d. d. Nürnberg 5. September. Im Herbst 1430 und im Frühling 1431 wurden, besonders wegen des Hussitenkrieges, Reichstage in Nürnberg gehalten, von wo aus der Kaiser zweimal nach Heilsbronn kam, laut folgender Position in der Bursariusrechnung von 1431: Defectus vini pro domino rege et sua familia bina vice 1 kar. 2 ur. 19 cyf. (1 Fuder, 2 Eimer, 19 Maas.). Bedeutend waren zur Zeit unseres Abts die Ausgaben zur Befestigung Merkendorfs, worüber im 2. Band bei Merkendorf Näheres berichtet werden wird. Ebendaselbst Näheres über die Acquisitionen unseres Abts in den Orten Einersdorf, Merkendorf, Leidigendorf, Schwaningen, Ruppersdorf, Eichelberg, Westheim, Winterhausen, Rottendorf, Luchshof und Kelheim. Unser Abt verausgabte weniger als mancher Abt vor ihm für Güter und Gefälle, dagegen viel für Baulichkeiten in Heilsbronn selbst, besonders für drei Bauten, welche er während seiner 6 letzten Regierungsjahre in schneller Aufeinanderfolge ausführen [157] ließ, nämlich für den Kirchthurm, die neue Abtei und die Erweiterung des südlichen Seitenschiffes an der Klosterkirche. Darüber folgendes Nähere:


Der Kirchthurm.[2]

Vermuthlich war die Klosterkirche, wie Abschn. II bemerkt wurde, dem schlichten Cisterzienserbrauche entsprechend, ursprünglich thurmlos und erhielt erst später auf der Mitte des Daches ein hölzernes Sattelthürmchen mit einem einzigen Glöcklein. Nach Abtragung dieses Thürmchens ließ nun unser Abt 1427 den noch stehenden steinernen Sattelthurm erbauen. Um eine feste Unterlage zu erhalten, wurde der östliche Chor bei Nr. 145, 149, 150 quer durchschnitten und ausgebrochen, der feste Chorbogen, durch welchen gegenwärtig die Glockenseile herabgehen, eingefügt und der Thurm darauf gestellt. Das Kirchendach an dieser Stelle wurde nicht mit Ziegeln, sondern mit Steinplatten gedeckt, so daß der steinerne Thurm aus dem Steinplattendache gleichsam empor gewachsen zu sein schien. Das Steinplattendach fand sich im J. 1856 noch wohlerhalten vor. Man hätte es nicht abermals mit Ziegeln überdecken sollen. Auch hätte man den bis an die Spitze durchbrochenen gothischen Thurm in seiner Urform belassen und die Verzierung durch Fialen und Galerie nicht anbringen sollen. Der Abt ließ den Bau durch einen Meister Hans ausführen. Dieser und noch ein gleichfalls nicht näher charakterisirter decorus Velber erscheinen in den Rechnungen wiederholt als Zahlungsempfänger. Die sämmtlichen „Steinmetzen, Steinbrecher, Opferer, Opferknechte“ erhielten nicht bloß Taglohn, sondern auch Verköstigung, der Meister obendrein ein Kleid (tunica). Die Verköstigung bestand in Fleisch, Fischen, Krebsen, Eiern, Käse, Butter, allerlei Küchenspeis und Wein.


Die neue Abtei.[3]

Unser Abt hatte den Bau des Kirchthurmes noch nicht vollendet, als er im J. 1430 den Bau der neuen Abtei, jetzt Schulgebäude, in Angriff nahm.

[158] Die alte Abtei[4] wurde, wie Abschn. XIII, 2 berichtet werden wird, im J. 1722 ein Bräuhaus. Sie stand (steht theilweise noch) westlich vom Bezirksamtsgebäude und war 75 Fuß lang und 38 breit. Das Jahr ihrer Erbauung kann nicht angegeben werden. Die ersten Äbte wohnten ohne Zweifel mit ihren wenigen Mönchen unter einem Dache im ursprünglichen Klostergebäude, jetzt Bezirksamt. Wegen der steten Erweiterung des Mönchsstaates und wegen der fortwährenden Stiftung von Seelenmessen mußte die Zahl der Mönche vermehrt werden, zuletzt bis auf 72. Einige derselben waren stets auswärts stationirt: in Bonhof, Merkendorf, Neuhof, Nürnberg, Randersacker, Nördlingen und Seligenpforten. Die Meisten verblieben im Kloster, fanden aber bald nicht mehr den erforderlichen Raum. Man baute daher für sie und den Prior eine eigene Wohnung, das Dormitorium, Schlafhaus, später Gymnasium, dann Landesmagazin, seit 1868 theilweise abgebrochen, theilweise Frohnfeste. (Über dieses Gebäude und dessen Verlängerung siehe unten beim 23. Abt Wegel und Beitr. S. 246.) Für die Äbte baute man, wie für die Mönche, und zwar vermuthlich noch früher und ebenfalls wegen mangelnden Raumes im ursprünglichen Klostergebäude, diesem gegenüber eine eigene Wohnung, die alte Abtei, nach obigen Dimensionsangaben keine sehr geräumige Wohnung. Diese beschränkte Räumlichkeit und die unserem Abt inwohnende Bauliebhaberei scheint diesen veranlaßt zu haben, die neue Abtei zu bauen. Aus Gesundheitsrücksichten that er es zuverlässig nicht; denn die alte Abtswohnung war sonnig, trocken und überhaupt gesund gelegen. Man wird ihm die Beschaffung dieses räumlichen Komforts gerne nachsehen, wenn man erwägt, daß er die Baukosten aus seiner Privatkasse bestritt. Auch die folgenden Äbte hielten bei der Befriedigung ihrer Bau- und Kunstliebhaberei Maß und Ziel. Sie bestritten ihre deßfallsigen Ausgaben meist aus ihrer Privatkasse, so daß ihre Unterthanen dabei nicht in Anspruch genommen wurden.

[159] Die neue Abtei besteht aus dem Hauptgebäude, aus einem Anbau an der Südseite, darunter ein Thorweg, und aus einem thurmartigen Anbau an der Westseite. Diese beiden Anbauten wurden erst 1487 und 1519 von den Äbten Haunolt und Wenk angefügt und sollen daher erst nachher besprochen werden. Das von unserem Abt aufgeführte Hauptgebäude bildet ein Oblong, 120 Fuß lang und 41 breit. An den Thüren und Fenstern herrscht der Spitzbogenstyl vor. Die großen viereckigen Fenster zu ebener Erde sind augenfällig erst 1487 zur Zeit des damaligen Anbaues eingesetzt worden, um mehr Licht in das Innere zu bringen. Nichts deutet darauf hin, daß unser Abt den von ihm errichteten Hauptbau innerhalb künstlerisch geschmückt und kostbar ausgestattet habe; in seinen Rechnungen erscheinen nur Ausgaben für Nothwendiges und Unentbehrliches. Dagegen werden wir sehen, daß späterhin die Äbte Haunolt und Wenk auf die innere Ausschmückung und Ausstattung der neuen Abtei viel verwendet haben. Einige ihrer Schöpfungen sind noch wohl erhalten; andere hingegen verunstaltet, übertüncht oder ganz beseitigt worden. Da unser Abt 1433 in den Ruhestand trat und 1435 starb, so war ihm der Genuß seiner neuen Wohnung nicht lang vergönnt.


Die Erweiterung des südlichen Seitenschiffes der Klosterkirche.[5]

Im Jahre 1433 ließ unser Abt die Außenmauer[6] des südlichen Seitenschiffes der Kirche abbrechen und hinausrücken. Dadurch wurde, wie noch jetzt der Augenschein zeigt, das südliche Seitenschiff noch einmal so breit wie das nördliche. Allerdings eine Störung der Symetrie, aber ein durch die Noth gebotener Akt, da fortwährend Grabstätten innerhalb der Kirche begehrt wurden. Zur Beschaffung des Raumes für Grabstätten wurde die Kirche bereits um das Jahr 1200 in westlicher und 1284 in östlicher Richtung erweitert. In nördlicher Richtung konnte wegen des anstoßenden Kreuzganges nicht ausgebaut werden. [160] Es blieb daher nichts Anderes übrig, als gegen Süden auszubauen, was nun durch unsern Abt geschah. Zu dem Ende wurde das aufsteigende Terrain senkrecht abgegraben und eine Böschungsmauer dicht vor der hinausgerückten Außenmauer aufgeführt, so daß zwischen diesen beiden Mauern nur ein schmaler Raum für einen Abzugsgraben zur Ableitung des vom Dache abfallenden Regenwassers blieb. Erst vom Jahre 1858 an hat man den Bergabhang weiter abgegraben, die Böschungsmauer von 1433 abgebrochen, weiter nach Süden verlegt und dadurch die nun vorhandene breitere Passage gewonnen. Unser Abt ließ den Ausbau im zierlichen gothischen Style ausführen. Vier schlanke Säulen tragen das Spitzbogengewölbe mit kunstreichen Skulpturen an den Kapitälen und Schlußsteinen.[7] Die vier Säulen ruhen auf dem Grunde der abgebrochenen ursprünglichen Außenmauer, welche ohne Zweifel kleine byzantinische Fensteröffnungen hatte. Die neue Außenmauer erhielt breite gothische Fenster mit schönen Maßwerken. Das Hinausrücken der Außenmauer hatte zur Folge, daß die Bedachung des ganzen Seitenschiffes, wenn sie nicht allzu flach werden sollte, um einige Fuß höher als bisher an das Hauptschiff angelehnt werden mußte. Sie erhielt dadurch fast dieselbe Abschrägung, die das jetzige, 1851 gefertigte Blechdach hat. Die erhöhte Bedachung verdeckte aber den untern Theil der sämmtlichen, ohnehin kleinen 9 byzantinischen Fenster des Hauptschiffes und entzog der Kirche das Licht. Um nun wieder mehr Licht in die Kirche zu bringen, erhöhte man die Mauern des ganzen Langschiffes (auch der Ritterkapelle), brachte in dem dadurch gewonnenen Raum drei breite gothische Fenster an und vermauerte die ursprünglichen kleinen byzantinischen Fenster an der Südseite des Hauptschiffes. Eben so verfuhr man auf der Nordseite. Dieß war die Metamorphose der Kirche durch unsern Abt. Dreihundert Jahre lang erfuhr die Kirche keine weitere wesentliche Umgestaltung, bis man im 18. Jahrhundert, in der allem Byzantinischen und Gothischen abgeneigten Zopfzeit für gut fand, die drei südlichen [161] und die drei nördlichen gothischen Fenster theils zu vermauern, theils zu zerstören und an ihre Stelle scheibenreiche Fenster, nüchternsten Styles, zu setzen. 1851 wurde der Zopf wieder beseitigt. Was an dessen Stelle gesetzt wurde, ist schön und geschmackvoll, aber weder das ursprünglich Byzantinische von 1132, noch das von unserem Abt substituirte Gothische von 1433. Bei der Restauration von 1851 wurden die bezeichneten Verkleidungen und Maßwerke der Fenster von 1132 und 1433 nicht, wie ehemals, bloß vermauert, sondern herausgenommen und völlig beseitigt, so daß von dem Ursprünglichen nichts mehr vorhanden ist. Letzteres gilt auch von der Dachausladung an dem von unserem Abt aufgeführten südlichen Ausbau. Man hätte das bis 1851 unversehrt Erhaltene lassen sollen, wie es 1433 geschaffen wurde. Allein man fand für gut, die Dachausladung völlig zu beseitigen. Das an die Stelle Gesetzte ist recht schön und geschmackvoll, aber abweichend von dem Ursprünglichen. Die Löwenköpfe, durch welche das Regenwasser vom Dache abfloß, sollten gleichfalls beseitigt werden, wurden aber auf Fürbitte des sinnigen Paliers Macht wieder eingemauert, zwar nicht wieder als Regenableiter, aber doch als Erinnerung an das von unserem Abt Geschaffene. Die Maßwerke an den großen gothischen Fenstern des südlichen Ausbaues wurden ganz neu und recht schön aus rothenburger Stein gefertigt, aber ohne Rücksichtnahme auf das Ursprüngliche, dessen Ergänzung und Nachahmung doch so leicht war. Denn bei der Devastation im J. 1771 wurden zwar die senkrechten Säulen in den Fenstern herausgehauen, die obern Maßwerke aber meist nur vermörtelt, übrigens aber unversehrt gelassen, so daß das Ursprüngliche aufs Genaueste hätte nachgeahmt werden können. Am westlichen Ende des südlichen Seitenschiffes führt eine Wendeltreppe in einem Thürmchen[8] auf das Dach des Seitenschiffes; sie führte zugleich auf die Orgel. Diese stand ehemals auf einem Chorbogen, welcher die Ritterkapelle vom Kirchenschiffe schied. Am östlichen Ende des südlichen Seitenschiffes [162] ist an einem Kapitäl[9] ein einköpfiger Adler in den Stein gehauen, ohne Zweifel auf Anordnung unseres Abts, zur Erinnerung an die damals erfolgte Verbindung der brandenburgischen Kurwürde mit dem Burggrafthum Nürnberg durch den Kurfürsten Friedrich I., welcher fünf Jahre später als unser Abt starb, dessen Grabstätte nur wenige Schritte von der des Kurfürsten entfernt ist. An der zweiten Säule, vom steinernen Adler an gezählt, sieht man unter einer Konsole in den Stein gehauen ein Mutterschwein, an welchem Juden saugen. Ob diese Darstellung lediglich aus dem Humor des Steinhauers hervorging, oder ob dieselbe auf ein damaliges oder früheres Faktum sich bezog und mit Wissen des Abts angebracht wurde, ist nicht ermittelt. Eine ähnliche in den Stein gehauene Darstellung sieht man in Kadolzburg neben dem Schloßthor. Das Schwein mit den Juden in der Klosterkirche zählte man in späterer Zeit unter die Wahrzeichen Heilsbronns.

In demselben Jahre (1433), in welchem der Abt das besprochene Seitenschiff erweitern ließ, resignirte er und starb zwei Jahre darauf. Er wurde in dem von ihm vollzogenen Ausbau begraben. In diesem sieht man zwei durch Krummstäbe bezeichnete Leichensteine. Der eine, dicht an der südlichen Außenmauer, deckt das Grab des folgenden Abts Kötzler; der andere, dicht daneben, das Grab unseres Abts. Von der sehr abgetretenen Umschrift sind noch folgende Worte lesbar: A. D. 1435. III .... obiit dns Arnold .... XXI. Ein Kopist von circa 1600 schreibt: III. Kal. Janu. Ein Anderer: III. Kal. Junii. Die erste Kopie ist unrichtig; denn der Abt bezog, laut der Rechnung, noch am 1. Mai seinen Ruhegehalt.


  1. Vgl. Stillfried S. 39.
  2. Vgl. Stillfried S. 64.
  3. Vgl. Stillfried S. 86.
  4. Vgl. Stillfried S. 86.
  5. Im Grundriß durch die gelbe Umfassungslinie bezeichnet.
  6. Diese 1132 erbaute Außenmauer lief von Nr. 103 nach Nr. 130.
  7. Siehe Stillfried S. 64.
  8. Siehe den Grundriß bei Nr. 131.
  9. Siehe den Grundriß neben Nr. 103.


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